Was unsere Auflistung ebenfalls deutlich zeigt: In unteren Ebenen ist man bei erzwungenen Rücktritten bzw. Ausschlüssen aufgrund von Verfehlungen („Einzelfällen“) sehr viel schneller als bei gewichtigeren Parteimitgliedern. Nach Oben werden die Reihen dicht geschlossen, Funktionäre bleiben an ihren Posten – Beispiele sind Kickl, Waldhäusl, Landbauer, Gudenus, Podgorschek – obwohl deren Verfehlungen über die Grenze dessen gehen, was in einem demokratischen Staat normalerweise akzeptabel ist. Auch wenn etwa der Umgang im Fall des ehemaligen deutschen Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen (die zuerst geplante Beförderung als Kompensation für die Amtsenthebung) mehr als kurios war, so wäre es in Deutschland wohl unmöglich, dass ein Regierungsmitglied eines Landes ungestraft von der erwünschten Zerschlagung des Rechtsstaates schwadronieren dürfte, wie es Podgorschek vor der AfD gemacht hatte, oder dass ein Innenminister in seinem Amt verbleiben könnte, der seinen eigenen Verfassungsschutz handlungsunfähig macht.
Aber auch die Mitgliedschaft in Burschenschaften scheint vor tieferen Fällen zu schützen – Beispiele sind Praxmarer, Götschober, Kleppich –, die in ihren Ämtern (in Ministerkabinetten) bzw. Funktionen (Bezirksräte) als brave Diener ihrer Herren und in einigen Fällen wohl auch als Träger von brisantem internen Wissen verblieben sind.
Einmal mehr zeigt sich: Rücktritte bzw. Ausschlüsse wegen Nähe zum Nationalsozialismus oder Verhetzung erfolgen in der Regel nur, wenn diese von außen aufgezeigt werden. Es ist schließlich kaum glaubhaft, dass etwa einschlägige Eintragungen/Kommentare auf Facebook nie oder nur äußerst selten von eigenen Parteileuten bemerkt und thematisiert werden.
Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da hier nur Fälle erfasst werden konnten, die auch öffentlich rezipiert wurden. Daher ist davon auszugehen, dass die „Dunkelziffer“ weit höher liegt. Angefügt haben wir auch eine Liste jener, auf deren an sich wohverdienten Rücktritt wir bislang vergeblich warten.
Jänner: Orth/Donau (NÖ), Wiener Neustadt + Land (NÖ)
Februar: Seekirchen/Wallersee (Sbg), Bezirk Bruck (NÖ), Herzogenburg (NÖ), Kaumberg (NÖ), Korneuburg (NÖ)
März: Amstetten (NÖ), Imst (T), Suben (OÖ)
April: Hohenau an der March (NÖ), Purkersdorf (NÖ), Bezirk Graz-Umgebung (Stmk)
Mai: Tirol, Lofer (Sbg), Micheldorf (OÖ), Feldkirchen (Ktn), Gablitz (NÖ)
Juli: Tirol, Harmannsdorf (NÖ), Vorchdorf (OÖ), Wies (Stmk), Bruck/Pinzgau (Sbg)
August: Neusiedl (Bgl), Hernstein (NÖ), St. Johann (T)
September: St. Lorenz (OÖ), Kollerschlag (OÖ), Königstetten (NÖ), Vöcklamarkt (OÖ), Pinkafeld (Bgl), Schwechat (NÖ), Stegersbach (Bgl)
Oktober: Henndorf/Wallersee (Sbg)
November: Siegendorf (Bgl), Salzburg/Stadt, Favoriten (W), Pöllau (Stmk), Osttirol (T), Burgenland
Dezember: Hohenems (V), Salzburg/Stadt, Natternbach/OÖ, Herzogenburg (NÖ)
Die nicht zurückgetretenen „Einzelfälle“
Jänner: Orth/Donau (NÖ), Wiener Neustadt + Land (NÖ)
Orth (NÖ): Das Jahr 2018 war noch sehr jung, als Markus Ripfl „wegen Gefahr in Verzug“ von der FPÖ ausgeschlossen wurde. Zum Verhängnis wurde ihm ein silvesterliches Like für die deutsche Neonazi-Band „Division Germania“. (mehr) Seither tümpelt Ripfl weiter als Gemeinderat in Orth herum und sudert als Gründer der Partei „Die Stimme“ mit mäßiger Resonanz über die Laschheit seiner alten politischen Heimat. Ob Ripfl aus seiner Gemeinderatsfraktion („FPÖ und Unabhängige“) ebenfalls ausgeschlossen wurde, darf bezweifelt werden, denn auf der Gemeindewebsite wird er weiterhin als Fraktionsmitglied geführt. Eine diesbezügliche Nachfrage unsererseits via Mail bei der Gemeinde Orth blieb zwar unbeantwortet, es wurde aber der offzielle Fraktionsname von „FPÖ“ auf „FPÖ und Unabhängige ergänzt“.
Wiener Neustadt (NÖ): Die Liederbuch-Affäre der Germania zu Wiener Neustadt war wohl der politische Knalleffekt, der die FPÖ gleich zu Jahresbeginn in gröbere Turbulenzen katapultierte. Udo Landbauer trat von allen politischen Ämtern zurück (mehr), um dann allerdings im Herbst wieder zurückzukehren. Die FPÖ will ihn als reingewaschen sehen, nachdem die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Verjährung eingestellt wurden.
Februar: Seekirchen/Wallersee (Sbg), Bezirk Bruck (NÖ), Herzogenburg (NÖ), Kaumberg (NÖ), Korneuburg (NÖ)
Seekirchen (Sbg): Bernhard Neuhofer wurde von der Website seiner Ortspartei Seekirchen am Wallersee entfernt, nachdem seine braunen Facebook-Postings an die Öffentlichkeit gelangten. Er war bis 2017 FPÖ-Gemeinderat und wurde bis zum Eklat als Mitglied der Ortsparteileitung geführt. (mehr)
Bezirk Bruck (NÖ): Aus Frust, weil er nicht an wählbare Stelle für ein Landtagsmandat in Niederösterreich platziert wurde, legte der Schwechater FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Zistler seine Funktion als Bezirksparteiobmann zurück. „Er und seine Parteikollegen des Bezirks halten es auch für einen ‚schweren Fehler’, einen der besten Wirtschaftsstandorte – dank Flughafen, OMV, Borealis und Co. – nicht im Landtag zu berücksichtigen. ‚Leider zählen bei der FPÖ-Landesspitze anscheinend andere Dinge mehr als ehrliche harte Arbeit und erfolgreiche Ergebnisse’, kritisiert Zistler. Der Schwechater will sich nun gänzlich auf die Parteiarbeit in seiner Heimatstadt konzentrieren.“ (noen.at, 3.2.18) Doch auch in der Schwechater Fraktion kam es dann im September zu schweren Turbulenzen.
