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Wochenschau KW 11/19

Die letz­te Woche hat­te es in sich: Die Atten­ta­te in Christ­church mit mitt­ler­wei­le 50 Todes­op­fern erschüt­ter­ten die Welt. Die Mor­de des rechts­extre­men Schüt­zen haben bis nach Öster­reich gestrahlt – nicht nur wegen der Gefahr, die von Rechts­extre­men aus­geht, son­dern auch, weil es indi­rek­te Bezugs­punk­te zwi­schen dem Täter von Christ­church und Öster­reich gibt, wie der Standard […]

18. Mrz 2019

Wien: Wei­te­re Ver­ur­tei­lung wegen Hass­pos­ting gegen Neu­jahrs­ba­by 2018
St. Pöl­ten: HH und Han­si Hinterseer
Suben/OÖ: Ankla­ge gegen fünf „Blau­bä­ren“
Wattens/Tirol: NS-Schmie­re­rei auf Volksschule
Lie­der­bü­cher Wie­ner Neustadt/Wien: Ger­ma­nia ein­ge­stellt, Bru­na Sude­tia – bit­te warten

Wien: Wei­te­re Ver­ur­tei­lung wegen Hass­pos­ting gegen Neu­jahrs­ba­by 2018

Das Neu­jahrs­ba­by 2018 hat­te eine Flut von Hass­mel­dun­gen aus­ge­löst. Der ein­zi­ge Grund: Das Kind war mit sei­ner Mut­ter abge­bil­det, die ein Kopf­tuch trug. Das reicht hier­zu­lan­de offen­bar, um ras­sis­ti­sche Refle­xe aus­zu­lö­sen. Eini­ge Kom­men­ta­to­rIn­nen muss­ten und müs­sen sich dafür wegen Ver­het­zung vor Gericht ver­ant­wor­ten. Letz­te Woche traf es einen 65-jäh­ri­ger Wie­ner: „Das Foto mit der Kopf­tuch tra­gen­den Mut­ter hat­te ihn aller­dings auf Face­book zu fol­gen­der Äuße­rung ver­an­lasst: ‚Für jedes öster­rei­chi­sche Baby wer­den sechs mus­li­mi­sche Jiha­dis­ten gebo­ren.‘ Dass damit Mus­li­me pau­schal her­ab­ge­setzt wur­den, sah der Ange­klag­te nicht ganz ein. Auf die rich­ter­li­che Fra­ge, ob er sich schul­dig beken­ne, mein­te er: ‚Schwer zu sagen.‘ Er habe ‚nichts gemeint‘. Letz­ten Endes räum­te er ein, er habe ‚eine Dumm­heit‘ began­gen.“ (derstandard.at, 11.3.19) Das (nicht rechts­kräf­ti­ge) Urteil: sechs Mona­te auf Bewäh­rung und die Teil­nah­me am Pro­gramm „Dia­log statt Hass“.

St. Pöl­ten: HH und Han­si Hinterseer

Eine ori­gi­nel­le Erklä­rung für ein „HH“ auf sei­ner Woh­nungs­tür hat­te ein 67-jäh­ri­ger Most­viert­ler vor Gericht: Es stün­de für Han­si Hin­ter­seer. Wie die ande­ren NS-Zei­chen „SS“, „SA“ und „88“ zum Han­si Hin­ter­seer (oder viel­leicht auch ande­ren Bar­den?) passt, konn­te der Nie­der­ös­ter­rei­cher offen­bar nicht mehr erklä­ren. Das Ergeb­nis: ein ein­stim­mi­ger Schuld­spruch wegen Wie­der­be­tä­ti­gung und wegen Ver­het­zung (Schrift­zug „Mos­lem Hun­ter Kill them all“) und 15 Mona­te bedingt auf drei Jah­re. „Mil­dernd wirk­te sich der bis­her ordent­li­che Lebens­wan­del aus, erschwe­rend war das Zusam­men­tref­fen von Ver­bre­chen und Ver­ge­hen. Der Ange­klag­te ver­zich­te­te auf Rechts­mit­tel, die Staats­an­walt­schaft gab kei­ne Erklä­rung ab. Damit ist das Urteil nicht rechts­kräf­tig.“ (APA via noen.at, 13.3.19) 

Suben/OÖ: Ankla­ge gegen fünf „Blau­bä­ren“

Den Namen für die fünf mut­maß­li­chen Wie­der­be­tä­ti­ger, die in Whats­App-Grup­pen brau­nes Mate­ri­al aus­ge­tauscht hat­ten, haben nicht wir uns aus­ge­dacht, er stammt von den Beschul­dig­ten selbst, die eine der bei­den Grup­pen so benannt hat­ten. Passt ja auch, denn zwei der Beschul­dig­ten waren blaue Gemein­de­rä­te in Suben.

