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Die Neonazis von der „Europäischen Aktion“ in Österreich

Die deut­sche Poli­zei hat in einer Groß­raz­zia am 23. Juni in Thü­rin­gen und Nie­der­sach­sen ins­ge­samt 14 Immo­bi­len durch­sucht. Die Raz­zia, bei der Waf­fen und Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­al gefun­den wur­de, rich­te­te sich gegen die Struk­tu­ren der neo­na­zis­ti­schen „Euro­päi­schen Akti­on“ (EA) in die­sen Län­dern. Die EA, die auch in Öster­reich aktiv ist, durf­te 2012 im „Haus der Hei­mat”, über […]

26. Jun 2017

Die "Europäische Aktion Liechtenstein" erklärt sich solidarisch mit den Betroffenen der Razzia. Die Dankesworte für die Überlassung des Bildes zeigt die enge Verbindung zwischen den verschiedenen EA-Teilorganisationen
Die „Euro­päi­sche Akti­on Liech­ten­stein” erklärt sich soli­da­risch mit den Betrof­fe­nen der Raz­zia. Die Dan­kes­wor­te für die Über­las­sung des Bil­des zeigt die enge Ver­bin­dung zwi­schen den ver­schie­de­nen EA-Teilorganisationen

Was nach außen hin wirkt wie eine Trup­pe von völ­lig durch­ge­knall­ten Holo­caust­leug­nern, kann nach innen – inner­halb der Neo­na­zi-Sze­ne – offen­sicht­lich eine Wir­kung ent­fal­ten, die von den Behör­den lan­ge Zeit völ­lig unter­schätzt wor­den ist. In Thü­rin­gen, wo die „Euro­päi­sche Akti­on“ seit eini­gen Jah­ren aktiv ist, hat sie para­mi­li­tä­ri­sche Zelt­la­ger – soge­nann­te Wald­bi­waks – orga­ni­siert. Frü­her hat man das – eben­falls ver­harm­lo­send – Wehr­sport­übun­gen genannt.

Politisches Programm der EA: u.a. die "Entmachtung der Wallstreet" und alles in/durch "die Hand des Volkes" (Ausschnitt aus einem Flyer der EA)
Poli­ti­sches Pro­gramm der EA: u.a. die „Ent­mach­tung der Wall­street” und alles in/durch „die Hand des Vol­kes” (Aus­schnitt aus einem Fly­er der EA)

Die „EA“ fir­miert inner­halb der neo­na­zis­ti­schen und rechts­extre­men Sze­ne als Netz­werk­kno­ten, der für Neo­na­zi-Grup­pen und Initia­ti­ven Infra­struk­tur zur Ver­fü­gung stellt. Zu ver­mu­ten ist auch, dass über die „EA“ Geld an die Neo­na­zi-Struk­tu­ren her­an­ge­schafft wird.

Bei den Durch­su­chun­gen am Frei­tag stie­ßen die Beam­ten auf meh­re­re Kurz- und Lang­waf­fen, Muni­ti­on, Waf­fen­tei­le und ande­re Waf­fen. Außer­dem stell­te sie Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­al, gerin­ge Men­gen Rausch­gift sowie diver­se Han­dys und Com­pu­ter sicher. Bei einem Beschul­dig­ten wird außer­dem ein „Reichsbürger“-Hintergrund geprüft, gegen einen wei­te­ren Beschul­dig­ten voll­streck­ten die Beam­ten einen Haft­be­fehl wegen des Ver­wen­dens von Kenn­zei­chen ver­fas­sungs­wid­ri­ger Orga­ni­sa­tio­nen. Ein nicht beschul­dig­ter Mann wur­de wegen Wider­stan­des vor­läu­fig fest­ge­nom­men, er hat­te dabei zwei Beam­te ver­letzt. („Blick nach Rechts“)

Die „EA“ ist auch in Öster­reich aktiv. 2010 fand in Kärn­ten ein kon­spi­ra­tiv orga­ni­sier­tes Tref­fen des „EA“-Gründers Bern­hard Schaub mit vor­wie­gend Akti­vis­ten der im Sink­flug befind­li­chen Natio­na­len Volks­par­tei (NVP), mit dem EX-FPÖ–Abgeordneten Karl­heinz Kle­ment, einem Tiro­ler EX-RFJ-Mann und eini­gen ande­ren statt. In sei­nem drei­stün­di­gen Vor­trag plap­per­te Schaub über sei­ne Vor­stel­lung von Euro­pa mit einer Her­ren­ras­se. Man ver­tag­te sich auf wei­te­re Treffen.