Herzogenburg (NÖ): Vom Gemeinderatskandidaten Jürgen G. wird über Puls 4 ein Foto publik, auf dem er mit einem T‑Shirt samt Aufschrift „Der Stürmer“ und einer Wolfsangel zu sehen ist. Er huldigt damit der griechischen klar neonazistischen Black-Metal-Band „Der Stürmer“. Er wird aus der FPÖ ausgeschlossen. Im Puls 4‑Beitrag wird auch das Lokal „Pub Lowlander“ eines FPÖ-Mitglieds erwähnt, in dem sich die Herzogenburger Blauen gerne aufhalten – eine Spezialität dort sei der „Germanenburger“. Im Dezember sollte das Lokal nochmals zum Thema werden. Die lokale SPÖ monierte auf Facebook, dass G. bei Jugendveranstaltungen auch mit seinem „88er-T-Shirt“ aufgetaucht sei. Auf die Frage eines Journalisten der Niederösterreichischen Nachrichten, warum man dann keine Anzeige getätigt habe: „’Eine Frage, die gar nicht so leicht zu beantworten ist’, bekennt SP-Vize Christoph Artner. Vielleicht sei man damals ‚zu wenig feinfühlig’ gewesen.“ Vielleicht aber ist die mangelnde „Feinfühligkeit“ – nennen wir es besser Ignoranz – gegenüber rechtsextremen und neonazistischen Umtrieben überhaupt ein Problem in Herzogenburg?
Kaumberg (NÖ): Was Ende Februar mit den Rücklegungen ihrer Gemeinderatsmandate begann, wuchs sich dann im März zum Parteidesaster aus: Offiziell traten der damalige Landesparteisekretär und nunmehrige Generalsekretär der FPÖ, Christian Hafenecker, und sein Parteikollege Reinhard Lintinger aus beruflichen und privaten Gründen zurück, im März folgte dann der Parteiausschluss von drei weiteren Mandataren. (mehr). Kurz darauf kam es zum Comeback von Lintinger, der zum geschäftsführenden Ortsparteiobmann gewählt wurde. Das Programm hörte sich ambitioniert an: „Nächste Aktion soll die Ostereier-Verteilaktion sein.” (noen.at, 23.3.18)
Korneuburg (NÖ): Mit einem politischen Rundumschlag legte der Korneuburger FP-Gemeinderat Markus Schindler drei Stadtfunktionen zurück. Auch seine eigene Partei bekam dabei ihr Fett ab: „Der Haussegen innerhalb der Korneuburger FPÖ hängt schief. Wer derzeit Fraktionsvorsitzender ist, lässt sich nicht so leicht beantworten. ‚Das Wort gibt es offiziell nicht’, betont Schindler. Es gäbe nur einen Zustellungsbevollmächtigten: ‚Wie ich erfahren habe, ist das Herr Pirgmayer.’ Schindler spricht von einem ‚echten Chaos’, die Schuld dafür gibt er FP-Bezirksparteiobmann Robert Koppensteiner. ‚Er macht mir das Leben schwer’, bedauert er. Warum er sich in die Belange der FPÖ Korneuburg einmische, ist ihm unverständlich. ‚Er ist Gemeinderat in irgendeiner kleinen Gemeinde im Weinviertel. Ich weiß nur, dass dort die ÖBB durchfährt.’“ (NÖ Nachrichten, 28.2.18, S. 9)
Aus dem Ort, wo die ÖBB durchfährt – es handelt sich um Sierndorf – folgte sogleich der Konter: „’Er hat wohl im Sachunterricht nicht aufgepasst.’ Schindler reime sich ständig etwas zusammen. Seine Aussagen wertet der Obmann als ‚Provokationen, die darauf abzielen, dass Schindler aus der Partei ausscheidet’, was nicht in Koppensteiners Sinne sei. Dennoch stellt er klar: ‚Beim Neuaufbau der Korneuburger FPÖ wird er keine Rolle spielen.’“ (NÖN, 28.2.18, S. 9)
Die Neuaufstellung der Ortspartei wurde dann offenbar im Oktober vollzogen. Schindler scheint zwar noch im Gemeinderat zu sein, bei der lokalen Parteispitze ist er nicht mehr dabei: Da hat man als Ortschef mit Hannes Pressler einen FP-Gemeinderat aus Enzersfeld nach Korneuburg transferiert. Als Stellvertreter/in grub man den 2016 nicht ganz freiwillig zurückgetretenen Ex-Gemeinderat Johann Pirgmayer aus und eine Dame, die uns aus einem anderen Zusammenhang wohlbekannt ist: Elisabeth „Lilly“ Keyl, Küssel-Bekannte und Ehefrau des Hubert Keyl. (noen.at, 3.10.18)
März: Amstetten (NÖ), Imst (T), Suben (OÖ)
Amstetten (NÖ): Im Februar gab’s den Parteiausschluss des Amstettner Stadtparteiobmanns Gernot Huber – wegen „Beleidigung eines hohen Parteifunktionärs“ (noen.at, 10.4.18), worauf sich dieser revanchierte: Die Gemeinderatsfraktion schloss im März ihrerseits die Huber beschuldigende Gemeinderätin Susanne Premm aus der Fraktion aus. (mehr) Zum vorläufigen Nachfolger von Huber wurde der damalige Wohnungsstadtrat Bruno Weber ernannt. Der kam dann im August wegen seines homophoben, rassistischen Postings in die Schlagzeilen – und zwar bundesweit. Weber wurde zwar seitens der Bürgermeisterin zum Friedhofsstadtrat degradiert, vor Gericht zur Absolvierung eines Verhaltenskurses verdonnert, sein Rücktritt kam jedoch nicht.
