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„Stoppt die Rechten“ ist eine unabhängige, antifaschistische Plattform, die Rechtsextremismus und Neonazismus in Österreich sichtbar macht, analysiert und dokumentiert – mit dem umfassendsten öffentlich zugänglichen Online-Archiv zu rechtsextremen Entwicklungen und Vorfällen in Österreich.

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Die Katze ist aus dem Sack: Andreas Mölzer ist im „Kärntner Heimatdienst“ (KHD) der Nachfolger von Josef Feldner

„Sag, und was machst du danach?“ frag­te sie plötz­lich. „Danach? Danach bin ich ein Nie­mand, groß geschrie­ben. So ist es mit allen Exprä­si­den­ten. Man­che lan­den an zwei Orten gleich­zei­tig: im Gefäng­nis und in den Schul­bü­chern. Man­che nur in den Schul­bü­chern.“ (Zitat aus Andrej Kur­kuow: Die letz­te Lie­be des Prä­si­den­ten. Zürich 2007, S. 318) Ein Gast­bei­trag von Peter Gstettner.

30. Juni 2022
Autor Peter Gstettner bei der Enthüllung der Techelsberg-Gedenktafel (Foto Wikipedia)
Autor Peter Gstettner bei der Enthüllung der Techelsberg-Gedenktafel (Foto Wikipedia)

Andre­as Möl­zer wur­de am 5. März 2022 bei der Jah­res­haupt­ver­samm­lung des Kärnt­ner Hei­mat­diens­tes (KHD) ein­stim­mig zum neu­en Obmann des Ver­eins gewählt. Sein Vor­gän­ger, Josef Feld­ner, wur­de zum Ehren­ob­mann gekürt. Die­ses Ergeb­nis wur­de am 8. März bei einer eigens ein­be­ru­fe­nen Pres­se­kon­fe­renz kund­ge­tan. Bei die­ser war als „Über­ra­schungs­gast“ auch der ehe­ma­li­ge Obmann des Zen­tral­ver­ban­des der Kärnt­ner Slo­we­nen (ZSO, Zve­za slovens­kih orga­ni­za­cij), Mar­jan Sturm, anwe­send. Selbst­ver­ständ­lich hat er von die­sem Wech­sel im Vor­stand des KHD schon vor­her gewusst, waren doch Feld­ner und Sturm in den ver­gan­ge­nen Jah­ren bei allen ein­schlä­gi­gen poli­ti­schen The­men ein Herz und eine See­le, mehr noch, ihr Auf­tre­ten als preis­ge­krön­tes Kärnt­ner Dia­log-Paar war bereits legen­där. Also konn­te man ahnen, dass durch den Vor­stands­wech­sel im KHD nach wie vor ein Kli­ma der Über­ein­stim­mung hin­sicht­lich der Ver­gan­gen­heit und Zukunft des Ver­eins herr­schen wird. War­um soll­te sich Mar­jan Sturm nicht zu einem Ver­ein hin­ge­zo­gen füh­len, der immer schon als „patrio­ti­sche Bür­ger­initia­ti­ve“ (so die Selbst­de­fi­ni­ti­on des KHD) die Hei­mat­lie­be, die Tra­di­ti­ons­ver­bun­den­heit und die Über­par­tei­lich­keit als Mar­ken­zei­chen für sich rekla­miert hat? (1)

