Im März 2010 feierte die Wiener „deutsche“ Burschenschaft „Silesia“ ihr 150. Stiftungsfest im Rotlichtlokal „Pour Platin“ mit einem „Red Room Clubbing“.
Was die Silesen und mit ihnen die Keyls damals nicht wussten: Die Räumlichkeiten des „Pour Platin“ waren verwanzt. Die Kripo konnte also live mitverfolgen, was sich dort zu später Stunde abspielte. profil schilderte einige Monate später, was sich im Rotlichtlokal ereignet hatte:
Keyls Ehefrau Elisabeth, eine wasserstoffblonde Sekretärin von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, saß auf der Bar und wurde von wankenden Partytigern heftig umschwärmt. Hubert Keyl wollte das nicht mehr mitansehen und griff ein. Das darauf einsetzende Handgemenge zwischen den beiden Eheleuten wurde von zahlreichen Augenzeugen beobachtet. Nun angelten sich die Hünen von der Security des Pour Platin Hubert Keyl, um für Ruhe zu sorgen. Doch Keyl machte einen schweren Fehler: Er ging auf die stämmigen Aufpasser los und wurde brutal zusammengeschlagen. Mit mehreren Gesichtsbrüchen musste er zwei Wochen lang im Wiener AKH stationär behandelt werden. Außer sich vor Wut über das Vorgehen der Aufpasser rief Gattin Elisabeth Keyl einen guten Freund zu Hilfe: den Rechtsradikalen Gottfried Küssel. Doch auch dieser konnte nichts ausrichten und zog nach kurzer Zeit wieder ab.
Folgende Fragen wären da zu klären:
- Gab es nur ein „Handgemenge“ zwischen den Eheleuten, oder hat Hubert Keyl seine Frau geschlagen, sodass sich die Puff-Security veranlasst sah einzugreifen? (Wobei es keine Rechtfertigung für das äußerst brutale Vorgehen der Security geben kann!) unzensuriert, das in Reaktion auf den profil-Bericht ein Foto des schwer verletzten Keyl zeigte, sprach sogar von einem „schweren Verbrechen“ an Keyl. Auch das interessiert uns bei einem – inzwischen fast – angehenden Richter, daher die Unterfrage: Wurde das schwere Verbrechen, nämlich massive Verletzungen im Gesichtsbereich des Hubert Keyl, geahndet?
- Hat die Gattin Elisabeth Keyl, von profil in einem späteren Beitrag als „SS-Lily“ betitelt, tatsächlich den Neonazi Gottfried Küssel aus dem Bett geklingelt, damit der ihren Mann rächen soll – und ist Küssel tatsächlich erschienen? Unterfrage: Wie innig sind oder waren die Beziehungen der Keyls mit Küssel?
Ein Monat nach den Vorfällen im „Pour Platin“ beschließt die Burschenschaft Silesia ein Schiedsgericht, das die Rolle und Verantwortung von Hubert Keyl klären soll. Im Vorfeld der Entscheidung kommt es zu einigen merkwürdigen Vorfällen.
Ein grober Keil und ein grober Klotz
Der Silese Patrick B., der Hubert Keyl mit einer Aussage vor dem Schiedsgericht belastet hatte, berichtete einem anderen Silesen von einem Gespräch mit Ewald Stadler,
in dem Stadler zu B. gesagt haben soll, er könne doch nicht den Hubert belasten, vorher solle er ausspringen, also aus der Burschenschaft austreten. B. ist schließlich noch vor der Verhandlung ausgesprungen, indem er schriftlich seinen Austritt erklärte. Mehrere Zeugen sagten aus, von Keyl im Vorfeld der Verhandlung dahingehend unter Druck gesetzt worden zu sein, ihre belastenden Aussagen zu ändern. Manche behaupteten gar, bedroht worden zu sein. (profil 18.9.2010)
Keyl hingegen behauptete, seine Frau nicht verprügelt oder geschlagen zu haben und von der Security ohne Anlass angegriffen worden zu sein. profil: „Zahlreiche Zeugen, Bundesbrüder (Silesia-Mitglieder) sowie Korporierte (Mitglieder anderer Burschenschaften), aber auch Unabhängige widersprachen Keyls Angaben und gaben Gegenteiliges zu Protokoll.“
Schließlich entschied der Konvent der Burschenschaft im Juni 2010, Keyl „cum infamia“ aus der Burschenschaft auszustoßen. Dazu muss man wissen, dass die Burschenschaft Silesia damals eine der ganz wenigen Burschenschaften war, in der intern der Konflikt zwischen FPÖ- und BZÖ-Anhängern tobte und die Intrigen dazu sehr heftig waren. Allerdings war Keyl schon vor seiner Silesia-Mitgliedschaft bei der Burschenschaft Albia „in perpetuum“ (auf Dauer, also lebenszeitlich) entlassen worden, weil ihm – so profil – vorgeworfen wurde, „dauerhaft gegen eigene Bundesbrüder intrigiert und vor Gremien der Burschenschaft Unwahrheiten aufgetischt zu haben“.
