In Österreich gibt es mehrere Stellen, wohin rechtsextreme, aber auch rassistische oder antisemitische Vorfälle gemeldet werden können. Eine Übersicht.
Was kann gemeldet/angezeigt werden?
Rechtsextremismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit können auf vielfältige Art und Weise angetroffen werden, so beispielsweise als Beschmierungen, Beschimpfungen, Äußerungen (in den Medien, im Internet in Form von Websites oder Postings in sozialen Medien oder bei Veranstaltungen), Drohungen (durch Anrufe, Briefe…), Sachbeschädigungen (Angriffe auf Vereinslokale, Denkmäler…), tätliche An-/Übergriffe, Verbreitung einschlägiger Materialien u.v.m. So verbietet beispielsweise das Verbotsgesetz u.a. jede Form der NS-Wiederbetätigung, der Verhetzungsparagraf die „Beeinträchtigung“ bestimmter Personen in ihrer Menschenwürde und das Abzeichengesetz das öffentliche Zurschaustellen von Abzeichen, Uniformen oder Uniformteilen verbotener Organisationen.
Nicht alles kann jedoch bei der Polizei auch tatsächlich angezeigt, also straf- oder auch privatrechtlich verfolgt werden. Damit diese Taten nicht in Vergessenheit geraten, gibt es unterschiedliche Stellen, die derartige Vorfälle dokumentieren. Um Mehrfacharbeit zu vermeiden und nicht alles allen Meldestellen zukommen zu lassen, lohnt es sich darauf zu achten, wofür welche Anlaufstelle genau zuständig ist und was bezweckt werden soll.
Wie erstatte ich Anzeige?
Grundsätzlich müssen Behörden, wenn sie von einer Straftat erfahren, aktiv werden. Das können Sie erreichen indem Sie den Behörden dies durch eine Meldung, Sachverhaltsdarstellung oder Anzeige mitteilen. Oft ist vereinfachend von „Anzeige” die Rede, wenn es sich tatsächlich jedoch um eine Meldung oder Sachverhaltsdarstellung gehandelt hat. Die Anzeige ist an die jeweils zuständigen Behörden zu richten, das ist teils die Polizei und teils die Staatsanwaltschaft.
Die Anzeige besteht aus einem formlosen aber wahrheitsgetreuen Schreiben, was sich wann wo genau ereignet hat, wer der/die beteiligten Täter_innen, eventuell auch Betroffenen und Zeug_innen waren. Sollten Sie den/die Täter_innen nicht ge-/erkannt haben, besteht auch die Möglichkeit, Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten. Im ganzen Prozedere können Sie auch anonym bleiben, denn es genügt, die Anzeige abzuschicken, weil die Behörden verpflichtet sind, diese an die zuständige Abteilung weiterzuleiten. Eine Anleitung zum Erstellen einer Sachverhaltsdarstellung mit Beispielen finden Sie hier.
Anzeige erstattet werden kann, wenn bestimmte Strafbestände erfüllt werden bzw. die berechtigte Vermutung besteht, dass diese erfüllt werden könnten. Für rechtsextreme Vorfälle sind vor allem das Verbotsgesetz und das EGVG, das Abzeichengesetz sowie der Paragraf der Verhetzung von Bedeutung. Das heißt aber nicht, dass Rechte/Rechtsextreme und Neonazis ausschließlich gegen diese Gesetze verstoßen bzw. wegen solcher Delikte angeklagt werden. Ein Blick in die Berichtserstattung von Stoppt die Rechten verdeutlicht, dass es bislang auch immer wieder zu Anzeigen und Anklagen wegen Nötigung, Beleidigung, illegalen Waffenbesitz oder sogar wegen versuchten Mordes gekommen ist. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob ein bestimmter Sachverhalt angezeigt werden kann, können Sie auch gerne das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) oder auch Stoppt die Rechten um eine Einschätzung bitten.
