Gestern, 11.4.19, waren es Details aus einem Anlassbericht des BVT, die via ZiB 2 und heute über die Salzburger Nachrichten an die Öffentlichkeit gingen. Der Bericht wurde im Zuge des Verfahrens gegen 17 Mitglieder der Identitären an die Grazer Staatsanwaltschaft übermittelt.
Die Zahlen
Die Behörden gehen von bis zu 550 Mitgliedern aus, der ORF erwähnt 528. Grundlage dafür seien Zahlungen an die IBÖ gewesen. Ob es sich wirklich um Mitglieder im formalen Sinn handelt oder „nur“ um UnterstützerInnen und/oder AktivistInnen, sei dahingestellt.
68 Mitglieder (so die Formulierung im Anlassbericht) seien polizeilich vorgemerkt, 32 seien bereits rechtskräftig verurteilt. Die Latte an Delikten ist – im negativen Sinn – beeindruckend:
16 Verurteilungen gab es demnach wegen Gewaltdelikten. Neun Mal kam es wegen einer Körperverletzung zu rechtskräftigen Schuldsprüchen, ein Mal wegen Raufhandels. Zwei Identitäre wurden wegen Beleidigung verurteilt, jeweils einer wegen Diebstahls bzw. wegen Verstoßes gegen das Schusswaffenverbot und einer wegen politisch motivierter Sachbeschädigung und Vergewaltigung. Vier Mal kam es zu Schuldsprüchen wegen des Missbrauchs von Suchtmitteln. Es gab laut Staatsschutz immerhin auch sechs Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz. (SN, 12.4.19, S. 3)
75 Identitäre besitzen (legal) Waffen, gegen zehn besteht ein behördliches Waffenverbot.
Die Einnahmen der Identitären sind im Laufe der Jahre explodiert, im März 2018 lagen sie bereits bei über 700.000 Euro, was als Untergrenze zu verstehen ist, weil diesbezügliche Ermittlungn noch nicht abgeschlossen seien, wie es in der ZiB 2 hieß. Ein Konto der Identitären wurde wegen des Verdachts auf Geldwäsche aufgelöst, weitere wurden ins Ausland (z.B. Ungarn) verlagert.
Die FPÖ und die IBÖ
Dass FPÖ-FunktionärInnen im Nahbereich der IBÖ zu finden sind, ist schon seit Jahren klar. Wer davon auch Mitglied ist – also offenbar Zahlungen geleistet hat – wissen wir nun wenigstens auszugsweise: Neu ist Brigitte Kashofer. Die Amstettner Stadträtin ist in der Vergangenheit durch diverse Äußerungen auffällig geworden. 2011, als die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft von Adolf Hitler diskutiert wurde, stach sie durch folgendes Statement hervor:
[N]och heute werden die Kriegsverlierer pausenlos zu einseitigem Schuldbekenntnis aufgefordert, während in Vergessenheit gerät, dass England den Krieg begonnen“ hat. Das NS-Verbotsgesetz beurteilte Brigitte Kashofer damals so: „[S]icherheitshalber wurde das Verbotsgesetz erlassen, um die Gebildeten unter den Kritikern mundtot zu machen.
2012 erlangte Kashofer durch ihre Attacken auf Frauenhäuser („Frauenhäuser zerstören Ehen“) überregionale Aufmerksamkeit. 2011 fabulierte sie, dass Gender Mainstreaming Familien zerstöre und nichts anderes sei als die Fortsetzung des Zweiten Weltkrieges mit effektiveren Waffen.
2014 und 2015 zeigte Kashofer offen Sympathie mit der damals gerade erwachenden Pegida Österreich. Dass es zwischen den Pegida-Aktiven und der IBÖ Überschneidungen gab, wurde alleine durch die gemeinsame Teilnahme an diversen Aufmärschen ersichtlich.
