Wien: Verurteilung aufgrund von „verblödeten Sachen“
Retz/Lembach: Juristische Entscheidung über SS-Runen im Logo soll geheim bleiben
Feldkirch: Verurteilung für einen „stolzen FPÖ-Wähler“ wegen Verhetzung
Bockfließ/NÖ: Dreifachmord als „Adelstragödie“
Bleiburg/Pliberk: Kathpress blickt aufs Ustaša-Treffen zurück
Wien/Graz: Anzeige gegen ehemaligen Chefredakteur der „Aula“
„Einzelfälle“: Sabine Schatz mit einer ergänzenden Bilanz zu „ein Jahr ÖVP-FPÖ in der Regierung“
Das rechte Wort der Woche: Gisela Gabauer (ÖVP)
Wien: Verurteilung aufgrund von „verblödeten Sachen“
Zwei Jahre bedingt, die Verpflichtung zu einem Alkoholentzug mit Bewährungshilfe – so lautete das Strafmaß aufgrund einer Verurteilung nach dem Verbotsgesetz im Fall eines 71-jährigen Pensionisten. Der gab an, er könne sich „alkoholbedingt“ nicht erinnern. „’Ich verstehe nicht, warum ich oft so verblödete Sachen sage’, bekennt er kleinlaut. ‚Ich möchte das aus meinem Gehirn herausbringen’, beteuert er, nüchtern ganz anders zu sein.“ (derstandard.at, 14.12.18)
Wir können nicht beurteilen, wie Herr H. tickt, wenn er nüchtern ist, nur, dass er in den vergangenen Jahren auf Facebook permanent nicht anders war. Und das in einem derartigen Ausmaß, dass wir Herrn H. in den kommenden Tagen einen eigenen SdR-Beitrag widmen werden.
Retz/Lembach: Juristische Entscheidung über SS-Runen im Logo soll geheim bleiben
Das Logo mit den SS-Runen-ähnlichen Zeichen der Firma Peter Beißmann hat uns schon mehrfach beschäftigt, wir haben auch über die im Oktober getätigten Anzeigen des Rechtsanwalts Eytan Reif berichtet. Reif hatte Beißmann auch bei der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Abzeichengesetz angezeigt und erfährt nun von der BH, dass er nichts erfährt. „Die Bezirkshauptmannschaft erteilte der NÖN-Nachfrage dieselbe Antwort wie der Anfrage der Anwaltskanzlei, die Eytan Reif für die Anzeige gegen Peter Beißmann wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Abzeichengesetz beauftragt hatte. Die Entscheidung werde nicht öffentlich bekannt gegeben. Reif findet, dass das öffentliche Interesse gänzlich außer Acht gelassen wird, auch wenn die Informationsverweigerung formalrechtlich begründbar sei.” (noen.at, 12.12.18) Dann bleibt wohl nur, weiter Anzeigen zu erstatten, wenn Beißmann mit seinem Logo irgendwo auftaucht.
Feldkirch: Verurteilung für einen „stolzen FPÖ-Wähler“ wegen Verhetzung
„Am höchsten Baum aufhängen das Pack!“, will ein Vorarlberger, weil seiner Ansicht nach, Teil der Kultur von Somaliern sei, weiße Kinder zu vergewaltigen – so hatte er es zumindest auf Facebook in der Gruppe „Stolze FPÖ-Wähler“ verkündet. Aber er sei ja nicht ausländerfeindlich, weil „So habe er etwa sein Auto einem Türken abgekauft“, zitiert ihn die „Neue Vorarlberger Tageszeitung” (15.12.2018, S.19). „Er habe nur jene Somalier gemeint, die vergewaltigen, und nicht das ganze Volk aus dem afrikanischen Land. (…) Aber er sei gegen Menschen, die Kinder und Frauen vergewaltigen. Ein normaler Mensch mache so etwas nicht.“ Da können wir dem Angeklagten immerhin zustimmen.Das nicht rechtskräftige Urteil: eine teilbedingte Geldstrafe von 1200 Euro (davon 600.- bedingt) und 150.- für Verfahrenskosten.
Bockfließ/NÖ: Dreifachmord als „Adelstragödie“
Als „Adelstragödie“ wurde der Dreifachmord auf Schloss Bockfließ bei Mistelbach medial inszeniert. Der Schlossherr Tono Goess zog los und erschoss Bruder, Vater und Stiefmutter. „Im Wahn“, wie „Österreich“ titelte. Abseits der Frage, welche Mordtaten nicht „im Wahn“ passieren, ist bemerkenswert, dass der ultrakonservative Goess – auch Unterstützer von Sebastian Kurz – wenige Stunden zuvor auf Facebook noch ein paar Postings gegen die Gelbwesten-Bewegung in Frankreich und gegen Asylwerber abgesetzt hatte:
…erst noch schnell ein law and order-Posting, dann mal eben kurz drei Menschen ermorden.… m( #Bockfließ #Goess pic.twitter.com/CYw0pfICw7
— Dietmar Muhlbock (@deltamikeplus) 13. Dezember 2018
Im Besitz der Familie Goess ist auch der Ulrichsberg, auf dem sie jene berüchtigte Gedenkstätte errichten ließ, die zum Pilgerort für in- und ausländische Nazis wurde.
