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Wochenschau KW 47

Das Urteil im Salz­bur­ger Pro­zess gegen jene 14 Dina­mo Zagreb-Fans, die unver­hoh­len ihre Sym­pa­thie zum faschis­ti­schen Ustaša-Regime zum Aus­druck gebracht hat­ten, ist bemer­kens­wert. Es bedeu­tet, dass erst­mals in Öster­reich Sym­bo­le des Ustaša-Staa­­tes mit jenen des Natio­nal­so­zia­lis­mus straf­recht­lich gleich­ge­stellt wur­den. Augen­rei­ben ver­ur­sach­te die Mel­dung, dass das OLG Wien einen Gut­ach­ter auf­grund sei­ner beruf­li­chen Tätig­keit im DÖW […]

26. Nov 2018
Bleiburg Ustascha-Gedenken 2017
Bleiburg Ustascha-Gedenken 2017

Salz­burg: Urtei­le im Ustaša‑Prozess mit Präzendenzwirkung
Wien: vom Erwe­ckungs­er­leb­nis in der Tür­kei in den Gerichtssaal
Wien: „Hit­ler war ein Held, ihr Ungebildeten!“
Tulln: Urhe­ber von zahl­rei­chen Schmie­re­rei­en aus­ge­forscht – Sebi war’s
Wien: OLG Wien lehnt Gut­ach­ter wegen beruf­li­cher Tätig­keit beim DÖW ab
Semriach/Wien: Kon­rad Weiß doch nicht aufgetreten
Wien/Favoriten: 5 blaue Bezirks­rä­te wie­der eingefangen
Das rech­te Wort der Woche: Heinz Faßmann

Salz­burg: Urtei­le im Ustaša‑Prozess mit Präzendenzwirkung

Mit Span­nung wur­den die Urtei­le im Salz­bur­ger Pro­zess gegen 14 Fans der Fuß­ball­trup­pe Dina­mo Zagreb erwar­tet. „Die Anhän­ger des kroa­ti­schen Fuß­ball­ver­eins Dina­mo Zagreb sind Mit­glie­der einer Unter­grup­pe der Ultra-Grup­pe Bad Blue Boys, nen­nen sich selbst Exil Boys und leben in Deutsch­land, Öster­reich und der Schweiz. Bei einer Grill­fei­er in Hal­lein sei­en Usta­scha-Lie­der gesun­gen wor­den, eine Flag­ge des Regimes hing neben einem auf der Zelt­pla­ne auf­ge­mal­ten Haken­kreuz, eini­ge Män­ner hoben die rech­te Hand zum Gruß. Es sei eine ‚rechts­extre­mis­ti­sche Selbst­dar­stel­lung’ gewe­sen, eine ‚Insze­nie­rung durch die Deko­ra­ti­on’, sagt Neher am Mon­tag. (…) Es ist kei­ne kroa­ti­sche Folk­lo­re, son­dern der Gruß eines mör­de­ri­schen faschis­ti­schen Sys­tems’, sagt Staats­an­walt Neher. Einer der Ange­klag­ten habe bei sei­ner Ein­ver­nah­me durch die Poli­zei die Ges­te sogar als Hit­ler­gruß bezeich­net. Neher führt bei jedem Ange­klag­ten ein­zeln aus, wel­che belas­ten­den Din­ge bei den Haus­durch­su­chun­gen gefun­den wur­den, etwa Datei­en oder Bil­der mit Bezug zum Natio­nal­so­zia­lis­mus oder von Rechts­extre­men bevor­zug­te Mar­ken­klei­dung.“ (derstandard.at, 20.11.18)

Das (nicht rechts­kräf­ti­ge) Urteil: Sie­ben Ange­klag­te wer­den nach Para­graf 3g Ver­bots­ge­setz ver­ur­teilt. Der Erst­an­ge­klag­te erhält 15 Mona­te bedingt, der Dritt­an­ge­klag­te zwölf Mona­te bedingt, fünf wei­te­re wer­den zu sechs Mona­ten bedingt unter Anwen­dung außer­or­dent­li­cher Straf­mil­de­rung ver­ur­teilt, die Urtei­le sind nicht rechts­kräf­tig. Drei Ange­klag­te wer­den rechts­kräf­tig frei­ge­spro­chen.“ In vier Fäl­len wur­de eine Diver­si­on ange­bo­ten und von den Ange­klag­ten auch angenommen.