Imst (T): Als der Tiroler Politaktivist Markus Wilhelm Screenshots aus einer Imster FPÖ-WhatsApp-Gruppe mit dem Namen „Unser Kampf“ veröffentlichte, war wieder einmal Feuer am Dach der Imster Parteigruppe, das es zu löschen galt. Verwickelt waren u.a. Wolfgang Neururer und Brigitte Gröber, die in der Gruppe braune Motive austauschten. (mehr). Sie stellten damals ihre Parteimitgliedschaft ruhend. Neururer wurde im Oktober wegen Wiederbetätigung verurteilt, seine Parteifunktionen als Bezirksparteiobmann und Gemeinderat ist er los. Gröber ist noch immer Imster Gemeinderätin – ob für die FPÖ oder als wilde Mandatarin ist nicht klar, denn auf der Gemeindewebsite fehlt diese Information, und die Imster Parteiwebsite ist offline.
Suben (OÖ): Meldungen mit neonazistischen Inhalten in WhatsApp-Gruppen wurden auch zwei FPÖ-Gemeinderäten aus Suben zum Verhängnis. Mit ihrem „freiwilligen“ Parteiaustritt und Mandatsverzicht kamen sie einem Parteiausschluss zuvor. (mehr)
April: Hohenau an der March (NÖ), Purkersdorf (NÖ), Bezirk Graz-Umgebung (Stmk)
Hohenau (NÖ): In Hohenau hat sich nach einigen Ungereimtheiten um den Parteiobmann gleich die gesamte blaue Ortsgruppe ins politische Nirwana befördert, nachdem der Vorstand mit Hannes Wlas, Peter Bartosch und Wolfgang Krichbaumer geschlossen seinen Rücktritt erklärt hatte. (mehr)
Purkersdorf (NÖ): In Purkersdorf hat der einzige blaue Gemeinderat seiner Partei den Rücken zugekehrt und fungiert nun als wilder Mandatar. Dabei sparte Martin Cipak nicht mit Kritik an der FPÖ: „’Einige Akteure der FPÖ haben ein Wesen an den Tag gelegt, wo ich nicht mehr mitspielen will und mitspielen kann’, führt Cipak seine Entscheidung aus.
Das Fass zum Überlaufen brachte seiner Meinung nach, eine Aussage von FPÖ-Nationalratsabgeordnetem Wolfgang Zanger, wonach die Mindestsicherung auch niedriger sein könne, wenn Bezieher lernen würden, mit weniger Geld auszukommen. ‚Ich habe für mich nun die Entscheidung getroffen, dass ich mit dieser Art von Politik nichts mehr zu tun haben möchte’, begründet Cipak.
Die Scheinheiligkeit so mancher Nationalratsabgeordneter im Landwirtschaftsausschuss, was das Glyphosatverbot betrifft, seien ihm ebenfalls sauer aufgestoßen.“ (noen.at, 11.4.18)
Bezirk Graz-Umgebung (Stmk): Einen Parteiausschluss setzte es für einen blauen Gemeinderat aus dem Bezirk Graz-Umgebung, dessen Identität nicht veröffentlicht wurde. Der hatte nämlich im angetrunkenen Zustand nach dem angeblichen Verlust von 60.000 Euro in bar die Polizei gerufen und einen Polizisten attackiert. (mehr)
Mai: Tirol, Lofer (Sbg), Micheldorf (OÖ), Feldkirchen (Ktn), Gablitz (NÖ)
Tirol: Nach nicht einmal fünf Monaten Schwarz-Blau im Bund hatte der Tiroler Franz Ebster genug: „Wegen der ‚unsozialen Politik” der FPÖ auf Bundesebene kündigte der Fraktionschef der freiheitlichen Arbeitnehmer in der AK, Franz Ebster, seinen Austritt aus der FPÖ aus [sic!]. Bei den FP-Arbeitnehmern, einem Verein, bleibe er jedoch. ‚Weil ich ein leidenschaftlicher Arbeitnehmervertreter bin.’” (tt.com, 5.5.18) Im Juli ging dann der Austrittsreigen weiter.
Lofer (Sbg): Rasch musste der bis Mai noch als Jungstar gehandelte Markus Hüttenmeyer Abschied von der politischen Parteibühne nehmen, als Nazi-Postings auf seinem FB-Account an die Öffentlichkeit gelangten. (mehr) Was uns überrascht: Als (fraktionsloser) Gemeinderat in Lofer scheint Hüttenmeyer verblieben zu sein, wie wir der Gemeindewebsite (Stand 31.12.18) entnehmen können.
