Die Neonazis von der Europäischen Aktion (Teil 1)

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Die Nach­richt vom Tod des alten Neo­na­zi wur­de am 13. August durch die Neo­na­zis vom „Thing-Kreis-The­mar“ (Thüringen/BRD) ver­öf­fent­licht. Dem­nach ist Hans Ber­ger, öster­rei­chi­scher Lan­des­lei­ter der neo­na­zis­ti­schen Euro­päi­schen Akti­on (EA), eini­ge Tage zuvor in der Unter­su­chungs­haft in Wien ver­stor­ben. Erst mit eini­ger Ver­spä­tung berich­te­ten öster­rei­chi­sche Medi­en über den Tod des Unter­su­chungs­häft­lings. Dabei gäbe es noch eini­ges aufzuklären.

Hans Ber­ger, der eigent­lich in der Schweiz leb­te, fir­mier­te seit 2011 als Lan­des­lei­ter der „Euro­päi­schen Akti­on“ (EA) für Öster­reich. Im Dezem­ber 2016, also vor mehr als ein­ein­halb Jah­ren, wur­de er in der Schweiz fest­ge­nom­men, nach­dem er gera­de von einem Tref­fen in Spa­ni­en mit dem mitt­ler­wei­le eben­falls ver­stor­be­nen Gerd Hon­sik zurück­ge­kehrt war, und nach Öster­reich aus­ge­lie­fert, wo er bis zu sei­nem Tod am 10. August 2018 in Unter­su­chungs­haft saß.

Neonazi-FB-Seite vermeldet Tod von Hans Berger

Neo­na­zi-FB-Sei­te ver­mel­det Tod von Hans Berger

War­um wird ein alter Neo­na­zi – Ber­ger war 77 Jah­re alt – so lan­ge in Unter­su­chungs­haft gehal­ten, ohne dass bis zuletzt eine Ankla­ge, geschwei­ge denn ein Ter­min für eine Haupt­ver­hand­lung in Sicht war? Gegen Ber­ger wur­de nicht nur nach § 3 h Ver­bots­ge­setz (Holo­caust­leug­nung), son­dern auch nach § 3 a ermit­telt. Da geht es um nichts Gerin­ge­res als die (Wieder-)Errichtung einer Nazi-Orga­ni­sa­ti­on mit dem Ziel, die Selbst­stän­dig­keit Öster­reichs zu unter­gra­ben und sie gege­be­nen­falls auch gewalt­sam zu besei­ti­gen. Die Straf­an­dro­hung nach § 3 a liegt bei zehn bis zwan­zig Jah­ren Frei­heits­stra­fe, kann aber auch auf Lebens­lang erwei­tert wer­den. Eine Ankla­ge nach § 3 a Ver­bots­ge­setz ist aller­dings sehr hei­kel, weil sie den Vor­satz sehr klar her­aus­ar­bei­ten muss.

Ber­ger war so wie eini­ge ande­re soge­nann­te Füh­rungs­ka­der der EA schon ein älte­res Semes­ter. Bern­hard Schaub, der Grün­der und Chef der EA, ein Schwei­zer Holo­caust­leug­ner, ist mit sei­nen 64 Jah­ren ja noch ver­gleichs­wei­se jung, obwohl schon vor­zei­ti­ger Bezie­her einer Schwei­zer Alters­ren­te. Rigolf Hen­nig, der zuletzt als Statt­hal­ter der EA im „Besat­zungs­kon­strukt“ BRD fir­mier­te, ist dage­gen 83, was ihn nicht dar­an hin­der­te, noch im Vor­jahr eine unbe­ding­te Haft­stra­fe wegen Volks­ver­het­zung und Holo­caust­leug­nung zu kassieren.

Dann wäre da noch der mitt­ler­wei­le eben­falls ver­stor­be­ne Wie­ner Gebiets­lei­ter der EA, Rudolf Vogel, ein schon lan­ge pen­sio­nier­ter Regie­rungs­rat, der im Okto­ber 2012 das mit staat­li­chen Mit­teln geför­der­te „Haus der Hei­mat“ dafür gewin­nen konn­te, in sei­nen Räum­lich­kei­ten vor einem durch­aus ansehn­li­chen Publi­kum den Neo­na­zi und EA-Chef Schaub die sie­ben Zie­le der Orga­ni­sa­ti­on vor­stel­len zu las­sen. Bei die­ser gut besuch­ten Ver­an­stal­tung wur­de denn auch schon über par­ti­sa­nen­ähn­li­che Struk­tu­ren und para­mi­li­tä­ri­sche Übun­gen gespro­chen. Unmit­tel­ba­re Kon­se­quen­zen hat­te die­ser Auf­tritt Schaubs bzw. die Wer­be­ver­an­stal­tung für die Neo­na­zi-Grup­pe übri­gens keine.