Je nachdem, was zur Anzeige gebracht wird, sollten unterschiedliche Aspekte berücksichtigt werden. Wenn Sie beispielsweise neonazistische Kommentare in einem Onlinemedium wie z.B. dem Forum einer bestimmten Tageszeitung anzeigen möchten, empfiehlt es sich einen Screenshot zu machen und diesen der Anzeige beizulegen. Postings/Kommentare etwa auf Facebook sollten richtig gesichert werden, damit ev. juristisch dagegen vorgegangen werden kann – eine detailierte Anleitung dazu gibt es hier.
Wenn Sie hingegen Schmierereien (z.B. Hakenkreuzsprayereien) entdeckt haben, ist es nützlich, davon Fotos anzufertigen und beizulegen. Wenn Sie wiederum Zeug_in eines Vorfalls geworden ist, ist es ratsam, direkt nach Beobachtung einer Tat ein Gedächtnisprotokoll zu schreiben, das dann auch beim Verfassen der Anzeige oder auch bei einer potentiellen Zeug_innenaussage (vor Gericht) von Vorteil sein kann.
Wo kann ich was melden?
Hasspostings im Internet: Social Media
Sollten sich die von Ihnen beobachteten Vorfälle oder Äußerungen im Internet ereignet haben, gibt es folgende Möglichkeiten: Die meisten Social Media Kanäle verfügen inzwischen über eigene Meldemöglichkeiten, die Betreiber reagieren jedoch oft sehr nicht.
Eine genaue Anleitung zu den unterschiedlichen Meldemöglichkeiten finden Sie hier, für Meldungen in den einzelnen Sozialen Medien bietet www.saferinternet.at eine gute Übersicht.
Internetseiten
Sollten Sie auf rechtsextreme oder rassistische Internetseiten oder Blogs stoßen, ist die Vorgehensweise ein wenig anders. Wenn es sich lediglich um einen Kommentar (z.B in einem Diskussionsforum) handelt, ist es möglich, diesen den Betreiber_innen der Seite zu melden und ihn dadurch idealerweise zum Verschwinden bringen. Ist jedoch die ganze Seite rechtsextrem oder neonazistisch einzustufen, können Sie ebenfalls mit dem Provider der Seite Kontakt aufnehmen und den mit entsprechenden Inhalten konfrontieren, jedoch ist eine erfolgreiche Löschung von mehreren Faktoren abhängig.
Gegen die Verbreitung von Hatespeech im Internet kann im Grunde genommen nur vorgegangen werden, wenn die jeweiligen Internetseiten auch ein Impressum haben und in den Einflussbereich der (in unserem Fall österreichischen) Gesetzgebung fallen, weil sie ihre Adresse in Österreich haben. In einem solchen Falle müssen Inhalte, die gegen das Verbotsgesetz verstoßen, auch gelöscht werden. Grundsätzlich haben (österreichische) Websites eine Impressumspflicht, der aber nicht alle Folge leisten.
Es gibt jedoch die Möglichkeit, alle Seiten beispielsweise auf Stopline.at zu melden, deren Mitarbeiter_innen im Falle eines tatsächlichen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz versuchen, die Provider ausfindig zu machen und Anzeige zu erstatten. Von Vorteil ist außerdem, dass Stopline mit über 50 anderen Internetproviderfirmen aus aller Welt zusammenarbeitet. Sollte also eine gemeldete Internetseite nicht in Österreich liegen, leitet Stopline die Informationen an ihre Partner_innenorganisationen weiter.
Meldestellen in Österreich
Meldestelle NS-Wiederbetätigung
Bei der im österreichischen Innenministerium bzw. dem Verfassungsschutz angesiedelten Stelle können neonazistische, rassistische sowie antisemitische Inhalte von Websites und Newsgroup Beiträgen gemeldet werden. Vorsicht ist beim BMI/DNS betreffend Datenschutz und Persönlichkeitsschutz angebracht: Der dortige Hinweis „Ihre Angaben werden vertraulich behandelt soweit keine gesetzliche Verpflichtung zur Weiterleitung besteht.“, bedeuet in der Praxis, dass Informationen über den/die anzeigende Person an die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden und über die Akteneinsicht auch der beschuldigten Person zugänglich ist!
