Wer Symbole des NS-Staates in der Öffentlichkeit zeigt, kann auf Basis von zwei Gesetzen belangt werden:
wegen Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz: Mögliche Delikte sind bei der Polizei anzeigbar, die Staatsanwaltschaft muss ermitteln und ein Gericht darüber urteilen. Insbesondere die Frage, ob dafür ein Vorsatz („Wissen und Wollen”) vorliegt, wird im Verfahren geprüft.
Das Abzeichengesetz
Andererseits verbietet das Abzeichengesetz das Zeigen von NS-Symbolen in der Öffentlichkeit. Konkret richtet sich das Verbot gegen das Zeigen von Symbolen „einer in Österreich verbotenen Organisation” – dazu gehören die NSDAP sowie sämtliche ihre Organisationen und Einrichtungen: Hitlerjugend (HJ), SS und SA, Reichsarbeitsdienst (RAD), usw. Da die SS eine Organisation der NSDAP war, fallen alle von der SS verwendeten Symbole unter das Verbot: Verbandsabzeichen, Kragenspiegel, Ärmelabzeichen, Fahnen usw.
Alle Symbole dieser Organisationen sind verboten: Es handelt sich um rund 50 Organisationen und Einrichtungen und um zumindest 200 Symbole. Dazu kommen sämtliche Ersatzsymbole: Dient ein Symbol dem offensichtlichen Zweck als Ersatz für ein verbotenes Symbol, so ist auch dieses verboten.
Das Abzeichengesetz ist (im Gegensatz zum Verbotsgesetz) Verwaltungsstrafrecht. Die zuständige Behörde ist in großen Städten die Landespolizeidirektion, sonst die Bezirkshauptmannschaft. Auch bei der Polizei können Anzeigen nach dem Abzeichengesetz eingebracht werden, die diese dann entsprechend weiterleiten muss.
Im Gegensatz zum Verbotsgesetz wird beim Abzeichengesetz ein Vorsatz nicht geprüft, es reicht bereits Fahrlässigkeit. Für eine Bestrafung reicht eine öffentliche Darstellung des Symbols, liegt es zuhause in der Schublade, ist es erlaubt. Das Gesetz verbietet auch das Verbreiten solcher Symbole: Wer also Dinge verkaufen will, auf denen NS-Symbole angebracht sind, macht sich strafbar. Häufig wird angenommen, ein Verkauf von NS-Devotionalien ist zulässig, wenn das Symbol abgedeckt ist – das ist falsch: Zwar wird es durch das Abdecken nicht mehr gezeigt, der Verkauf ist aber ein Verbreiten.
Wenn die Behörde ein Vergehen nach dem Abzeichengesetz feststellt, passieren zwei Dinge: Erstens muss sie eine Strafe (zwischen 10.000 und 20.000 Euro) aussprechen, zweitens das Objekt beschlagnahmen.
Oft ist die Überprüfung oder eine Beweisführung, ob ein Symbol verboten ist, schwierig. Verschiedene Stellen helfen dabei: Neben „Stoppt die Rechten” (Kontakt) ist das etwa das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW).
Warum überhaupt?
Österreich hatte wesentlichen Anteil an den Verbrechen des Nationalsozialismus: Österreicher*innen waren lange vor dem „Anschluss” 1938 als illegale Nationalsozialist*innen in Österreich aktiv, übernahmen wichtige Funktionen innerhalb des NS-Staates, machten sich durch Denunziationen, Arisierungen usw. maßgeblich mitschuldig. Wegen der vielen Täter*innen in Österreich, nicht zuletzt aber auch wegen der vielen Österreicher*innen die zu Opfern wurden, hat es sich das demokratische Österreich als post-nazistischer Staat zur Aufgabe gemacht, eindeutige Schritte zu setzen, um sich von seiner Vergangenheit zu distanzieren.
Österreich verpflichtete sich 1955 gegenüber den Alliierten im Staatsvertrag von Wien in Artikel 9 dazu, auch konkrete Schritte zu setzen: Dazu zählte einerseits die Aufforderung, die NSDAP zu verbieten – dem wurde mit dem Verbotsgesetz entsprochen. Andererseits sicherte Österreich zu, „die Bemühungen fortsetzen, aus dem österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des Nazismus zu entfernen (…) um alle nazistische oder militaristische Tätigkeit und Propaganda in Österreich zu verhindern”.
Das Abzeichengesetz ist eines von zwei Gesetzen, die mit einer solchen klar anti-nationalsozialistischen Zielrichtung geschaffen wurden. Als der Nationalrat das Abzeichengesetz 1960 einführte, wurde dies so begründet:
Den Abzeichen einer Organisation kommt in der Regel eine mehrfache Funktion zu. Zunächst dienen sie dem Zwecke, die Mitglieder und Anhänger der Organisation in der Öffentlichkeit als solche kenntlich zu machen und diesen Personen Gelegenheit zu geben, sich in der Öffentlichkeit auf einfache und unmissverständliche Weise zu der Organisation und deren Zielen zu bekennen. Weiters fällt diesen Abzeichen die Aufgabe zu, dem Auftreten einer Organisation als solcher in der Öffentlichkeit einen sinnfälligen Rahmen zu geben. Schließlich wird von diesen Abzeichen an sich eine propagandistische und den Geist der Organisation verpflanzende Wirkung erwartet.
Die Erfahrung lehrt, dass es nicht immer ausreichend ist, eine verbotene Organisation in allen ihren Erscheinungsformen zu beseitigen. Es muss vielmehr auch verhindert werden, dass Handlungen gesetzt werden, die auf der Linie dieser Organisation liegen oder mit denen der Geist derselben wachgerufen werden kann. Ein geeignetes Mittel für die Setzung solcher Handlungen stellen die Abzeichen der Organisation dar.
Das Aufscheinen der Abzeichen der in Österreich verbotenen Organisationen in der Öffentlichkeit ist nicht nur geeignet, öffentliches Ärgernis zu erregen und die öffentliche Ruhe und Ordnung zu gefährden, sondern könnte auch eine Schädigung des Ansehens Österreichs im Ausland zur Folge haben. Dies trifft insbesondere für jene dieser Abzeichen zu, die geradezu Sinnbild eines als verbrecherisch gebrandmarkten, totalitären politischen Systems geworden sind. Es ist daher aus innenpolitischen und außenpolitischen Gründen notwendig, jedem wie immer gearteten öffentlichen Aufscheinen oder Auftauchen der erwähnten Abzeichen energisch und wirksam entgegenzutreten.
(…) Als Abzeichen im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten demnach unter anderem: Plaketten, Ansteckabzeichen, Fahnen, Flaggen und Wimpel, Distinktionen und sonstige genormte Erkennungsmittel, sowie versinnbildlichende Zeichen (Symbole) als solche.