Hubert Keyl – ein Opfer? (Teil 2)

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Was in der Ver­gan­gen­heit zum Bruch mit der Wie­ner Bur­schen­schaft Albia geführt hat („dimis­sio in per­pe­tu­um“, Tren­nung auf Dau­er), wis­sen wir nur unge­fähr – was zur Ent­schei­dung sei­ner nächs­ten Bur­schen­schaft „Sile­sia“, dem uneh­ren­haf­ten Aus­schluss‚ geführt hat, das kön­nen wir eini­ger­ma­ßen rekon­stru­ie­ren. Nach­dem Hubert Keyl sich selbst (und mit ihm die FPÖ) und sei­ne Fami­lie als Opfer einer Hetz­jagd insze­nie­ren will, ist Auf­klä­rung geboten.

Im März 2010 fei­er­te die Wie­ner „deut­sche“ Bur­schen­schaft „Sile­sia“ ihr 150. Stif­tungs­fest im Rot­licht­lo­kal „Pour Pla­tin“ mit einem „Red Room Clubbing“.

Silesia-Einladung zum Red Room Clubbing ins Pour Platin (12.3.2010)

Ein­la­dung zum Club­bing der Sile­sia (in der Mit­te der Sile­se Ben­ja­min F.)

Was die Sile­sen und mit ihnen die Keyls damals nicht wuss­ten: Die Räum­lich­kei­ten des „Pour Pla­tin“ waren ver­wanzt. Die Kri­po konn­te also live mit­ver­fol­gen, was sich dort zu spä­ter Stun­de abspiel­te. pro­fil schil­der­te eini­ge Mona­te spä­ter, was sich im Rot­licht­lo­kal ereig­net hatte:

Keyls Ehe­frau Eli­sa­beth, eine was­ser­stoff­blon­de Sekre­tä­rin von FPÖ-Chef Heinz-Chris­ti­an Stra­che, saß auf der Bar und wur­de von wan­ken­den Par­ty­ti­gern hef­tig umschwärmt. Hubert Keyl woll­te das nicht mehr mit­an­se­hen und griff ein. Das dar­auf ein­set­zen­de Hand­ge­men­ge zwi­schen den bei­den Ehe­leu­ten wur­de von zahl­rei­chen Augen­zeu­gen beob­ach­tet. Nun angel­ten sich die Hünen von der Secu­ri­ty des Pour Pla­tin Hubert Keyl, um für Ruhe zu sor­gen. Doch Keyl mach­te einen schwe­ren Feh­ler: Er ging auf die stäm­mi­gen Auf­pas­ser los und wur­de bru­tal zusam­men­ge­schla­gen. Mit meh­re­ren Gesichts­brü­chen muss­te er zwei Wochen lang im Wie­ner AKH sta­tio­när behan­delt wer­den. Außer sich vor Wut über das Vor­ge­hen der Auf­pas­ser rief Gat­tin Eli­sa­beth Keyl einen guten Freund zu Hil­fe: den Rechts­ra­di­ka­len Gott­fried Küs­sel. Doch auch die­ser konn­te nichts aus­rich­ten und zog nach kur­zer Zeit wie­der ab.

Fol­gen­de Fra­gen wären da zu klären:

  • Gab es nur ein „Hand­ge­men­ge“ zwi­schen den Ehe­leu­ten, oder hat Hubert Keyl sei­ne Frau geschla­gen, sodass sich die Puff-Secu­ri­ty ver­an­lasst sah ein­zu­grei­fen? (Wobei es kei­ne Recht­fer­ti­gung für das äußerst bru­ta­le Vor­ge­hen der Secu­ri­ty geben kann!) unzen­su­riert, das in Reak­ti­on auf den pro­fil-Bericht ein Foto des schwer ver­letz­ten Keyl zeig­te, sprach sogar von einem „schwe­ren Ver­bre­chen“ an Keyl. Auch das inter­es­siert uns bei einem – inzwi­schen fast – ange­hen­den Rich­ter, daher die Unter­fra­ge: Wur­de das schwe­re Ver­bre­chen, näm­lich mas­si­ve Ver­let­zun­gen im Gesichts­be­reich des Hubert Keyl, geahndet?
  • Hat die Gat­tin Eli­sa­beth Keyl, von pro­fil in einem spä­te­ren Bei­trag als „SS-Lily“ beti­telt, tat­säch­lich den Neo­na­zi Gott­fried Küs­sel aus dem Bett geklin­gelt, damit der ihren Mann rächen soll – und ist Küs­sel tat­säch­lich erschie­nen? Unter­fra­ge: Wie innig sind oder waren die Bezie­hun­gen der Keyls mit Küssel?

Ein Monat nach den Vor­fäl­len im „Pour Pla­tin“ beschließt die Bur­schen­schaft Sile­sia ein Schieds­ge­richt, das die Rol­le und Ver­ant­wor­tung von Hubert Keyl klä­ren soll. Im Vor­feld der Ent­schei­dung kommt es zu eini­gen merk­wür­di­gen Vorfällen.