Der „Ruf der Hei­mat“ hat­te also nun in der Per­son von Andre­as Möl­zer einen Mann erreicht, der sein Geschäft ver­steht. Möl­zer war als KHD-Obmann­stell­ver­tre­ter bereits seit mehr als 20 Jah­ren im Hin­ter­grund aktiv, sei es als Netz­wer­ker für rechts­extre­me und aus­län­der­feind­li­che Poli­tik auf euro­päi­scher Ebe­ne, sei es als „frei­heit­li­cher Ein­peit­scher“ (Wal­ter Fan­ta) (2) und Ver­fech­ter von deutsch-völ­ki­schem Gedan­ken­gut bei NS-revi­sio­nis­ti­schen Kon­gres­sen, bei SS-nahen Kame­rad­schafts­tref­fen und in rechts­extre­men Publi­ka­tio­nen. Da sein Ruf in die­sen Krei­sen unbe­strit­ten war, schaff­te es Möl­zer bis zu einem FPÖ-Man­dat im Euro­pa­par­la­ment. Dass ihm dabei die Vor­zugs­stim­men­kam­pa­gne, „Möl­zer allein gegen die Lin­ke“, mehr gehol­fen hat als die Wahl­emp­feh­lung des dama­li­gen KHD-Obman­nes Josef Feld­ner („Möl­zer ist unser Mann in Brüs­sel“), ist anzu­neh­men. Jeden­falls konn­te Möl­zer nach der EU-Wahl im Juni 2004 den Sta­tus als FPÖ-Abge­ord­ne­ter für sein Pro­jekt „Eini­gung der Euro-Rech­ten“ nut­zen. Weil damals der Auf­stieg der FPÖ unter Jörg Hai­der bei den rech­ten Par­tei­en als euro­päi­sches Erfolgs­mo­dell galt, zoll­ten die Euro-Rech­ten Jörg Hai­der Hoch­ach­tung, woll­ten sie doch eben­falls zu den zukünf­ti­gen Wahl­sie­gern in ihren Län­dern gehö­ren. Ein Bei­spiel dafür war Jean-Marie Le Pen, der 1972 in Frank­reich die rechts­extre­me Par­tei „Front Natio­nal“ (FN) grün­det hat­te und als Holo­caust­leug­ner und rechts­na­tio­na­ler Front­mann im EU-Par­la­ment (ab 1984) gewiss nicht zu den Tritt­brett­fah­rern auf rech­ten Zügen gehör­te, son­dern viel eher zu den Loko­mo­ti­ven. Le Pen trau­te Jörg Hai­der, der bekannt­lich von 1989 bis 1991 das ers­te Mal das Amt des Kärnt­ner Lan­des­haupt­man­nes beklei­de­te, durch­aus eine Füh­rungs­funk­ti­on in einer EU-Frak­ti­on der geein­ten Euro-Rech­ten zu. Le Pen über Hai­ders Qua­li­fi­ka­ti­on: „Hai­der ist ein Natio­na­list ohne Kom­ple­xe, der sowohl die Anti-Wald­heim-Kam­pa­gne als auch Wald­heims Feig­heit ange­pran­gert hat. Hai­ders Sieg in Kärn­ten ist nicht bloß ein Pro­vinz­er­eig­nis in einem klei­nen Land Mit­tel­eu­ro­pas, son­dern ein Groß­ereig­nis mit gesamt­ös­ter­rei­chi­scher Dimen­si­on und euro­päi­scher Reso­nanz.“ (Le Pen, zit. nach „Nation+Europa“ Nr.10, 1990, S.44)

Der Kärntner Heimatdienst gratuliert Mölzer zur Wiederwahl ins EU-Parlament: "... hat er doch als 'unser Anwalt in Brüssel und Straßburg' stets engagiert auch die Anliegen des KHD vertreten." (Screenshot "Der Kärntner" Juli 2009)
Der Kärnt­ner Hei­mat­dienst gra­tu­liert Möl­zer zur Wie­der­wahl ins EU-Par­la­ment: „… hat er doch als ‚unser Anwalt in Brüs­sel und Straß­burg’ stets enga­giert auch die Anlie­gen des KHD ver­tre­ten.” (Screen­shot „Der Kärnt­ner” Juli 2009)

Die­se Pro­gno­se, auf die auch Andre­as Möl­zer, damals per­sön­li­cher Refe­rent und Bera­ter von Jörg Hai­der, hin­ar­bei­te­te, erwies sich kurz­fris­tig als rich­tig, län­ger­fris­tig aber als zu opti­mis­tisch. Jeden­falls schei­ter­ten letzt­end­lich bei­de Möl­zer-Pro­jek­te, sowohl das der „Eini­gung der Euro-Rech­ten“ im Euro­pa­par­la­ment als auch das der Ein­ge­mein­dung von Neo­na­zi­grup­pen und ultra­rech­ten Split­ter­par­tei­en in die „frei­heit­li­che Bewegung“.

