Wiener Neustadt/NÖ: Nazibilder für Bikerfreunde
Ried/OÖ: Nach Angriff auf Tullner Bürgermeister: Hetzer muss zahlen
St. Pölten: Sechs Jahre Haft für Ex-Politiker
Lockenhaus/B: Mag der FPÖ-Gemeinderat die Zahl 88 zu sehr?
Stockerau/NÖ: Hitlergruß beim Erdäpfelfest
Chemnitz/D: Auch Strache & Co sahen nur „besorgte Bürger“
Wien: „unzensuriert“ verharmlost Holocaustleugner und mutmaßlichen Rechtsterroristen Hans Berger
Slowenien: Verhaftungen nach Gründung einer rechtsextremen Bürgerwehr
Rechnitz/B: Taxiunternehmen wirbt mit Massakerort Kreuzstadl
Königstetten/NÖ: Rücktritt eines vermeintlichen Unschuldslammes
Wien-Kahlenberg: Aufmarsch der „Generation Breivik“
Wiener Neustadt/NÖ: Nazibilder für Bikerfreunde
Wegen der Weiterleitung von Nazibildern musste ein 53-jähriger Gemeindebediensteter wegen mit Verdacht auf Wiederbetätigung vors Wiener Neustädter Gericht und kassierte eine bedingte Strafe von 18 Monaten Haft. Dabei ist’s für den Biker, der seine zweifelhaften Motive anderen Bikern geschickt hatte, dumm gelaufen, wie heute.at berichtet:
Das 53-jährige Mitglied eine Motorradklubes [sic] hatte bei seiner Hochzeit auch einen Biker-Kollegen eingeladen. Dieser Kollege kam zu Sturz, war bewusstlos. Die Rettung versorgte den Mann, ein Sanitäter durchforstete wegen der Angehörigenverständigung das Handy des Opfers und stieß auf verdächtige Nachrichten, übergab die Causa der Polizei, kurz darauf wurde der Verfassungsschutz tätig. Der 53-Jährige soll dem Kollegen laut Anklage Nazisprüche und ‑fotos geschickt haben.
Etwas irritierend fiel die Begründung des Bikerfreundes aus: „Ich habe nichts mit Rechten zu tun. Ich wusste nur, dass meinem Kollegen das gefällt und deshalb habe ich es geschickt.“ Falls Nazimotive seinen Freunden gefallen, sollte sich der Verfassungsschutz wohl auch mit diesen beschäftigen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Ried/OÖ: Nach Angriff auf Tullner Bürgermeister: Hetzer muss zahlen
Einer vom rechtextremen Wochenblick, unzensuriert und FPÖ-Funktionären maßgeblich anzettelten Hetzkampagne musste sich der Tullner Bürgermeister Peter Eisenschenk aussetzen. Er, der generell als FPÖ-kritisch bekannt ist – schon 2014 meinte er zu Andreas Bors und dessen Kandidatur für den Tullner Gemeinderat: „Wir brauchen keine braunen Flecken in Tulln.“ – wurde beschuldigt, den Fall einer Vergewaltigung eines Mädchens durch zwei Nicht-Österreicher vertuscht zu haben. Ein Gericht hat inzwischen geklärt, dass dem nicht so war.
„Auf den nächsten Laternenmast soll er aufgehängt werden”, „Verbrecher” und ähnliche Dinge schrieben User auf Facebook und diversen Posting-Foren im Internet über Peter Eisenschenk. (…) Als der Bürgermeister als Privatperson auf seiner eigenen Homepage einige Monate später einen kritischen Kommentar über die FPÖ verfasste, flammten die Hasspostings neuerlich auf. (NÖN, 5.9.18)
