Norbert Nemeth, Strippenzieher im Hintergrund
Norbert Nemeth (Wien) ist langjähriger Klubdirektor im FPÖ-Parlamentsklub und kandidiert auf Platz 9 der Bundesliste. Seine Chancen, in den Nationalrat einzuziehen sind daher groß. Nemeth ist Mitglied der pennalen Burschenschaft Vandalia Wien und der immer wieder am Rande des Neonazismus kratzenden Burschenschaft Olympia. Beim ÖPR-Burschentag in Schärding im Juni 2024 hielt Nemeth die Festrede. Zuletzt ist er öffentlich einschlägig aufgefallen, weil er nach dem Gewalteklat vor der Uni Wien, in den Götz Kubitschek und sein Umfeld direkt verwickelt waren, zusammen mit weiteren FPÖ-Vertretern am Podium einer Veranstaltung saß, die die FPÖ mit der neurechten Szenegröße aus Schnellroda in den Räumlichkeiten des FPÖ-Klubs im Parlament organisiert hatte.
Nemeth galt bisher als Parteiideologe im Hintergrund. Er leitet als „Präsident“ den „Atterseekreis“, ein rechtsintellektueller Think Tank, der mit seinem vierteljährlich erscheinenden „Attersee-Report“ ein guter Anzeiger dafür war und ist, wohin die Reise mit der FPÖ führt. Nemeths Festrede in Schärding ist im letzten Attersee Report (9.24, S. 38) abgedruckt. Dort heißt es:
Prüft Eure Lehrer! Nicht alle meinen es schlecht mit euch, wenn auch viele. Unser Verband und seine Repräsentanten werden ein scharfes Auge auf all jene werfen, denen die kommunistische Utopie näher ist als die Bundesverfassung und die sich dazu berufen fühlen, unsere Aktiven mit schlechten Noten zu bestrafen, bloß weil sie patriotisch denken und fühlen.
Vertraut euren Alten Herren! Sie sind die Säulen unserer Verbindungen. Unsere Bünde sind der Rahmen, durch den unsere Leistungen unsere eigene Lebenszeit überdauern.
Die Einrichtung einer Denunziationsmeldestelle gegen missliebige Lehrende findet sich tatsächlich im FPÖ-Wahlprogramm.
Reinhard Teufel, Multifunktionär und Großverdiener
Reinhard Teufel (Niederösterreich, Platz 19 auf der Bundesliste) ist einst als Kickls Kabinettschef im Innenministerium einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Welche Rolle er beim Überfall auf das BVT gespielt hat, wurde nicht ganz klar, denn in der Befragung im Untersuchungsausschuss gab sich der bei der „Brixia Innsbruck“ Korporierte als Meister der Ahnungslosigkeit.
Wenig Freude hatte Teufel über einem Artikel von „Österreich“ (21.9.19), als die aus einem BVT-Akt zitierte, in dem festgestellt wurde, dass Teufel auch in seiner Zeit als Kickls Kabinettschef in regem Kontakt mit dem Identitärenchef Martin Sellner stand. Damals, als die Spende des Christchurch-Attentäters an Sellner selbst bei der FPÖ zu einer „Distanziererei“ gereicht hat, hatte Teufel den Österreich-Artikel noch als „Skandalisierungsversuch ohne neue Erkenntnisse“ (derstandard.at , 22.9.19) bezeichnet.
Der Mann ohne Wahrnehmungen hat es noch knapp vor dem Ibiza-Video quasi als Nebenjob in den niederösterreichischen Landtag und nach der letzten Wahl zum Klubobmann der FPÖ im niederösterreichischen Landtag geschafft. Der Multifunktionär Teufel ist nicht nur nach wie vor für den FPÖ-Parlamentsklub beschäftig, sondern – nebst weiteren Tätigkeiten – über die Regierungsbeteiligung in Niederösterreich auch bezahlter Aufsichtsrat. Er gehört als bestens bezahlter Klubobmann mit einem Nebenverdienst von 8.000 bis 12.000 Euro zu den Großverdienern im niederösterreichischen Landtag. Ein richtiger Vertreter des „kleinen Mannes“ eben!
Wendelin Mölzer, Sohn
Wendelin Mölzer (Kärnten), Mitglied des zuletzt wegen Antisemitismusvorwürfen hart in die Kritik geratenen Corps „Vandalia Graz“, dem auch sein Vater Andreas und eine Reihe weiterer Familienmitglieder angehören, findet sich auf der Kärntner Landesliste auf Platz 20 und auf der Bundesliste auf Platz 17. Er gibt als Beruf „Journalist“ an. Seine Hauptqualifikation dafür hat sich Wendelin bei dem von seinem Vater gegründeten Wochenmagazin „Zur Zeit“ geholt, das er zuweilen als „Chefredakteur“ geleitet hat. Der Studienabbrecher und daher Nichtakademiker Mölzer ist Obmann des „Freiheitlichen Akademikerbundes Kärnten“ und war in dieser Funktion auch federführend bei der Jubiläumsveranstaltung „100 Jahre Volksabstimmung“, in deren Einladungsbroschüre es hieß, die Kärntner Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 sei nur deshalb möglich gewesen, weil zuvor der Abwehrkampf gegen die „südslawischen Eindringlinge“ geführt wurde.
