Wiederbetätigung und Verbotsgesetz

Welche Handlungen sind nach dem Verbotsgesetz strafbar?

  • Jede Betä­ti­gung im „natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Sinn“. Dar­un­ter fällt zum Bei­spiel schon ein SMS mit dem Inhalt „Heil Hit­ler“ oder „88“, wenn der Vor­satz ist, Adolf Hit­ler zu ver­herr­li­chen. Auch die bild­li­che Dar­stel­lung von natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Sym­bo­len wie dem Haken­kreuz oder SS-Runen oder auch ein Bild von Adolf Hit­ler ist in Kom­bi­na­ti­on mit dem Vor­satz der Wie­der­be­tä­ti­gung strafbar.
  • Außer­dem ist die Grün­dung, Wie­der­her­stel­lung, Auf­recht­erhal­tung oder Unter­stüt­zung einer natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Orga­ni­sa­ti­on (ins­be­son­de­re z.B. NSDAP, SS oder SA) sowie die Auf­for­de­rung dazu strafbar.
  • Auch die öffent­li­che Leug­nung, gröb­li­che Ver­harm­lo­sung, das Gut­hei­ßen und Recht­fer­ti­gen des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Völ­ker­mords und ande­rer natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit ist strafbar.
  • Da Wie­der­be­tä­ti­gung straf­bar ist, müs­sen eine natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Par­tei ver­bo­ten und eine natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Demons­tra­ti­on unter­sagt werden.

Fallen rassistische, fremdenfeindliche oder hetzerische Aussagen automatisch unter das Verbotsgesetz?

Nein, nicht jede ras­sis­ti­sche, frem­den­feind­li­che oder gar het­ze­ri­sche Aus­sa­ge ist auto­ma­tisch eine Gut­hei­ßung der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ver­bre­chen. Um unter das Ver­bots­ge­setz zu fal­len, muss ein kla­rer Bezug zum Natio­nal­so­zia­lis­mus bestehen, was nicht bei jeder ras­sis­ti­schen Äuße­rung der Fall ist.

Widerspricht das Verbot der Wiederbetätigung dem Recht auf freie Meinungsäußerung?

Nein, gewis­se Ein­schrän­kun­gen der Mei­nungs­äu­ße­rung sind in einer Demo­kra­tie not­wen­dig und wider­spre­chen auch dem Grund­recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung nicht. Das hat auch der euro­päi­sche Men­schen­rechts­ge­richts­hof in Bezug auf das Ver­bots­ge­setz bestätigt.

Sind auch KFZ-Kennzeichen mit rechtsextremen Codes verboten?

Ja, die­se sind seit 2015 ver­bo­ten. Alte Kenn­zei­chen sind aller­dings noch zuläs­sig, kön­nen aber nicht mehr ver­län­gert wer­den, und lau­fen daher nach 15 Jah­ren ab.

Was kann ich tun, wenn ich einen Kommentar oder ein Posting lese, das gegen das Verbotsgesetz verstößt?

Wenn jemand eine Straf­tat ver­wirk­licht und die Behör­den davon erfah­ren, müs­sen sie von sich aus aktiv wer­den. Das erreicht man durch eine form­lo­se Sach­ver­halts­dar­stel­lung („Anzei­ge“), in der der Sach­ver­halt wahr­heits­ge­mäß wie­der­ge­ge­ben wird. Für Kom­men­ta­re in Online­me­di­en emp­fiehlt sich eine Siche­rung.

Es genügt also ein ein­fa­ches Schrei­ben, in dem beschrie­ben wird, was vor­ge­fal­len ist und die Per­son genannt wird, von der ein Ver­dacht auf Wie­der­be­tä­ti­gung aus­geht. Kann die­se Per­son nicht benannt wer­den, weil man nicht weiß, wer der/die mut­maß­li­che Täter*in ist, kann die Sach­ver­halts­dar­stel­lung auch gegen „unbe­kann­te Täter“ erfol­gen. Auch, wenn der/die Anzeiger*in selbst anonym bleibt, muss die Behör­de den Sach­ver­halt prüfen.