Micheldorf (OÖ): Nach parteiinternen Querelen („Vertrauensverlust“) initiierte die FPÖ ein Misstrauensvotum gegen den eigenen Parteikollegen Christian Hartwagner, der daraufhin seinen Hut als Vizebürgermeister nehmen musste. Nach seinem Austritt aus der FPÖ verbleibt Hartwanger als wilder Mandatar im Micheldorfer Gemeinderat. (tips.at, 24.5.18)
Feldkirchen (Ktn): Wegen angeblich fehlender Unterlagen nach einem Gerichtsurteil über einen Parkschaden, den der Feldkirchener Stadtrat Herwig Tiffner verursacht hatte, wurde der Stadtrat aus der FPÖ ausgeschlossen. So zumindest die Parteiversion. Tiffner selbst meinte, der Ausschluss sei wegen seiner Kritik an der Kärntner Parteispitze erfolgt. Tiffner verblieb trotzdem für seine Fraktion in der Funktion als Stadtrat. (mehr)
Gablitz (NÖ): Die Gablitzer FPÖ gehört zu jenen – nicht wenigen – niederösterreichischen Ortsgruppen, in der aufgrund zahlreicher Rücktritte so viel Bewegung ist, dass es schwer fällt, auch nur einigermaßen den Überblick zu behalten. Im März wählte die Ortsgruppe mit Andreas Kahler einen neuen Obmann, nachdem der alte zurückgetreten war und neue Vorstandsmitglieder. Bereits im Mai traten drei (Thomas Wolff, Susanne Rücker und Nora Holub) der fünf Vorstandsmitglieder zurück. Hier gibt es bereits zwei Versionen: „’Thomas Wolff wurde aufgrund parteischädigenden Verhaltens aus der FPÖ ausgeschlossen, daraufhin haben Rücker und Holub ebenfalls ihren Rücktritt bekundet’, erklärt Kahler gegenüber der NÖN. Dies bestätigt auch FPÖ-Bezirkschef [stellvertretender Bezirksparteiobmann, Anmk. SdR] Thomas Rupp: ‚Wolff wurde mehrmals verwarnt, vor allem wegen rassistischer Postings und gegen die aktuelle türkis-blaue Regierung. Thomas Wolff kann dies nicht nachvollziehen: ‘Ich habe Kritik an Riegl geübt. Dafür wurde ich gerügt und ich habe meine Funktion als Pressesprecher und danach auch im Vorstand zurückgelegt.’ Von Postings will Thomas Wolff nichts wissen: ‘Ich lehne jede Form des Rassismus ab.’“ (noen.at, 6.7.18) Zumindest in einem Punkt ist Rupp zuzustimmen: Uns liegen viele Postings von Wolff vor (unten angefügte Screenshots sind nur wenige Beispiele), die an Widerwärtigkeit kaum zu überbieten sind und in mehreren Fällen von strafrechtlicher Relevanz sein könnten. Warum Wolff trotz dieser zahlreichen Abscheulichkeiten noch im März 2018 als Pressereferent der FPÖ Gablitz gewählt wurde, kann wohl nur die FPÖ beantworten.
Wolff flatterte jedenfalls im Sommer eine Schadenersatzforderung seiner Ex-Partei in der Höhe von 46.000.- ins Haus. (vgl. noen.at 1.8.18) Ruhe scheint in der FPÖ Gablitz nicht eingekehrt zu sein, denn inzwischen befetzen sich die ProtagonistInnen öffentlich in sozialen und anderen Medien. Angeblich sei nun auch die Ex-Vorständlerin Rücker aus der Partei ausgeschlossen worden, wie Wolff im September vermeldete. Und der stellvertretende Bezirksparteiobmann Rupp erlebte im Dezember sein eigenes blaues Wunder.
Juli: Tirol, Harmannsdorf (NÖ), Vorchdorf (OÖ), Wies (Stmk), Bruck/Pinzgau (Sbg)
Tirol: Nach dem AK-Fraktionschef Franz Ebster trat auch der Tiroler Obmann und stellvertretende Bundesobmann der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA), Heribert Mariacher, aus der FPÖ aus. „Als Arbeitnehmervertreter und Betriebsrat könne er die Politik seiner Partei allerdings nicht mehr mittragen. ‚CETA, Verschlechterung der Altersteilzeit und aktuell die neue Arbeitszeitregelung, die die Rechte der Betriebsräte aushebelt, sind Angriffe auf die Arbeitnehmer.’ Sowohl in Wien als auch auf der ‚mit dem Bund gleichgeschalteten Landesebene’ finde man kein Gehör mehr. ‚Das ist das Hauptproblem. Alles wird heruntergespielt und berechtigte Bedenken werden als ‚Fake News‘ bezeichnet’, kritisiert Mariacher den ‚Verrat seiner Partei’ an den Arbeitnehmern.“ (tt.com, 4.7.18) Als Draufgabe trat er dann Ende August der schwarzen Fraktion in der Tiroler Arbeiterkammer (AAB-FCG) bei, ebenso der Ex-Blaue AK-Rat Gerald Sturm, und der AK-Rat Manuel Mößmer verließ die FPÖ ebenfalls. Bilanz: Alle vier Tiroler AK-Räte der FA haben der FPÖ den Rücken zugekehrt. (mehr) Der Tiroler Landesparteigeneralsekretär Patrick Haslwanter hat sich nach dem Zerfall der blauen AK-Fraktion nun selbst zum Spitzenkandidaten einer eigenen Liste gekürt und – vielleicht um den Unterhaltungswert zu steigern – sich mit Guido Leitner einen potenten Rambo-Verschnitt ins Kandidatenteam für die AK-Wahl geholt. Zudem wurde Leitner in den Landesparteivorstand gehievt.
Wenn man in die Websites der Freiheitlichen Arbeitnehmer Österreich bzw. Tirol sieht, wird das personelle Desaster deutlich: Während auf der österreichischen Seite im Landesvorstand der Tiroler FA mit Franz Neururer der wegen Wiederbetätigung verurteilte Ex-Bezirksparteiobmann der FPÖ Imst aufscheint, ist auf der Tiroler Unterseite ein Onlineshop eingerichtet.
Harmannsdorf (NÖ): Nachdem sich Barbara Rosenkranz im Bund mit der FPÖ zerkracht, im August 2017 ihren Austritt aus der FPÖ verkündet hatte und bei der letzten Nationalratswahl für die „Liste Schnell“ ins Rennen gegangen war, trat sie nun auch als blaue Gemeinderätin in Harmannsdorf zurück. „Mit Bund habe das nichts zu tun, gibt Rosenkranz an, es sei ‚aus persönlichen und zeitlichen Gründen.’“ (NÖ Nachrichten, 4.7.18., S. 22) Wer’s glaubt …
Vorchdorf (OÖ): Nicht ganz rund läuft es auch in der FPÖ Vorchdorf, denn dort mussten schon 2017 Karin Pointner ihre Funktion als Vizebürgermeisterin zurücklegen und ihr Lebensgefährte Thomas Edtmeier auf seine Funktion als Gemeindevorstand verzichten. Heuer folgten ein Misstrauensantrag der eigenen Fraktion und die Ablöse von Edtmaier aus Ausschussvorsitzender. Ungewöhnlich: Die FPÖ wählte stattdessen einen SPÖ-Mandatar als Nachfolger. Edtmaier selbst spricht auf seinem Blog davon, dass nun zwei „einfache Gemeinderäte“ in ihrer „freien Mandatsausübung“ übrig blieben. Ob der Rücktritt aus der Fraktion auch formal vollzogen wurde, ist uns nicht bekannt. (mehr)
Wies (Stmk): Im Juli ist die Obfrau der FPÖ-Ortsgruppe Wies Sabine Ehmann aus der Partei ausgeschlossen worden. „Die Vorwürfe reichen von Beleidigungen gegenüber der Bezirksobfrau Helga Kügerl und von Parteimitgliedern über die Weitergabe von internen Informationen bis hin zu falschen Behauptungen. Insgesamt wird Ehmann mit diesem Verhalten eine Gefährdung des Zusammenhaltes in der FPÖ und eine Schädigung des Ansehens der Partei vorgeworfen.” (meinbezirk.at, 20.7.18) Ehmanns Reaktion: „Ich werde gegen meinen Parteiausschluss berufen und bin zuversichtlich, dassdas Parteigericht meinen Ausschluss aufheben wird.Als Gemeinderätin werde ich die Bevölkerung nicht im Stich lassen und jedenfallserhalten bleiben.“ (meinbezirk.at, 21.7.18) Und auf der Website der FPÖ Wies können wir lesen: „Ich bin froh darüber, für Sie als Gemeinderätin Kommunalpolitik betreiben und Öffentlichkeitsarbeit leisten zu können, mittlerweile frei von einem Klubzwang oder einer parteipolitischen Zensur.“ Daraus ist zu schließen, dass Frau Ehmann der FPÖ nicht mehr angehört.