2018 hielt Kashofer an ihrem Stadtratskollegen Bruno Weber fest, der mit seinen homophoben und rassistischen Äußerungen bekannt wurde. Kashofer dazu:
„Er ist halt ehrlich” verteidigt die Amstettner FPÖ-Obfrau Brigitte Kashofer den blauen Stadtrat. „In Österreich darf jeder seine Meinung sagen”, meint sie. Mehr sei dazu nicht zu sagen. Rücktrittsaufforderungen wären „lächerlich”. (SN)
Kashofers Reaktion auf das Outing, dass sie IBÖ-Mitglied sei: „Ich gebe keine Stellungnahme ab.“ (SN)
Die „Salzburger Nachrichten“ führen – wenig überraschend – auch Ulrich Püschel als IBÖ-Mitglied an. Püschel ist nicht nur Büroleiter vom Linzer FPÖ-Chef Markus Hein und 2018 in den Aufsichtsrat der Linz AG gehievt worden, sondern hält auch 30% der Anteile an Info-Direkt, dem Veranstalter des Kongresses der „Verteidiger Europas“. Zudem ist er stellvertretender Obmann vom „Freiheitlichen Akademikerverband“ (FAV) OÖ, der wiederum 20,1975% Anteil am Aula-Nachfolger, der „Freilich Medien GmbH“, hält. Püschel zu den SN: „Ich war nie Mitglied der Identitären Bewegung, ich grenze mich davon ab und will damit nichts zu tun haben.“ Dürfen wir laut lachen?
Mit der „Freilich Medien GmbH“ sind wir direkt bei Heinrich Sickl, dem steirischen FAV-Obmann und Freilich-Geschäftsführer. Dass das „Freilich Magazin“ wie ein Organ aus der Feder der Identitären wirkt, haben wir bereits in anderen Beiträgen thematisiert.
Sickls dicke Querverbindungen zur IBÖ waren trotz heftiger Proteste keinerlei Hinderungsgrund, ihn in den Grazer Gemeinderat zu holen. Sie sind für die Grazer Stadtregierung auch jetzt kein Grund, ihm nahezulegen, sein Mandat abzugeben. Einzige Konsequenz bisher: Er soll den Mietvertrag mit den Identitären lösen. Sickls Reaktion:
„Keine Ahnung, was das für eine Liste ist. Ich bin nie Mitglied gewesen oder irgend so etwas. Und jetzt bin ich keines – natürlich jetzt sowieso keines –, ich war es aber auch nie in der Geschichte.“ Auf die Frage, ob er Zahlungen an die rechtsextreme Gruppierung ausschließen könne, sagt er: Ich finde diese Frage eine Frechheit.“ (SN)
Geoutet wurde auch Reinhard Rebhandl. Er ist stellvertretender FPÖ-Bezirksparteiobmann im Tennengau und Ersatzmitglied des Bundesrates, war Kandidat für den Salzburger Landtag, in den er es schlussendlich durch eine Volte der dortigen Parteichefin Marlene Svazek nicht schaffte. Der dürfte nämlich das drohende Ungemach, das schon alleine durch Rebhandls NS-Affinitäten ausging, bewusst gewesen sein.
Von den SN mit der ‚Mitgliederliste’ des BVT konfrontiert, sagt er: „Ich bin kein Mitglied, zahle keine Spenden, zahle keinen Mitgliedsbeitrag und gehe auf keine Veranstaltung der Identitären.“ Wie er sich erklären könne, dass er vom Staatsschutz auf dieser Liste geführt werde? „Es könnte sein, dass ich vor Jahren einmal etwas gespendet habe, aber ich weiß es nicht mehr.“ R. legt Wert auf die Feststellung, dass er seiner Ansicht nach keine Person des öffentlichen Interesses ist. (SN)
Dieses Statement ist nicht nur angesichts von Rebhandls aktuellen Parteifunktionen grotesk, sondern auch, weil mehrere Fotos belegen, dass Rebhandl an identitären Kundgebungen teilgenommen und zudem die Begrüßungsrede gehalten hatte, als sich seine Burschenschaft Gothia mit Identitären über den „großen Austausch“ austauschte.