Die FPÖ selbst trug das Ihre dazu bei, dass Möl­zer, der noch 1990 die Jubel­bro­schü­re „Der Eis­bre­cher. Jörg Hai­der und die Frei­heit­li­chen – Per­spek­ti­ven der poli­ti­schen Erneue­rung“ her­aus­gab, von sei­nem Auf­trag­ge­ber ent­täuscht war. Jörg Hai­der hat­te mit der alten FPÖ-Ideo­lo­gie Pro­ble­me, weil die­se der „Erneue­rung“ der Par­tei im Wege stand. Für vie­le der alten Kame­ra­den, die in Kärn­ten als „frei­heit­li­ches Urge­stein“ gal­ten, war Hai­ders Grün­dung der neu­en Par­tei „Bünd­nis Zukunft Öster­reich“ (BZÖ) völ­lig unver­ständ­lich, eine Brüs­kie­rung der Kriegs- und Aufbaugeneration.

Nach dem Tod Hai­ders im Okto­ber 2008 ver­deck­te ein dich­ter Trau­er­schlei­er die Wahr­heit, die all­mäh­lich vom Vor­schein kam: Hai­der hat­te – trotz des anfäng­li­chen Erfol­ges sei­ner neu­en BZÖ-Par­tei – in der zwei­ten Amts­pe­ri­ode als Lan­des­haupt­mann das Land an den Rand des finan­zi­el­len Bank­rotts regiert. Der öko­no­mi­sche Skan­dal ließ den mora­li­schen Skan­dal bei wei­tem hin­ter sich. Der Auf­stieg Hai­ders ende­te nicht nur im alko­ho­li­sier­ten Zustand des Fah­rers, der mit weit über­höh­ter Geschwin­dig­keit von der Fahr­bahn abkam, son­dern mit einem Fall der „frei­heit­li­chen Bewe­gung“ in die tiefs­ten Nie­de­run­gen, die für Hai­ders Gefolg­schaft meh­re­re gerichts­an­hän­gi­ge Ver­fah­ren zur Fol­ge hat­ten, die zum Teil bis heu­te andauern.

Auch die Bun­des-ÖVP konn­te sich nicht ohne Scha­den vom FPÖ-Koali­ti­ons­part­ner tren­nen. Zu weit war sie schon beim selbst­herr­li­chen Regie­ren von der Unmo­ral und den Machen­schaf­ten des Regie­rungs­part­ners ange­steckt. Der von der ÖVP abge­wor­be­ne FPÖ-Jung­star Karl-Heinz Gras­ser, ehe­mals Finanz­mi­nis­ter, wur­de 2020 in ers­ter Instanz zu acht Jah­ren Haft und zur Rück­zah­lung von zu Unrecht ein­kas­sier­ten Pro­vi­sio­nen für den Ver­kauf von Bun­des­im­mo­bi­li­en in der Höhe von meh­re­ren Mil­lio­nen Euro ver­ur­teilt. Er wur­de vom ÖVP-Ex-Bun­des­kanz­ler Wolf­gang Schüs­sel bis zuletzt den öster­rei­chi­schen Wähler*innen als „der bes­te Finanz­mi­nis­ter der Zwei­ten Repu­blik“ emp­foh­len. Letzt­end­lich steck­te das „Sys­tem Kurz“ so tief im Sumpf von gehei­men Abspra­chen, Begüns­ti­gun­gen und Pos­ten­scha­cher, dass der ÖVP-Chef Sebas­ti­an Kurz sei­nen Hut neh­men muss­te und in die „Pri­vat­wirt­schaft“ abtauch­te. Aber auch dort konn­te er nicht unge­stört sei­nem Job nach­ge­hen, denn der par­la­men­ta­ri­sche Unter­su­chungs­aus­schuss und die Kor­rup­ti­ons­staats­an­walt­schaft waren der ÖVP auf den Fer­sen. In der Fol­ge muss­ten eini­ge Minis­ter und Spit­zen­be­am­ten „aus­ge­tauscht“ oder sus­pen­diert werden.