Bruck/Pinzgau (Sbg): Nach mehreren Anläufen mit völlig inakzeptablen Postings hat es Andreas Giezinger, Ex-stellvertretender Ortsparteiobmann der FPÖ Bruck an der Glocknerstraße, im Juli geschafft: Er wurde aus der FPÖ „freiwillig“ ausgetreten. (mehr)
August: Neusiedl (Bgl), Hernstein (NÖ), St. Johann (T)
Neusiedl (Bgl): Über die genaue Anzahl der in Neusiedl aus der FPÖ Ausgetretenen gibt es unterschiedliche Angaben, die Ex-Stadtparteiobfrau und Ex-FPÖ-Regionalmanagerin Maria Nakovits sprach von sechs Personen, der Bezirksparteiobmann nannte „nur“ vier als Zahl, denn zwei seien noch gar nicht eingetreten gewesen, und Vize-Landeshauptmann Tschürtz setzte noch tiefer an und nannte nur einen Austritt. Wie auch immer, die Kritik an der FPÖ fiel harsch aus und reichte von Vorwürfen, dass die freiwillige Mithilfe eines Asylwerbers bei einem Ortsfest „Irritationen bis in die höchste Landesparteispitze” ausgelöst hättebishin zum Mangel an Sachkompetenz, strategischem Denkvermögen und Gestaltungskraft. (mehr)
Hernstein (NÖ): Weil die FPÖ „Wählerverrat“ begehe, kehrte der Hernsteiner Gemeinderat Markus Wöhrer der FPÖ den Rücken und fungiert nun als „wilder“ Mandatar. (noen.at, 28.8.18) „Markus Wöhrer war seit 2007 Parteimitglied. Mit allen Agenden der Partei konnte er sich nie ganz anfreunden. Bei der Asyl- und Ausländerpolitik beispielsweise hätte die FPÖ nicht differenziert, findet Wöhrer, dessen Frau aus der Türkei stammt.“ (meinbezirk.at, 18.9.18)
St. Johann (T): Nicht ganz durchschaubar ist, was sich in der FPÖ St. Johann abgespielt hat, am (vorläufigen) Ende standen jedenfalls gleich 16 Parteiaustritte und mindestens ein Parteiausschluss. Die Zutaten: eine streitende Ortsgruppe („ein großteils einheitlich formulierten Parteiaustittserklärungen von 16 Mitgliedern wird die Wiederwahl von Robert Wurzenrainer sowie der ‚unmögliche Umgang mit im Amt befindenden FPÖ-Politikern und Langzeitfunktionären’ als Grund angeführt. ‚Wir haben die Machenschaften des Obmanns satt’, so der Tenor.“ meinbezirk.at, 24.8.18), ein blauer Seniorenring, der Förderungen kassiert hat, aber eigentlich gar nicht existiert („Hilde Gschnaller, Seniorenring-Obfrau, dazu: „‚Mir wurden jetzt die Augen geöffnet; eine weitere Zusammenarbeit mit Wurzenrainer und seiner Frau als meine Stellvertreterin ist nicht mehr vorstellbar. Es stellt sich sogar die Frage, ob ich überhaupt Seniorenring-Obfrau bin. Wurzenrainer hat mich damals lediglich gefragt, ob ich mich zur Verfügung stellen würde, Wahl gab es allerdings keine.’ Auch bei der Kassierin gebe es Ungereimtheiten.“ meinbezirk.at, 24.8.18). Im September wurde dann die FPÖ-Gemeinderätin Claudia Pali aus der FPÖ ausgeschlossen: „Sie habe ‚den Zusammenhalt der Partei gefährdet und zum Nachteil der Partei gehandelt’, wie es in der Begründung heißt. Nach dem innerparteilichen Scheitern des ehem. LA Heribert Mariacher (er trat aus der Partei aus, Anm. d. Red.) habe Pali über Monate versucht, Unruhe in der Ortspartei zu stiften und habe sich ‚jeglicher sachlicher Diskussion verweigert.’” (meinbezirk.at, 4.10.18)
September: St. Lorenz (OÖ), Kollerschlag (OÖ), Königstetten (NÖ), Vöcklamarkt (OÖ), Pinkafeld (Bgl), Schwechat (NÖ), Stegersbach (Bgl)
St. Lorenz (OÖ): Opfer einer Zwietracht, die von außen gesät wurde (© Bezirksparteiobmann Rudolf Kroiß), wurden gleich sechs FPÖ-Gemeinderäte und ein Ersatzmitglied der Gemeinde St. Lorenz, die allesamt ihr Amt an den Nagel hängten, weil sie sich mit ihrem Parteikollegen Harald Kohlberger überworfen haben. Der Bezirksparteiobmann: „Den sehr, sehr korrekten Stil von Harald Kohlberger als Prüfungsausschussobmann haben die Kollegen nicht immer positiv gesehen.” (krone.at 5.9.18) Da keine weiteren Ersatzmitglieder zur Verfügung stehen, bleibt von sieben nur mehr ein Blauer im Gemeinderat St. Lorenz vertreten.
