Wochenschau KW 13/19

Lesezeit: 12 Minuten

Die letz­te Woche war hef­tig. Nicht nur, was die Geld­spen­de des Christ­church-Atten­tä­ters an Mar­tin Sell­ner betrifft, son­dern vor allem, weil – end­lich ein­mal – die mas­sen­haf­ten Ver­bin­dun­gen zwi­schen der FPÖ und den Iden­ti­tä­ren in die Medi­en gelang­ten. Das Bekannt­wer­den der Teil­nah­me von Mar­tin Licht­mesz an zwei neo­na­zis­ti­schen Kon­fe­ren­zen in Skan­di­na­vi­en hat der kri­ti­schen Betrach­tung der Iden­ti­tä­ren nun noch Auf­trieb gege­ben. Zudem gab’s meh­re­re Pro­zes­se, von denen jener in Graz gegen Mit­glie­der der „Par­tei des Vol­kes“ am bri­san­tes­ten war: Der ende­te wegen der Schän­dung einer Moschee mit einer Diver­si­on und drei Schuld­sprü­chen. Dann hat­ten wir über meh­re­re NS-Schmie­re­rei­en und in einem Video doku­men­tier­te gro­be ras­sis­ti­sche Beschimp­fun­gen, die selbst Kanz­ler Kurz kom­men­tier­te. Und in Krems füg­te ein 27-Jäh­ri­ger nach dem Skan­die­ren von rechts­extre­men Paro­len einem 62-Jäh­ri­gen lebens­ge­fähr­li­che Ver­let­zun­gen zu.

Graz: Pro­zess wegen Moscheeschändung
St. Pölten/Amstetten: Diver­si­on nach Verhetzung
Vorarlberg/Innsbruck: Geld­stra­fe wegen Ver­het­zung im Beru­fungs­ver­fah­ren vervierfacht
St. Pöl­ten: Nazi-Tat­toos am Unterarm
Wattens/TIrol: Van­da­lis­mus und „Hail Hitler“
Deutsch-Wagram/NÖ: Van­da­lis­mus und Hakenkreuze
Wildon/Stmk.: NS-Sym­bo­le in Höhle
Schwe­chat: ein­mal mehr Wolf­gang Zist­ler (FPÖ)
Gude­nus: Ver­het­zung als Teil des poli­ti­schen Geschäfts?
Krems: rechts­extre­me Paro­len und Faustschläge
Wien: ras­sis­ti­sche Beschimpfung
Iden­ti­tä­rer Licht­mesz mit Neo­na­zis auf Skandinavientour
Lek­tü­re­tipp: „Heu­che­lei“ von Ale­xia Weiss

Graz: Pro­zess wegen Moscheeschändung

Der Fall hat­te 2016 Medi­en und Poli­tik beschäf­tigt: Vier Per­so­nen hat­ten als Akti­on der rechts­extre­men Split­ter­grup­pe „Par­tei des Vol­kes“ (PdV) vor einer Moschee in Graz-Pun­ti­gam Schwei­ne­köp­fe depo­niert und zudem das Mina­rett mit Blut beschmiert. Bri­sant wur­de es, als her­aus­kam, dass ein Mit­ar­bei­ter des Hee­res­ab­wehr­am­tes betei­ligt gewe­sen sein soll. 

In der letz­ten Woche fand in Graz unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit der Pro­zess gegen vier Per­so­nen, Tho­mas K., Wolf­gang P., Georg B. und eine Frau statt:

Alle vier Ange­klag­ten waren beim Pro­zess gestän­dig. Von den vier Beschul­dig­ten einig­te man sich bei der ein­zi­gen Frau auf eine diver­sio­nel­le Erle­di­gung. Sie muss 450 Euro zah­len, dann ist der Fall für sie erle­digt. Die drei Män­ner wur­den schul­dig gespro­chen. Zwei beka­men kei­ne Stra­fen, da sie bereits wegen Ver­sto­ßes gegen das Ver­bots­ge­setz zu 24 bzw. 20 Mona­ten ver­ur­teilt wur­den. Der drit­te wur­de zu einer unbe­ding­ten Geld­stra­ße von 2.400 Euro ver­ur­teilt. Das Urteil ist nicht rechts­kräf­tig. (…) Gegen vier wei­te­re Ver­däch­ti­ge wur­de das Ver­fah­ren laut Staats­an­walt­schaft Kla­gen­furt ein­ge­stellt. Unter ihnen war ein Mit­ar­bei­ter des Lan­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz und Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung. Bei ihm bestand der Ver­dacht der gefähr­li­chen Dro­hung und des Amts­miss­brauchs. Das Ver­fah­ren wur­de aber aus Man­gel an Bewei­sen ein­ge­stellt. Hin­sicht­lich der angeb­li­chen gefähr­li­chen Dro­hung sei der Wort­laut zu unbe­stimmt gewe­sen, hieß es damals. (kleinezeitung.at, 29.3.19)