Dazu bestens passend ist Wendelin Mölzer auch Schriftführer beim „Kärntner Heimatdienst“, dem Vater Andreas als Obmann vorsteht. Wendelin Mölzer war von 2013 bis 2019 bereits Abgeordneter im Nationalrat und durfte sich dort als Bildungssprecher üben. Was ihn dafür qualifiziert hat, blieb Bildungsexpert*innen wohl ein Rätsel.
Dominic Maier, Identitärenfreund
Der auf Platz eins im Regionalwahlkreis Salzburg Stadt platzierte Dominic Maier war Chef der Salzburger FPÖ und wurde in dieser Funktion nach kurzer Amtszeit überraschend von Paul Dürnberger abgelöst, der die Blauen dann auch in den Gemeinderatswahlkampf führte. Der beim pflichtschlagenden Corps Frankonia-Brünn organisierte Bundesheeroffizier und Obmann des „Freiheitlichen Akademikerverbandes Salzburg“ wechselte daraufhin in den Salzburger Landtag.
2022 nahm Maier, damals gerade frischgebackener Parteichef in Salzburg Stadt, an dem von „Info-Direkt“ und dem identitären Tarnverein „Haymon“ organisierten Vernetzungstreffen „Berg-Kongress“ in Schwaz/Tirol teil. Als publik wurde, dass sein Nachfolger als freiheitlicher Stadtchef, Paul Dürnberger, fahnenschwenkend bei der identitären Demo am 27. Juli in Wien gesichtet wurde, meinte Maier: „Die Identitäre Bewegung ist eine Organisation wie der Alpenverein oder SOS-Kinderdorf.“ Beide Organisationen verwehrten sich gegen diese Diffamierung. Ermittlungen wegen des Verdachts auf Verhetzung – Maier hatte Klimaaktivist*innen als „Ökoterroristen, Barrikadenbauer und Autozündler“ beschimpft – wurden eingestellt.
Der rechtsextreme Nachwuchs: Silvio Hemmelmayr, Andre Stranzinger, Maximilian Weinzierl & Konstantin Leitinger
Allen drei Kandidaten ist gemeinsam, dass sie auf aussichtloser Stelle platziert sind: Silvio Hemmelmayr (Platz 109 Bundesliste), Obmann des freiheitlichen Nachwuchses in Oberösterreich, hatte das zweifelhafte Privileg, im Juli 2023 auf der stark auch mit Neonazis durchsetzten identitären Demo in Wien als Redner den „Schulterschluss“ zwischen der blauen Jugend und den Identitären zu verkünden, der „erst der Anfang sein [werde] von etwas ganz Großem“. Dafür empfiehlt Martin Sellner, Hemmelmayr mit einer Vorzugsstimme zu belohnen.
Andre Stranzinger (Platz 17 Landesliste OÖ), seit einigen Monaten Obmann der Freiheitlichen Jugend Bezirk Ried, Mitglied der Burschenschaft Germania Ried, besticht schon optisch durch seine streng gescheitelte Frisur. Auf zumindest einer Corona-Demo in Wien war er für das rechtsextreme „Info-Direkt“ unterwegs, um dort, wie es Michael Scharfmüller ausdrückte, „den ‚Experten‘ der Antifa genau auf die Finger“ zu sehen. Was der Jungblaue Stranzinger, dessen Wahl einzelne Identitäre ebenfalls empfehlen, dabei entdeckt hat, blieb bis jetzt ein Geheimnis.
Der Bundesobmann der Freiheitlichen Jugend (FJ), Maximilian Weinzierl (Platz 12 Landesliste Wien und Platz 1 Regionalwahlkreis Wien Innen Ost), gilt als verlässlicher Lieferant von Einzelfällen: Er war 2021 bei einer Kundgebung an der österreichisch-ungarischen Grenze „Gegen den Asylwahn“, für den auch die Identitären gekurbelt hatten. Gekommen ist dann auch eine Reihe von Personen aus dem direkten Umfeld von Gottfried Küssel.
Weinzierl war auf Corona-Demos genauso anzutreffen wie mit Kubitschek im November 23 vor der Uni Wien und dann später am Podium u.a. mit Norbert Nemeth. Aus rechtsextremer Sicht hat Weinzierl als FJ-Chef sein bisheriges Husarenstück wohl mit jenem Propagandavideo im Sommer 2023 geliefert, das szenenweise an Hitlerjugend-Ästhetik erinnert durchgehend als neofaschistisch zu klassifizieren ist. Bei so viel Talent wird Weinzierl innerhalb der FPÖ noch Karriere machen.
Aus der Weststeiermark stammt Konstantin Leitinger. Er ist Vorstandsmitglied der FPÖ Bezirk Deutschlandsberg und kandidiert auf der Bundes‑, Landes- und Regionalwahlkreisliste. Sein Name findet sich jedoch auch auf einer weiteren Liste, nämlich jener des Verfassungsschutzes, die 2019 publik geworden ist und auf der die damaligen Spender und Mitglieder der Identitären angeführt sind.
➡️ derstandard.at: Kickls radikale Mitstreiter: Wer hinter dem FPÖ-Chef kandidiert