Kollerschlag (OÖ): Aus Protest gegen ein tatsächlich seltsam anmutendes Prüfungsverfahren, das die örtliche ÖVP zu verantworten hat, aber nach Gutachten des Landes korrekt verlaufen sei, ist die gesamte FPÖ-Mannschaft (vier Personen) aus dem Gemeinderat zurückgetreten. „FPÖ-Bezirkschefin Ulrike Wall bedauert, dass es in Kollerschlag keine blaue Fraktion mehr gibt.” (meinbezirk.at, 10.9.18)
Königstetten (NÖ): Sein Bezirksparteiobmann Andreas Bors – einstiger Hitler-Grüßer, der im November 2017 auf sein Bundesratsmandat verzichten musste – sah noch im Sommer kein Problem beim FB-Posting des Herbert Haslinger: Der versah nämlich eine Meldung der Kronen Zeitung, wonach ein Syrer von einem Container vor dem Parlament zu springen drohte, mit „Wo ist das Problem?“ und erntete in den Kommentaren Aufforderungen zum Springen („Hopp” etc.). Schluss war dann allerdings nach einem äußerst degoutanten KZ-Vergleich: Es folgte der Rücktritt als Gemeinderat, und der war wohl erzwungen, denn Haslinger jammerte über ein „in die Knie gehen“ vor den Linken und „Kriechen vor dem Gegner“. (mehr)
Vöcklamarkt (OÖ)/Pinkafeld (Bgl): Es begann in Vöcklamarkt, wo eine FPÖ-Gemeinderätin als Administratorin auf der blauen Facebook-Seite mit einem Blut- und Boden-Posting („Schütze Deine Rasse, es ist das Blut Deiner Ahnen“) für Aufsehen sorgte. (mehr) Der stellvertretende Parteichef der FPÖ-Pinkafeld Bernd Babitsch rückte zur Verteidigung aus: „Und wo ist das Problem. Bei jeder seriösen Zucht von Tieren wird darauf geachtet, das nichts vermischt wird. Und hier wird unnötig wider aus einer Mücke ein Elefant produziert.” (Fehler im Original, zit. nach https://burgenland.orf.at/news/stories/2936797/). Babitsch musste aus der FPÖ austreten.
Später scheint auch das Ausgangsposting zu personellen Folgen geführt zu haben. Die ehemalige Facebook-Seitenadministratorin der FPÖ Vöcklamarkt, Claudia Michaela Six, ist jedenfalls nicht mehr in der Liste des örtlichen Gemeinderats zu finden. Ob sie noch eine Parteifunktion hat, ist nicht zu eruieren, da sowohl die Facebook- als auch die Website der FPÖ Vöcklamarkt seit dem Vorfall nicht mehr erreichbar sind. Vielleicht hat die Ex-Gemeinderätin nun mehr Zeit, darüber nachzudenken, welchen Bezug ihr Posting zum Nationalsozialismus haben könnte, da sie im September noch angab, es nicht zu wissen.
Schwechat (NÖ): Wenn die FPÖ Schwechat nicht gerade Nestroy-Interpretationen zensieren will (derstandard.at, 1.7.18) und Wolfgang Zistler noch etwas Zeit außerhalb des Hetzens auf Facebook bleibt (hier und hier), scheint die Fraktion mit sich selbst beschäftigt zu sein. Ende September trat nämlich der gesamte Parteivorstand aus Protest gegen die Führungsarbeit von Obfrau Andrea Kaiser zurück. Und wer hat Kaiser schließlich beerbt? Es ist Wolfgang Zistler. (noen.at, 23.10.18)
Stegersbach (Bgl): Der dortige Ortsparteiobmann Christian Stoiber hat mit seiner Frau die FPÖ verlassen. Stoiber fungiert nun als wilder Mandatar im Stegersbacher Gemeinderat. (Kurier 29.9.18, S. 26) Was zum Parteiabgang der Stoibers geführt hat, wurde nicht mitgeteilt. Das Bedauern kann sich allerdings in Grenzen halten, da sich Stoiber zuvor durch ekelhafte Hetzpostings bemerkbar gemacht hatte.
Oktober: Henndorf/Wallersee (Sbg)
Henndorf/Wallersee: Eng wurde es für eine Reihe von Mitgliedern der FPÖ Henndorf aufgrund von tiefbraunen Umtrieben. Inzwischen ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung gegen sechs Personen aus der FPÖ bzw. aus deren Umfeld. Einer „ist nicht mehr Mitglied der FPÖ“, wie es der Landesparteisekretär zurückhaltend zum Ausdruck bringt. Wie es mit den anderen aussieht bzw. die FPÖ Henndorf nun organisiert ist, konnte nicht eruiert werden – alle digitalen Quellen sind vertrocknet. (mehr)
November: Siegendorf (Bgl), Salzburg/Stadt, Favoriten (W), Pöllau (Stmk), Osttirol (T), Burgenland
Siegendorf (Bgl): Mit heftiger Kritik an der FPÖ hat die einzige blaue Gemeinderätin in Siegendorf, Anita Novotny, ihre Partei verlassen – und mit ihr auch die blaue Ersatzgemeinderätin. „Die Arbeit auf der untersten politischen Ebene werde sträflichst vernachlässigt, begründet die 55-jährige Anita Novotny im KURIER-Gespräch ihren Schritt. Laut ihren Angaben hat auch die FPÖ-Ersatzgemeinderätin die Partei verlassen. Seit 30 Jahren sei sie Mitglied der Freiheitlichen gewesen, (…) jetzt reiche es ihr.“ (kurier.at, 8.11.18)
Salzburg/Stadt: Was sich in der Salzburger FPÖ wenige Monate vor der Gemeinderatswahl tut, ist nur mehr schwer nachvollziehbar. Es hagelt Rücktritte und Parteiausschlüsse: Aus der Partei geworfen wurden der langjährige Gemeinderat Karl Michael Blagi sowie dessen Lebensgefährtin – wegen parteischädigenden Verhaltens, wie es heißt. Der Maxglaner FPÖ-Obmann Thomas Schaurecker wurde aller Ämter enthoben. „Zehn Delegierte ließ man laut Blagi bei der Krisensitzung im Hotel Penta nicht in den Saal. Blagi beruft gegen seinen Rausschmiss, droht mit Verleumdungsklagen: ‚Es gibt so viele Vorwürfe gegen uns. Wenn das nicht aufhört, muss ich einige Personen klagen.’“ (salzburger-fenster.at, 26.11.18) Im Dezember ging’s dann mit der Zerlegung der Salzburger Blauen weiter.
