Bei der CPAC handelt es sich um eine jährlich stattfindende Konferenz, die erstmals 1974 ausgetragen wurde und von der Amerikanischen Konservativen Union (American Conservative Union) organisiert wird, einer den Republikanern nahestehenden Netzwerkorganisation der amerikanischen politischen Rechten. Seit 2019 wird die CPAC auch außerhalb der USA ausgetragen, bisher kamen Australien, Brasilien, Japan, Mexiko, Südkorea und, nun schon zum zweiten Mal nach 2022, Ungarn zum Handkuss.
Interessant ist auch der ideologische Shift von Teilen der globalen Rechten, der insbesondere seit den Jahren der Trump-Administration wahrgenommen werden kann und sich auch innerhalb der CPAC manifestiert. Insbesondere zur Zeit des kalten Krieges waren es noch ‚klassische‘ konservative Themen wie Antikommunismus, der Bezug auf das Christentum als gedanklicher Dreh- und Angelpunkt sowie ein rabiater Antikommunismus, die als ideologischer Motor der CPAC und mit ihr assoziierter Gruppen galten (1).
CPAC und der „Trumpismus”
Spätestens mit dem Trumpismus kam es jedoch zu einer Verschiebung nach ganz weit rechts. Diese manifestiert sich in einer Normalisierung verschwörungsideologischer Narrative über sogenannte „Globalisten“, die im Geheimen danach trachten würden, die Welt zu unterjochen und zu einem Hort „satanischer“ Werte (ein Begriff, der von zahlreichen Redner*innen der Budapester CPAC-Konferenz benutzt wurde) wie Liberalismus oder Homosexualität zu machen (ja, Homosexualität wird als politische Einstellung anstatt als sexuelle Orientierung begriffen). Dies geht einher mit offener Unterstützung autokratischer Regime. Diese Diskursverschiebung ins Wahnhafte bezeichnete Lassabe Lauren Shepherd, eine Lehrbeauftrage auf der Universität New Orleans und sich selbst zum konservativen Lager zählt, in einem Kommentar für die „Washington Post” gar als „Betrug an den Wurzeln der konservativen Bewegung“ (washingtonpost.com, 19.5.22).
Alleine ein Blick auf die diesjährige Redner*innenliste zeigt schon, wohin die ideologische Reise geht. Diese reicht von fest in den Parlamenten ihrer Länder verankerten Politiker*innen rechtsextremer Parteien bis hin zu Obskurant*innen wie etwa dem Japaner Hiroaki Aeba, seines Zeichens Mitglied des „Happy Science“-Kultes, der irgendwo zwischen einer glorifizierten Gläserrück-Sekte und einer rabiaten rassistischen Organisation, die ihre Mitglieder offen auf einen Krieg einstimmt, angesiedelt ist (unseenjapan.com, 12.8.19). Ein detaillierter Überblick über einen großen Teil der Redner*innen findet sich bei Belltower News.
Auch die FPÖ in Budapest
Aus österreichischer Perspektive besonders interessant sind selbstverständlich die Auftritte des freiheitlichen EU-Abgeordneten Harald Vilimksy und des FPÖ-Parteichefs Herbert Kickl. Vilimsky hatte seinen Auftritt schon am ersten Tag der Konferenz, als Teil eines „Nations First“ genannten Diskussionspanels. Moderiert wurde es von István Kovács, dem strategischen Direktor des ungarischen „Zentrums für fundamentale Rechte“ (Alapjogokért Központ), einem staatsnahen und somit weit am rechten Rand stehenden Think-Tank.
Das „Zentrum“ war es übrigens auch, das die CPAC überhaupt nach Ungarn einlud und sich somit maßgeblich für die Organisation und Durchführung der Veranstaltung verantwortlich zeigte. Wo man ideologisch angesiedelt ist, zeigte sich schon in der Einführungsrede Kovács‘, als er die Französische Revolution als Produkt „pervertierter“ Ideologien bezeichnete und sie in eine Reihe mit stalinistischen Diktaturen stellte. Oder anders gesagt: eine nostalgische Verklärung des Feudalismus und Ablehnung der Aufklärung.
Vilimskys Co-Diskutant*innen waren Guglielmo Picchi, italienischer Politiker der rechtsextremen Lega Nord, die US-Amerikanerin und Vorsitzende des „Instituts für Frauengesundheit“ (Institute for Women’n Health), Valerie Huber, sowie Mark Ivanyo von den „Republikanern für nationale Erneuerung“ (Republicans for National Renewal), die sich für einen weiteren ideologischen Turn nach rechts innerhalb der Republikaner einsetzen (motherjones.com, 11.3.20).