2011 tauch­te beim Som­mer­tref­fen der „EA“ in Die­pold­sau (Schweiz) dann erst­mals der Name des öster­rei­chi­schen Lan­des­lei­ters der „EA“, Hans Ber­ger, auf. Ein Jahr spä­ter dann am Odi­li­en­berg im Elsass das zwei­te Som­mer­fest, wo der Gebiets­lei­ter Wien der „EA“, Vogel, einen Auf­tritt hat­te.

Am 12. Okto­ber 2012 dann der skan­da­lö­se Vor­trag von Bern­hard Schaub im „Haus der Hei­mat“ des Ver­ban­des der Volks­deut­schen Lands­mann­schaf­ten (VLÖ), das aus öffent­li­chen Mit­teln sub­ven­tio­niert wird, Schaub refe­rier­te dabei ganz offen über die „7 Zie­le“, also das Pro­gramm der Neo­na­zi-Trup­pe. Am Rand der Ver­an­stal­tung, so ein Teil­neh­mer zu „Stopp­t­i­de­rech­ten“ damals, wur­de aber auch über die par­ti­sa­nen­mä­ßi­ge“ Orga­ni­sa­ti­ons­form und über para­mi­li­tä­ri­sche Übun­gen gesprochen.

Die 7 Zie­le der Euro­päi­schen Akti­on im zeit­li­chen Ver­gleich (links: 2014, rechts: ca. 2010). Inter­es­sant die text­li­chen Ände­run­gen: Öster­reich ist neu­er­dings gene­rell „Deutsch­land zuge­hö­rig” (und nicht mehr nur „eth­nisch und kul­tu­rell), weni­ger gra­vie­rend der Aus­tausch von „Medi­zin” durch „Heil­kunst” — Bild­quel­le links: Bild­quel­le Dani­el Weber

2014 trat ein Teil­neh­mer der rech­ten Demo „Marsch für die Fami­lie“ mit einer Fah­ne und Flug­blät­tern der „Euro­päi­schen Akti­on“ in Erschei­nung. Im glei­chen Jahr tauch­te auch eine „Euro­päi­sche Akti­on Aus­seer­land“ auf, die von dem dama­li­gen Obmann der FPÖ Bad Aus­see gelei­tet wur­de, der Anfang 2015 dann des­we­gen aus der FPÖ aus­ge­schlos­sen wur­de. Mitt­ler­wei­le gibt die „EA“ Aus­seer­land kein Lebens­zei­chen mehr von sich.

Von der "Europäische Aktion Ausseerland" hört man gerade nicht viel.
Von der „Euro­päi­sche Akti­on Aus­seer­land” hört man gera­de nicht viel.

Dafür wur­de erst vor weni­gen Mona­ten im Zusam­men­hang mit der Fest­nah­me des Hit­ler-Dop­pel­gän­gers Harald Z. bekannt, dass der Kon­tak­te zum Lan­des­lei­ter der „EA“, Hans Ber­ger, hat­te. Ber­ger befand sich jeden­falls im Febru­ar 2017 in Unter­su­chungs­haft in Wien, weil ihm die Staats­an­walt­schaft eine Rei­he von Delik­ten mit hoher Straf­an­dro­hung, dar­un­ter die §§ 246 (Staats­feind­li­che Ver­bin­dun­gen) und 283 StGB (Ver­het­zung) sowie Ver­stö­ße gegen das Ver­bots­ge­setz nach 3 a, b, g und h, vor­wirft. Ermit­telt wird dabei nicht nur gegen Ber­ger, son­dern auch gegen wei­te­re Ver­däch­ti­ge. Bei den betrof­fe­nen Per­so­nen haben auch Haus­durch­su­chun­gen statt­ge­fun­den. Ber­ger wer­den – und hier schließt sich der Kreis – Kon­tak­te zu den Neo­na­zi-Grup­pen rund um die „EA“ in Thü­rin­gen vorgeworfen.