Wie­der war es der cle­ve­re Andre­as Möl­zer, der durch die­se Serie von Polit-Skan­da­len schon früh­zei­tig rech­ten ideo­lo­gi­schen Auf­wind wit­ter­te. Nach­dem er die Hai­der-Ära bereits abge­schrie­ben hat­te, erschien 2006 sein Buch „Neue Män­ner braucht das Land: Heinz-Chris­ti­an Stra­che im Gespräch mit Andre­as Möl­zer“. Zwi­schen den Zei­len ließ sich erken­nen, was sich Möl­zer vom Auf­stieg Stra­ches erhoff­te, näm­lich als ein­fluss­rei­cher Kärnt­ner FPÖ-Mann in Wien wie­der eine star­ke Stim­me zu bekom­men. Die­se Hoff­nung war nicht unbe­rech­tigt, wur­de Stra­che doch im Dezem­ber 2017 als Vize­kanz­ler in der neu­en ÖVP/F­PÖ-Koali­ti­ons­re­gie­rung ange­lobt. Ande­rer­seits: War­um soll­te sich Stra­che, dem Höhe­punkt sei­ner Macht ent­ge­gen­stre­bend, gera­de einen Kärnt­ner Bera­ter zule­gen, des­sen Ver­bin­dun­gen zu den euro­päi­schen rechts­extre­men Rand­grup­pen bekannt waren? Also, „Hän­de weg von Möl­zer“, wird sich Stra­che gedacht haben.

Dass Stra­che mit die­ser Ent­schei­dung zu Möl­zers poli­ti­schem Über­le­ben bei­getra­gen hat, war ihm zu die­sem Zeit­punkt sicher noch nicht klar, denn dass Stra­che Möl­zer nicht mit in den Abgrund geris­sen hat, war aus­schließ­lich dem selbst­ver­schul­de­ten Nie­der­gang der Stra­che-FPÖ zu ver­dan­ken. Das Stich­wort „Ibi­za“ genügt an die­ser Stel­le, um eine demo­kra­tisch gewähl­te, aber regie­rungs­un­fä­hi­ge „frei­heit­li­che“ Par­tei zu cha­rak­te­ri­sie­ren, die sich von Kor­rup­ti­ons­vor­wür­fen, von Schwin­de­lei­en und anti­de­mo­kra­ti­schen Aus­rit­ten ihrer hoch­ran­gi­gen Par­tei­funk­tio­nä­re nicht distan­zie­ren konn­te, weil die­se Vor­komm­nis­se Aus­flüs­se der ihrer Stammwähler*innen waren. Aber­mals ver­schwand eine „frei­heit­li­che“ Par­tei unrühm­lich, aber ver­dient im Sumpf der Über­heb­lich­keit und als Fol­ge der Anma­ßung, die Men­schen und ihre „Hei­mat“ eigen­mäch­tig defi­nie­ren und indok­tri­nie­ren zu wol­len. Behilf­lich waren dabei die media­len Netz­wer­ke, die die rech­ten Auf­fas­sun­gen per­ma­nent über ihre Medi­en in den öffent­li­chen Dis­kurs so ein­schleus­ten, dass die poli­ti­schen State­ments schließ­lich als ganz selbst­ver­ständ­li­che Ergeb­nis­se des „gesun­den Men­schen­ver­stan­des“ erschei­nen muss­ten. Sol­che media­len Kanä­le und Netz­wer­ke stan­den der FPÖ fast unbe­schränkt zur Ver­fü­gung – nicht zuletzt dank der Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Bera­tungs­tä­tig­keit von Andre­as Mölzer.