Der Bürgermeister reagierte und verklagte einige Hetzer – zumindest jene, die ihn mit ihrem Klarnamen beschimpft hatten. In zwei Fällen zog Eisenschenk seine Klage nach Entschuldigungen durch die Täter zurück. In zwei Fällen setzte es Verurteilungen, ein Mühlviertler hat nun neben den Verfahrenskosten eine Geldstrafe zu bezahlen.
St. Pölten: Sechs Jahre Haft für Ex-Politiker
Die Vorwürfe an den ehemaligen SPÖ-Gemeinderat sind heftig: schwerer Missbrauch von neun Mädchen über insgesamt 27 Jahre hinweg. Angeklagt wurde der Mann auch wegen des Vergehens nach dem Waffengesetz. Er besaß illegale Feuerwaffen samt Munition, nicht jedoch einen Waffenschein. Wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung wurden die Ermittlungen eingestellt:
Anlässlich einer Hausdurchsuchung entdeckten Beamte auch zahlreiche Waffen und jede Menge Munition sowie Devotionalien aus der NS-Zeit, etwa Schaufensterpuppen in SS-Uniformen und eine Hitlerbüste. Die Ermittlungen gegen den Pensionisten im Zusammenhang mit nationalsozialistischer Wiederbetätigung, die einen Geschworenenprozess nach sich gezogen hätten, wurden jedoch eingestellt, da dem Mann keinerlei propagandistische Tätigkeiten nachzuweisen sind und er daher nur als ‚Sammler’ gelte. (meinbezirk.at, 25.8.18)
Das Urteil, sechs Jahre unbedingt, ist noch nichts rechtskräftig, da der Angeklagte um Bedenkzeit bat. (noen.at, 5.9.18)
Lockenhaus/B: Mag der FPÖ-Gemeinderat die Zahl 88 zu sehr?
Im Falle der von der Wandergilde von Hirschenstein angebotenen Wanderung, für die seitens des Obmanns exakt 8,88 Kilometer als Streckenlänge angegeben wurde, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Verbotsgesetz. Wir erinnern uns an die seltsame Begründung, die der Obmann – zugleich FPÖ-Gemeinderat in Lockenhaus – angegeben hatte:
Harald Müller, Obmann der Wandergilde und FPÖ-Gemeinderat in Lockenhaus, kann die Aufregung nicht nachvollziehen. ‚Wir sind die Strecke mit GPS abgegangen – einmal waren es 8,50 Kilometer, dann 8,90 Kilometer. Wir haben einfach die goldene Mitte genommen’, so Müller im Gespräch mit den Bezirksblättern Oberpullendorf.
Die von Müller gewählte arithmetische Mitte war vermutlich für die Staatsanwaltschaft arithmetisch nicht nachvollziehbar, sodass nun Ermittlungen aufgenommen wurden. Ein nicht unwesentliches Detail verrät uns der Kurier (7.9.18): „So soll laut gut informierten Kreisen auch das Auto-Kennzeichen des Obmanns die Zahl ‚88’ tragen.“
Stockerau/NÖ: Hitlergruß beim Erdäpfelfest
Ein Nachspiel könnte der Besuch des Erdäpfelfests in Stockerau für eine Frau haben, die, animiert durch einen Marsch mit recht blutrünstigen Textzeilen, irgendwann in ihrer Begeisterung die Hand zum Hitlergruß erhob. Das bemerkten die am Nebentisch sitzende Grüne Gemeinderätin Radha Kamath-Petters, die einschritt und der NEOS-Gemeinderat Martin Fischer, der das Vorkommnis via Facebook publik machte. Eine Anzeige ist erstattet, die Veranstalter, die marschspielende Musikgruppe und diverse Gemeindepolitiker distanzieren sich vom Vorfall. (NÖ Nachrichten, 5.9.18, S. 26)

