Es war ein langer Vortrag, den Podgorschek da vor den gespannt lauschenden AfDlern aus dem Thüringer Landtag halten durfte. Und einer, der die gewichtige Rolle des Österreichers noch besonders hervorstrich: „Was die AfD von der FPÖ lernen kann.“ Da braucht es natürlich einen wie Podgorschek, der mit allem ihm eigenen Fingerspitzengefühl und seiner natürlichen Bescheidenheit die Dinge und die nach links gerückten Verhältnisse so zurecht rückt, dass die AfDlerInnen das annehmen können. Das wäre ihm auch fast gelungen, hätte er nicht am Ende eine Warnung ausgesprochen, die für große Verwirrung sorgte.
Seine etwas ermüdende Rede hat der Landesrat, der seine politische Karriere als Landesjungvolkbeauftragter des RFJ und als Fuchs bei der pennalen Burschenschaft Germania in Ried begonnen hat, schon im April beim „Unternehmerempfang“ der AfD-Landtagsfraktion Thüringens gehalten. Sie wurde von der AfD als Video ins Netz gestellt und offenbart nicht nur ganz allgemein die Geistes- und Gedankenwelt des freiheitlichen Feuerwehrlandesrates, sondern auch die politischen Vorstellungen, die ganz offensichtlich im Bundesparteivorstand der FPÖ geteilt werden. Mit Podgorscheks Ausführungen vor der AfD wird vieles, was die FPÖ da treibt und umtreibt, verständlicher. Manches macht einfach nur fassungslos.
Nur die Einführung in die verschrobene und verschobene Gedankenwelt des FPÖ-Landesrates wird hier indirekt erklärt, alles andere ist so gut wie uns möglich aus dem Video transkribiert und zitiert – ohne weiteren Kommentar – bis zur Schlusssequenz.
Podgorschek beginnt damit, das politische System von der gesellschaftlichen Entwicklung zu trennen. Während die Gesellschaft die Mitte nicht verlassen habe, seien das politische System und die Eliten – mit Ausnahme der FPÖ, die in der Mitte der Gesellschaft geblieben sei – in den letzten 20 bis 30 Jahren nach links abgewandert. Denen gehe es um die Zerstörung der Nationalstaaten „und deren ethnischer Zusammensetzung“.
Über das politische System in Österreich
Wir haben heute eine völlig links gepolte Justiz, wir haben eine Medienlandschaft, die mitterweile jenseits von links ist (…) die Kirche hat einen derartigen Linksdrall, dass ich manchmal schon Bauchweh bekomme“ und sogar in der Wissenschaft haben wir „eine Unterwanderung oder einen Paradigmenwechsel.
Gegen diesen Machtblock heißt es jetzt anzukämpfen (…) 1989 ist der Kommunismus als Wirtschaftssystem ja untergegangen, aber in den Köpfen der meisten Menschen ist er noch immer latent. (Applaus)
Die einzigen Institute, die noch nicht so umgedreht sind, sind Exekutive und österreichisches Bundesheer.
Der Verfassungsschutz hat eine eigene Zelle gebildet, die derzeit – so hoffe ich – ausgetrocknet wird.
So sind wir angetreten, dieses System – äh – aufzubrechen.
„Was wir unbedingt durchführen müssen, ist eine Neutralisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auch auf die Gefahr hin, dass uns eine sogenannte ‚Orbanisierung’ vorgeworfen wird.” Wüste Attacken des FPÖ-Landesrats Elmar Podgorschek gegen den ORF. Mehr im neuen @falter_at pic.twitter.com/EyVtG0TMc4
— Nina Horaczek (@NinaHoraczek) 12. Juni 2018
Über den ORF
Wir müssen unbedingt eine Neutralisierung des öffentlich rechtlichen Rundfunks durchführen (…) auch auf die Gefahr hin, dass uns eine sogenannte Orbanisierung vorgeworfen wird. Das müssen wir durchziehen.
Die Nachrichtensendungen des ORF erinnern mich an die ‚Aktuelle Kamera’.” [Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens]
Mittlerweile heißt er ja nicht mehr Österreichischer Rundfunk, sondern ORF (…) Oppositionsrundfunk.
Über die Koalition mit der ÖVP
Es ist eine Vernunftehe, aber traue keinem Schwarzen. (Applaus)
Jeder hört vom politischen Mitbewerber auch gerne mal Lob, aber immer daran denken: Wir sind für die eigenen Leute da, nicht für die!
Über die Grünen
Die Grünen sind für mich die würdigen Nachfolger der Jakobiner. Wenn sie könnten, würden sie uns alle an die Guillotine schicken.
Die Grünen haben sich gewandelt von einem marxistischen Trend zu einem Herz-Jesu-Marxismus.
Über die V‑Männer in rechten Parteien
Der Schluss von Podgorscheks Rede ist dann selbst für die ZuhörerInnen verstörend. Nachdem der Feuerwehr-Landesrat darauf hingewiesen hat, dass Österreich das System von V‑Männern, also bezahlten InformantInnen, die für Polizei oder Verfassungsschutz tätig sind, nicht kenne, holt er zu einer Mahnung aus:
Schauen Sie darauf, dass Sie nicht von V‑Männern unterwandert werden! (…) ich beobachte das immer wieder, wenn eine Partei rechts von der Mitte irgendwo im Entstehen ist, dann übernehmen irgendwann Verrückte – oder wie auch immer – die Partei und dann stellt sich heraus, es waren V‑Männer. (…) Das müssen Sie überwinden.
Die Kamera zeigt die ZuhörerInnen in den ersten Reihen, die sich eher verstört anblicken: Wer ist der Verrückte oder V‑Mann?
Podgorschek schließt seine Mahnung und die Rede mit dem Satz: „In diesem Sinne: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!“ Den AfDlern ist das Lachen und der Applaus ziemlich vergangen.