Der Angeklagte Thomas K. vor vor dem Grazer Gericht (© D.M.)

Der Ange­klag­te Tho­mas K. vor vor dem Gra­zer Gericht (© D.M.)

St. Pölten/Amstetten: Diver­si­on nach Verhetzung

Abschie­ßen woll­te ein 44-jäh­ri­ger Nie­der­ös­ter­rei­cher Asyl­wer­ber – zumin­dest ver­bal auf Face­book. „‚Nicht abschie­ben, abschie­ßen!‘, schrieb ein 44-Jäh­ri­ger aus Amstet­ten auf Face­book und pos­te­te dazu ein Foto von Män­nern, die auf am Boden lie­gen­de Men­schen ein­tre­ten.“ (NÖ Nach­rich­ten, 27.3.19, S. 26) Das führ­te ihn wegen Ver­het­zung vors Gericht. Wegen bis­he­ri­ger Unbe­schol­ten­heit Ein­sich­tig­keit wur­de dem Mann eine Diver­si­on ange­bo­ten: Zah­lung von 600.- und damit Ein­stel­lung des Verfahrens.

Vorarlberg/Innsbruck: Geld­stra­fe wegen Ver­het­zung im Beru­fungs­ver­fah­ren vervierfacht

Die ging aber in die Hose, die Beru­fungs­ver­hand­lung, die ein Vor­arl­ber­ger vor dem Inns­bru­cker Ober­lan­des­ge­richt zu absol­vie­ren hat­te. Er war wegen Ver­het­zung ange­klagt und im Dezem­ber bereits erst­in­stanz­lich ver­ur­teilt wor­den. „Der Lkw-Fah­rer hat­te im Febru­ar auf der Face­book­sei­te ‚Stol­ze FPÖ-Wäh­ler‘ einen Link zu einem Arti­kel der poli­tisch rechts­ori­en­tier­ten Inter­net­sei­te ‚unzensuriert.at‘ mit der Über­schrift ‚Soma­li­er in Groß­bri­tan­ni­en: Wei­ße Kin­der ver­ge­wal­ti­gen ist Teil ihrer Kul­tur‘ so kom­men­tiert: ‚Am höchs­ten Baum auf­hän­gen das Pack!’ Dazu hat­te er ein Mit­tel­fin­ger-Sym­bol plat­ziert.“ (Neue Vor­arl­ber­ger Tages­zei­tung, 31.3.19; S. NEUE24)

Das OLG ver­vier­fach­te nun die im Dezem­ber ver­häng­te teil­be­ding­te Geld­stra­fe von 1.200.- (600.- bedingt, 600.- unbe­dingt) auf eine unbe­dingt zu leis­ten­de Stra­fe von 2.400.-. Dumm gelau­fen für den stol­zen FPÖ-Wähler …

St. Pöl­ten: Nazi-Tat­toos am Unterarm

„Ein Schwur­ge­richts­pro­zess steht am kom­men­den Mitt­woch [27.3.19] am Lan­des­ge­richt St. Pöl­ten an. Ein 30-Jäh­ri­ger soll sich auf sei­nem lin­ken Unter­arm Nazi-Sym­bo­le täto­wiert haben las­sen. Als er zu einer förm­li­chen Ver­neh­mung bei der Poli­zei­in­spek­ti­on Tulln erschei­nen muss­te, soll der Mann ein Kurz­arm­hemd getra­gen haben, die Ermitt­ler konn­ten die Sym­bo­le somit sofort sehen. Der Beschul­dig­te soll damit gegen das Ver­bots­ge­setz ver­sto­ßen haben.“ (Kurier, 25.3.19, S. 18) Der Aus­gang des Pro­zes­ses ist (uns) nicht bekannt.

