Eine Privatkonsultation im BVT

Der Unter­suchungsauss­chuss zum BVT hat schon einiges zutage gefördert, was uns mit Kopf­schüt­teln hin­ter­lassen hat. Ein Nebe­nast aus den BVT-Akten ist jedoch am Son­ntag, 17.3.19, pub­lik gewor­den: Dem­nach hat der ÖVP-Abge­ord­nete Wern­er Amon einem inzwis­chen ehe­ma­li­gen FPÖ-Abge­ord­neten eine Pri­vatkon­sul­ta­tion im BVT ver­schafft. Ein BVT-Beamter sei dann auch prompt zur Ver­fü­gung ges­tanden. Die Affäre rund um den Ex-Abge­ord­neten kön­nte jedoch tief­ere Aspek­te und einige Ungereimtheit­en bis zur möglichen Ver­tuschung ein­er Gewalt­tat zu haben.

Ein Rück­blick der Ereignisse, soweit er sich rekon­stru­ieren lässt: 2016 kommt eine aus Thai­land stam­mende Frau offen­bar mit schw­eren Ver­let­zun­gen in ein Kranken­haus. Mehr als ein Jahr später will die Frau gegen einen damals noch amtieren­den FPÖ-Nation­al­ratsab­ge­ord­neten vorge­hen, weil sie ihn beschuldigt, sie 2016 schw­er geschla­gen zu haben. Der frei­heitliche Abge­ord­nete wen­det sich im Aus­gust 2017 – also zwei Monate vor der Nation­al­sratswahl – an den ÖVP-Abge­ord­neten Wern­er Amon, der ihm den Kon­takt zum dama­li­gen BVT-Refer­at­sleit­er für Spi­onage ver­mit­teln soll. „Was dann passiert, lässt sich aus den Akten der WKS­tA rekon­stru­ieren: Am 25. 8. 2017 tele­foniert Amon früh­mor­gens mit BVT-Refer­at­sleit­er Bern­hard P.; sieben Minuten später schickt er ihm die dig­i­tale Vis­itenkarte des FPÖ-Poli­tik­ers. Sofort im Anschluss ruft P. bei dem FPÖ-Poli­tik­er an. ‚In der Folge kommt es ab diesem Tag zu vie­len Kon­tak­ten‘, schreibt die WKS­tA. Aber nicht nur das: Laut Ermit­tlern schrieb der BVT-Mitar­beit­er sog­ar an ein­er Stel­lung­nahme des FPÖ-Poli­tik­ers an die Staat­san­waltschaft mit, die unter dem Doku­menten­na­men ‚Diverse Anschuldigun­gen gegen meine Per­son‘ gespe­ichert war. Laut WKS­tA dürften P., der FPÖ-Poli­tik­er und ein­er sein­er Anwälte sog­ar gemein­sam zu Abend essen gegan­gen sein. Der frei­heitliche Poli­tik­er kon­nte sich jeden­falls gegen die Anschuldigun­gen wehren: Die Ermit­tlun­gen wur­den eingestellt, auch ein Fort­führungsantrag wurde im Som­mer 2018 gerichtlich abgewiesen.“ (derstandard.at, 17.3.19)

Wenige Tage nach der Nation­al­ratswahl wird dann die Affäre um die kranken­haus­reif geschla­gene Frau, mit der der Abge­ord­nete offen­bar eine außere­he­liche Beziehung pflegte, öffentlich. Etwa eine Woche später verzichtet der Abge­ord­nete auf sein Nation­al­rats­man­dat – aus Krankheits­grün­den, wie er angibt. Die FPÖ wit­terte zugle­ich eine vom poli­tis­chen Geg­n­er los­ge­tretene Schmutzkü­belkam­pagne. Und wieder kurz darauf, im Novem­ber, ver­fasst der BVT-Beamte die oben zitierte Stellungnahme.

aus dem BVT-Akt: Datei mit Betreff "Diverse Anschuldigungen gegen meine Person; Anzeige von Ch."

aus dem BVT-Akt: Datei mit Betr­e­ff „Diverse Anschuldigun­gen gegen meine Per­son; Anzeige von Ch.”