Erlangt das Urteil in der vor­lie­gen­den Form Rechts­kraft, könn­te dies als Prä­ze­denz­fall erheb­li­che Aus­wir­kun­gen in ganz Öster­reich haben – ins­be­son­de­re fürs jähr­li­che Ustaša‑Treffen in Bleiburg/Pliberk. Hier wür­de dann wohl ein Ver­bot der Ver­an­stal­tung, zumin­dest in der Form, wie sie bis­lang durch­ge­führt wur­de, zur Kon­se­quenz haben müssen.

Bleiburg/Pliberk 2017: Hitlergrüße, Ustascha-Symbole
Bleiburg/Pliberk 2017: Hit­ler­grü­ße, Ustascha-Symbole

Wien: vom Erwe­ckungs­er­leb­nis in der Tür­kei in den Gerichtssaal

Zwei­ein­halb Jah­re unbe­dingt für die Mit­glied­schaft in einer ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung, Ver­het­zung und Wie­der­be­tä­ti­gung – das war das noch nicht rechts­kräf­ti­ge Urteil in einem Pro­zess gegen einen pen­sio­nier­ten Post­be­am­ten. Der hat­te, so die Berich­te, im Zuge eines Tür­kei-Urlaubs ein „Erwe­ckungs­er­leb­nis“: Ein Taxi­fah­rer habe ihn in eine Moschee gebracht: ‚Ich bin rein­ge­gan­gen und habe des Gefühl gehabt, ich bin zu Hau­se. Das war für mich ein Ankom­men. Ich habe erst­mals gebe­tet.’ Zurück in Wien, nann­te sich der Öster­rei­cher fort­an Erkan Said.“ (wien.orf.at, 22.11.18) Der Erweck­te habe fort­an Wer­bung für isla­mis­ti­sche Ter­ror­netz­wer­ke betrie­ben, den Spre­cher der Initia­ti­ve Libe­ra­ler Mus­li­me Öster­reich per Email bedroht und auch den Holo­caust bezwei­felt, sowie moniert, „Isra­el möge von der Land­kar­te verschwinden“.

Wien: „Hit­ler war ein Held, ihr Ungebildeten!“

„’An alle Hit­ler­has­ser’, begann er sei­nen Bei­trag, ver­wies auf Ver­bre­chen des Sta­li­nis­mus, bezeich­ne­te ‚Roth­schild und Rocke­fel­ler’ als Kriegs­trei­ber, um schließ­lich zu ver­kün­den: ‚Adolf Hit­ler ist ein Held, der Ost­preu­ßen zurück­ge­win­nen und den Krieg ver­hin­dern woll­te. Das ist geschicht­lich bewie­sen, ihr Unge­bil­de­ten!’“ (derstandard.at, 19.11.18) Der­je­ni­ge, der sich sol­cher­ma­ßen auf Face­book äußer­te, offen­bar sein „Wis­sen“ aus ver­schwö­rungs­theo­re­ti­schen und geschichts­ver­fä­schen­den Dokus bezieht, wur­de letz­te Wochen von den Geschwo­re­nen 5:3 frei­ge­spro­chen, weil der Ange­klag­te „sub­jek­tiv kei­ne Wie­der­be­tä­ti­gung bege­hen woll­te“. Es ist zu hof­fen, dass er dar­aus lernt. Es wäre viel­leicht gut gewe­sen, ihm auch gleich eine Lis­te mit ande­ren Dokus auszuhändigen.

Tulln: Urhe­ber von zahl­rei­chen Schmie­re­rei­en aus­ge­forscht – Sebi war’s

Neun Jugend­li­che im Alter zwi­schen 12 und 15 sind offen­bar für ins­ge­samt 12 Sach­be­schä­di­gun­gen, 3 schwe­re Sach­be­schä­di­gun­gen, 1 Ver­ge­hen nach dem Ver­bots­ge­setz sowie 1 Dieb­stahl­ver­ant­wort­lich. “Die Beschul­dig­ten ver­wen­de­ten zumeist die Schrift­zei­chen ‚ACAB’, ‚187’, ‚Wix­xer’, ‚Sebi’. (…) Betref­fend des Schrift­zei­chens ‚Sebi’ konn­te im Zuge der Ein­ver­nah­men eru­iert wer­den, dass es sich bei die­sem Syn­onym um den inter­nen Grup­pen­na­men der Jugend­li­chen han­del­te.“ (noe.news, 21.11.18)

