Die FPÖ
Die FPÖ ist selbstverständlich keine nationalsozialistische Partei. Sie ist die soziale Heimatpartei. Die soziale Heimatpartei verwendet Propagandachiffren von damals. Ihre Politik ist eine Art von renoviertem Faschismus, der einerseits seine alten Spuren verwischt und sie anderseits schillernd – zum Wählerfang – ausstellt: Die Erfolge der Goebbels-Propaganda stehen ja außer Frage: „Systemparteien”, „Festung Europa” und so weiter. Heute ist es ein an die postheroische und hedonistische Gesellschaft angepasster Faschismus, über den man nicht zu spekulieren braucht, denn er existiert real in Ungarn, in der Slowakei und in Thüringen.
➡️ Franz Schuh in derstandard.at, 21.9.24: Interne Informationen – über die FPÖ
Der Kickl
Er kennt die Emotionen der Leute, er manipuliert, lügt. Er ist ein Machttechniker.
Auch an den zahlreichen Diskussionsrunden und TV-Duellen in öffentlich-rechtlichen und privaten Medien im Vorfeld der Wahl nimmt der 55-jährige Kickl nur selten teil. Er hat es auch nicht nötig. Die FPÖ hat über Jahre hinweg eine eigene Medienwelt aufgebaut — mit einem eigenen TV-Sender und einer massiven Präsenz in den sozialen Medien. Die Partei hat in den sozialen Medien zweieinhalbmal so viele Follower wie alle anderen Parteien in Österreich zusammen, sie ist umgeben von einem freundlichen Umfeld von rechten und rechtsextremen Sendern, Publikationen. Und es gibt haufenweise rechte Influencer.
➡️ Cathrin Kahlweit in sueddeutsche.de, 24.9.24: Der Mann, der aus dem Schatten kam
Was könnte kommen?
Generell sehen Juristen und Historiker die wahre Gefahr auf einer Ebene darunter: Es sei nicht so leicht, einen Staat zu kapern. Aber wenn eine autoritäre Partei etwa das Unterrichtssystem in die Hand bekomme, sei das gefährlich. Oder wenn man Beiräte besetze, Förderungen verlagere, die Polizei und das Bundesheer instrumentalisiere. „Kickl allein kann sehr wenig”, sagt der Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Aber: „Das Gefährliche ist, wenn die Grundlagen der Demokratie, also der politische Diskurs, vergiftet werden. Und wenn Kickl die Bildungsdirektionen in der Hand hat, braucht er kein Gesetz.”
Der Völkerrechtler Ralph Janik verweist darauf, dass „wir eine indirekte Demokratie mit direktdemokratischen Elementen haben”. Eine „Volksinitiative”, um die Regierung per Volksabstimmung zu stürzen, wäre „ein Schritt weg vom Parlamentarismus”. Und: „Die beste Verfassung funktioniert nicht, wenn sich die, die sie tragen, nicht an sie halten.”
Aber zu alledem braucht Kickl einen Partner. Er hat eben keine Zweidrittel‑, ja nicht einmal eine absolute Mehrheit. Wer würde bei einem autoritären Umbau mitmachen (wenn einmal der Unwillen des Bundespräsidenten, Kickl zum Kanzler zu ernennen, irgendwie überwunden ist)?
➡️ Hans Rauscher in derstandard.at, 23.9.24: Kickls Machtergreifung: ein Szenario
Vorbild Orbán?
In unserer kaputten Republik Österreich gibt es doppelt so viele Wälder wie in Ungarn, das Durchschnittseinkommen liegt in Österreich um 18.528,-$ höher als bei den Orbans, die Lebenserwartung in Österreich ist im Schnitt um 5,4 Jahre höher. Der Bevölkerungsanteil unterhalb der Armutsgrenze liegt in Ungarn bei 14,9%, in Österreich bei 3%. Die Luftverschmutzung ist bei unseren Nachbarn höher, der Anteil der Erwachsenen mit Fettleibigkeit auch, dafür gibt es aber deutlich weniger Ärzte und Krankenhausbetten. Vielleicht erklärt sich so auch das negative Bevölkerungswachstum Ungarns. Jedes Jahr gibt es 0,26% weniger Ungarn. Unschlagbar auch die um 41,78% höhere Inflationsrate in Ungarn und die um 20% niedrigeren Bildungsausgaben.
Ich habe das alles hier noch einmal aufgelistet, um die Vorfreude wirklich zu steigern. Wenn kleingewachsener Volkskanzler also von Orban in den höchsten Tönen spricht, dann ist es dieses Zukunftsszenario, das wir alle erwarten dürfen. Juhu und Juchee! Während Österreich aktuell auf Platz 4 der besten Länder in Europa liegt, wurde mir das Scrollen nach unten zu anstrengend, um Ungarn zu finden. Vielleicht ist das der Grund, warum die FPÖ Europa zerstören will oder wenigstens uns herausholen.
➡️ Dirk Stermann in „Wiener“ Nr. 02/24, 5.7.24: Liebe FPÖ-Wähler! (nicht online verfügbar). Stermann hat für die „Zeit“ einen ähnlichen Text verfasst (Paywall): Alles gschissn!