Eine Privatkonsultation im BVT

Lesezeit: 4 Minuten

Der Unter­su­chungs­aus­schuss zum BVT hat schon eini­ges zuta­ge geför­dert, was uns mit Kopf­schüt­teln hin­ter­las­sen hat. Ein Neben­ast aus den BVT-Akten ist jedoch am Sonn­tag, 17.3.19, publik gewor­den: Dem­nach hat der ÖVP-Abge­ord­ne­te Wer­ner Amon einem inzwi­schen ehe­ma­li­gen FPÖ-Abge­ord­ne­ten eine Pri­vat­kon­sul­ta­ti­on im BVT ver­schafft. Ein BVT-Beam­ter sei dann auch prompt zur Ver­fü­gung gestan­den. Die Affä­re rund um den Ex-Abge­ord­ne­ten könn­te jedoch tie­fe­re Aspek­te und eini­ge Unge­reimt­hei­ten bis zur mög­li­chen Ver­tu­schung einer Gewalt­tat zu haben.

Ein Rück­blick der Ereig­nis­se, soweit er sich rekon­stru­ie­ren lässt: 2016 kommt eine aus Thai­land stam­men­de Frau offen­bar mit schwe­ren Ver­let­zun­gen in ein Kran­ken­haus. Mehr als ein Jahr spä­ter will die Frau gegen einen damals noch amtie­ren­den FPÖ-Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ten vor­ge­hen, weil sie ihn beschul­digt, sie 2016 schwer geschla­gen zu haben. Der frei­heit­li­che Abge­ord­ne­te wen­det sich im Aus­gust 2017 – also zwei Mona­te vor der Natio­nals­rats­wahl – an den ÖVP-Abge­ord­ne­ten Wer­ner Amon, der ihm den Kon­takt zum dama­li­gen BVT-Refe­rats­lei­ter für Spio­na­ge ver­mit­teln soll. „Was dann pas­siert, lässt sich aus den Akten der WKS­tA rekon­stru­ie­ren: Am 25. 8. 2017 tele­fo­niert Amon früh­mor­gens mit BVT-Refe­rats­lei­ter Bern­hard P.; sie­ben Minu­ten spä­ter schickt er ihm die digi­ta­le Visi­ten­kar­te des FPÖ-Poli­ti­kers. Sofort im Anschluss ruft P. bei dem FPÖ-Poli­ti­ker an. ‚In der Fol­ge kommt es ab die­sem Tag zu vie­len Kon­tak­ten‘, schreibt die WKS­tA. Aber nicht nur das: Laut Ermitt­lern schrieb der BVT-Mit­ar­bei­ter sogar an einer Stel­lung­nah­me des FPÖ-Poli­ti­kers an die Staats­an­walt­schaft mit, die unter dem Doku­men­ten­na­men ‚Diver­se Anschul­di­gun­gen gegen mei­ne Per­son‘ gespei­chert war. Laut WKS­tA dürf­ten P., der FPÖ-Poli­ti­ker und einer sei­ner Anwäl­te sogar gemein­sam zu Abend essen gegan­gen sein. Der frei­heit­li­che Poli­ti­ker konn­te sich jeden­falls gegen die Anschul­di­gun­gen weh­ren: Die Ermitt­lun­gen wur­den ein­ge­stellt, auch ein Fort­füh­rungs­an­trag wur­de im Som­mer 2018 gericht­lich abge­wie­sen.“ (derstandard.at, 17.3.19)

Weni­ge Tage nach der Natio­nal­rats­wahl wird dann die Affä­re um die kran­ken­haus­reif geschla­ge­ne Frau, mit der der Abge­ord­ne­te offen­bar eine außer­ehe­li­che Bezie­hung pfleg­te, öffent­lich. Etwa eine Woche spä­ter ver­zich­tet der Abge­ord­ne­te auf sein Natio­nal­rats­man­dat – aus Krank­heits­grün­den, wie er angibt. Die FPÖ wit­ter­te zugleich eine vom poli­ti­schen Geg­ner los­ge­tre­te­ne Schmutz­kü­bel­kam­pa­gne. Und wie­der kurz dar­auf, im Novem­ber, ver­fasst der BVT-Beam­te die oben zitier­te Stellungnahme.

aus dem BVT-Akt: Datei mit Betreff "Diverse Anschuldigungen gegen meine Person; Anzeige von Ch."

aus dem BVT-Akt: Datei mit Betreff „Diver­se Anschul­di­gun­gen gegen mei­ne Per­son; Anzei­ge von Ch.”