Rai­ner Maus­feld ver­weist in sei­nem Buch „War­um schwei­gen die Läm­mer?“ (Frankfurt/M. 2018/2019) auf erfolg­rei­che Bei­spie­le sol­cher Indok­tri­na­tio­nen, deren ideo­lo­gi­scher Gehalt den Adres­sa­ten meis­tens ver­bor­gen blieb. Sei­ner Mei­nung nach beru­hen die Erfol­ge der „frei­heit­li­chen“ neo­li­be­ra­len Ideo­lo­gie dar­auf, dass sie die alten posi­tiv besetz­ten Wor­te (wie Frei­heit, Auto­no­mie, Bewe­gung, Refor­men, Zukunft usw.) bei­be­hält, aber ihren Sinn durch poli­ti­sche Agi­ta­ti­on so ändert, dass oft das Gegen­teil vom ursprüng­li­chen Sinn­ge­halt resul­tiert. Da die­se Ideo­lo­gie an der Ober­flä­che eine schein­ba­re Plau­si­bi­li­tät besitzt und eine hohe sozia­le Erwünscht­heit vor­täuscht, kann sie sich rasch im All­tags­be­wusst­sein ver­brei­ten, sofern es ihr gelingt, in eini­gen Macht­struk­tu­ren Fuß zu fas­sen. Dann geht sie dar­an, Schritt für Schritt die staat­li­chen Insti­tu­tio­nen zu erobern.

Die Schlag­wor­te „Kon­sens“ und „Dia­log“ sind sol­che ideo­lo­gi­schen Ver­satz­stü­cke, mit denen sich die dahin­ter ste­hen­den poli­ti­schen Inter­es­sen vor­treff­lich zude­cken las­sen. Durch eine jah­re­lan­ge Pra­xis des Tak­tie­rens und Indok­tri­nie­rens – nicht nur in der „Kärnt­ner Kon­sens­grup­pe“ – ver­fügt Möl­zer über einen gro­ßen Erfah­rungs­schatz des Tar­nens und Täu­schens. Unab­hän­gig davon, für wel­ches Medi­um Möl­zer schreibt oder vor wel­chem Forum er spricht, die Tak­tik hat Erfolg, weil für das ahnungs­lo­se Publi­kum der größ­te Teil der Indok­tri­na­ti­ons­vor­gän­ge nicht sicht­bar ist, ent­we­der weil sie hin­ter ver­schlos­se­nen Türen pas­sie­ren oder weil sie so im Wider­spruch zu allen unse­ren gesell­schaft­li­chen Wer­ten ste­hen, dass wir sie ein­fach für so „unglaub­lich“ hal­ten wie die Exis­tenz einer Fata Mor­ga­na oder eines unsicht­ba­ren Geistes.

Was aber haben die bis­he­ri­gen Aus­füh­run­gen damit zu tun, dass die Poli­ti­ker aller Par­tei­en so voll des Lobes über den erfolg­rei­chen Dia­log der „Kärnt­ner Kon­sens­grup­pe“ sind, dass das offen­sicht­li­che „Schwei­gen der Läm­mer“ im Jubel unter­geht oder als stil­le Zustim­mung gewer­tet wird? Es wäre doch denk­bar, dass sich die Schwei­gen­den ins­ge­heim die Fra­ge stel­len: Wie kann man mit Min­der­hei­ten über­haupt so umge­hen, ohne dass sie das Gefühl haben, mani­pu­liert wor­den zu sein? Reicht das selek­ti­ve Ein­ge­bun­den­sein von Min­der­hei­ten­ver­tre­ter in den Dis­kurs der „Eli­ten­de­mo­kra­tie“ (Rai­ner Maus­feld) (3) schon aus, um eine auf die­sem Weg aus­ge­han­del­te Kon­sens­fin­dung dem „ein­fa­chen Volk“ glaub­haft zu machen? Kann „das Volk“ über­haupt Poli­ti­kern ver­trau­en, die „das Volk“ schon so oft getäuscht und an der Nase her­um­ge­führt haben?