Wattens/TIrol: Van­da­lis­mus und „Hail Hitler“

Aus Lan­ge­wei­le sei es gewe­sen, dass nun aus­ge­forsch­te Jugend­li­che vor eini­gen Wochen in Wat­tens einen durch Van­da­lis­mus ver­ur­sach­ten erheb­li­chen Sach­scha­den hin­ter­las­sen haben. Auch eine Volks­schu­le wur­de aus Lan­ge­wei­le mit Nazi-Sym­bo­len beschmiert:

Nicht nur der Recht­schreib­feh­ler bei ‚Hail Hit­ler‘ (dass hier Eng­län­der am Werk waren, nahm nie­mand an), son­dern auch das ver­kehr­te Haken­kreuz und ein Adolf-Smi­ley deu­te­ten schnell auf jun­ge Van­da­len hin. (…) Es dürf­te aber mehr dahin­ter­ste­cken, wenn gegen einen 10- und einen 12-jäh­ri­gen Ein­hei­mi­schen aus der Stadt (und einen Freund von aus­wärts) auch wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ermit­telt wer­den müss­te. Nur dass die Haupt­tä­ter noch straf­un­mün­dig und daher ein Fall fürs Jugend­amt sind. (oe24.at, 26.3.19)

Deutsch-Wagram/NÖ: Van­da­lis­mus und Hakenkreuze

Gleich gegen acht Jugend­li­che wird wegen eines erheb­li­chen Sach­scha­dens und angeb­lich auch wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ermit­telt, die im Jän­ner in eine Volks­schu­le ein­ge­drun­gen waren.

Dort ging es dann wild zur Sache: Mit reich­lich Alko­hol wur­de ‚Par­ty‘ gemacht, dabei beschä­dig­ten die Bur­schen die Innen­ein­rich­tung der Schu­le, beschmier­ten Wän­de mit Far­be, zeich­ne­ten Haken­kreu­ze auf eine Schul­ta­fel und in ein Kin­der­buch. Ein Note­book einer Leh­re­rin wur­de beschä­digt, weil sie es unter das flie­ßen­de Was­ser gehal­ten hat­ten. Aus dem Leh­rer­zim­mer wur­den Süßig­kei­ten und etwas Bar­geld gestoh­len.“ (heute.at, 26.3.19)

Offen­bar waren die Jugend­li­chen aber auch schon in der Ver­gan­gen­heit recht mun­ter unter­wegs, ihnen wer­den zahl­rei­che wei­te­re Van­da­len­ak­te zu Last gelegt. Ein betei­lig­ter 19-Jäh­ri­ger soll der Sohn eines Lokal­po­li­ti­kers sein.

Wildon/Stmk.: NS-Sym­bo­le in Höhle

Ver­mut­lich am Ascher­mitt­woch, dem 6. März 2019, wur­den am Wil­do­ner Schloss­berg bei der Wil­de-Mann-Höh­le Schmie­re­rei­en mit zum Teil natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Sym­bo­len ange­bracht. Die­ser Tat­be­stand ist straf­recht­lich nach den Bestim­mun­gen des Ver­bots­ge­set­zes zu ver­fol­gen. Anzei­ge gegen Unbe­kannt wur­de erstat­tet. (Woche Süd­west­stei­er­mark, 27.3.19, S. 71)

Schwechat/NÖ: ein­mal mehr Wolf­gang Zist­ler (FPÖ)

Er ist in der Ver­gan­gen­heit schon oft durch Face­book-Pos­tings auf­fäl­lig gewor­den (https://www.stopptdierechten.at/2019/01/08/fpoe-2018-ruecktritte-austritte-und-ausschluesse/#schwechat), dies­mal waren es Kom­men­ta­re, die sei­ne „Freun­de“ bei ihm hin­ter­las­sen hatten.

