Flugblatt der FPÖ gegen das AsylwerberInnenheim, darin fordert die FPÖ: “Kein Asylantenheim in Siedlungsgebieten”
Schon im Jahr 2007/08 hat die damalige Spitzenkandidatin der FPÖ im Grazer Gemeinderatswahlkampf, die aufgrund ihrer Aussagen zum Islam später auch rechtskräftig wegen Verhetzung verurteilt wurde, folgende Äußerungen zu Asylwerbern getroffen: „Es explodieren nicht nur die Kosten für die Asylanten, es explodiert auch die Kriminalität. Die FPÖ Graz sagt dazu eindeutig: Schluss mit dem Asylmissbrauch und der Zuwanderung. Graz wieder den Grazern.“ (Zur Zeit Nr. 48/2007)
Ein weiteres Flugblatt der FPÖ
Erkennbar ist, dass die Häufung in den 1990er-Jahren und in den letzten Jahren in einem ziemlich deutlichen Zusammenhang mit der Verschärfung des allgemeinen politischen Klimas zu Asyl- und Migrationsfragen steht.
Österreich ist zwar bislang von pogromähnlichen mörderischen Anschlägen, wie wir sie aus Deutschland in den 1990er-Jahren in Erinnerung haben, verschont geblieben – nicht aber von Anschlägen und von Toten.
In die unten stehende Chronologie haben wir nur Vorfälle aufgenommen, die sich gegen Asyleinrichtungen oder Wohneinrichtungen von MigrantInnen richteten. Die Zahl der rechtsextremen bzw. rassistischen Vorfälle, die sich gegen AsylwerberInnen oder MigrantInnen richten, ist um ein Vielfaches höher.
Da in einigen Fällen kein Ermittlungsergebnis bekannt ist, werden wir versuchen, über parlamentarische Anfragen etwas mehr Transparenz zu schaffen.
- Am 17.Jänner 1992 kam es in Traunkirchen( OÖ) zu einem Anschlag mittels Molotow-Cocktails auf eine Unterkunft mit rund 200 AsylwerberInnen. Durch Zufall kam es zu keinem größeren Brand – die Täter waren Neonazis der VAPO (Volkstreue Ausserparlamentarische Opposition) des Gottfried Küssel. Der Anführer der Gruppe, Alexander F., erklärte dem Gericht, dass die Idee zu dem Anschlag nicht von Küssel, sondern von ihm stamme. Bereits im Herbst 1991 hatte es Drohungen gegen die Asylunterkunft gegeben.
alpen-donau.info: “Uns geht es ohnehin um die Männer der Tat”
- Im Oktober 1992 schleuderte der 22-jährige Andreas P. in St. Georgen/Gusen (OÖ) einen Brandsatz gegen das Fenster eines Hauses, in dem eine zehnköpfige Flüchtlingsfamilie wohnte. Verletzt wurde dabei niemand. P. erklärte, nicht aus politischen Motiven gehandelt zu haben.
- Im Dezember 1992, kurz vor Weihnachten, bedrohte der 20-jährige Günther K. mit einem geladenen und entsicherten Gewehr in seinem Heimatort in der Nähe von Rohrbach (OÖ) zwei Asylwerber vor einem Flüchtlingsheim. Verletzt wurde niemand, K. wurde festgenommen.
- Im Februar 1997 kam es in Bruck/Mur in einer Asylunterkunft in der Nähe des Bahnhofs untertags zu einem Brand. Die 90 Insassen, bosnische Kriegsflüchtlinge und Afrikaner, konnten unverletzt das Haus verlassen. Die Feuerwehr stellte fest, dass in der Unterkunft so ziemlich alle Brandschutzbestimmungen außer Acht gelassen worden seien und kündigte eine Anzeige an. Zur möglichen Brandursache gab es nur den Hinweis: „Eine achtlos weggeworfene Zigarette könnte das Feuer verursacht haben.“ (Kurier, 24.2.1997)
- Im Mai 1997 verübte der 16-jährige Lehrling M. W. einen folgenschweren Brandanschlag auf ein von türkischen und mazedonischen Staatsangehörigen bewohntes Haus in Wels (OÖ). Bei dem Brand kam ein Mazedonier ums Leben, elf weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Täter hatte Kontakte zur lokalen Nazi-Skinhead-Szene und war auch schon einschlägig aufgefallen.
- Im Mai 1998 ist beim Brand in einem Asylheim in Leutkirch (Vbg.) ein Asylwerber leicht verletzt worden. Alle 17 BewohnerInnen der Unterkunft konnten das Haus rechtzeitig verlassen. Ein ausländerfeindlicher Hintergrund wurde von der Polizei ausgeschlossen. (Neue Vorarlberger Tageszeitung, 5.5.1998)
- Im Februar 1999 verübten vier Nazi-Skins aus Wien Hietzing zunächst (15.2.) Brandanschläge auf zwei von MigrantInnen frequentierte Lokale und am 18.2. einen Brandanschlag auf eine Asylunterkunft in Wien Hietzing. Die Neonazis, alle im jugendlichen Alter, wurden für diese sowie im Vorjahr begangene Taten nach dem NS-Verbotsgesetz, wegen Brandstiftung und schwerer Sachbeschädigung verurteilt.
- Im Juni 2007 brannte ein Asylheim in Innsbruck. Die erste Meldung schloss Brandstiftung als Ursache definitiv aus. Tage später wurde korrigiert: Der oder die TäterInnen haben für die Brandlegung in der Notunterkunft eindeutig Brandbescheuniger verwendet. Die acht Insassen konnten unverletzt ins Freie flüchten, die Unterkunft brannte fast vollständig ab. Ein Ermittlungsergebnis ist uns nicht bekannt.