„Laut Alo­is Ebner, dem Spre­cher der Staats­an­walt­schaft Ried, sol­len sich die fünf Per­so­nen über einen lan­gen Zeit­raum vie­le straf­recht­lich rele­van­te Fotos mit ein­deu­ti­gem Bezug zum Natio­nal­so­zia­lis­mus in zwei Whats­App-Grup­pen gegen­sei­tig geschickt haben. Eine der Grup­pen habe den Namen „Blau­bä­ren” getra­gen, so Ebner auf OÖN-Anfrage.

‚Vie­le der ver­sen­de­ten Fotos sind aus der Sicht der Staats­an­walt­schaft ganz klar dem Ver­bots­ge­setz zuzu­ord­nen‘, sagt Ebner. Immer wie­der dürf­ten die Beschul­dig­ten über Flücht­lin­ge gehetzt haben. Auf vie­len der ver­wen­de­ten Datei­en war Adolf Hit­ler zu sehen. Der Geschmack­lo­sig­keit dürf­ten dabei kei­ne Gren­zen gesetzt gewe­sen sein, was aus Tex­ten und Kom­men­ta­ren zu ein­schlä­gi­gen Bil­dern her­aus­zu­le­sen ist. Einer der Beschul­dig­ten habe sich laut Ankla­ge von einem wei­te­ren Ange­klag­ten beim Zei­gen des Hit­ler­gru­ßes foto­gra­fie­ren las­sen.“ (nachrichten.at, 13.3.19)

Die Ankla­ge ist fer­tig, wann es zum Pro­zess gegen die fünf Betei­lig­ten (vier Män­ner, eine Frau) kom­men wird, ist noch nicht klar. Wir ler­nen: Manch­mal sind Blau­bä­ren eben getarn­te mensch­ge­wor­de­ne Braunbären …

Wattens/Tirol: NS-Schmie­re­rei auf Volksschule

In Wat­tens wur­de eine Volks­schu­le mit Haken­kreuz, „Hail [sic!] Hit­ler“ und „Fuck you“ beschmiert. Nach den zwei Bur­schen, die dabei beob­ach­tet wur­den, wird nun gefahn­det. (tirol.orf.at, 17.3.19)

Lie­der­bü­cher Wie­ner Neustadt/Wien: Ger­ma­nia ein­ge­stellt, Bru­na Sude­tia – bit­te warten

Es war der Knal­ler im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Wahl­kampf 2018, mit Aus­wir­kun­gen bis in den Bund: das brau­ne Lie­der­buch der Ger­ma­nia Wie­ner Neu­stadt. Das Ver­fah­ren gegen Mit­glie­der der Ger­ma­nia wur­de nach eini­gen Mona­ten ein­ge­stellt – wegen Ver­jäh­rung. Jetzt wur­de auch das ursprüng­lich ange­streb­te Auf­lö­sungs­ver­fah­ren gegen die Ger­ma­nia been­det: „Nun hat auch die Ver­eins­be­hör­de einen Schluss­strich gezo­gen. ‚In einem Zwei­zei­ler wur­de uns mit­ge­teilt, dass das Auf­lö­sungs­ver­fah­ren gegen die Ger­ma­nia ein­ge­stellt ist‘, sagt der frü­he­re Obmann und jet­zi­ge Kas­sier Phil­ipp Wen­nin­ger.“ (kurier.at, 11.3.19)

Und im Fall des zwei­ten Lie­der­buchs, jenem der Bur­schen­schaft Bru­na Sude­tia, ist offen­bar War­ten ange­sagt. Nach­dem im Novem­ber der gericht­lich bestell­te Gut­ach­ter des DÖW abge­lehnt wur­de, erfah­ren wir nun, dass seit­her auch kein neu­er bestellt wur­de: „Laut Staats­an­walt­schaft wur­de seit Novem­ber kein neu­er Gut­ach­ter ein­ge­setzt. Auf Nach­fra­ge war nicht klar, ob das noch ein­mal pas­sie­ren wird oder ob die Behör­de ohne Gut­ach­ten ent­schei­det.“ (wienerzeitung.at, 11.3.19)

Die SPÖ will nun in einer par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge an Jus­tiz­mi­nis­ter Moser wis­sen, wie nach mitt­ler­wei­le einem Jahr nach Auf­tau­chen des Bru­nen-Lie­der­buchs der Ver­fah­rens­stand ist. Die Absur­di­tät dabei: Das Gut­ach­ten des nach­träg­lich abge­lehn­ten DÖW-Mit­ar­bei­ters liegt dem Gericht seit Som­mer fer­tig vor. Inzwi­schen „sin­gen“ der Ex-Ober­ger­ma­ne Land­bau­er wie­der im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Land­tag und der Ober-Bru­ne Götscho­ber im Kabi­nett von Minis­ter Nor­bert Hofer.

Den vom Stan­dard auf­ge­deck­ten Ver­bin­dun­gen zwi­schen dem mut­maß­lich rechts­ter­ro­ris­ti­schem deut­schem Netz­werk „Uniter“ und Öster­reich und jenen zwi­schen einem ehe­ma­li­gen FPÖ-Abge­ord­ne­ten, Wer­ner Amon und dem BVT wer­den wir uns in den kom­men­den Tagen in geson­der­ten Bei­trä­gen widmen.