Wie aus einem anony­men Schrei­ben an die NÖN her­vor­geht, teil­te Zist­ler Ende Febru­ar einen Arti­kel der (rech­ten) Platt­form ‚Politikstube.com’, in dem NEOS-Natio­nal­rä­tin Irm­gard Griss atta­ckiert wird. Anlass waren ihre Aus­sa­gen auf Ser­vus TV zum The­ma ‚Migra­ti­on’. Dort mein­te sie, dass man mit Migran­ten, die nicht straf­fäl­lig wer­den, aber etwa west­li­che Wer­te wie die Gleich­be­rech­ti­gung von Frau­en nicht aner­ken­nen, leben müs­se. Zist­ler stellt das auf sei­ner Sei­te zur Dis­kus­si­on. Wie die Anti-FPÖ-Sei­te „FPÖ fails“ belegt hat, hol­ten eini­ge ‚Freun­de‘ zum Rund­um­schlag aus. Die hef­tigs­te Aus­sa­ge war wohl ‚Irm­gard Griss wur­de soeben für eine Mas­sen­ver­ge­wal­ti­gung frei­ge­ge­ben‘. Der anony­me Schrei­ber wirft Zist­ler ‚Anstif­tung zumin­dest zur Ver­het­zung‘ vor.“ (NÖ Nach­rich­ten, 27.3.19, S. 10)

Zist­ler lösch­te dann den Bei­trag, nach­dem die Sache öffent­lich the­ma­ti­siert wur­de. „‚Die Kom­men­ta­re sind mir zu hef­tig gewor­den‘, betont er.“ Emp­feh­lung: Er soll ange­sichts der Regel­mä­ßig­keit sei­ner Über­tre­tun­gen sei­nen Account löschen!

Gude­nus: Ver­het­zung als Teil des poli­ti­schen Geschäfts?

Es kam nicht über­ra­schend: Die Staats­an­walt­schaft ermit­tel­te gegen den blau­en Klub­ob­mann im Par­la­ment, Johann Gude­nus, wegen Ver­het­zung (https://www.stopptdierechten.at/2019/03/12/wochenschau-kw-10–19/#wien). Das Ver­fah­ren endet jedoch, bevor es rich­tig begon­nen hat, denn im Natio­nal­rat stimm­ten Schwarz und Blau gegen die Auf­he­bung der Immu­ni­tät von Gude­nus. „Die Koali­ti­ons­frak­tio­nen ÖVP und FPÖ orte­ten am Don­ners­tag einen Zusam­men­hang mit der poli­ti­schen Tätig­keit des frei­heit­li­chen Abge­ord­ne­ten. Sie stimm­ten einer behörd­li­chen Ver­fol­gung Gude­nus’ durch die Staats­an­walt­schaft Wien daher nicht zu.” (APA via derstandard.at, 29.3.19)

Krems/NÖ: rechts­extre­me Paro­len und Faustschläge

Ein 62-Jäh­ri­ger wur­de mit­ten in der Nacht vom 27-jäh­ri­gen Ste­fan M. der­ma­ßen ver­letzt, dass das Opfer in ein Kran­ken­haus gelie­fert wer­den muss­te. Vor der Gewalt­tat soll der Täter rechts­extre­me Paro­len von sich gege­ben haben. „Als der Krem­ser ihn auf­for­der­te, damit auf­zu­hö­ren, soll ihm der Jün­ge­re ohne Vor­war­nung zwei­mal mit der Faust gegen den Kopf geschla­gen haben. Der 62-Jäh­ri­ge ging zu Boden, er wur­de in das Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Krems trans­por­tiert. Der 27-Jäh­ri­ge wur­de aus­ge­forscht und nur auf frei­em Fuß ange­zeigt, weil er noch unbe­schol­ten ist.“ (oe24.at, 29.3.19)

Wien: ras­sis­ti­sche Beschimpfung

Seit ges­tern kur­siert ein Video, in dem fest­ge­hal­ten wird, wie eine Mus­li­min von einer Frau beschimpft wird.

