Wiener Neustadt/NÖ: Gurkengott als Wiederbetätiger
Klagenfurt-Bleiburg: Preußen-„Richterin“ verurteilt
Wiener Neustadt/NÖ: Gurkengott als Wiederbetätiger
Patrick S. hat einen eigenartigen Humor. Warum er sich „Gurkengott“ nennt, ist nicht auszumachen. scheint für ihn aber lustig zu sein. 65 WhatsApp-Nachrichten, die bei ihm gefunden wurden, sind es definitiv nicht. Sie sind antisemitisch, ausländerfeindlich, rassistisch und nazistisch. Wegen NS-Wiederbetätigung musste sich S. am 17.9. vor einem Geschworenengericht in Wiener Neustadt deshalb als Angeklagter verantworten.
Es ist nicht das erste Mal, dass er vor Gericht stand. Seit 2015 haben sich bei dem 30 Jahre alten „Gurkengott“ schon einige Vorstrafen angesammelt – quer durch das Gemüsebeet. Suchtmittel, Sachbeschädigung, gefährliche Drohung, Körperverletzung, versuchter Diebstahl. Wobei hinter der Sachbeschädigung eigentlich auch schon eine NS-Wiederbetätigung stand. Er war damals mit einer Gruppe unterwegs, die insgesamt 13 Hakenkreuze an öffentlichen Plätzen hinterlassen hatte. Seine Verantwortung damals war, nicht er habe gemalt, er sei nur „dabei“ gewesen. Das Gericht war nicht nur damals offensichtlich sehr nett zu ihm. Bisher gab es immer nur bedingte Strafen.
Patrick S., der noch immer zuhause bei seinen Eltern wohnt, hat kein eigenes Einkommen, aber einen Batzen Schulden. Das ist nicht sein einziges Problem. Seine Bewährungshelferin sieht seinen Alkoholkonsum als größtes Problem. Für den Staatsanwalt sind aber seine WhatsApp-Nachrichten und Fotos der Grund, warum er vor Gericht steht: widerliche, zynische Posts sind da dabei neben den vielen dümmlichen Hitler-Bildchen. Ein Blick auf sein Facebook-Profil zeigt, dass er genau weiß, was man öffentlich nicht zeigen darf. Die Gruppe auf WhatsApp hatte 162 Mitglieder. Aber auch eine einigermaßen verschwiegene Gruppe bietet keinen Schutz vor Entdeckung und Strafverfolgung. Daher versucht es S. mit der Umnebelung durch Alkohol und Drogen als Ausrede. Das ist vielleicht für ein paar Ausfälle plausibel, aber nicht 65-mal.
Die Geschworenen wollen den Ausreden des Angeklagten nicht folgen. Sie sprechen ihn schuldig. Das Strafmaß: 20 Monate, davon sechs Monate unbedingt. Das Urteil war zu Prozessende noch nicht rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Klagenfurt-Bleiburg: Preußen-„Richterin“ verurteilt
Es wirkt zunächst einmal „spooky“, wenn eine ältere Frau (67) vor dem Klagenfurter Landesgericht steht, weil sie mit Sitz in Ebersdorf (Bleiburg) als selbsternannte „Richterin“ für den „Bundesstaat Preußen“ tätig war. In Kärnten! Dem Leiter der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, der ihre Gerichtsbarkeit nicht anerkennen wollte, hatte sie sogar die Todesstrafe angedroht. Bei Mitgliedern vom „Bundesstaat Preußen“ war sie milder und kassierte im Falle von Vergehen nur Bußgelder ein. Für den Alltag im österreichischen Ableger des „Bundesstaat Preußen“ entwickelte sie Ausweisdokumente wie KFZ-Kennzeichen – kostenpflichtig natürlich.
Das Staatsvolk der Preußen in Österreich war auch nicht besonders groß – gegen ungefähr 70 Personen wird ermittelt, einige waren schon vor Gericht und auch die Richterin, die über die preußische „Richterin“ diesmal zu Gericht saß, hat schon Erfahrungen mit anderen „Preußen“ gesammelt. Die Mitglieder des „Bundesstaat Preußen“ anerkennen die Republik Österreich nicht, was die nicht so lustig findet, sondern unter Strafandrohung stellt. Der Möchtegern-Richterin werden die Mitgliedschaft in einer staatsfeindlichen Bewegung, gefährliche Drohung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwerer gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen. Es kann sich also auch bei einer „Richterin“ einiges zusammenläppern.
Als das Völkchen der Preußen in Österreich dann bei einer Versammlung am Katschberg eine selbstgezimmerte Flagge des „Bundesstaates“ hisste, reichte es der Republik Österreich, und der Verfassungsschutz wurde aktiv. In den Jahren vorher – der „Bundesstaat“ und seine „Richterin“ waren schon seit 2019 aktiv – hatte man anscheinend eher weggeschaut, trotz der zahlreichen Erfahrungen mit anderen renitenten Personen aus der Staatsverweigererszene.
Die „Richterin“, die sich nach dem Event am Katschberg zunächst einmal nach Slowenien abgesetzt hatte, war in der Verhandlung am 20.9. reumütig und bekannte sich in allen Anklagepunkten schuldig. Mit dem „Bundesstaat Preußen“ wolle sie nichts mehr zu tun haben, und in Zukunft werde sie „ihre Energie nur mehr in ihre naturbelassenen Reinigungsprodukte stecken“ (kleinezeitung.at, 21.9.24).
Die echte Richterin verurteilte die falsche zu insgesamt drei Jahren Haft, davon 12 Monate unbedingt, die allerdings bald abgesessen sein werden, da die U‑Haft angerechnet wird. Die falsche Richterin nahm das Urteil an, die Staatsanwaltschaft ebenso, somit ist es rechtskräftig.
Vorgeworfen wurde der Frau ursprünglich auch Wiederbetätigung (§ 3h) – was daraus geworden ist, ist nicht bekannt.