Im Herbst 2010 macht die Silesia etwas, was bei Burschenschaften ziemlich außergewöhnlich ist, nämlich eine Pressemitteilung, in der die Sachverhalte ziemlich eindeutig geschildert werden:
Bei der Veranstaltung ‚Red Room Clubbing’ kam es zu keiner ‚Schlägerei unter rechten Recken’. Wahr ist, daß Herr Keyl zu vorgerückter Stunde in erheblich alkoholisiertem Zustand aufgrund seines aggressiven Verhaltens von den für die Sicherheit Verantwortlichen aus dem Lokal entfernt werden mußte.
Gottfried Küssel ist nicht auf der Veranstaltung ‚Red Room Clubbing’ erschienen. Wahr ist, daß Küssel in den frühen Morgenstunden mit der Frau des Herrn Keyl Einlass in das Lokal begehrt hat, welcher ihm verweigert wurde. (OTS Silesia, 12.11.2010)
In der Zusammenschau ergibt das ein deutliches Bild. Als profil (29.11.2010) dann eine weitere Geschichte über das Ehepaar Keyl mit „Die SS-Lily“ titelte, gab es Wochen später (7.2.2011) dann zwar eine Gegendarstellung zu bestimmten Passagen durch die Keyls, nicht aber zu dieser Aussage: „Bei einer Fete der rechten Burschenschaft „B! Silesia” im Wiener Rotlicht-Tempel „Pour Platin” soll Keyl in einer Eifersuchtsszene auf seine Frau losgegangen sein, sich dann gegen die einschreitende Security gewandt haben und daraufhin krankenhausreif geprügelt worden sein.“ (profil 17/2010)
Keyl war beim „Red Room Clubbing“ im Puff beides: Täter und Opfer. Warum aber ist das Opfer Keyl nicht gegen die Security vorgegangen? Schon bei seinem Spitalsaufenthalt versicherte Keyl, dass nicht er, sondern das Krankenhaus Anzeige wegen seiner Verletzungen erstattet habe. Als dann 2013 gegen den Betreiber des „Pour Platin“ und seine Security ein sehr umfassender Strafprozess stattfand, wurde am Rande auch die vom Spital angezeigte schwere Körperverletzung Keyls abgehandelt, aber der signalisierte schon vor Prozessbeginn, dass alles erledigt sei („für mich ist die Sache erledigt, ich lebe nicht in Angst vor den Herrschaften”, heute, 18.6.2013). In der Verhandlung erlitt der Zeuge, der bei der Polizei noch von Ohrfeigen Keyls an seiner Frau gesprochen hatte, laut Kurier (18.6.2013) einen „Gedächtnisschwund“.
Das laut unzensuriert schwere Verbrechen an Keyl konnte daher nicht geahndet werden, weil Keyl dazu keine belastende Aussage tätigte. Warum wohl? Diese Frage sollte eigentlich Hubert Keyl dem Personalsenat, der ihn so deutlich empfohlen hat, beantwortet haben. Wurde er dazu befragt?
Keyl, Küssels Keller und Kühnen
Im profil-Artikel „Die SS-Lily“ werden sehr ausführlich die intensiven Beziehungen zwischen den Keyls, vorwiegend seiner Frau, und Küssel geschildert. Zur Untermalung wird auch ein Foto gezeigt, das Elisabeth Keyl beim Kühnen-Gruß zeigt. Auch Hubert Keyl, der alkoholisiert wirkt, zeigt etwas undeutlich die drei gespreizten Finger.
In der Gegendarstellung, die das Ehepaar Keyl am 7.2.2011 im profil veröffentlichen ließ, werden aber nicht die zahlreichen Kontakte zwischen Küssel und den Keyls bestritten, sondern neben einer Schießerei zu Silvester nur die Teilnahme an einer Hitler-Geburtstagsfeier in Küssels Keller und der Hitlergruß: „Sie haben auch niemals das Deutschland-Lied, das Horst-Wessel-Lied oder ein sonstiges Lied mit „zum Hitler-Gruß erhobenem Arm“ gesungen.“ (aus der Gegendarstellung)
Vor seinem Rückzug, also vor wenigen Tagen, erklärte Hubert Keyl aber Folgendes:
Entgegen zahlreicher medialer Falschbehauptungen hatte ich niemals irgendeine gemeinsame politische Vergangenheit mit Herrn Gottfried Küssel und habe auch keinerlei Kontakt mit ihm. Ich habe auch niemals den sogenannten ‚Kühnen-Gruß’ gemacht; die diesbzgl. Falschmeldung stammt aus einem ‚profil’-Artikel aus dem Jahr 2010, den ich erfolgreich entgegnet habe. (OTS, 15.9.18)
Wer den profil-Bericht aus 2010, die Gegendarstellung der Keyls aus 2011 und die Pressemitteilung von Hubert Keyl vom 15.9.18 miteinander vergleicht, weiß, dass da einiges nicht stimmen kann: Keyl hat den Kühnen-Gruß 2011 nicht dementiert (wie denn auch?), die familiären Kontakte mit Küssel ebenso wenig. Nein, Keyl ist kein Opfer! Es war eine üble Zumutung der Bundesregierung und des Personalsenats, diesen Kandidaten zu nominieren bzw. zu empfehlen.