Wien: OLG Wien lehnt Gut­ach­ter wegen beruf­li­cher Tätig­keit beim DÖW ab

Augen­rei­ben lös­te bei man­chen Kom­men­ta­to­rIn­nen, ins­be­son­de­re unter jenen, die sich mit Rechts­extre­mis­mus tie­fer beschäf­ti­gen, die Mel­dung aus, wonach das OLG Wien einen (als Pri­vat­per­son) bestell­ten Gut­ach­ter in der Cau­sa Liederbuch/Bruna Sude­tia ablehn­te. Wir zitie­ren aus der Mel­dung: „Der Sach­ver­stän­di­ge arbei­tet für das Doku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des Öster­rei­chi­schen Wider­stands (DÖW). Eine ‚ein­sei­ti­ge poli­ti­sche Moti­va­ti­on’ des DÖW – wie von den Beschul­dig­ten vor­ge­bracht — ist nach Auf­fas­sung des OLG zwar nicht gege­ben. Aber in der Begrün­dung zur Ableh­nung heißt es: ‚Hier lie­gen (…) aus objek­ti­ver Sicht erheb­li­che Anhalts­punk­te für das Feh­len des äuße­ren Anscheins der erfor­der­li­chen Neu­tra­li­tät vor’.
‚Pro­ble­ma­tisch’ sei, dass das DÖW selbst auf der Start­sei­te sei­ner Home­page einen ‚Rechts­extre­mis­mus-Ticker’ betreibt, in dem sich auch meh­re­re Ein­trä­ge zur Bur­schen­schaft fin­den und die auch Links zu Zei­tungs­ar­ti­keln ent­hal­ten, die das kon­kre­te Ermitt­lungs­ver­fah­ren the­ma­ti­sie­ren. ‚Evi­dent ist damit, dass das DÖW kon­kret die Akti­vi­tä­ten der Bur­schen­schaft ein­schließ­lich des hier rele­van­ten Vor­wurfs im Blick hat und das hier zu prü­fen­de Tat­ge­sche­hen öffent­lich ein­seh­bar bereits als ‚rechts­extrem‘ ver­or­tet hat’, heißt es in der Begründung.
‚Unge­ach­tet der per­sön­li­chen Hal­tung des bestell­ten Sach­ver­stän­di­gen begrün­det daher schon sei­ne beruf­li­che Tätig­keit als Betreu­er der Rechts­extre­mis­mus-Samm­lung im DÖW im kon­kre­ten Fall den Anschein sei­ner Befan­gen­heit’, heißt es wei­ter.“ (wien.orf.at, 25.11.18)

Dass nun das OLG für sich in Anspruch nimmt, „objek­tiv“ fest­stel­len zu kön­nen, dem Gut­ach­ter feh­le die erfor­der­li­che Neu­tra­li­tät, weil es offen­bar bereits reicht, beim DÖW als „Betreu­er der Rechts­extre­mis­mus-Samm­lung“ beruf­lich ver­or­tet zu sein, lös­te – gelin­de aus­ge­drückt – in der Com­mu­ni­ty Erstau­nen aus.

Eine ers­te Reak­ti­on des DÖW:

Der betref­fen­de Sach­ver­stän­di­ge hat von der Ableh­nung heu­te aus den Medi­en erfah­ren und kei­nen dar­über hin­aus­ge­hen­den Kennt­nis­stand über die Ableh­nungs­grün­de. Eini­ge kur­ze Anmer­kun­gen bis zum Vor­lie­gen nähe­rer Infor­ma­tio­nen.

Wir fügen an: Es wird kaum jeman­den in Öster­reich geben, der jene Exper­ti­se in den Fel­dern Rechts­extre­mis­mus und Bur­schen­schaf­ten mit­bringt, wie sie der abge­lehn­te Gut­ach­ter vor­wei­sen kann. Wenn eine ein­schlä­gi­ge beruf­li­che Tätig­keit beim DÖW – also der ein­zi­gen Insti­tu­ti­on in Öster­reich, die sich sys­te­ma­tisch mit Rechts­extre­mis­mus aus­ein­an­der­setzt, Doku­men­ta­tio­nen und Ana­ly­sen lie­fert – als Aus­schluss­grund für eine Tätig­keit als Gutachter(in) gilt, dann haben wir ein Pro­blem. Und das liegt mit Sicher­heit nicht beim DÖW und den Per­so­nen, die dort tätig sind.

