Rechtsextreme Straftaten 2021 – Entwicklung und Bundesländervergleich

Das Jahr 2021 war nach zwei Jahren des Rück­gangs wieder durch einen Anstieg von recht­sex­trem motivierten Straftat­en gekennze­ich­net. Die Pan­demie hat mit den Protesten gegen die Coro­na-Maß­nah­men zweifel­los dazu beige­tra­gen, worauf möglicher­weise auch eine teil­weise Ver­schiebung der Hotspots zurück­zuführen ist. Erst­mals liegen auch Zahlen zu beteiligten Jugendlichen vor.

Es bleibt ein­mal mehr uns, ein­er großteils ehre­namtlich arbei­t­en­den NGO, über­lassen, die durch par­la­men­tarische Anfra­gen eruierten Zahlen zu recht­sex­tremen Straftat­en genauer anzuse­hen, nach regionalen Para­me­tern einzuord­nen und in einen länger­fristi­gen Ver­gle­ich zu stellen.

Tathand­lun­gen und Anzeigen nach dem Verbotsgesetz

Nach dem absoluten Höhep­unkt an erfassten recht­sex­trem motivierten Straftat­en im Jahr 2016 und dem nach­fol­gen­den Rück­gang, sind die Zahlen zu den recht­sex­tremen Tathand­lun­gen 2021 wieder deut­lich gestiegen, und zwar um 23 % gegenüber dem Vor­jahr. In der Bun­deslän­derverteilung gab’s eine Ver­schiebung: Hat­te in den Vor­jahren immer das Bun­des­land Salzburg das Rank­ing – berech­net auf die Zahl der Einwohner*innen – ange­führt, so liegt dies­mal Oberöster­re­ich in der unrühm­lichen Pole-Posi­tion. Mit 14,9 Fällen pro ein­hun­dert­tausend Einwohner*innen führt Salzburg knapp vor Vorarl­berg (14,5 Fälle). Ins Vorder­feld gerückt ist eben­falls Kärnten.

Rechtsextreme Tathandlungen 2021

Recht­sex­treme Tathand­lun­gen 2021

Im langfristi­gen Jahress­chnitt zwis­chen 2013 bis 2021, also inner­halb der let­zten neun Jahre, liegt noch immer Salzburg deut­lich vor Oberöster­re­ich. Die mit großem Abstand ger­ing­ste Zahl an erfassten Tathand­lun­gen weist sowohl 2021 als auch im Neun­jahress­chnitt das Bur­gen­land auf.

Rechtsextreme Tathandlungen 2013-2021

Recht­sex­treme Tathand­lun­gen 2013–2021

Die Anzeigen nach dem Ver­bots­ge­setz sind eben­falls deut­lich gestiegen, näm­lich um fast 25% gegenüber 2020. Hier liegt wieder Oberöster­re­ich vor Vorarl­berg, Niederöster­re­ich belegt den drit­ten Platz. Der langjährige Schnitt ist ähn­lich dem der Tathand­lun­gen: Salzburg liegt deut­lich in Front vor Oberösterreich.

Anzeigen Verbotsgesetz 2021

Anzeigen Ver­bots­ge­setz 2021

Anzeigen Verbotsgesetz 2013-2021

Anzeigen Ver­bots­ge­setz 2013–2021

In der Krim­i­nal­sta­tis­tik 2021 tauchen jedoch weit höhere Zahlen auf:

Wur­den 2019 noch 1.388 Anzeigen nach dem Ver­bots­ge­setz gelegt, waren es 2021 bere­its 1.671 Fälle und damit eine sig­nifikante Steigerung. „Diese Zahlen zeich­nen ein klares Bild ein­er Verän­derung im Bere­ich des Recht­sex­trem­is­mus, das auch von der Pan­demie bee­in­flusst wurde. Das zeigt auch die Ver­harm­lo­sung des Holo­caust im Rah­men von Coro­na-Demos, aber auch im Inter­net und in sozialen Medien.

Eine Erk­lärung der doch erhe­blichen Dif­ferenz zu den Angaben in den Anfrage­beant­wor­tun­gen ist uns nicht bekannt.

Waf­fenge­setz

Auch bei den Anzeigen nach dem Waf­fenge­setz im Zusam­men­hang mit recht­sex­tremen Delik­ten, die David Stög­müller (Grüne) seit 2020 abfragt, ist ein Anstieg zu verze­ich­nen. 2021 wur­den ins­ge­samt 24 Fälle ver­merkt, 2020 waren es 19. Die tat­säch­liche Zahl von Ver­stößen gegen das Waf­fenge­setz im recht­sex­tremen Milieu dürfte wohl höher sein, da hier nur jene Fälle angegeben sind, bei denen gle­ichzeit­ig eine recht­sex­treme Straftat began­gen wurde. Hier eben­falls nicht berück­sichtigt sind etwa das Aus­maß von Waf­fen, Spreng- und Kriegs­ma­te­ri­alien, die ger­ade 2020 und 2021 massen­haft sichergestellt wur­den. Zumin­d­est bildet sich wenig­stens teil­weise ab, dass diese Funde – soweit die Fälle öffentlich gemacht wur­den – vornehm­lich in Niederöster­re­ich gemacht wurden.