Die Kon­takt­auf­nah­me mit dem BVT erklärt der Anwalt des Abge­ord­ne­ten nun so: „Man­fred Ained­ter, Anwalt des FPÖ-Poli­ti­kers, sag­te dem STANDARD, dass sein Man­dant Angst hat­te, bei einer Thai­land­rei­se in Gefahr zu gera­ten. Die angeb­li­che Gelieb­te habe ihm gedroht, dass dort ‚sein Leben in Gefahr’ sei, weil sie ‚Bezie­hun­gen in höchs­te Krei­se’ habe. Das Gan­ze sei ‚eine poli­ti­sche Schmutz­kam­pa­gne’ gewe­sen, die angeb­li­che Ver­flos­se­ne vom poli­ti­schen Geg­ner bera­ten wor­den, sagt Ained­ter. Die von P. mit­ver­fass­te Stel­lung­nah­me sei jeden­falls nie ver­wen­det wor­den.“ 

Beim Ver­zicht auf das Man­dat hat­te der Abge­ord­ne­te noch via Pres­se­aus­sendung erklärt: „Bereits im Jän­ner 2015 hat man den Aus­bruch einer ernst­haf­ten Erkran­kung fest­ge­stellt und sofort mit den not­wen­di­gen The­ra­pien begon­nen, so K. [abge­kürzt, SdR] Lei­der habe er im Juli die­ses Jah­res einen Rück­fall erlit­ten, der wei­te­re inten­si­ve Behand­lun­gen mit meh­re­ren Zyklen und gra­vie­ren­den Neben­wir­kun­gen erfor­der­lich gemacht habe.“

Wie dür­fen wir das nun ver­ste­hen? Im Juli 2017 bricht beim Abge­ord­ne­ten eine schwe­re Erkran­kung aus. Da plant er aber laut Eigen­an­ga­be den­noch, eine Rei­se nach Thai­land anzu­tre­ten und kon­tak­tiert des­halb einen Beam­ten im BVT. Nach Thai­land fliegt er dann jedoch nicht, weil er einen Rache­akt sei­ner ehe­ma­li­gen Gelieb­ten befürch­tet. Aber erst zwei Mona­te spä­ter legt er sein Man­dat zurück. 

Es tun sich nun eini­ge Fra­gen auf, nicht nur, was die Rol­le von Wer­ner Amon betrifft, der das BVT offen­bar als „Selbst­be­die­nungs­la­den“ (Fabi­an Schmid in Der Stan­dard) für die ÖVP ver­wen­de­te. Es ist zu hof­fen, dass Amon und der ehe­ma­li­ge Abge­ord­ne­te vor dem U‑Ausschuss zur Klä­rung bei­tra­gen und dar­aus etwa­ige not­wen­di­ge Kon­se­quen­zen gezo­gen wer­den. Ges­tern (18.3.19) ging die Frau mit dem Ange­bot an die Öffent­lich­keit, beim U‑Ausschuss aus­zu­sa­gen. Ihr Anwalt Wolf­gang Bla­s­chitz „for­dert eine Wie­der­auf­nah­me des Ver­fah­rens, denn es sei ‚augen­schein­lich, dass gelo­gen wur­de’. Bla­s­chitz will auch zivil­recht­lich Ansprü­che durch­set­zen, da der FPÖ-Poli­ti­ker der Thai­län­de­rin ‚drei Brü­cken zer­stört’ (im Gebiss, Anm.) haben soll“. (derstandard.at, 18.3.19)

P.S.: Der ehe­ma­li­ge Abge­ord­ne­te ent­wi­ckel­te auch rela­tiv kurz nach sei­nem angeb­lich krank­heits­be­ding­ten Man­dats­ver­zicht eine rege Rei­se­tä­tig­keit. Sei­ne mitt­ler­wei­le gelösch­ten oder nicht mehr öffent­lich les­ba­ren Face­book-Ein­trä­ge erwe­cken den Ein­druck, dass er zumin­dest teil­wei­se in (halb-?)offizieller Mis­si­on unter­wegs war. Aber was tut ein Pri­vat­mann bei sol­chen Mee­tings, wen ver­tritt er, wer bezahlt die Kos­ten für die­se Trips? Er selbst, sei­ne Par­tei, die Republik …?

Reise des FPÖ-Ex-Abgeordnenten (Screenshots Facebook, Juni 2018)

Rei­se des FPÖ-Ex-Abge­ord­nen­ten (Screen­shots Face­book, Juni 2018)