Klagenfurt/Celovec: Das legale Hitler-Zitat am Gauleitergrab
Schwechat-Korneuburg/NÖ: 70 braune Nachrichten
Ö: Razzien bei Neonazis
Sitzenberg-Reidling/NÖ: Hasskommentar von FPÖ-Gemeinderat
FPÖ Stmk: Neue Vorwürfe in der Causa Finanzskandal
Wels/ÖO: Identitäre mit rumänischem Bus und mutmaßlichem Angriff auf Gemeinderat
St. Paul/K: Das Kreuz mit der Kontextualisierung
Dallas/USA: Terroranschlag mit Neonazi-Hintergrund
Klagenfurt/Celovec: Das legale Hitler-Zitat am Gauleitergrab
Als sich im vergangenen November Neonazis gemeinsam mit dem stramm rechten „Kärntner Abwehrkämpferbund“ und Mitgliedern des „Österreichischen Kameradschaftsbunds“ am Friedhof Annabichl/Trnja vas in Klagenfurt/Celovec trafen um dem SS-Veteranen Herbert Bellschan-Mildenburg, der zeitlebens an der NS-Ideologie festgehalten hatte, das letzte Geleit zu geben, ahnten sie wahrscheinlich nicht, dass der unheimliche Aufmarsch auch ein juristisches Nachspiel haben würde. Dank der journalistischen Beobachtung des Begräbnisses durch das Presseservice Wien wurde nämlich klar, dass sich ein Teil der Teilnehmer*innen nach dem Begräbnis noch zur Grabstätte des Kärntner NS-Gauleiters Friedrich Rainer begab, um dem 1947 in Ljubljana hingerichteten Kriegsverbrecher zu gedenken.
Rainers Grabstein zieht aber nicht nur braune Aktivist*innen von nah und fern an, sondern wurde wegen seiner NS-Symbolik auch zum Ermittlungsgegenstand. Die Grüne Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer stellte im November 2022 eine Anzeige nach dem Verbotsgesetz, da auf Rainers Grab einerseits die von Gliederungsorganisationen der NSDAP verwendete Lebensrune, andererseits aber auch ein Zitat Adolf Hitlers zu sehen sind. Wer jedoch glaubt, dass ein öffentliches Zurschaustellen von Nazi-Symbolik und offener NS-Propaganda in Kärnten/Koroška strafbar ist, irrt. Laut Tina Frimmel-Hesse, Sprecherin der StA Klagenfurt/Celovec, wurde das Verfahren „aus Beweisgründen und rechtlichen Gründen eingestellt.“ (Kleine Zeitung vom 11.5.23, S. 14). Ob diese doch eigenwillige Interpretation des Verbotsgesetzes auch auf die von „Stoppt die Rechten“ eingebrachte Anzeige zutrifft, die ebenfalls im Zusammenhang mit Mildenburgs Begräbnis steht, ist uns nicht bekannt.
Nach dem gestrigen Freispruch von Kurt Scheuch gibt’s weitere News aus Klagenfurt: Die Staatsanwaltschaft befand, dass Hitler-Zitat und Runen auf dem Grabstein des Ex-Gauleiters Rainer nicht zu verfolgen seien und stellte das Verfahren ein. Die Begründung erstaunt:
1/2 pic.twitter.com/mk9h9Qi3jH— stopptdierechten.at (@stopptrechte) May 11, 2023
Schwechat-Korneuburg/NÖ: 70 braune Nachrichten
Ganze 70 Postings, die gegen das Verbotsgesetz verstießen, verschickte ein 26-Jähriger aus der Region Schwechat zwischen Februar 2018 und Mitte 2020, wofür er sich vor dem Landesgericht Korneuburg verantworten musste. „Handy und Langeweile“ (noen.at, 11.5.23) seien seinem Verteidiger Mirsad Musliu nach die Triebfedern der Tat gewesen. Der Angeklagte selbst versuchte noch, sich auf seine Unkenntnis des Verbotsgesetzes herauszureden. Eine interessante Argumentationsweise, bei der sich die Frage stellt, wieso nicht Millionen weitere in Österreich lebende Personen, denen langweilig ist und die ein Handy besitzen, ebenfalls zu Wiederbetätiger*innen werden. Die acht Geschworenen fällten ihr Urteil letztendlich einstimmig: schuldig. Es setzte dreizehn Monate auf Bewährung, die den drei Monaten, die der Angeklagte wegen eines früheren Geldwäschedeliktes kassiert hatte, hinzugerechnet wurden.
Ö: Razzien bei Neonazis
Auf Anordnung des Innenministeriums wurden am 4.5. in ganz Österreich Razzien gegen Rechtsextremist*innen durchgeführt. Über den tatsächlichen Erfolg der Aktion kann bisher nur spekuliert werden; bereits bekannt ist aber, dass einer der Durchsuchten aufgrund des Verdachts der Gutheißung von islamistischen Terroranschlägen festgenommen wurde. Insgesamt ist die Rede von zehn Personen (neun Männer, eine Frau), denen Zurschaustellung von NS-Propaganda in sozialen Netzwerken sowie Verhetzung vorgeworfen wird. Veröffentlichte Fotos von den im Zuge der Hausdurchsuchungen sichergestellten Funden zeigen eine Vielzahl an Nazi-Propagandamaterial wie etwa Hakenkreuzfahnen oder Hitler-Bilder, Rechtsrock-CDs und auch Waffen wie Pistolen, Gewehre, Messer und Schwerter.