Semriach/Wien: Kon­rad Weiß doch nicht aufgetreten

Ursprüng­lich war der Pres­se­spre­cher im Stra­che-Minis­te­ri­um, Kon­rad Weiß, als Refe­rent bei der „Herbst­aka­de­mie“ von Götz Kubit­scheks Insti­tut für Staats­po­li­tik (IfS) ange­kün­digt. Die Tagung fand in Koope­ra­ti­on mit dem FAV Stei­er­mark am vor­letz­ten Wochen­en­de in Sem­riach bei Graz statt. Ein Arti­kel von SdR, in dem wir die Weiß’schen Publi­ka­tio­nen unter die Lupe genom­men hat­ten, lös­te eini­ge Reso­nanz aus, denn Weiß bezeich­ne­te in einem Bei­trag das Ende des Natio­nal­so­zia­lis­mus wort­wört­lich als „Kata­stro­phe von 1945“. Reak­tio­nen von Stra­che bzw. aus sei­nem Minis­te­ri­um gab es nicht, natür­lich auch nicht vom tür­ki­sen Koali­ti­ons­part­ner. Das offi­zi­el­le Öster­reich hat­te schließ­lich viel zu tun, war es doch mit Gedenk­ver­an­stal­tun­gen anläss­lich des 80. Jah­res­ta­ges der Novem­ber­po­gro­me 1938 beschäftigt.

Aus einem Tweet der „Sezes­si­on“, also jener Zeit­schrift der Neu­rech­ten, in der Weiß sei­ne schrift­li­chen Ergüs­se dar­ge­bracht hat­te, war nun zu erfah­ren, dass Stra­ches Pres­se­spre­cher „ver­hin­dert“ war und daher in Sem­riach nicht auf­tre­ten konn­te. Sieht sehr danach aus, dass da wohl jemand die Not­brem­se gezo­gen hatte …

Konrad Weiß war "verhindert" (Screenshot Twitter)
Kon­rad Weiß war „ver­hin­dert” (Screen­shot Twitter)

Wien/Favoriten: 5 blaue Bezirks­rä­te wie­der eingefangen

Nach­dem der SPÖ-Bezirks­vor­ste­her letz­te Woche in einer Pres­se­aus­sendung ver­laut­bart hat­te, dass gleich fünf blaue Bezirksrät/e/innen aus der FPÖ aus­ge­tre­ten sei­en, und zwar wegen der „Poli­tik der sozia­len Käl­te“ der FPÖ in der Bun­des­re­gie­rung, folg­te am nächs­ten Tag der Wider­ruf, wonach sich die betrof­fe­nen Fast-Abtrün­ni­gen nach einem Gespräch wie­der in die Par­tei bege­ben hät­ten. „’Jene fünf Bezirks­rä­te, wel­che ihren Aus­tritt aus dem Klub der Favo­rit­ner FPÖ bekannt gege­ben haben, wider­ru­fen die­sen und keh­ren in den Ver­bund ihrer poli­ti­schen Fami­lie zurück’, teil­te Gude­nus danach per Aus­sendung mit. ‘Rein mensch­li­che Grün­de’ sei­en für das Abspal­tungs­ma­nö­ver der fünf Man­da­ta­re — dem Ver­neh­men nach eine Grup­pe rund um den frü­he­ren Bezirks­klub­chef Wolf­gang Fasching — aus­schlag­ge­bend gewe­sen, wur­de ver­si­chert.” (wien.orf.at, 20.11.18) Wir geste­hen: Bei dem Gespräch wären wir ger­ne dabei gewesen …

Das rech­te Wort der Woche

„Das muss man nicht alles zur Kennt­nis neh­men, das soll­te man igno­rie­ren, weil es zu igno­rie­ren ist.“
Bil­dungs­mi­nis­ter Heinz Faß­mann in der ZiB 2 am 19.11. zu den mas­sen­haf­ten anti­se­mi­ti­schen Pos­tings anläss­lich des Tref­fens von Sebas­ti­an Kurz mit Geor­ge Sor­os. (heute.at, 20.11.18)