Chemnitz/D: Auch Strache & Co sahen nur „besorgte Bürger“
Auch die letzte Woche war in Deutschland geprägt von den Ereignissen in Chemnitz bzw. deren Bewertung, die auch nach Österreich überschwappte: Dankbar nahm hierzulande die einschlägige Szene das Statement des Präsidenten des deutschen Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen auf, der – ohne dafür auch nur einen einzigen Beleg vorzulegen – in Chemnitz alles das nicht sehen wollte, was die auf Social Media veröffentlichten Bilder und Videos, aber auch Journalist_innen dokumentierten: Übergriffe seitens eines rechten und rechtsextremen Mobs auf Migrant_innen, Reporter_innen, Hetzjagden unter der Beteiligung und Führung von Neonazis, die – wie von der Leine gelassen – ihre Stunde gekommen sahen, um unter dem Deckmantel der Trauer über die Tötung eines Menschen ihrer Gesinnung offen Ausdruck verleihen zu können. Mitten drunter waren auch österreichische Identitäre. Darüber jedoch werden wir gesondert berichten.

Wien: „unzensuriert“ verharmlost Holocaustleugner und mutmaßlichen Rechtsterroristen Hans Berger
Wie der Standard berichtete, empörte sich die FPÖ-nahe Plattform unzensuriert über die lange Haftdauer des Leiters der neonazistischen Europäischen Aktion, Hans Berger, der im August noch während seiner Untersuchungshaft verstarb. Gleichzeitig attackierte unzensuriert das BVT, das, wie wir spätestens seit Februar wissen, im Visier von Innenminister Kickl steht, der in diesem von ihm ungeliebten Amt einmal „aufräumen“ wollte.
Bemerkenswert ist nicht nur der Angriff auf die Justiz und aufs BVT, sondern auch die Verharmlosung von Berger als „Systemkritiker“. Ein Schweizer Mitkombattant von Berger, der Holocaustleugner Bernhard Schaub, rief nun offen zum gewaltsamen Sturz des demokratischen Systems in Deutschland auf: „Der 64-Jährige geht in seinen Reden so weit, Neonazis zum Sturz des Systems aufzurufen: ‚Man muss nicht die Illusion haben, man könne mit demokratischen Mitteln das beseitigen, was Demokratie ist.’“ (bazonline.ch, 9.9.18) Aber vermutlich ist auch Schaub nur ein „Systemkritiker“, zumindest wenn es nach unzensuriert geht.
Slowenien: Verhaftungen nach Gründung einer rechtsextremen Bürgerwehr
Bedrohliches tut sich bei unserem südlichen Nachbarn Slowenien: Wie letzte Woche bekannt wurde, formierte sich dort eine aus angeblich mehreren hundert Personen bestehende rechtsextreme bewaffnete Bürgerwehr, die unter der Führung des Rechtspolitikers Andrej Šiško steht. Šiško veröffentlichte auch ein Video, mit dem er die martialische, mit Hacken bewaffnete Truppe, die den Namen „Steirische Wacht“ trägt, präsentierte. Zwei Tage danach wurden Šiško und eine weitere Person verhaftet. Die „Kleine Zeitung“ (6.9.18) zitiert eine Polizeimeldung, wonach „sich die Ermittlungen auf den Verdacht der Aufhetzung zur gewaltsamen Änderung der verfassungsrechtlichen Ordnung, wofür laut slowenischem Strafgesetzbuch bis zu fünf Jahre Haft drohen, sowie des illegalen Waffen- und Drogenhandels“ konzentrieren.

Rechnitz/B: Taxiunternehmen wirbt mit Massakerort Kreuzstadl
Der Hintergrund ist unklar, warum ein burgenländisches Taxiunternehmen „ohne Tabus“, wie es sich selbst bezeichnete, seine Dienste ausgerechnet mit dem Foto des Rechnitzer Kreuzstadl bewarb. Dort wurden im März 1945 nach einem Fest im Schloss Bátthyány 180 ZwangsarbeiterInnen von Festteilnehmern ermordet. Heute ist der Kreuzstadl eine Ruine mit einem Mahnmal. Naheliegend ist, dass der Taxiunternehmer in vollem Bewusstsein des historischen Hintergrunds auf dieses Motiv zurückgegriffen hat, denn das belegt schon alleine das von ihm gewählte Foto: Er hat es von der Website der Gedenkinitiative RE.F.U.G.I.U.S kopiert. Nach dem Bericht im Standard ist die Website des Taxiunternehmers nun offline. Wir empfehlen dem Unternehmer, der dafür hoffentlich Lehrgeld bezahlen muss, aber auch allen anderen die informative Website kreuzstadl.net zur historischen politischen Bildung.

Königstetten/NÖ: Rücktritt eines vermeintlichen Unschuldslammes
Weinerlicher geht’s kaum mehr: Offenbar musste der nunmehr Ex-FPÖ-Gemeinderat aus Königstetten Herbert Haslinger seinen Hut wegen eines KZ-Vergleichs nehmen, wie er selbst auf Facebook öffentlich berichtete. Er schied, wie es aussieht, im Unfrieden von seiner Partei, deren Verhalten er als „Kriechen vor dem Gegner“ bezeichnete. Haslinger war der Rechercheplattform FPÖ Fails schon zuvor mit unsäglichen Äußerungen aufgefallen. Man muss ihm also keine Träne nachweinen.

Wien-Kahlenberg: Aufmarsch der „Generation Breivik“
1683, das Jahr, in dem die zweite Türkenbelagerung zurückgeschlagen wurde, gerät immer mehr zum Projektionsdatum für rechtsextreme Bollwerksphantasien, und das demonstriert die Szene inzwischen jährlich am Kahlenberg. So riefen die Identitären mit anderen rechtsextremen Gruppen auch heuer wieder zu einem Fakelzug auf, der jedoch eher dürftig besucht war: 300 Teilnehmende wurden erwartet, nur ein Drittel davon marschierte dann schlussendlich am Kahlenberg auf. Bei der Gegendemonstration waren es laut Standard doppelt so viele.
Eine Interpretation zum identitären Aufmarsch am Kahlenberg und zur Inszenierung der „Generation Breivik“ hat Andreas Peham (DÖW) in diesem sehenswerten WienTV-Beitrag geliefert:
Interessant wäre in diesem Zusammenhang zu erfahren, wie bzw. wer von der Regierung auf die Idee kam, die Einigung zwischen ÖVP und FPÖ im letzten Dezember just auch am Kahlenberg bekanntzugeben. Ob der Ort nur wegen der schönen Aussicht gewählt wurde, von der damals jedoch wegen des Einbruchs der Dunkelheit nichts mehr zu sehen war, oder wegen der historischen Symbolik, wurde nicht kommuniziert.