In Vorarlberg traf die Hausdurchsuchung einen Schüler aus dem Oberland. Ermittlungstechnisch gibt es laut Staatsanwaltschaft zwar keinen direkten Zusammenhang zu bereits angesprochenen Razzien, die Durchsuchung wurde dennoch am gleichen Tag durchgeführt.
Sitzenberg-Reidling/NÖ: Hasskommentar von FPÖ-Gemeinderat
Dass Mitglieder der Partei der Fleißigen und Anständigen immer wieder dazu neigen, ihren Gewaltfantasien freien Lauf zu lassen, beweist einmal mehr ein Facebook-Kommentar von Hans-Jürgen Mader, FPÖ-Gemeinderat in Sitzenberg-Reidling (Bezirk Tulln).

„Rapapa pa pa pamparam, rapapa papa, rampampam rampampam, fiats die Oide…….”, heißt es da. Was wie zusammenhangloses Geschreibsel anmutet, entpuppt sich mit ein wenig mehr Kontext als durchaus problematisch. Es handelt sich dabei um einen Kommentar, den Mader unter ein Posting des Meidlinger FPÖ-Bezirksrats Wolfgang Reinold geschrieben hat. Reinold verlinkt dabei auf einen Artikel des rechten Webportals exxpress, in dem auf die Klimaproteste der Gruppen „Omas gegen Rechts“ und „Seniors for Future“ eingegangen wird. Mader fällt dazu nur ein sexistischer und von Vernichtungsfantasien getragener Kommentar ein, der ein ein Zitat aus dem Lied „Fiats de Oide nieda“ der österreichischen rechten Rockgruppe „Die Hinichen“ ist. Darin heißt es: „Fiats die oide nieda, fiats die oide zamm; Wö ma eh scho so vü oide weiber hom”
FPÖ Stmk: Neue Vorwürfe in der Causa Finanzskandal
Der Finanzskandal der Grazer FPÖ ist um einen weiteren Aspekt reicher, wie der „Standard“ (10.5.23) berichtet. Demnach ist bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Anzeige eingelangt, in der nun der steirische FPÖ-Chef Maria Kunasek schwer belastet wird.
Ein schwerer Vorwurf in der Anzeige betrifft Malversationen rund um den Umbau der Parteizentrale in der Grazer Conrad-von-Hötzendorf-Straße. Einem Architekten sollen rund 440.000 Euro für „Planungen und Aufwendungen und Ausgaben” ausbezahlt worden sein, „unter dem Deckmantel” des Umbaus der Parteizentrale. Doch auch Tätigkeiten des Architekten und „Baumaßnahmen an der Liegenschaft von Kunasek” seien von der Partei „getragen und mitabgewickelt” worden. Laut dem Schreiben ist der Architekt zudem selbst ein hoher FPÖ-Funktionär. Insgesamt sollen rund 700.000 Euro „von der Partei für diese Privatwohnzwecke” geflossen sein. (der.standard.at)
Bei dem Architekten handelt es sich um den FPÖ-Politiker Gerald Deutschmann, Dritter Landtagspräsident im steirischen Landesparlament. Kunaseks Anwalt Johann Pauer – ebenfalls Anwalt von Heinz-Christian Strache – zeigt sich über die neuen Anschuldigungen not amused und bezeichnete die
in einer schriftlichen Stellungnahme als „völligen Schwachsinn“. (…) Zudem erfülle „schon die bloße mediale Verbreitung dieser infamen und falschen Behauptungen den Tatbestand der üblen Nachrede sowie der Kreditschädigung“. Man behalte sich „im Falle einer Veröffentlichung dieser substanzlosen, anonymen Behauptungen alle gebotenen rechtlichen Schritte vor“. (der.standard.at)
Kunaseks Immunität war im Landtag bereits wegen anderer Vorwürfe aufgehoben worden.
Es gilt in allen genannten strafrechtlich relevanten Punkten und bei allen Beteiligten die Unschuldsvermutung!
Ö: Identitäre mit rumänischem Bus und mutmaßlichem Angriff auf Gemeinderat
Die neofaschistischen „Identitären“ bzw. ihre Tarnorganisation „Die Österreicher“ befanden sich vom 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, bis zum 14. Mai auf sogenannter „Remigrations-Tour“ durch Österreich. Die Blaupause dafür kam von der „Freiheitlichen Jugend Oberösterreich”, die im Sommer 2022 unter demselben Label mit einem Bus durchs Land gondelte.