Favoriten (W): „Rein menschliche Gründe“ hätten – so die offizielle Version – fünf von 24 FPÖ-BezirksrätInnen dazu bewogen, den blauen Klub zu verlassen. Am nächsten Tag war alles wieder anders, und die fünf haben den Rücktritt vom Austritt erklärt. (wien.orf.at, 20.11.18)
Pöllau (Stmk): Mit einem Parteiausschluss endete ein lautstarker Auftritt des Pöllauer Gemeinderats Johann Berger. „Mit den Worten ‚Ich muss meine Stimme schonen’, zog der FP-Mandatar aus seinem mitgebrachten Rucksack plötzlich ein Megaphon heraus. Die Situation drohte gänzlich zu eskalieren. (…) Es folgte ein kurzer Wettstreit zwischen dem Bürgermeister und dem FP-Mandatar, wer denn mit Hilfe von Mikrofon und Megaphon lauter wäre. Um 20.15 Uhr musste Schirnhofer [der Bürgermeister, Anmk. SdR] die Sitzung schließlich unterbrechen.“ (kleinezeitung.at, 23.11.18) Die FPÖ entschuldigte sich für das Verhalten ihres Mandatars und zog mit dem (beantragten) Parteiausschluss die Notbremse. Berger weigerte sich, sein Mandat zurückzulegen und wird als wilder Gemeinderat weitermachen. Ob sich das „wild“ auch auf die Art seiner Auftritte beziehen wird, werden wir sehen.
Osttirol (T): Drei Abgänge hat der Bezirksparteivorstand zu verzeichnen: Sepp Blasisker (stellvertretender Bezirksparteiobmann) trat gemeinsam mit Anna Zeiner und Toni Raggl aus dem Bezirksparteivorstand zurück. Blasisker fordert eine Verjüngung der Bezirksparteispitze, was an den Obmann Josef Oblasser gerichtet ist. Der, so Blasisker, trete „meist in Erscheinung, wenn er als parlamentarischer Mitarbeiter des freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Gerald Hauser, in dessen Schlepptau unterwegs ist. ‚Mir geht es um die Partei, nicht um die Person, aber wir brauchen einen richtigen Bezirksobmann’, stellt Blasisker klar. Es gebe einige Junge, die sich positionieren wollen, aber sie hätten nicht die Schneid, aufzubegehren und an der Spitze werde dagegen gemauert. ‚Da wird eisern die Stellung gehalten’, tönt der Freiheitliche, der als Gemeinderat in Lienz mit oft markigen Sprüchen schon eine Institution ist. Er gibt auch Einblick hinter die Kulissen: ‚Bei den Landtagswahlen ist es nicht so rund gelaufen. Es hat Ungereimtheiten gegeben. Und Gerald in allen Ehren, aber er ist nie da.’“ (kleinezeitung.at, 28.11.18)
Burgenland: Auch die Büroleiterin des burgenländischen FPÖ-Chefs Johann Tschürtz, Edith Sara-Tayari, hat sich aus der FPÖ verabschiedet. Sie begründete ihren Parteiaustritt damit, ihr sei aus ihrer Sicht ungerechtfertigt das Vertrauen entzogen worden. Und sie habe „sich von blauer Politik und deren Proponenten zunehmend entfremdet (…). Besonders ‚die Islamophobie’ der Freiheitlichen hat Tayari, die vor Jahrzehnten zum Islam konvertiert ist, persönlich getroffen. ‚Ich habe das mir gegenüber auch als unsensibel und widersprüchlich empfunden, weil man ja andererseits kein Problem hatte, mein Know-how beim Aufbau des Büros zu nutzen.’ Apropos Büro: Tschürtz habe den Wechsel von der Oppositions- auf die Regierungsbank ‚unterschätzt’, das zeige sich auch an der Personalpolitik im Regierungsbüro. Der FPÖ-Chef habe dort viele persönliche Vertraute, deren Qualifikation nicht immer den Anforderungen im Kabinett eines Spitzenpolitikers entspräche. Das sei auch dem Umstand geschuldet, dass die Blauen im Land im Vergleich zu früheren Regierungsparteien ‚über keinen entsprechenden Personalpool verfügen’, analysiert Tayari.“ (kurier.at, 30.11.18)
Dezember: Hohenems (V), Salzburg/Stadt, Natternbach/OÖ, Herzogenburg (NÖ)
Hohenems (V): Nachdem die Hohenemserin Sigrid Brändle einen bemerkenswerten Auftritt am Schluss einer Veranstaltung in Bregenz hingelegt hatte, bei der sie Sebastian Kurz unerwartet, dafür umso heftiger, für die Asylpolitik der Bundesregierung kritisierte, trat sie im Dezember aus der FPÖ aus. Brisant ist dabei ihre Begründung, die sie in ihrer Absage der Teilnahme an einer Parteiweihnachtsfeier lieferte: „Da ich die Freiheitlichen nur als nazifreundlich erlebt habe, danke ich für die Einladung, möchte aber auf dieser Liste nie mehr aufscheinen.“ (Vorarlberger Nachrichten, 1.12.2018)
Salzburg (Stadt): Nach dem Parteiausschluss von Karl Michael Blagi samt Lebensgefährtin zog Stefan Pfeiler selbst die Notbremse und legte alle Parteifunktionen zurück. Der war nämlich auf der Liste für die Gemeinderatswahl plötzlich zurückgereiht worden. „Das überspannt jeden Bogen. Meine Delegierten werden in Lehen wohl nicht mehr für dieFPÖ laufen”, sagt Pfeiler.“ (kurier.at, 4.12.18) Markus Ferstner hatte sich vor zwei Jahren als Gemeinderat beurlauben lassen und kehrte im Dezember retour. Allerdings trat er zuvor aus der FPÖ aus. „Die FPÖ tobt jedenfalls. Schließlich muss ihr Mandatar Bernhard Höllinger den Sessel räumen. Das ergibt die kuriose Situation, dass im fünfköpfigen FPÖ-Klub jetzt zwei wilde Mandatare sind. Pikanterweise handelt es sich bei Markus Ferstner auch noch um den Schwager von Andreas Schöppl – und der war bekanntlich ein Jahr lang FPÖ-Chef und ist mittlerweile freiheitlicher Abgeordneter im Salzburger Landtag.” (Salzburger Nachrichten, 3.1.19, S. L2) Und der Stadtparteichef Andreas Reindl muss auch noch an anderer Front kämpfen, denn der wird von den Abtrünnigen aus seiner Partei schwer belastet: Reindl soll im Zuge der Unterschriftensammelaktion für das Bürgerbegehren zur Sicherheitswache den Auftrag zur Urkundenfälschung erteilt haben. Die entsprechenden Beweise sollen Whatsapp-Nachrichten sein. (salzburg24.at, 18.12.18) Das könnte nun die Einleitung eines Verfahrens seitens der Staatsanwaltschaft nach sich ziehen. Stay tuned!
