Rechtsextreme Straftaten 2018: Entwicklung, Bundesländervergleich und eine Frage

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Der Grü­ne Bun­des­rat David Stög­mül­ler hat bei Innen­mi­nis­ter Kickl die Zah­len zu den rechts­extrem moti­vier­ten Straf­ta­ten 2018 abge­fragt. Quint­essenz: Bun­des­weit ist ein leich­ter Anstieg im Ver­gleich zu 2017 zu ver­zeich­nen. Doch die Ent­wick­lung ist regio­nal unter­schied­lich. Wir haben uns die Bun­des­län­der­da­ten ange­se­hen und in einen Lang­zeit­ver­gleich gestellt. Zudem bleibt eine Fra­ge offen: Was ist mit den in der NS-Mel­de­stel­le nicht bear­bei­te­ten Hinweisen?

Seit 2014 fra­gen Par­la­men­ta­rie­rIn­nen rück­wir­kend fürs jeweils ver­gan­ge­ne Jahr die Zah­len zu den rechts­mo­ti­vier­ten Straf­ta­ten ab. Die Zah­len und Erkennt­nis­se haben 2016 in den von den Grü­nen erstell­ten Rechts­extre­mis­mus­be­richt 2016 gemün­det, der die Ent­wick­lun­gen inter­pre­tier­te und ana­ly­sier­te. Mit dem Raus­fall der Grü­nen aus dem Natio­nal­rat stock­te auch das Vor­ha­ben, alle zwei Jah­ren einen Bericht vorzulegen.

Wir haben als Aus­gleich im Febru­ar die Ent­wick­lung seit 2013 bun­des­län­der­wei­se in einen Lang­zeit­ver­gleich gestellt. Da die abso­lu­ten Zah­len nur bedingt aus­sa­ge­kräf­tig sind, haben wir Tat­hand­lun­gen und Anzei­gen pro 100.000 Ein­woh­ne­rIn­nen errech­net. Nun lie­gen die Zah­len für 2018 vor.

Zah­len 2013 bis 2018

Im Lang­zeit­ver­gleich nimmt das Bun­des­land Salz­burg in allen hier ver­gli­che­nen Kate­go­rien rela­tiv zur Bevöl­ke­rungs­zahl eine ein­sa­me Spit­zen­stel­lung ein. Salz­burg ver­zeich­net sowohl bei Tat­hand­lun­gen (1) als auch bei den Anzei­gen mehr als dop­pelt so vie­le Fäl­le wie das Bun­des­land mit den gerings­ten Fall­zah­len, dem Bur­gen­land. Bei den Tat­hand­lun­gen ran­gie­ren Ober­ös­ter­reich und die Stei­er­mark an der zwei­ten Stel­le, bei den Anzei­gen gesamt liegt Wien an der zwei­ten, gefolgt von Ober­ös­ter­reich an der drit­ten Stel­le. In der Kate­go­rie Anzei­gen nach dem Ver­bots­ge­setz fol­gen nach Salz­burg Ober­ös­ter­reich auf Platz zwei und Wien auf Platz drei.

rechtsextrem motivierte Tathandlungen 2013-2018

rechts­extrem moti­vier­te Tat­hand­lun­gen 2013–2018

Anzeigen rechtsextreme Straftaten 2013-2018

Anzei­gen rechts­extre­me Straf­ta­ten 2013–2018

Anzeigen nach dem Verbotsgesetz 2013-2018

Anzei­gen nach dem Ver­bots­ge­setz 2013–2018

Zah­len 2018

Bun­des­weit ist im Ver­gleich zu 2017 in Tat­hand­lun­gen und Anzei­gen wie­der ein leich­ter Anstieg zu ver­zeich­nen. Bei Tat­hand­lun­gen und Anzei­gen gesamt führt wie­der Salz­burg die Sta­tis­tik an, bei Anzei­gen nach dem Ver­bots­ge­setz Ober­ös­ter­reich (2).