Die Anzei­ge kann an die Staats­an­walt­schaft (Lis­te Staats­an­walt­schaf­ten) oder an die Poli­zei geschickt wer­den. Zustän­dig ist jeweils die Staats­an­walt­schaft in deren Spren­gel die Tat ver­übt wur­de. Wird die Tat bei einer unzu­stän­di­gen Staats­an­walt­schaft oder Poli­zei­dienst­stel­le ange­zeigt, ist die Behör­de grund­sätz­lich dazu ver­pflich­tet, die Anzei­ge an die zustän­di­ge Behör­de weiterzuleiten.

Vorsicht!

Eine fal­sche Ver­däch­ti­gung ist eben­falls straf­bar (§ 297 Ver­leum­dung). Der/die Anzeiger*in soll­te den Sach­ver­halt also auch unmit­tel­bar selbst wahr­ge­nom­men haben oder zuver­läs­si­ge Quel­len haben, die den Vor­wurf bele­gen kön­nen. Es emp­fiehlt sich in die­sem Zusam­men­hang daher, einen „Ver­dacht auf Wie­der­be­tä­ti­gung” zu mel­den und die Staats­an­walt­schaft in der Anzei­ge auf­zu­for­dern, den beschrie­be­nen Sach­ver­halt straf­recht­lich zu über­prü­fen, anstatt selbst in der Anzei­ge fest­zu­stel­len, dass sich die ange­zeig­te Per­son der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Wie­der­be­tä­ti­gung schul­dig gemacht hat. Über Schuld oder Unschuld ent­schei­det erst ein Gericht.

Zudem ist beim Ver­fas­sungs­schutz die Mel­de­stel­le für NS-Wie­der­be­tä­ti­gung ange­sie­delt, bei der Wie­der­be­tä­ti­gung gemel­det wer­den kann.

Wie lautet das Verbotsgesetz im Original?

Das Ver­bots­ge­setz in der der­zeit gel­ten­den Fas­sung (Novel­le 2023) kann hier ein­ge­se­hen wer­den: Ver­bots­ge­setz 1947

Die drei wesent­lichs­ten Text­stel­len sind:

§ 1. Die NSDAP, ihre Wehr­ver­bän­de (SS, SA, NSKK, NSFK), ihre Glie­de­run­gen und ange­schlos­se­nen Ver­bän­de sowie alle natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen und Ein­rich­tun­gen über­haupt sind auf­ge­löst; ihre Neu­bil­dung ist verboten.
Ihr Ver­mö­gen ist der Repu­blik verfallen.

§ 3. Es ist jeder­mann unter­sagt, sich, sei es auch außer­halb die­ser Orga­ni­sa­tio­nen, für die NSDAP oder ihre Zie­le irgend­wie zu betätigen.

§ 3h. (1) Wer öffent­lich den natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Völ­ker­mord oder ande­re natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit leug­net, ver­harm­lost, gut­heißt oder zu recht­fer­ti­gen sucht, ist, wenn die Tat nicht nach § 3g mit Stra­fe bedroht ist, mit Frei­heits­stra­fe von sechs Mona­ten bis zu fünf Jah­ren zu bestrafen.

Was tun, wenn das Verbotsgesetz nicht greift?

Wenn ein Ver­fah­ren nach dem Ver­bots­ge­setz ein­ge­stellt wird, kann dies vie­le Grün­de haben. Einer die­ser Grün­de ist, dass Poli­zei, Staats­an­walt­schaft oder Gericht kei­nen Vor­satz erken­nen konn­ten. In sol­chen Fäl­len bie­tet das EGVG eine Mög­lich­keit, Täter_innen trotz­dem zu belan­gen. Das EGVG regelt in Art. III Abs. 1 Zif­fer 4, dass in sol­chen Fäl­len eine (Geld-)Strafe aus­ge­spro­chen wer­den kann. Es ist sinn­voll, bei Anzei­gen mit Ver­dacht auf ein Ver­ge­hen nach dem Ver­bots­ge­setz auch expli­zit auf das EGVG hinzuweisen.

Ände­run­gen im Ver­bots­ge­setz, EGVG, Sym­bo­le- und Abzei­chen­ge­setz, die mit 1.1.24 in Kraft getre­ten sind: Ein­füh­rungs­er­lass

Stand: Jän­ner 2024