„Das ist mein Land, du Hure”, schreit eine älte­re Frau eine 25-jäh­ri­ge Frau an, die neben ihr im sie­ben­ten Bezirk auf eine Stra­ßen­bahn war­tet. Es war nicht die ers­te Beschimp­fung, die die in Wien gebo­re­ne Desi­gne­rin, die am ver­gan­ge­nen Sams­tag gera­de auf dem Weg ins Fit­ness­cen­ter war, von der Frau zu hören bekom­men hat­te. Doch an die­sem Punkt hat­te sie begon­nen, mit ihrem Han­dy mit­zu­fil­men, was ihr da an ras­sis­ti­schen Unge­heu­er­lich­kei­ten an den Kopf gewor­fen wur­de. ‚Die FPÖ schmeißt euch alle raus, die FPÖ schmeißt sol­che pri­mi­ti­ven Tie­re wie dich raus, du fre­ches Schwein‘, schreit die auf einer Bank der Hal­te­stel­le sit­zen­de Frau wei­ter, und: „Setz dich, du Hund, auf den Boden, wos d’ hin­ge­hörst.“ (derstandard.at, 31.3.19)

Das ver­an­lass­te selbst den ansons­ten sehr schweig­sa­men Kanz­ler Kurz zu einer Stel­lung­nah­me auf Twit­ter und Face­book: „Eine wider­li­che Atta­cke, die ich auf das Schärfs­te ver­ur­tei­le. In  #Öster­reich ste­hen wir für ein respekt­vol­les und fried­li­ches Mit­ein­an­der aller Reli­gio­nen!“ Die Beschimp­fun­gen, die er dafür im Minu­ten­takt auf Face­book erhielt, haben das Social-Media-Team wohl auf Trab gehalten.

Anders die FPÖ in Per­son des nicht­amts­füh­ren­den Stadt­rats Maxi­mi­li­an Krauss, der den Vogel abschießt und hin­ter dem Video eine „Fal­se Flag“-Aktion wittert.

Scho­ckie­rend und absto­ßend! Ange­sichts des begin­nen­den Wahl­kampfs kann man jedoch nicht wis­sen, ob es sich nicht um eine Fal­se Flag Akti­on á la Sil­ber­stein Metho­dik han­delt! Wäre nicht das ers­te Mal! 

Tweet Maximilian Krauss: rassistisches Video als "False Flag"-Aktion

Tweet Maxi­mi­li­an Krauss: ras­sis­ti­sches Video als „Fal­se Flag”-Aktion

Iden­ti­tä­rer Licht­mesz mit Neo­na­zis auf Skandinavientour

Das anti­fa­schis­ti­sche Varis Netz­werk aus Finn­land hat­te in einem Blog­ein­trag dar­auf auf­merk­sam gemacht, dass Mar­tin Sem­lit­sch (aka Licht­mesz) als Red­ner von neo­na­zis­tisch besetz­ten Ver­an­stal­tun­gen ange­kün­digt war: am 30. März in Stock­holm beim „Scand­za Forum“ und am 6. April im fin­ni­schen Tur­ku bei der „Awa­ke­ning II“-Konferenz.

Auf der Lis­te der Red­ne­rIn­nen befand sich in Stock­holm neben Sem­lit­sch auch

Ole­na Seme­n­ya­ka, Aus­lands-Beauf­trag­te des ultra­na­tio­na­lis­ti­schen ukrai­ni­schen Asow-Regi­ments. Sie posier­te auf Fotos vor einer Fah­ne mit Haken­kreuz und hat kei­ne Berüh­rungs­ängs­te mit Grup­pen wie dem deut­schen ‚III. Weg’, dem der deut­sche Ver­fas­sungs­schutz ’signi­fi­kan­ten Ein­fluss von Neo­na­zis’ attes­tier­te. Außer­dem wur­de Mark Col­lett ange­kün­digt, der online Theo­rien vom ‚jüdi­schen Ein­fluss auf die Flücht­lings­kri­se’ ver­brei­tet. Für ihn ist der Natio­nal­so­zia­lis­mus eine ‚eini­gen­de Kraft, die in ihrer puren Form den Wes­ten ver­ei­nen und von sei­nen Fein­den befrei­en kann’, wie die Washing­ton Post berich­te­te. Mit von der Par­tie war offen­bar auch Greg John­son, ein US-ame­ri­ka­ni­scher Rechts­extre­mer und Anti­se­mit, der einen rein wei­ßen Staat pro­pa­giert, weil sich schwar­ze US-Ame­ri­ka­ner laut sei­nen kru­den Theo­rien ‚mit der Lebens­wei­se der Wei­ßen nicht wohl füh­len‘. John­son sprach auch schon davon, dass ‚Juden der prin­zi­pi­el­le Haupt­feind’ der wei­ßen Natio­na­lis­ten seien.