rechtsextrem motivierte Tathandlungen 2018

rechts­extrem moti­vier­te Tat­hand­lun­gen 2018

Anzeigen rechtsextreme Straftaten 2018

Anzei­gen rechts­extre­me Straf­ta­ten 2018

Anzeigen nach dem Verbotsgesetz 2018

Anzei­gen nach dem Ver­bots­ge­setz 2018

Nicht bear­bei­te­te Hin­wei­se an die NS-Meldestelle

Zur Zahl der bei der NS-Mel­de­stel­le des Innen­mi­nis­te­ri­ums ein­ge­lang­ten Hin­wei­se haben wir kei­ne durch­lau­fen­den Anga­ben. Sie wur­den von den Anfra­ge­stel­le­rIn­nen nicht kon­se­quent abge­fragt. Bis auf das Jahr 2017 ver­fü­gen wir jedoch über die Anzahl jener Hin­wei­se, die nach Bear­bei­tung zu Anzei­gen sei­tens des BVT geführt haben. Von 2013 bis 2016 stei­ger­ten sich die Anzei­gen um fast 400%, 2018 ist man in etwa wie­der auf dem Niveau von 2014, was dem all­ge­mei­nen Trend jedoch wider­spre­chen würde.

2013: 632014: 1582015: 2382016: 2742017: kei­ne Angabe2018: 164

Ob die rela­tiv nied­ri­ge Zahl damit zusam­men­hängt, dass etwa 600 Hin­wei­se an die Mel­de­stel­le im letz­ten Jahr nicht bear­bei­tet wur­den, wie die Lei­te­rin des Extre­mis­mus­re­fe­rats im BVT Sibyl­le G. im Zuge einer Befra­gung im BVT-Unter­su­chungs­aus­schuss bekannt gege­ben hat­te, wäre zu klä­ren. Wie wir bereits in unse­rem Bei­trag im Febru­ar ver­merkt haben, könn­te die Nicht­be­ar­bei­tung der Hin­wei­se zu einer Ver­zer­rung der Fall­zah­len füh­ren. Stellt sich das als rich­tig her­aus, wäre die Anzahl an Tat­hand­lun­gen und Anzei­gen ins­ge­samt höher als in der Anfra­ge­be­ant­wor­tung angegeben.

Im März gab G. nun im Zuge einer neu­er­li­chen Befra­gung im BVT-U-Aus­schuss an, der Bear­bei­tungs­rück­stand habe mitt­ler­wei­le abge­baut wer­den kön­nen. Die aus der Bear­bei­tung resul­tie­ren­den Anzei­gen müss­ten jedoch dem Jahr 2019 zuge­rech­net wer­den, da wohl das Datum der Anzei­ge für die Sta­tis­tik rele­vant sein dürfte.

Standard Liveticker 20.3.19

Stan­dard Live­ti­cker 20.3.19

Die Ver­ur­tei­lungs­sta­tis­tik wer­den wir in einem geson­der­ten Bei­trag behandeln.

1 Tat­hand­lun­gen kön­nen aus meh­re­ren Delik­ten bestehen: z.B. bei einer NS-Schmie­re­rei Sach­be­schä­di­gung und Wiederbetätigung
2
Zu Ober­ös­ter­reich lie­gen auch die Zah­len auf­ge­schlüs­selt nach den ein­zel­nen Bezir­ken vor: Anfra­ge Stög­mül­ler „rechts­extre­me Straf­ta­ten in Ober­ös­ter­reich im Jahr 2018”

Anfra­ge­be­ant­wor­tun­gen des Innen­mi­nis­te­ri­ums, die den hier dar­ge­leg­ten Zah­len zugrundeliegen:
2018: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/AB-BR/AB-BR_03352/imfname_746617.pdf
2017: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/AB/AB_00356/imfname_691641.pdf
2016: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_11453/imfname_630786.pdf
2015: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_03782/imfname_404559.pdf
2014: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_03782/imfname_404559.pdf
2013: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_00369/fname_342212.pdf