Mit einem Bus tuckerten sie durch verschiedene österreichische Städte und verbreiteten ihre Hetzpropaganda. Aber auch in Sachen Realsatire sind die „Identitären“ ganz vorne dabei. Der erwähnte Bus war nämlich aus Rumänien. Da stellt sich schon die Frage, wo denn das „Volksbewusstsein“ der ach so patriotischen Identitären bleibt.
Die Rechtsextremen Idiotären machen eine ” Österreich zuerst’ Tour mit rumänischen Reisebus ??? pic.twitter.com/sUd6ZsJD1J
— die grüne Hornisse? (@HornisseDie) May 11, 2023
Dass die identitäre Tour nicht bloß eine harmlose Österreich-Rundfahrt war, beweist ein Vorfall, der sich am 11. Mai im oberösterreichischen Wels ereignete. Während sich der Grüne Stadtrat Thomas Rammerstorfer erkundigte, ob die Identitären überhaupt eine Genehmigung für die Veranstaltung hätten, rollte der rumänische Bus einfach auf ihn zu, wie auf einem Video zu sehen ist. Rammerstorfer kündigte eine Anzeige wegen versuchter schwerer Körperverletzung an.
St. Paul/K: Das Kreuz mit der Kontextualisierung
Seit den 1940er-Jahren ist am Gebäude des Konvikts des Stiftsgymnasium St.Paul im Lavanttal ein Hakenkreuz zu sehen. Angebracht wurde es während des Nationalsozialismus, als in dem Gebäude eine Nationalpolitischen Lehranstalt (NAPOLA) untergebracht war. Dabei handelte es sich um NS-Eliteschulen, die auf dem gesamten Gebiet des dritten Reiches für Nazi-Nachwuchs sorgen sollten. Bereits im Jahr 2020 entzündete sich eine Diskussion darüber, was mit dem Hakenkreuz geschehen soll. Die Rede war von einer Tafel, um das Hakenkreuz historisch zu kontextualisieren.
In Zusammenarbeit mit dem Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška (MKKK) wurde nun von Gemeinde und Stift die Tafel angebracht. Diese ist transparent und mit einem Text versehen, der auf die Geschichte der NAPOLA eingeht. Das hinter der Tafel liegende Hakenkreuz ist immer noch zu sehen. „Hier wurde in der NS-Zeit eine Wunde geschlagen, das Hakenkreuz ist die sichtbare Narbe. Mit der Tafel werten und bewerten wir diese Vergangenheit“ (kleinezeitung.at 10.5.23), so der Administrator des Stifts St. Paul, Pater Maria Kollmann. Auch Manfred Morokutti, der Vorsitzende des MKKK betonte im Zusammenhang mit der Tafel, es sei „wichtig, die Vergangenheit nicht zu verschweigen” (kleinezeitung.at).
Uns erreichte per E‑Mail aber auch Kritik an der neuen Gedenktafel, die wir hier wiedergeben wollen.
Am Gebäude des Konvikts des Stiftsgymnasium St. Paul im Lavanttal in Kärnten ist seit den 40er Jahren ein Hakenkreuz zu sehen. Obwohl die Räumlichkeiten seit Jahrzehnten als Schule genutzt werden, wurde es nie entfernt. Eine kürzlich aufgeflammte Diskussion hat nun dazu geführt, dass vom Eigentümer, dem örtlichen Benediktinerstift, und der Marktgemeinde eine Tafel aufgeschraubt wurde, die das Hakenkreuz nicht verdeckt, sondern quasi vor Witterungseinflüssen und möglichen Interventionen schützt. Auf der Tafel ist ein kaum lesbarer Text angebracht, der davon berichtet, dass die Schule von den Nazis als nationalpolitische Lehranstalt (NAPOLA) genutzt wurde. Von der Bedeutung des Hakenkreuzes, geschweige denn von den Opfern des Nazifaschismus ist nicht die Rede.
Ich möchte Ihnen diesen Vorgang gerne zur Kenntnis bringen, da es sich wohl um einen verharmlosenden Umgang mit dem Nationalsozialismus handelt. Diese Form der „Gedenkkultur“ versucht, den Schrecken und die Opfer unsichtbar zu machen und entledigt sich so auf schlampige Art der Verantwortung gegen den Faschismus und für Demokratie und Freiheit einzutreten.
Dallas/Texas/USA: Terroranschlag hatte Neonazi-Hintergrund
Wie letzte Woche bekannt wurde, handelte es sich beim Schützen des Terroranschlags in der texanischen Stadt Allen nahe Dallas, bei dem acht Personen ums Leben kamen und etliche verletzt wurden, um einen Neonazi. Der Täter wurde von einem Polizisten erschossen, hinterlässt aber eine Vielzahl von Online-Postings, aus denen hervorgeht, dass der Anschlag einen klar rechtsextremen Hintergrund hatte. Der Täte fühlte sich auch der Internet-Subkultur der Incels zugehörig, die für ihre Nähe zum Rechtsextremismus und ihre Frauenfeindlichkeit bekannt ist. Ebenso trug er mehrere NS-Tattoos. (vgl. rollingstone.com, 8.5.23)