- Anfang Jänner 2008 brannte in Mittersill (Sbg.) eine Asylunterkunft. Die 80 BewohnerInnen konnten unverletzt ins Freie flüchten. Als Brandursache wurde in diesem Fall ein technischer Defekt im Bereich des Hauptverteilers angenommen. (Österreich, 3.1.2008)
- Im Juni 2008 kommt es in Klagenfurt in einer Asylunterkunft zu einem folgenschweren Brandanschlag, bei dem ein Afrikaner stirbt, nachdem er in Todesangst aus dem Fenster springt. 19 weitere Insassen werden zum Teil schwer verletzt. Die Polizei ermittelt schlampig und gibt die Parole aus, dass Zigarettenstummel die Brandursache waren. Brandbeschleuniger, also Brandstiftung wird ausdrücklich ausgeschlossen.
Jörg Haider, damals noch Kärntens Landeshauptmann, sprach gar von einer Fehde zwischen Drogendealern, die zu dem Brand geführt habe, ohne dafür nur irgendeinen Beweis vorlegen zu können. Erst im Dezember 2009 stellt ein Gutachter fest, dass der Brand mutwillig gelegt wurde und „Schüttspuren“ von Brandbeschleunigern im Stiegenhaus feststellbar waren. In der Folge werden der Heimbetreiber und der Flüchtlingsbeauftragte des Landes Kärnten wegen fahrlässiger Gemeingefährdung vor Gericht gestellt. Der Vorwurf: Der Brandschutz und seine Kontrolle sei nicht sichergestellt gewesen.
Im Prozess passiert die nächste Ungeheuerlichkeit. Ein Verteidiger fordert das „Einholen eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychologie und Ethnologie verbunden mit Verhaltensforschung zur Erstellung eines Gutachtens über das Fluchtverhalten von Mittelafrikanern im Vergleich zu Mitteleuropäern im Brandfalle“. Den BewohnerInnen wird unterstellt, dass sie zu früh gesprungen seien, weil sie mit den Brandschutzregeln bzw. dem Einsatz von Feuerwehren nicht vertraut gewesen seien. Das Gericht lehnte das Gutachten ab, weil der Brand gezielt in den Fluchtwegen gelegt worden ist. Die Angeklagten wurden „im Zweifel“ freigesprochen, gegen die ermittelnden Polizisten wurde ein Verfahren wegen des Verdachtes des Amtsmissbrauchs eingeleitet. Der Brand ist bis heute nicht aufgeklärt. Einer denkbaren Brandstiftung durch Neonazis, die während der Fußball-Europameisterschaft in Klagenfurt sehr aktiv waren, wurde wegen der schlampigen Ermittlungen nicht nachgegangen. - Im Oktober 2008 kommt es in der Gemeinde Leutasch (Tirol) im Ortsteil Weidach zu einer Schmiererei mit der deutlichen Drohung „Asyl fort, sonst Mord. Leutasch nicht Ibk“ (offensichtlich eine Anspielung auf Juni 07). Gegen die im Ortsteil geplante Unterbringung von 40 AsylwerberInnen (Frauen und Kinder) gibt es auch eine Unterschriftenaktion in der Gemeinde. Der Bürgermeister sprach von einer „flotten Aussage“, die man nicht ernst nehmen dürfe, der Flüchtlingskoordinator des Landes erinnerte sich, dass es schon Hakenkreuz-Schmierereien, aber noch nie eine Morddrohung gegeben habe.
- September 2009: Die Beamten des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung NÖ ermitteln wegen eines Nazi-Anschlags auf das Flüchtlingsheim Schrems. In der Nacht auf den 20. September wurde die Fassade des Hauses mit einem großen Hakenkreuz beschmiert. Ein mit einem Hakenkreuz beschmierter Stein wurde durch das Küchenfenster geworfen. Ermittlungsergebnisse unbekannt.
- Im November 2009 brennt in St. Jakob bei Wolfsberg in Kärnten wieder ein Asylheim. Auch diesmal schließt die Polizei Brandstiftung von vornherein aus. Noch merkwürdiger: Die Polizei schließt auch eine technische Ursache aus und geht von einer „unbekannten Ursache“ aus. Die Ermittlungen werden mit dieser Begründung eingestellt. Die „Kleine Zeitung“, die über den Brand berichtet, schließt ihr Forum im Internet zur Brandberichterstattung mit der Begründung: „Da die Mehrzahl der Einträge unserer Forumskultur widersprochen hat, wurde das Forum bei diesem Artikel entfernt.“
- Im Juli 2010 wurde ein Wohnheim für MigrantInnen in Wien Floridsdorf Ziel von zwei Brandanschlägen und Drohungen. Die Täter, die neonazistische Parolen und Morddrohungen schmierten, legten beim ersten Mal einen Brand, der durchaus lebensbedrohlich hätte werden können. Ein Täter aus der Neonazi-Skin-Szene wurde ausgeforscht und auf freiem Fuß angezeigt, die weiteren Täter sind noch nicht bekannt. Die Brandanschläge erfolgten wenige Tage nach einer Demo, zu der eine „Bürgerinitiative Rappgasse“ in Floridsdorf gegen den Bau einer Moschee aufgerufen hatte. An der Demonstration beteiligten sich auch Vertreter der FPÖ (Heinz-Christian Strache als Redner) sowie die Neonazi-Skin-Szene.
Wien-Floridsdorf: Brandanschlag auf Studentenheim
Floridsdorf: Neuerlicher Brandanschlag
Ein bisschen Nazi?
- Im September 2010 kommt es zum Sprengstoffanschlag auf die Asylunterkunft in Graz.
Diese Aufstellung ist vermutlich nicht vollständig. Es ist davon auszugehen, dass nicht alle Anschläge öffentlich gemacht wurden.