Von Stock­holm reist der Iden­ti­tä­re Sem­lit­sch dann offen­bar wei­ter nach Finn­land, wo am 6. April die Kon­fe­renz ‚Awa­ke­ning II‘ statt­fin­det. Dort soll neben Sem­lit­sch auch Kevin Mac­Do­nald spre­chen. Er ver­brei­tet seit Jah­ren anti­se­mi­ti­sche Ver­schwö­rungs­theo­rien dar­über, dass die Juden den Holo­caust selbst pro­vo­ziert hät­ten, indem sie sich nicht in die ‚west­li­che Gesell­schaft‘ inte­griert haben. Orga­ni­siert wird der Event von der faschis­ti­schen fin­ni­schen Bewe­gung Suo­men Sisu, deren Abkür­zung wohl nicht zufäl­lig ‚SS‘ lau­tet. (derstandard.at, 31.3.19)

Einladung zum Scandza Forum 2019 in der Rubrik "White Racial Consciousness and Advocacy"

Ein­la­dung zum Scand­za Forum 2019 in der Rubrik „White Racial Con­scious­ness and Advocacy”

Eben­falls ange­kün­digt war Jared Tay­lor, ein US-ame­ri­ka­ni­scher Ver­tre­ter der „White Supremacy“-Bewegung, dem das „Sou­thern Pover­ty Law Cen­ter“ (SPLC) attes­tiert, ein moder­ner Geheim­bünd­ler des Ku-Klux-Klan zu sein. Aller­dings scheint Tay­lors Ver­such, über Zürich nach Schwe­den zu flie­gen, gestoppt wor­den zu sein. Am Zür­cher Flug­ha­fen wur­de ihm mit­ge­teilt, bis 2021 mit einem Ein­rei­se­ver­bot in die EU belegt wor­den zu sein.

Ob Sem­lit­sch an der Kon­fe­renz in Stock­holm ange­sichts der in der letz­ten Woche bekannt gewor­de­nen Ver­qui­ckun­gen zwi­schen Mar­tin Sell­ner und dem Atten­tä­ter von Christ­church tat­säch­lich teil­ge­nom­men hat, ist nicht bekannt. Aber schon die Bereit­schaft, in einem so ein­deu­tig neo­na­zis­tisch ori­en­tier­tem Forum auf­zu­tre­ten, ist selbsterklärend.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu den Kon­fe­renz­teil­neh­me­rIn­nen sind in die­sem Twit­ter-Thread zu lesen:

Lek­tü­re­tipp: „Heu­che­lei“ von Ale­xia Weiss

Ale­xia Weiss bringt in einem Kom­men­tar in der „Wie­ner Zei­tung“ die Heu­che­lei der Schwarz-Blau­en Regie­rung auf den Punkt: Sie the­ma­ti­siert Christ­church, die Ver­bin­dun­gen der Iden­ti­tä­ren zur FPÖ und die Heu­che­lei rund um die von Wolf­gang Sobot­ka in Auf­trag gege­be­ne Anti­se­mi­tis­mus-Stu­die: 

Am Ende gehört das alles zusam­men: Das Weg­schau­en, wenn es um rechts­extre­me Ver­bin­dun­gen der FPÖ geht, das Her­un­ter­spie­len des Anti­se­mi­tis­mus in der Gesamt­be­völ­ke­rung. Und gleich­zei­tig das Fah­ren einer Sün­den­bock-Poli­tik gegen­über Mus­li­men und Frem­den, das im Grund den Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus dop­pelt absurd macht. Wer ver­stan­den hat, war­um Juden­feind­lich­keit nicht in Ord­nung ist, der stellt auch kei­ne ande­ren Grup­pen an den Pran­ger (…) Wo die Het­ze gegen Mus­li­me enden kann, zeig­te das Blut­bad von Christ­church. Ziel soll­te es sein, dass sich weder solch ein Atten­tat noch eines gegen Juden oder jüdi­sche Ein­rich­tun­gen wie­der­holt. Sün­den­bock­po­li­tik wird nichts dazu beitragen.