Natternbach (OÖ): Als verspätetes Weihnachtsgeschenk musste der Kassier und Ersatzgemeinderat der FPÖ Natternbach, David Chloupek, „freiwillig“ aus der FPÖ austreten. Anlass waren Facebook-Kommentare, in denen er u.a. der ehemaligen Grünen Nationalrätin Alev Korun eine Massenvergewaltigung an den Hals wünschte. „Seine Aussagen ‚werden nicht geduldet’, betonte die Landes-FPÖ am Mittwochabend in einer Presseaussendung. Der Funktionär habe seinen Austritt aus der FPÖ mit sofortiger Wirkung erklärt und werde auch sein Mandat als Ersatzgemeinderat zurücklegen. ‚Somit ist er einem Parteiausschluss zuvor gekommen’, stellte Landesparteisekretär Erwin Schreiner fest.“ (derstandard.at , 27.12.18)
Herzogenburg (NÖ): Die FPÖ Niederösterreich hat diesen speziellen Jahresreigen mit einem Parteiausschluss gleich zu Neujahr eröffnet, und sie beschließt das Jahr 2018 auch so. Knapp vor Jahresende gab’s nämlich noch den Ausschluss des erst im März gewählten Parteiobmanns von Herzogenburg, Thomas Rupp. Damit ist der auch sein Amt als stellvertretender Bezirksparteiobmann los. Zudem wurde Rupp als FPÖ-Bezirksreferent dienstfrei gestellt. Streit gibt es offenbar auch im Umgang mit dem Lokal „Pub Lowlander“, das im Februar in einem Puls 4‑Beitrag rund um den Ausschluss von Jürgen G. als ziemlich rechter Ort Erwähnung fand. „Schatzl [FPÖ Stadtrat, Anmk. SdR] verwehrt sich gegen Rupps Vorwurf, er habe ihm verboten, das Lokal des ehemaligen Parteimitglieds Manfred ‚Baba’ Schauer, das Pub ‚Lowlander’, zu betreten: ‚Ich habe lediglich angeregt, dass wir dort keine Parteisitzungen mehr abhalten. Wer wann wo hingeht, ist mir ansonsten herzlich egal.“ (noen.at, 30.12.18) Dem vorausgegangen sei ein parteiinterner Streit samt „Erpressungsversuch rund um eigennützige Forderungen, Posten und Listenplätze. (…) ‚Stadtrat Hinteregger und ich [Wolfgang Schatzl, Anmk. SdR] sollten unsere Sessel räumen. Falls wir das nicht tun, hat Rupp erklärt, so viele Mitglieder wie nur möglich zum Parteiaustritt zu bewegen.’ Das ist dem ‚Kronprinzen’ zumindest zum Teil gelungen, wie er im NÖN-Exklusivgespräch erklärt: ‚43 Mitglieder sind ausgetreten, darunter auch die Gemeinderäte Irene Schatzl, Enrico Hofbauer-Kugler und Birgit Pradl.’“ (noen.at, 18.12.18)
Die nicht zurückgetretenen „Einzelfälle“ (Auswahl)
Burschenschafter: Udo Landbauer und Herwig Götschober (beide in die Liederbuchaffäre verwickelt), Konrad Weiß (Ende des Nationalsozialismus als „die Katastrophe von 1945“), Arndt Praxmarer (u.a. FB-Fan des bekannten Neonazi-Treffpunkts „Der goldene Löwe“ von Tommy Frenck), Jürgen-Michael Kleppich (braune T‑Shirts in Israel und Nazi-Großvater auf FB), Reinhard Rebhandl (stramm rechter Querverbinder zu den Identitären mit Hang zu braunen Wurzeln), Reinhard Bösch (will Raum in Nordafrika in Besitz nehmen), Elmar Podgorschek (u.a. Vortrag bei der AfD), Johann Gudenus (u.a. Antisemitismen am laufenden Band)
Andere: Herbert Kickl (zahllose Auftritte, von „Flüchtlinge konzentriert unterbringen“ bis zum BVT-Skandal), Gottfried Waldhäusl (u.a. Liebhaber von NS-Sprache, gefängnisartige Unterbringung von Jugendlichen, Verdacht auf krumme Geschäfte), Wolfgang Preiszler (Leiter der EGS und FPÖ Guntramsdorf; rechtsextreme Umtriebe auf Facebook), Miriam Rydl (FPÖ Tulln; Mitglied einer über den Holocaust spottenden FB-Gruppe, beschimpfte in einem Posting Geflüchtete als „Untermenschen“), Bruno Weber (FPÖ Amstetten) und Manfred Pühringer (FPÖ Linz; homophobe und rassistische Äußerungen), Salvatore Raineri (FPÖ Kleinzell; besondere Definition von „Nazi“)