Ein gro­ber Keil und ein gro­ber Klotz

Der Sile­se Patrick B., der Hubert Keyl mit einer Aus­sa­ge vor dem Schieds­ge­richt belas­tet hat­te, berich­te­te einem ande­ren Sile­sen von einem Gespräch mit Ewald Stadler,

in dem Stad­ler zu B. gesagt haben soll, er kön­ne doch nicht den Hubert belas­ten, vor­her sol­le er aus­sprin­gen, also aus der Bur­schen­schaft aus­tre­ten. B. ist schließ­lich noch vor der Ver­hand­lung aus­ge­sprun­gen, indem er schrift­lich sei­nen Aus­tritt erklär­te. Meh­re­re Zeu­gen sag­ten aus, von Keyl im Vor­feld der Ver­hand­lung dahin­ge­hend unter Druck gesetzt wor­den zu sein, ihre belas­ten­den Aus­sa­gen zu ändern. Man­che behaup­te­ten gar, bedroht wor­den zu sein. (pro­fil 18.9.2010)

Keyl hin­ge­gen behaup­te­te, sei­ne Frau nicht ver­prü­gelt oder geschla­gen zu haben und von der Secu­ri­ty ohne Anlass ange­grif­fen wor­den zu sein. pro­fil: „Zahl­rei­che Zeu­gen, Bun­des­brü­der (Sile­sia-Mit­glie­der) sowie Kor­po­rier­te (Mit­glie­der ande­rer Bur­schen­schaf­ten), aber auch Unab­hän­gi­ge wider­spra­chen Keyls Anga­ben und gaben Gegen­tei­li­ges zu Pro­to­koll.“

Schließ­lich ent­schied der Kon­vent der Bur­schen­schaft im Juni 2010, Keyl „cum infa­mia“ aus der Bur­schen­schaft aus­zu­sto­ßen. Dazu muss man wis­sen, dass die Bur­schen­schaft Sile­sia damals eine der ganz weni­gen Bur­schen­schaf­ten war, in der intern der Kon­flikt zwi­schen FPÖ- und BZÖ-Anhän­gern tob­te und die Intri­gen dazu sehr hef­tig waren. Aller­dings war Keyl schon vor sei­ner Sile­sia-Mit­glied­schaft bei der Bur­schen­schaft Albia „in per­pe­tu­um“ (auf Dau­er, also lebens­zeit­lich) ent­las­sen wor­den, weil ihm – so pro­fil – vor­ge­wor­fen wur­de, „dau­er­haft gegen eige­ne Bun­des­brü­der intri­giert und vor Gre­mi­en der Bur­schen­schaft Unwahr­hei­ten auf­ge­tischt zu haben“.

Im Herbst 2010 macht die Sile­sia etwas, was bei Bur­schen­schaf­ten ziem­lich außer­ge­wöhn­lich ist, näm­lich eine Pres­se­mit­tei­lung, in der die Sach­ver­hal­te ziem­lich ein­deu­tig geschil­dert werden:

Bei der Ver­an­stal­tung ‚Red Room Club­bing’ kam es zu kei­ner ‚Schlä­ge­rei unter rech­ten Recken’. Wahr ist, daß Herr Keyl zu vor­ge­rück­ter Stun­de in erheb­lich alko­ho­li­sier­tem Zustand auf­grund sei­nes aggres­si­ven Ver­hal­tens von den für die Sicher­heit Ver­ant­wort­li­chen aus dem Lokal ent­fernt wer­den mußte.

Gott­fried Küs­sel ist nicht auf der Ver­an­stal­tung ‚Red Room Club­bing’ erschie­nen. Wahr ist, daß Küs­sel in den frü­hen Mor­gen­stun­den mit der Frau des Herrn Keyl Ein­lass in das Lokal begehrt hat, wel­cher ihm ver­wei­gert wur­de. (OTS Sile­sia, 12.11.2010)

In der Zusam­men­schau ergibt das ein deut­li­ches Bild. Als pro­fil (29.11.2010) dann eine wei­te­re Geschich­te über das Ehe­paar Keyl mit „Die SS-Lily“ titel­te, gab es Wochen spä­ter (7.2.2011) dann zwar eine Gegen­dar­stel­lung zu bestimm­ten Pas­sa­gen durch die Keyls, nicht aber zu die­ser Aus­sa­ge: „Bei einer Fete der rech­ten Bur­schen­schaft „B! Sile­sia” im Wie­ner Rot­licht-Tem­pel „Pour Pla­tin” soll Keyl in einer Eifer­suchts­sze­ne auf sei­ne Frau los­ge­gan­gen sein, sich dann gegen die ein­schrei­ten­de Secu­ri­ty gewandt haben und dar­auf­hin kran­ken­haus­reif geprü­gelt wor­den sein.“ (pro­fil 17/2010)