Anzeigen Waffengesetz 2020

Anzeigen Waf­fenge­setz 2020

Anzeigen Waffengesetz 2021

Anzeigen Waf­fenge­setz 2021

Jugendliche

Erst­mals wurde von Sabine Schatz (SPÖ) auch die Anzahl der Jugendlichen (14- bis 18-Jährige), die seit 2018 in recht­sex­tremen Straftat­en involviert waren, abge­fragt.(1) Bemerkenswert ist der rel­a­tiv hohe Anteil an den Straftat­en. Gin­gen 2018 knapp 10 % der Tathand­lun­gen auf das Kon­to von Jugendlichen, schnellte der Anteil 2019 auf fast 30 % in die Höhe. 2020 waren es knapp 23 %, 2021 knapp 15 %. Wenig über­raschend ist, dass die Fal­lzahlen gemessen an den Einwohner*innen in Salzburg und Oberöster­re­ich beson­ders hoch sind: In Salzburg sind 30 % aller recht­sex­tremen Tathand­lun­gen Jugendlichen zwis­chen 14 und 18 Jahren zuzuord­nen, in Oberöster­re­ich sind es 28,4 %.

Ins­ge­samt wur­den in diesen vier Jahren 723 Jugendliche zur Anzeige gebracht. Hier scheint also ein drin­gen­der Hand­lungs­be­darf gegeben zu sein.

Rechtsextreme Tathandlungen/Anzeigen Jugendliche 2018-2021

Recht­sex­treme Tathandlungen/Anzeigen Jugendliche 2018–2021

Anzeigen aus Mel­dun­gen an die NS-Meldestelle

Die grund­sät­zlichen Anmerkun­gen und Fra­gen zur NS-Meldestelle des Innen­min­is­teri­ums aus unserem Bericht zum Jahr 2020, bleiben auch für den Bericht­szeitraum 2021 gültig. Von 3.883 Medun­gen wur­den 1.326 als rel­e­vant eingestuft. Daraus fol­gten 205 Ver­dachtsmeldun­gen, aus denen schließlich 70 Anzeigen her­vorgeg­in­gen. Die Hoff­nung, dass sich mit der Umwand­lung des BVT in die DSN (Direk­tion Staatss­chutz und Nachrich­t­en­di­enst), die Ende 2021 vol­l­zo­gen wurde, auch das Sys­tem bei NS-Meldestelle mod­ernisieren würde, hat sich bis­lang nicht erfüllt. Die ist nach wie vor auss­chließlich per E‑Mail errre­ich­bar, ein Online-For­mu­lar ist nicht ver­füg­bar, genauere Angaben, wie Mel­dun­gen erfol­gen sollen, existieren nicht.

2013: 632014: 1582015: 2382016: 274
2017: keine Daten2018: 1642019: 682020: 68
2021: 70

Con­clu­sio

Ein­mal mehr zeigt sich: Um recht­sex­treme Straftat­en tat­säch­lich analysieren zu kön­nen, braucht es Forschung und Stu­di­en. Die nack­ten Zahlen sagen nichts über die Gewalt­bere­itschaft, über die Net­zw­erke, die zweifel­los beste­hen oder über den Rah­men, in denen die Straftat­en began­gen wur­den, aus. Die Entwick­lung der in den Anfrage­beant­wor­tun­gen dargelegten Fal­lzahlen ist höch­stens ein Indika­tor, alleine damit wird jedoch keine umfassende Präven­tion möglich sein.

➡️ Recht­sex­treme Straftat­en 2020 – Entwick­lung und Bundesländervergleich
➡️ Recht­sex­treme Straftat­en 2019 – Entwick­lung und Bundesländervergleich
➡️ Recht­sex­treme Straftat­en 2018: Entwick­lung, Bun­deslän­derver­gle­ich und eine Frage
➡️ Recht­sex­trem motivierte Straftat­en im Jahres- und Bundesländervergleich

1 Die in der Anfrage­beant­wor­tung angegebe­nen Zahlen zu den angezeigten Jugendlichen und den Tathand­lun­gen sind ident, daher ist dieses Zahlen­ma­te­r­i­al auch Grund­lage der hier vor­liegen­den Berech­nun­gen. Das ist jedoch insofern erstaunlich, da eine Tathand­lung von mehreren Men­schen began­gen wer­den kann und solche Fälle – etwa bei Schmier­ak­tio­nen – mit Sicher­heit auch vorliegen.

Anfrage­beant­wor­tun­gen des Innen­min­is­teri­ums, die den hier dargelegten Zahlen zugrunde liegen:
2021: Anfrage/Beantwortung Stög­müller: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09330/index.shtml

2021: Anfrage/Beantwortung Schatz: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09048/index.shtml
2021: Anfrage/Beantwortung Schatz (Maß­nah­men zur Recht­sex­trem­is­mus­präven­tion bei Jugendlichen): https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09894/index.shtml
2020: Anfrage/Beantwortung Stög­müller: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_04895/index.shtml
2020: Anfrage/Beantwortung Schatz: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_04833/index.shtml
2019: Anfrage/Beantwortung Stög­müller: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00737/index.shtml
2019: Anfrage/Beantwortung Schatz: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00513/index.shtml
2018: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/AB-BR/AB-BR_03352/imfname_746617.pdf
2017: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_00356/imfname_691641.pdf
2016: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_11453/imfname_630786.pdf
2015: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_03782/imfname_404559.pdf
2014: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_03782/imfname_404559.pdf
2013: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_00369/fname_342212.pdf

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