Einladung ins "Haus der Heimat" (Okt. 2012)

Ein­la­dung ins „Haus der Hei­mat” (Okt. 2012)

Was kann also die­se „Euro­päi­sche Akti­on“, vom alten Hon­sik (76) spöt­tisch als „Schwei­zer Senio­ren­ver­ein“ titu­liert, schon an Aktio­nen geplant haben? Das Alter ist bei der Ant­wort durch­aus behilf­lich: Vogel, der vor sei­nem Tod schon fast die 90 erreicht hat­te, ver­hielt sich nicht mehr ganz so kon­spi­ra­tiv wie die Jün­ge­ren und plau­der­te am Tele­fon ganz offen. Die Tele­fo­ne eini­ger EA-Kader wur­den aber abge­hört, und so brauch­ten die Ver­fas­sungs­schüt­zer nur mehr mitprotokollieren.

Gerd Honsik über die EA

Gerd Hon­sik läs­tert über die EA

Auch Rigolf Hen­nig, der deut­sche Lan­des­lei­ter, plau­der­te. Auf der anti­se­mi­ti­schen Sei­te „Ger­man Vic­tims“ nann­te er schon im Jän­ner 2017 den Namen eines wei­te­ren öster­rei­chi­schen EA-Akti­vis­ten, Tho­mas G., gegen den seit der Ver­haf­tung von Ber­ger im Dezem­ber 2016 eben­falls ermit­telt wird. Da beginnt sich zumin­dest ein Kreis zu schlie­ßen. Vogel war so wie Tho­mas G. in den 1990ern bei der „Bur­schen­schaft Tafel­run­de zu Wien“, einer ein­deu­tig rechts­extre­men bzw. neo­na­zis­tisch ori­en­tier­ten Bur­schen­schaft, die im (anti­se­mi­ti­schen und rechts­extre­men) Dele­gier­ten­con­vent Euro­päi­scher Kor­po­ra­tio­nen zuhau­se war. Mit­glie­der der „Tafel­run­de zu Wien“ waren bei Tref­fen der Sude­ten­deut­schen Lands­mann­schaft in Öster­reich aktiv – eini­ge von ihnen tauch­ten dann Anfang der 2000er-Jah­re in der „SS Kampf­ge­mein­schaft Prinz Eugen“ wie­der auf und bei der Neo­na­zi-Demo 2002 gegen die Wehr­machts­aus­stel­lung in Wien, wo ein wei­te­rer EA-Ver­däch­ti­ger, Wil­helm E., einen öffent­li­chen Auf­tritt hatte.

Rigolf Hennig beklagt Vorgehen gegen EA

Rigolf Hen­nig beklagt Vor­ge­hen gegen EA auf der anti­se­mi­ti­schen Sei­te „Ger­man Victims”

Im Sep­tem­ber 2012 darf der Wie­ner EA-„Gebietsleiter“ Vogel die eigent­lich inak­ti­ve „Bur­schen­schaft Tafel­run­de“ beim Tref­fen der Euro­päi­schen Akti­on am Odi­li­en­berg im Elsass mit einer Gruß­adres­se und einem kräch­zen­den „Heil“ vor­stel­len. Beim Tag der Sude­ten­deut­schen Lands­mann­schaf­ten in Klos­ter­neu­burg – eben­falls im Sep­tem­ber 2012 – wird die „Bur­schen­schaft Tafel­run­de zu Wien“ unter den Ehren­gäs­ten ange­führt. Nur Wochen spä­ter dann der pro­pa­gan­dis­ti­sche Auf­tritt der EA mit Schaub im „Haus der Hei­mat“, wo Vogel als Tür­öff­ner fungierte.

EA Rudolf Vogel bei der Burschenschaft "Tafelrunde zu Wien"

EA Rudolf Vogel bei der Bur­schen­schaft „Tafel­run­de zu Wien”

Die Ver­haf­tung von Ber­ger im Dezem­ber 2016 erfolg­te, nach­dem er sich am 20.12.16 in einem Mail an den „Land­tags­klub Nie­der­ös­ter­reich“ offen­sicht­lich für Gewalt gegen amtie­ren­de Poli­ti­ker aus­ge­spro­chen hat­te. Die Dro­hung war aber höchs­tens der letz­te Aus­lö­ser für die Poli­zei­ak­ti­on, denn zu die­sem Zeit­punkt wur­de die EA schon min­des­tens zwei­ein­halb Jah­re belauscht – mit durch­aus beacht­li­chen Erkennt­nis­sen über die Vor­be­rei­tun­gen für eine „euro­päi­sche Befreiungsarmee“.

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