Keyl war beim „Red Room Club­bing“ im Puff bei­des: Täter und Opfer. War­um aber ist das Opfer Keyl nicht gegen die Secu­ri­ty vor­ge­gan­gen? Schon bei sei­nem Spi­tals­auf­ent­halt ver­si­cher­te Keyl, dass nicht er, son­dern das Kran­ken­haus Anzei­ge wegen sei­ner Ver­let­zun­gen erstat­tet habe. Als dann 2013 gegen den Betrei­ber des „Pour Pla­tin“ und sei­ne Secu­ri­ty ein sehr umfas­sen­der Straf­pro­zess statt­fand, wur­de am Ran­de auch die vom Spi­tal ange­zeig­te schwe­re Kör­per­ver­let­zung Keyls abge­han­delt, aber der signa­li­sier­te schon vor Pro­zess­be­ginn, dass alles erle­digt sei („für mich ist die Sache erle­digt, ich lebe nicht in Angst vor den Herr­schaf­ten”, heu­te, 18.6.2013). In der Ver­hand­lung erlitt der Zeu­ge, der bei der Poli­zei noch von Ohr­fei­gen Keyls an sei­ner Frau gespro­chen hat­te, laut Kurier (18.6.2013) einen „Gedächt­nis­schwund“.

Das laut unzen­su­riert schwe­re Ver­bre­chen an Keyl konn­te daher nicht geahn­det wer­den, weil Keyl dazu kei­ne belas­ten­de Aus­sa­ge tätig­te. War­um wohl? Die­se Fra­ge soll­te eigent­lich Hubert Keyl dem Per­so­nal­se­nat, der ihn so deut­lich emp­foh­len hat, beant­wor­tet haben. Wur­de er dazu befragt?

Keyl, Küs­sels Kel­ler und Kühnen

Im pro­fil-Arti­kel „Die SS-Lily“ wer­den sehr aus­führ­lich die inten­si­ven Bezie­hun­gen zwi­schen den Keyls, vor­wie­gend sei­ner Frau, und Küs­sel geschil­dert. Zur Unter­ma­lung wird auch ein Foto gezeigt, das Eli­sa­beth Keyl beim Küh­nen-Gruß zeigt. Auch Hubert Keyl, der alko­ho­li­siert wirkt, zeigt etwas undeut­lich die drei gespreiz­ten Finger.

In der Gegen­dar­stel­lung, die das Ehe­paar Keyl am 7.2.2011 im pro­fil ver­öf­fent­li­chen ließ, wer­den aber nicht die zahl­rei­chen Kon­tak­te zwi­schen Küs­sel und den Keyls bestrit­ten, son­dern neben einer Schie­ße­rei zu Sil­ves­ter nur die Teil­nah­me an einer Hit­ler-Geburts­tags­fei­er in Küs­sels Kel­ler und der Hit­ler­gruß: „Sie haben auch nie­mals das Deutsch­land-Lied, das Horst-Wes­sel-Lied oder ein sons­ti­ges Lied mit „zum Hit­ler-Gruß erho­be­nem Arm“ gesun­gen.“ (aus der Gegendarstellung)

Gegendarstellung Keyl im profil, 7.2.2011

Gegen­dar­stel­lung Keyl im pro­fil, 7.2.2011

Vor sei­nem Rück­zug, also vor weni­gen Tagen, erklär­te Hubert Keyl aber Folgendes:

Ent­ge­gen zahl­rei­cher media­ler Falsch­be­haup­tun­gen hat­te ich nie­mals irgend­ei­ne gemein­sa­me poli­ti­sche Ver­gan­gen­heit mit Herrn Gott­fried Küs­sel und habe auch kei­ner­lei Kon­takt mit ihm. Ich habe auch nie­mals den soge­nann­ten ‚Küh­nen-Gruß’ gemacht; die dies­bzgl. Falsch­mel­dung stammt aus einem ‚profil’-Artikel aus dem Jahr 2010, den ich erfolg­reich ent­geg­net habe. (OTS, 15.9.18)

Wer den pro­fil-Bericht aus 2010, die Gegen­dar­stel­lung der Keyls aus 2011 und die Pres­se­mit­tei­lung von Hubert Keyl vom 15.9.18 mit­ein­an­der ver­gleicht, weiß, dass da eini­ges nicht stim­men kann: Keyl hat den Küh­nen-Gruß 2011 nicht demen­tiert (wie denn auch?), die fami­liä­ren Kon­tak­te mit Küs­sel eben­so wenig. Nein, Keyl ist kein Opfer! Es war eine üble Zumu­tung der Bun­des­re­gie­rung und des Per­so­nal­se­nats, die­sen Kan­di­da­ten zu nomi­nie­ren bzw. zu empfehlen.

➡️ Hubert Keyl – ein Opfer? (Teil 1)