Die Kon­tak­tauf­nahme mit dem BVT erk­lärt der Anwalt des Abge­ord­neten nun so: „Man­fred Ainedter, Anwalt des FPÖ-Poli­tik­ers, sagte dem STANDARD, dass sein Man­dant Angst hat­te, bei ein­er Thai­lan­dreise in Gefahr zu ger­at­en. Die ange­bliche Geliebte habe ihm gedro­ht, dass dort ‚sein Leben in Gefahr’ sei, weil sie ‚Beziehun­gen in höch­ste Kreise’ habe. Das Ganze sei ‚eine poli­tis­che Schmutzkam­pagne’ gewe­sen, die ange­bliche Ver­flossene vom poli­tis­chen Geg­n­er berat­en wor­den, sagt Ainedter. Die von P. mitver­fasste Stel­lung­nahme sei jeden­falls nie ver­wen­det wor­den.“ 

Beim Verzicht auf das Man­dat hat­te der Abge­ord­nete noch via Presseaussendung erk­lärt: „Bere­its im Jän­ner 2015 hat man den Aus­bruch ein­er ern­sthaften Erkrankung fest­gestellt und sofort mit den notwendi­gen Ther­a­pi­en begonnen, so K. [abgekürzt, SdR] Lei­der habe er im Juli dieses Jahres einen Rück­fall erlit­ten, der weit­ere inten­sive Behand­lun­gen mit mehreren Zyklen und gravieren­den Neben­wirkun­gen erforder­lich gemacht habe.“

Wie dür­fen wir das nun ver­ste­hen? Im Juli 2017 bricht beim Abge­ord­neten eine schwere Erkrankung aus. Da plant er aber laut Eige­nangabe den­noch, eine Reise nach Thai­land anzutreten und kon­tak­tiert deshalb einen Beamten im BVT. Nach Thai­land fliegt er dann jedoch nicht, weil er einen Racheakt sein­er ehe­ma­li­gen Geliebten befürchtet. Aber erst zwei Monate später legt er sein Man­dat zurück. 

Es tun sich nun einige Fra­gen auf, nicht nur, was die Rolle von Wern­er Amon bet­rifft, der das BVT offen­bar als „Selb­st­be­di­enungsladen“ (Fabi­an Schmid in Der Stan­dard) für die ÖVP ver­wen­dete. Es ist zu hof­fen, dass Amon und der ehe­ma­lige Abge­ord­nete vor dem U‑Ausschuss zur Klärung beitra­gen und daraus etwaige notwendi­ge Kon­se­quen­zen gezo­gen wer­den. Gestern (18.3.19) ging die Frau mit dem Ange­bot an die Öffentlichkeit, beim U‑Ausschuss auszusagen. Ihr Anwalt Wolf­gang Blaschitz „fordert eine Wieder­auf­nahme des Ver­fahrens, denn es sei ‚augen­schein­lich, dass gel­o­gen wurde’. Blaschitz will auch zivil­rechtlich Ansprüche durch­set­zen, da der FPÖ-Poli­tik­er der Thailän­derin ‚drei Brück­en zer­stört’ (im Gebiss, Anm.) haben soll“. (derstandard.at, 18.3.19)

P.S.: Der ehe­ma­lige Abge­ord­nete entwick­elte auch rel­a­tiv kurz nach seinem ange­blich krankheits­be­d­ingten Man­datsverzicht eine rege Reisetätigkeit. Seine mit­tler­weile gelöscht­en oder nicht mehr öffentlich les­baren Face­book-Ein­träge erweck­en den Ein­druck, dass er zumin­d­est teil­weise in (halb-?)offizieller Mis­sion unter­wegs war. Aber was tut ein Pri­vat­mann bei solchen Meet­ings, wen ver­tritt er, wer bezahlt die Kosten für diese Trips? Er selb­st, seine Partei, die Republik …?

Reise des FPÖ-Ex-Abgeordnenten (Screenshots Facebook, Juni 2018)

Reise des FPÖ-Ex-Abge­ord­nen­ten (Screen­shots Face­book, Juni 2018)