Es ist jedoch schwer, die Diskussion überhaupt als solche zu bezeichnen. Anstatt eines Austausches divergierender politischer Ansichten war es eine Sammlung von Statements, die die auf der Konferenz vorherrschenden Narrative unterstützten. Insbesondere Vilimsky betonte die Bedeutung der „führenden Rolle“ die Ungarn in Zukunft für die europäische Rechte einnehmen müsse. Als Erfolgsbeispiele einer Politik im Sinne der CPAC-Teilnehmer*innen nannte er dann noch die „Wirtshausprämie“ der schwarzblauen niederösterreichischen Landesregierung und erwähnte den Beitrag des ebenfalls an der Konferenz anwesenden FPÖ-Nationalratsabgeordneten Christian Hafenecker an der Ausarbeitung dieses nach Realsatire klingenden Vorhabens.
Eine weitere Frage drehte sich um das „große Ganze“ (greater good), das die herbeifantasierte globale linksliberale Elite dem „Volk“ denn nun aufdrücken wollte. Mark Ivanyo wusste darauf eine Antwort – nämlich die Gleichsetzung von Homosexualität und Pädophilie. Vilimsky ging noch weiter und bemerkte, es handle sich dabei um einen Plan von George Soros, Bill Gates und dem Vorsitzenden des Weltwirtschaftsforums (WEF), Klaus Schwab, der Bevölkerung „schlechte Impstoffe“ (bad vaccines) zu verkaufen. Nachdem das verschwörungsideologische Themenkarussell seine Runde gemacht hatte, war die Diskussion zu Ende.
Wo man ideologisch steht, zeigte auch ein kurzes Filmchen, das während der Konferenz abgespielt wurde. Da wurde beispielsweise die Mär verbreitet, die „Neomarxisten“ würden die Bürger*innen der EU gegeneinander ausspielen und „Wellen des Postmodernismus“ (waves of postmodernism) schaffen. Ihr Ziel sei es, dass „wir“ uns nicht sicher fühlen sollten, da „sie” planen „unsere“ Religion und Kultur auszulöschen. Das Ganze war zudem unterlegt mit Bildern von Baggern die eine Kirche abreißen sowie Drag Queens, die Performances und Reden in Kirchen und Kindergärten halten. Kurz danach folgte ein Sujet einer Familie, die unter einem in den Farben der ungarischen Nationalflagge gehaltenen Schirms vor einer regenbogenfarbenen Sturzflut Schutz sucht. Homophobie war, wenig überraschend, natürlich eines der zentralen Themen der Konferenz. Es folgten Bilder von George Soros und Ursula von der Leyen, die angeblich einen „Totalangriff“ („full scale attack“) gegen Ungarn gestartet hätten. „We need to stop this!“ – und dann ein Ausschnitt von Orbán, wie er Trump die Hand schüttelt. Die CPAC, so am Ende des Filmchens, stelle sich gegen die „Feinde der Normalität“ (enemies of normality).
Anti-woke art at CPAC Hungary pic.twitter.com/fzb9SFFHb3
— Flora Garamvolgyi (@floragaramvolgy) May 4, 2023
Kickl auf der CPAC
Am zweiten Tag folgte der Auftritt des blauen Parteivorsitzenden. Kickl war jedoch nicht selbst anwesend, sondern verlas per Videozuschaltung eine zuvor aufgenommene Erklärung. Die Rede selbst hörte sich eher an wie die eines offen mit Neonazis kooperierenden, wahnhaften Verschwörungserzählers Marke Martin Rutter als die eines auch nur ansatzweise in einer seriösen und faktenbasierten Weltsicht beheimateten Bundeskanzler-Aspiranten. In der WHO und dem WEF gingen die „Milliardäre von Gates bis Soros“ ein und würden mit den abgehobenen „Eurokraten“ der EU bzw. den „Globalisten“ ein Europa schaffen wollen, das auf Massenzuwanderung und dem Verbot von Individualität beruhe. Zum letzten Punkt ist anzumerken, dass die FPÖ es ist, die neuerdings sogar das Tragen von Jogginghosen an Schulen verbieten will. (vgl. derstandard.at, 8.5.23)
Nun, eine Kritik an der EU ist natürlich nicht per se falsch oder rechtsextrem. Es geht nur darum, was als Alternative angeboten wird. Für Kickl ist das jedoch keineswegs eine demokratischere Gesellschaft, sondern ein autoritäres Regime à la Viktor Orbán, dem er, wie der Großteil seiner Vorredner*innen auch, großzügig Blumen streut. Die EU müsse „von Ungarn lernen“. Wie die Macher*innen des beschriebenen Propagandafilmchens will auch Kickl die „Normalität“ – natürlich eine, die er und seinesgleichen definieren. Und wie diese imaginierte autoritäre Wende ausschaut, zeigt sich Tag für Tag in Orbáns Ungarn.
Fußnoten
1 Preston Parker, Daniel: CPAC: The Origins and Role of The Conference in the Expansion and Consolidation of the Conservative Movement, 1974–1980, University of Pennsylvania.