Wir erhalten täglich mehr Meldungen zu Postings/Kommentaren, die mutmaßlich gegen den Verhetzungsparagraphen bzw. das Verbotsgesetz verstoßen. Es ist gut, dass immer mehr Menschen darauf sensibilisiert werden und nicht mehr bereit sind, tatenlos zu akzeptieren, wenn potentiell strafrechtlich relevante Inhalte über die sozialen Medien verbreitet werden. Wir haben daher eine Anleitung zusammengestellt, wie solche Postings richtig, d.h. gerichtstauglich, gesichert werden und wie eine Anzeige zu machen ist.
Wer in den sozialen Medien auf möglicherweise strafbare Inhalte stößt, sollte diese – wenn immer möglich – sichern, und zwar bevor sie (via Screenshots oder Verlinkung) verbreitet werden. Handy-Screenshots sind im Zweifelsfall nicht ausreichend, da sie sehr leicht manipuliert werden können und vor Gericht eventuell nicht anerkannt werden.
1. einen Screenshot von Postings/Kommentaren anfertigen und Links notieren (kopieren)
Tipp: Es empfiehlt sich, sofort alle Links, ev. auch Screenshots in einer Datei (Word, etc.) zu sammeln. Das erspart später, vor allem bei Einbringung einer Anzeige, viel Arbeit.
Link zur Seite oder zum Profil – Beispiel: https://www.facebook.com/stopptdierechten/
Wenn Sie technisch etwas fortgeschritten sind, können Sie auch die jeweilige Facebook-ID des Accounts eruieren und notieren. Bei einem Kommentar jedenfalls auch einen Screenshot des Accounts der Person und eine Speicherung des gesamten Websiteinhalts (s.u.!) anfertigen, die den Kommentar getätigt hat.
Auf das Datum der Veröffentlichung des jeweiligen Postings oder Kommentars klicken, dadurch geht ein Fenster mit dem Link auf
Link zum Posting/Kommentar in der Browserleiste – Beispiel: https://www.facebook.com/stopptdierechten/posts/10156538781569870
2. Screenshot des gesamten Bildschirms inklusive Zeitstempel (der vom Computer angezeigt wird) und Adressleiste des Browsers anfertigen
3. Kommentare – Ausgangsposting
Bei Kommentaren ist das Ausgangsposting, zu dem kommentiert wird, ebenfalls zu sichern. Falls Sie Kommentare sichern wollen, bei denen die Bedeutung erst durch den Zusammenhang mit anderen Kommentaren – etwa Antworten auf andere Kommentare (=Thread) – klar ersichtlich ist, dann ist von allen relevanten Kommentaren ebenfalls ein Screenshot anzufertigen, denn manchmal ergibt sich eine strafrechtliche Relevanz erst aus dem Kontext.
Beachten Sie bei allen Screenshots, dass Sie vor einer Weitergabe jegliche Hinweise auf Ihre Identität oder die anderer nicht betroffener Personen (rechts werden oft Freundschaftsanfragen, „Personen, die du kennen könntest” aufgelistet) abdecken/schwärzen (hier gelb)!
4. Seite abspeichern
Speichern Sie die gesamte Seite ab, es wird daraus ein Webarchiv erstellt. Das funktioniert, indem Sie einfach auf den Befehl „Speichern unter“ gehen und je nach Browser „gesamte Website“, „Webarchiv“ anklicken und dadurch auf Ihrem Computer lokal sichern. Diese Sicherung bitte aufbewahren, denn sie könnte in einem etwaigen Strafverfahren von Relevanz sein.
5. Fertigen Sie eine Sicherung im Internet-Webarchiv „archive.fo“ oder „archive.today“ an
und notieren Sie nach Fertigstellung den Link – unter diesem Link ist der Inhalt der Website, wie er zum Zeitpunkt des Speicherns online war, dauerhaft gesichert und auch nach einer etwaigen Löschung abrufbar.
Achtung: Falls Sie auch Kommentare sichern wollen, so werden im Webarchiv die Unterkommentare (Antworten) nicht oder nur teilweise mitgesichert.
Warum ist das so aufwendig?
Wir haben Fälle erlebt, wo die beschuldigte Person behauptet hat, das inkriminierte Posting (oder den Kommentar) nicht selbst getätigt zu haben und angibt, das sei von einem Fake-Profil einer unbekannten Person, die dasselbe Profilbild verwendet habe, passiert – um der beschuldigten Person Schaden zuzufügen. Mit der Speicherung der Seite wird automatisch auch der Quelltext (HTML-Code) mitgesichert. Aus dem geht auch die Facebook-ID jeder Person (bzw. des Accounts) hervor, die Postings oder Kommentare auf der gesicherten Seite hinterlassen hat und auch das Betriebssystem (Mac, Android, Windows …), von dem aus der Eintrag gemacht wurde. Wenn die ID mit jener des Accounts der beschuldigten Person übereinstimmt, ist eine Variante mit einem Fake-Profil auszuschließen.
Wenn auf mutmaßlich strafrechtlich relevante Postings/Kommentare hingewiesen wird (indem sie verbreitet werden, was bei prominenteren Personen, PolitikerInnen oft der Fall ist), werden diese vom Urheber/der Urheberin oft gelöscht – teilweise auch die Accounts offline gestellt. Das passiert ebenfalls, wenn Ermittlungen aufgenommen werden und Post von der Staatsanwaltschaft ins Haus flattert. In diesen Fällen können strafrechtlich relevante Inhalte nur mehr mit sorgfältig angefertigten Sicherungen belegt werden. In manchen Prozessen sind auch exakte Zeitnachweise wichtig: Wann genau das Posting/der Kommentar veröffentlicht und wann der Screenshot angefertigt wurde – meist, um zu eruieren, wie lange ein strafrechtlich relevanter Inhalt (mindestens) online war.
➡️ Leitfaden für die Anfertigung einer Sachverhaltsdarstellung
➡️ Hate Aid, Berlin: Rechtssichere Screenshots erstellen: Wie geht das? (Anleitungen für Facebook, Instagram, Twitter, TikTok, Youtube)