Kontakt:
Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst
Herrengasse 7 | A‑1014 Wien
[email protected]
Im Innenministerium gibt es außerdem eine Meldestelle gegen radikal islamistische Videos von Terrororganisationen oder Extremist_innen, die unter [email protected] gemeldet werden können.
Bitte beachten: Die NS-Meldestelle antwortet auf keine Meldungen, was nicht bedeutet, dass die eingehenden Fälle nicht bearbeitet werden!
Stopline – Meldestelle gegen Kinderpornografie und Nationalsozialismus im Internet
Bei Stopline können (anonym) Inhalte von Webseiten und Sozialmedien gemeldet werden, die gegen §207a StGB (Kinderpornografie) oder das Verbots- und Abzeichengesetz verstoßen. Meldungen können entweder über das Melde-Formular oder direkt über die Email [email protected] eingebracht werden.
Kontakt:
https://www.stopline.at/
[email protected]
Melden und dokumentieren
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Im DÖW kann grundsätzlich alles gemeldet werden, was mit Rechtsextremismus zu tun hat — Facebook-Postings, Sticker, Übergriffe, Publikationen … Es muss nicht strafrechtlich relevant sein, da die Mitarbeiter_innen des DÖW auch an Einblicken in die Szene und ihre Aktivitäten diesseits des gesetzlich Verbotenen interessiert sind bzw. diese dokumentieren. Im Falle strafrechtlicher Relevanz, erstattet das DÖW eine Anzeige. Zudem steht das DÖW auch für Einschätzungen/Auskünfte zur Verfügung. Alle Informationen werden vertraulich behandelt.
Kontakt:
Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW)
Altes Rathaus | Wipplingerstr. 6–8 | A‑1010 Wien
+43–1‑22 89 469/317 | [email protected]
Termine nach Vereinbarung
ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit
Die Initiative ZARA dokumentiert und berät zu rassistischen Vorfällen (auch im Internet) und in Fällen von Hass im Netz. ZARA bemüht sich um eine Entfernung (u.a. durch Kontaktieren der Seitenbetreiber_innen) der Inhalte. Weiters bietet ZARA Melder_innen kostenlose Beratung und Unterstützung bei (rechtlichen) Schritten an und bringt auch selbst strafrechtlich relevante Inhalte zur Anzeige. Meldungen können online über ein Melde-Formular eingebracht werden.
Kontakt:
www.zara.or.at
[email protected]
Antisemitismus-Meldestelle der IKG
Die Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde nimmt antisemitische Vorfälle via Mail, Telefon und Meldeformular entgegen.
Kontakt:
https://www.antisemitismus-meldestelle.at
+43–1‑531 04 777
[email protected]
Mauthausen-Komitee Österreich (MKÖ)
Aufgrund der steigenden Zahlen rechtsextremer Vorfälle hat das Mauthausen Komitee Österreich eine Rechtsextremismus-Meldestelle eingerichtet, die diese systematisch dokumentieren soll. Vorfälle können über das Melde-Formular (http://www.mkoe.at/rechtsextremismus-melden) eingebracht werden und gegebenenfalls bzw. wenn gewünscht erstattet das MKÖ auch Anzeige. Die Daten der Melder_innen bleiben anonym und werden nicht an Dritte weitergeschickt.
BanHate
Über die App „BanHate” können via Smartphone Hassposting und Hate-Crimes (darunter Verstöße gegen das Verbotsgesetz) mit wenigen Schritten digital gemeldet werden. Die Meldungen werden geprüft und bei Verdacht auf Strafbarkeit an die zuständigen Behörden weitergeleitet.
Antidiskriminierungsstelle Steiermark
Pestalozzistraße 59 / 3. Stock, 8010 Graz
Tel: +43 (316) / 714 137
[email protected]
www.adss.at
Stoppt die Rechten (SdR)
Stoppt die Rechten hat es sich in erster Linie zum Ziel gesetzt, rechtsextreme, antisemitische, rassistische und neonazistische Vorfälle (vor allem in Österreich) zu dokumentieren und auf der Plattform darüber zu berichten. Bei der Meldung von Vorfällen werden Ihre Angaben in jedem Fall vertraulich behandelt.
Kontakt:
https://www.stopptdierechten.at/kontakt