Spä­tes­tens hier müss­te sich die Fra­ge auf­drän­gen: Sind die demons­trier­ten Über­ein­stim­mun­gen von KHD und ZSO und das gegen­sei­ti­ge Umar­men und Ver­söh­nen „echt“ oder Teil des Schau­spiels, das sich Möl­zer für das Kärnt­ner Publi­kum erson­nen hat und in dem Sturm und Feld­ner die tra­gen­den Haupt­rol­len spie­len dür­fen? Ist die behaup­te­te „Erfolgs­ge­schich­te“ der Kärnt­ner Kon­sens­grup­pe eben­falls eine Kon­struk­ti­on von Möl­zer, die von ideo­lo­gisch vor­ein­ge­nom­me­nen Redak­teu­ren der „Klei­nen Zei­tung“ nicht hin­ter­fragt wird, weil die Moti­va­ti­on der Redak­ti­on für ihr über­schwäng­li­ches Lob eine ganz ande­re war, näm­lich dem ehe­ma­li­gen Chef­re­dak­teur und Kon­sens­grup­pen­mit­glied Heinz Stritzl die „letz­te Ehre“ zu erwei­sen (4), eine Ehre, die ihrer Mei­nung nach einem von der NS-Belas­tung „befrei­ten“ und zum Demo­kra­ten gewan­del­ten Volks­tums­kämp­fer gebührt – ganz nach dem Modell  „(noch) ein Denk­mal für Hans Steinacher“.

Alles ist mög­lich in einer Welt, in der die Defi­ni­ti­ons­macht der Wirk­lich­keit in den Hän­den der poli­tisch Mäch­ti­gen und in deren Ver­ne­be­lungs­tak­tik liegt. Da wer­den Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern umge­deu­tet, da wer­den welt­ge­schicht­lich ein­ma­li­ge ras­sis­ti­sche Ver­nich­tungs­feld­zü­ge zu regio­na­len mili­tä­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen ver­harm­lost, da wer­den Ver­bre­cher­bio­gra­fien auf Hel­den­denk­mä­lern in Stein gemei­ßelt, da wird „Geschich­te“ zu einem sub­jek­ti­ven Fak­tor der Erin­ne­rung umge­mo­delt und „Zukunft“ wird von denen ent­wor­fen, die die Welt „neu den­ken“ oder gleich „neu erfin­den“ wol­len. Das sind zumin­dest die Ansprü­che und Aus­sprü­che derer, die die Welt­ge­schich­te, wenn über­haupt, als eine Art Wech­sel­spiel von unver­bind­li­chem Dia­log und gefühl­tem Kon­sens betrach­ten. Das Resul­tat von „Kärn­ten neu den­ken“ beruht dann im Grun­de auf einem per­sön­li­chen Gedan­ken­aus­tausch von „zwei Kon­tra­hen­ten im Dia­log“. So der Titel und Unter­ti­tel des Buches von Josef Feld­ner und Mar­jan Sturm (Klagenfurt/Celovec 2007), die damals noch in Amt und Wür­den waren; Kon­tra­hen­ten oder gar „erbit­ter­te Geg­ner“ waren sie aller­dings schon lan­ge kei­ne mehr. Die­se Zuschrei­bun­gen wären viel­leicht vor 15 Jah­ren noch zutref­fend gewe­sen. Für das Buch und die wei­te­ren Bücher (5) wur­den die­se Attri­bu­te immer wie­der aktua­li­siert, um etwas Span­nung in die Ankün­di­gung zu bekom­men. Erkennt­nis­ge­winn und Auf­klä­rung waren weder von der Gesprächs­füh­rung noch von den bei­den Dis­ku­tan­ten zu erwar­ten. Über­rascht waren viel­leicht jene Leser*innen, die nur aus den Kärnt­ner Print­me­di­en die bei­den Pro­po­nen­ten kann­ten. Die Kli­schee­bil­der von den bei­den „Volks­grup­pen­ver­tre­tern“ hat­ten sich seit den 1970er Jah­ren tat­säch­lich kaum geän­dert. Der inzwi­schen weit nach rechts abge­trif­te­te Mar­jan Sturm war vor der Freund­schaft mit „Pep­po“ Feld­ner als „Vor­sit­zen­der des links­ge­rich­te­ten Zen­tral­ver­bands der Kärnt­ner Slo­we­nen“ bekannt und Feld­ner war bekannt als Obmann des Kärnt­ner Hei­mat­diens­tes, „der als Hort rech­ter Kärnt­ner Gesin­nung seit Jahr­zehn­ten die Volks­grup­pen-Poli­tik in die­sem Land quer durch alle poli­ti­schen Lager domi­niert hat“, so die Zuschrei­bung von Eli­sa­beth Stei­ner bei Erschei­nen des Buches 2007 im „Der Standard“.