Bleiburg/Pliberk: Kathpress blickt aufs Ustaša-Treffen zurück
Auch die katholische Kirche schaut aufs bald zu Ende gehende Jahr 2018 zurück. In einem Eintrag der Katholischen Presseagentur Österreich findet auch das Ustaša-Treffen in Bleiburg/Pliberk Platz – als „Gedenkmesse mit rund 12.000 kroatischen Gläubigen“:
„12. Mai — Im kärntnerischen Bleiburg zelebriert der kroatische Erzbischof Zelimir Pulic eine Gedenkmesse mit rund 12.000 kroatischen Gläubigen und Staatsvertretern am Loibacher Feld. 288 Polizisten bewachen den Gottesdienst, für dessen Veranstaltung die Diözese Gurk-Klagenfurt zuvor zahlreiche Auflagen gestellt hat. Trotz allgemein ruhigem Verlauf kommt es zu sieben Festnahmen und neun Anzeigen nach dem Verbotsgesetz. Nach Veröffentlichung des Behördenberichts spricht sich die österreichische Bischofskonferenz nicht gegen eine Feier auch im nächsten Jahr aus, wobei die Letztentscheidung beim Kärtner [sic!] Bischof liege. Bei den Auflagen wolle man weiter ‚nachschärfen’.“
Eine etwas gehaltvollere Rückschau auf das Rechtsextremen-Treffen 2018 liefert der AK Bleiburg/Pliberk.
Wien/Graz: Anzeige gegen ehemaligen Chefredakteur der „Aula“
Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch hat eine umfangreiche Sachverhaltsdarstellung gegen den ehemaligen Chefredakteur (pardon: „Schriftleiter“ in Selbstbezeichnung) der ehemaligen „Aula“, Martin Pfeiffer, wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung eingebracht. Die in der Darstellung angeführten Beispiele sind beeindruckend: „’Unsere Analyse zeigt, dass die ‚Aula’ unter der Leitung von Martin Pfeiffer systematisch darauf hingewirkt hat, Neonazis und wesentliche Teile der Naziideologie in Österreich wieder salonfähig zu machen’, erklärt Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, den Hintergrund der Anzeige. Das betreffe etwa das Propagieren von Antisemitismus und Herrenrassendenken, die Verteidigung von Holocaustleugnern und Neonazis, die Verehrung von Nazikämpfern, die Verunglimpfung von KZ-Überlebenden, die Übernahme von Nazivokabular und das massive Bewerben von antisemitischer und geschichtsrevisionistischer Literatur, so Pollak.“
Ebenfalls noch anhängig ist eine beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingebrachte, von den Grünen unterstützte Beschwerde des Mauthausen-Überlebenden Aba Lewit gegen die „Aula“.
„Einzelfälle“: Sabine Schatz mit einer ergänzenden Bilanz zu „ein Jahr ÖVP-FPÖ in der Regierung“
„Die Gemeinde schaut überall, wo sie einsparen kann. Die FPÖ ist der Ansicht, dass es hier Einsparungspotenzial gibt und wir waren auch derselben Ansicht und haben uns angeschlossen”, …
… sprach Gisela Gabauer, ÖVP-Bürgermeisterin von Gallneukirchen und kürzte mit ihrer Fraktion auf Antrag der FPÖ die Förderung für das Mauthausen Komitee Gallneukirchen. (Das „Einsparungspotenzial“ traf nur das Mauthausen Komitee.) Im Hintergrund spricht man von einer „Bestrafungsaktion“, weil ein Vertreter des örtlichen Mauthausen Komitees im Zuge einer Gedenkfeier die „Einzelfälle“ der FPÖ angesprochen hatte. Dazu der SPÖ-Vizebürgermeister Sepp Wall-Strasser auf Facebook: „Ich bin auch noch ganz irritiert und betroffen von dieser Sitzung. Begreifen denn so wenige Menschen in der ÖVP, wohin unsere Gesellschaft durch diese Rechten getrieben wird??? Das ist keine Frage mehr von Parteipolitik, jetzt geht es um Anständigkeit, Demokratie und Menschlichkeit.”
Auf die Umsetzung des vom ehemaligen Innenminister Wolfgang Sobotka angekündigten „Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“ warten wir indes noch immer, vor allem in Oberösterreich, in jenem Bundesland, in dem es seit Jahren die meisten rechtsextrem motivierten Straftaten gibt. (vgl. derstandard.at, 17.12.18)