Es ist nun keinesfalls erstaunlich oder außergewöhnlich, wenn sich politische Parteien ideologisch Nahestehende zur Mitarbeit ins Haus holen. Denn parlamentarische MitarbeiterInnen und KlubmitarbeiterInnen (1) verfügen in vielfacher Hinsicht über Insiderwissen, worunter sich zuweilen auch Brisantes befinden wird. Sie sollen neben administrativen Tätigkeiten politische Themen für ihre Abgeordneten aufbereiten, fachliche und politische Kontakte knüpfen, Vorverhandlungen führen, Reden und parlamentarische Anfragen schreiben, Strategien vorbereiten – kurz: die Abgeordneten in all ihren Tätigkeiten unterstützen. Wenn Abgeordnete wechseln, stellen die MitarbeiterInnen mitunter das Kontinuum dar, die neue Abgeordnete ins parlamentarische Geschehen einführen können.
Mit dem Wechsel der FPÖ in die Regierung sind auch einige MitarbeiterInnen des Klubs in die ministeriellen Kabinette gezogen. Es ist davon auszugehen, dass es Personen waren, denen die FPÖ und ihre MinisterInnen besonderes Vertrauen entgegen brachten. Kein Zufall daher, dass darunter reihenweise Korporierte waren.
Wir haben uns die personelle Besetzung des FPÖ-Parlamentsklubs genauer angesehen und konnten einige Auffälligkeiten feststellen. Die FPÖ selbst hat die Liste ihrer MitarbeiterInnen nirgendwo veröffentlicht, bei manchen weiß man es, manche vermeiden es anzuführen, dass sie (auch) im freiheitlichen Parlamentsklub beschäftigt sind. Den Beginn unserer Recherche bilden jene MitarbeiterInnen, die neben dem Job im Parlamentsklub auch noch andere Funktionen haben, zum Teil erstaunlich viele bzw. aufwändige. Damit ist auch sicher gestellt – gewollt oder zufällig –, dass die Arme des Parlamentsklubs bis in diverse Länder- und Gemeindeorganisationen reichen.
Vorneweg: Niemand der mehrfach beschäftigten KlubmitarbeiterInnen kommt an Reinhard Teufel ran, ein Mann, dessen Tag weit mehr als 24 Stunden haben muss, einer, der wohl die seltene Gabe besitzt, an mehreren Orten gleichzeitig sein zu können. Teufel kam als Büroleiter von Ex-Klubobmann Strache und wurde Herbert Kickls Kabinettchef im Innenministerium. Das ist an sich ein Posten, der mehr als acht Stunden Arbeitszeit in Anspruch nimmt und der auch keine fixen Arbeitszeiten kennt, sondern eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft verlangt. Er ist auch entsprechend gut dotiert. Teufel allerdings hatte daneben noch weitere Funktionen: Landtagsabgeordneter in Niederösterreich, Bezirksparteiobmann, Gemeindeparteiobmann, Mitglied des Landes- und Bundesparteivorstandes sowie des Vorstands im Freiheitlichen Bildungsinstitut. Einem echten Teufel reicht das noch nicht, er ist noch Nebenerwerbslandwirt, Delegierter bei der „OÖ Wechselseitige Versicherung Vermögensverwaltung“. Da Teufel offenbar noch immer unterbeschäftigt war, wurde er gerade noch rechtszeitig vor dem Auffliegen des Ibiza-Skandals in den Aufsichtsrat der „ASFINAG Maut Service GmbH“ berufen. (Das muss eine dieser unpartischen Postenbesetzungen gewesen sein, von denen Norbert Hofer besonders seit Ibiza so gerne redet!) Ach ja, der vierfache Familienvater ist auch noch Burschenschafter bei der Brixia Innsbruck.
Reinhard Teufel ist sicherlich auch innerhalb der FPÖ ein Extrembeispiel. Dass er das Kabinett von Kickl leitete, ohne seine politischen Funktionen aufzugeben, zeugt wohl von seiner Sonderstellung innerhalb der FPÖ. Ein Mann, der dient und dafür bedient und belohnt wurde. Teufel soll laut Standard wieder in den Parlamentsklub zurück gekehrt sein.
Zurück vom Teufel-Exkurs zum FPÖ-Parlamentsklub, aber bleiben wir in Niederösterreich. Da wäre der Wiener Neustädter Bürgermeister-Stellvertreter und Stadtrat Michael Schnedlitz. Dass er auch parlamentarischer Mitarbeiter des Abgeordneten Christian Lausch ist, erwähnt Schnedlitz selbst bei den biografischen Angaben auf seiner Website nicht. Warum eigentlich? Zusätzlich ist er seit September 2018 Landesparteisekretär und war nach dem Rücktritt von Udo Landbauer bis zu dessen Rückkehr nebenbei Landtagsabgeordneter. Ob er nach wie vor geschäftsführender Bezirksparteiobmann ist, konnten wir angesichts der durch die Liederbuch-Affäre ausgelösten personellen Rochaden nicht eruieren. Wie eine Satire liest sich sein politisches Credo: „Als sein höchstes Ziel setzt er bessere Lebensumstände, Gerechtigkeit und Wahrheit für die Wiener Neustädter Bevölkerung. Durch seine politischen Ansätze, die über den Tellerrand hinaus gehen, will er Wr. Neustadt zu neuem Glanz verhelfen.“ Fast als visionär zu bezeichnen ist, dass Schnedlitz den kommenden Ruhm der Identitären vorausgeahnt hatte und gleichsam vorab deren Glanz auf Wiener Neustadt strahlen ließ. Denn als Sellner & Co 2016 eine Demonstration in Wiener Neustadt abhielten, hatte Schnedlitz warme Grüße für sie parat: „Liebe identitäre Bewegung, ich begrüße Euch recht herzlich in Wiener Neustadt! Hier seid Ihr sehr herzlich willkommen!“
Einer von drei parlamentarischen Mitarbeitern des Guntramsdorfer Gemeinderats und Nationalratsabgeordneten Christian Höbart ist Gerold Babuschik, seines Zeichens Landesfinanzreferent des RFJ Niederösterreich und seit 2015 Gemeinderat in Mödling. Auf der Plattform „Xing“ gibt Babuschik an, „Sales Director“ einer Kommunikationsfirma zu sein, und zwar in Vollzeit. Auf der Firmenwebsite wird er als Mitarbeiter im Vertrieb geführt.
Peter Doppler, ebenfalls aus Niederösterreich ist parlamentarischer Mitarbeiter der Nationalsratsabgeordneten Harald Stefan und Peter Gerstner. Beide, Gerstner und Doppler, sind ist auch noch Gemeinderäte in Baden. Nach dem Übertritt der Badener FPÖ-Parteichefin zur Liste von Karl Schnell übernahm Doppler für ein halbes Jahr interimistisch deren Job. Politisch hervorgetan hatte er sich mit einem Facebook-Kommentar zum Schlaganfall von Ute Bock, wie „Österreich“ anführt: „Aber auch Peter Doppler, FP-Gemeinderat in Baden, und Stefan Bartoschek, Funktionär der FP-NÖ, schlugen mit ihren Bemerkungen über die Stränge. ‚War der letzte Spendenscheck zu niedrig?’, witzelte Doppler während Bartoschek Lizar gegen Kritiker mit den Worten: ‚Warum sollte man für jeden Menschen Mitleid empfinden?’ verteidigte.“