Und jetzt? Alles beim Alten? Alles nur PR? Wie etwa die lako­ni­sche Mel­dung von Möl­zer, als Obmann wür­de er nun im Kärnt­ner Hei­mat­dienst „über­par­tei­lich“ han­deln? Und: Im Mit­tel­punkt des Han­delns stün­de immer der Dia­log: „Nach dem Gegen­ein­an­der ist das Neben­ein­an­der gekom­men, dann das Mit­ein­an­der. Und ich glau­be, wir soll­ten jetzt als Hei­mat­dienst einen Schritt wei­ter gehen und das Für­ein­an­der beto­nen“, so der O‑Ton von Möl­zer in der Pres­se­kon­fe­renz am 8.3.2022. (6)

Peter Gstett­ner, geb. 1945; Dr. phil., Stu­di­um der Psy­cho­lo­gie und Erzie­hungs­wis­sen­schaf­ten in Inns­bruck; Habi­li­ta­ti­on in Mar­burg, 1981–2004 Pro­fes­sor für Erzie­hungs­wis­sen­schaft an der Uni­ver­si­tät Kla­gen­furt. 1994 Grün­dung des Maut­hau­sen Komi­tees Kärnten/Koroška und des Ver­eins „Memo­ri­al Kärn­ten Koroška.

Autor Peter Gstettner bei der Enthüllung der Techelsberg-Gedenktafel (Foto Wikipedia)
Autor Peter Gstett­ner bei der Ent­hül­lung der Techels­berg-Gedenk­ta­fel (Foto Wiki­pe­dia)

Fuß­no­ten:

1 Alle die hier genann­ten Begrif­fe sind mit gesell­schaft­li­chen Kon­no­ta­tio­nen behaf­tet, die sich je nach Zeit­geist bzw. poli­ti­schen Koali­ti­ons­ab­sich­ten ändern. Das Pro­blem dabei ist: Die Ände­run­gen voll­zie­hen sich schlei­chend und blei­ben des­halb unbe­merkt, oft auch den Akteu­ren. Ein Bei­spiel: „Über­par­tei­lich­keit“ wur­de in der Ver­gan­gen­heit vom KHD stets so ver­stan­den, dass sich der KHD-Ver­ein dar­auf beru­fen konn­te, Ver­tre­ter aller poli­ti­schen Par­tei­en anzu­spre­chen und als Mit­glie­der zu ver­ei­nen. Die kärnt­ner-slo­we­ni­schen Orga­ni­sa­tio­nen waren in die­sem Selbst­ver­ständ­nis natur­ge­mäß nicht inklu­diert. Erst durch die Koali­ti­on mit Mar­jan Sturm bekam die Eti­ket­te „Über­par­tei­lich­keit“ für den KHD eine ande­re Bedeu­tung. Von die­ser Eti­ket­te pro­fi­tier­te dann auch die „Kon­sens­grup­pe“, deren Pro­po­nen­ten ursprüng­lich eine rechts-kon­ser­va­ti­ve Schlag­sei­te hat­te.  Unter „Über­par­tei­lich­keit“ ver­stand man jetzt: Jeder ist bereit, mit jedem über alles zu reden. Also  reden z. B. jetzt auch „ehe­ma­li­ge Fein­de“ mit­ein­an­der über die „gemein­sa­me Opfer-Täter-Geschich­te“. Die­ses „dia­lo­gi­sche Erin­nern“ hat zum Ziel, im Aus­tausch von „sowohl als auch-Mei­nun­gen“ einen Ver­stän­di­gungs- und Ver­ste­hens­kom­pro­miss zu erzie­hen (vgl. dazu Mar­jan Sturm im Buch „Hans Steinacher in Licht und Schat­ten“, her­aus­ge­ge­ben vom Kärnt­ner Hei­mat­dienst, Kla­gen­furt 2020, Sei­te 179 ff.). Mit die­ser Art der Her­an­ge­hens­wei­se an die NS-Ver­gan­gen­heit der Kärnt­ner Abwehr­kampf- Iko­ne Hans Steinacher kön­nen sich auch die Mit­au­toren Josef Feld­ner, Andre­as Möl­zer, Lothar Höbelt u.a. zurecht­fin­den, denn wer „Licht und Schat­ten“ wahr­nimmt, von dem nimmt man an, dass er von Ver­ne­be­lungs­tak­tik nichts weiß oder sie zumin­dest nicht wahrnimmt.

2 Vgl. dazu Wal­ter Fan­ta: Die Ulrichs­berg­fei­ern im öffent­li­chen Bewusst­sein. In: Ste­fan Kar­ner (Hrsg.): Kärn­ten und die natio­na­le Fra­ge. Band 3, Kla­gen­furt 2005, S. 315–343

3 Rai­ner Maus­feld: War­um schwei­gen die Läm­mer? Wie Eli­te­de­mo­kra­tie und Neo­li­be­ra­lis­mus unse­re Gesell­schaft und unse­re Lebens­grund­la­gen zer­stö­ren. Frankfurt/M. 2019

4 Heinz Stritzl wur­de in der Kon­sens­grup­pe immer als „Spre­cher der Platt­form Kärn­ten“ geführt. Nach sei­nem Tod im Mai 2021 ver­schwand auch die omi­nö­se „Platt­form Kärn­ten“. Offen­bar war Heinz Stritzl das ein­zi­ge sprach­mäch­ti­ge Mit­glied die­ser Plattform.

5 Vgl. z. B. auch den Fol­ge­band „Kärn­ten neu ver­ste­hen. Kon­flikt­ge­schich­ten.“ Klagenfurt/ Cel­ovec 2011; oder auch die Doku­men­ta­ti­on »Kärn­ten neu gestal­ten«: Die Dia­log- und Ver­söh­nungs­ar­beit der Kon­sens­grup­pe ab 2005. Klagenfurt/Celovec 2020

6 Unter dem Titel „Kon­ti­nui­tät & Erneue­rung“ stell­te die „neue KHD-Spit­ze“ ihr Pro­gramm in ihrem Mit­tei­lungs­blatt „Der Kärnt­ner – das patrio­ti­sche Signal aus Kärn­ten“, im März 2022 aus­führ­li­cher vor. Dort kann man alles nach­le­sen, denn das Papier ist gedul­dig. Stut­zig macht ledig­lich die Inten­ti­on, jetzt (noch mehr) „für­ein­an­der“ dazu­sein. Das müss­te eigent­lich für die Kärnt­ner Slo­we­nen wie eine Dro­hung klin­gen. „Das Schwei­gen der Läm­mer“ deu­tet aber dar­auf hin, dass dem nicht so ist.

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