Wochenrückblick KW 18/23 (Teil 2): Lugars Comeback, RFS-Streit & das Bundesheer

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Am Menü der letz­ten Woche: per­so­nel­le Tur­bu­len­zen im „Ring Frei­heit­li­cher Stu­den­ten”, das Come­back des Robert Lugar, wei­te­re brau­ne Fäl­le im Bun­des­heer und ein für den Herbst geplan­ter Neo­na­zi-Kon­gress in Ungarn. 

Wien: Per­so­nal­kon­flik­te im RFS
NÖ: Robert Lugar neu­er Pres­se­spre­cher des Asyl-Lan­des­rats Luisser
Wien: Zeit­ge­schicht­li­cher Saal des HGM schloss am 8. Mai
Kärnten/Wien: „Nazi-Unfug“ und Geld­stra­fen im Bundesheer
Sopron/Ungarn: Öster­rei­cher pla­nen Neonazi-Kongress

Wien: Personalkonflikte im RFS

Der FPÖ-nahe Ring Frei­heit­li­cher Stu­den­ten (RFS) ist auf öster­rei­chi­schen Hoch­schu­len nicht gera­de für sei­ne Wahl­er­fol­ge bekannt. Drei Pro­zent und somit nur ein Man­dat waren die Aus­beu­te bei den letz­ten Wah­len zur Bun­des­ver­tre­tung der Öster­rei­chi­schen Hoch­schü­le­rIn­nen­schaft (ÖH) 2021. Die­ses Man­dat beklei­de­te der dama­li­ge RFS-Obmann und Spit­zen­kan­di­dat Mat­thi­as Kor­nek, der ansons­ten in sei­ner Rol­le als FPÖ-Bezirks­rat in Wien-Favo­ri­ten und par­la­men­ta­ri­scher Mit­ar­bei­ter von Petra Ste­ger auch mit etwas obsku­ren Alko­hol­ver­bots­for­de­run­gen in Erschei­nung trat. Inner­halb der Bun­des­ver­tre­tung der ÖH zeig­te sich Kor­nek, schließ­lich von der selbst­er­nann­ten Par­tei der Anstän­di­gen und Flei­ßi­gen, nicht gera­de von sei­ner arbeit­sams­ten Sei­te, nahm er doch an kei­ner der ein­zi­gen Sit­zung der ÖH-Bun­des­ver­tre­tung teil.

Kor­nek wird das jedoch auch in Zukunft nicht mehr machen; Grund ist ein Zer­würf­nis mit dem RFS, aus dem Kor­nek nun aus­ge­tre­ten ist. Die Rede ist auch von Ver­leum­dun­gen und per­sön­li­chen Angrif­fen sowie dem Ergrei­fen recht­li­cher Schrit­te dage­gen.  (vgl. derstandard.at, 5.5.23)

NÖ: Robert Lugar neuer Pressesprecher des Asyl-Landesrats Luisser

Chris­toph Luis­ser, frisch­ge­ba­cke­ner FPÖ-Lan­des­rat für Sicher­heit, Asyl und Zivil­schutz der nie­der­ös­ter­rei­chi­schen schwarz-blau­en Regie­rungs­ko­ali­ti­on, hat einen neu­en Pres­se­spre­cher. Sein Name? Robert Lugar. Der Wan­der­po­kal Lugar war zuvor von der FPÖ zum BZÖ, von dort zum Team Stro­nach, dann als wil­der Abge­ord­ne­ter nach Nir­gend­wo gewech­selt und lan­de­te schließ­lich erneut bei der FPÖ.

Was qua­li­fi­ziert Lugar für den neu­en Pos­ten? Ist es, weil er im Jahr 2016 behaup­te­te, Flücht­lin­ge hät­ten ein „Welt­bild wie Nean­der­ta­ler“ (kurier.at, 16.3.16), womit der dama­li­ge Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te des Team Stro­nach für einen hand­fes­ten Skan­dal sorgte?Ist es wegen sei­ner Mit­glied­schaft in der Hass- und Hetz­grup­pe „Club 3 Korn­blu­me Deutsch­land und Öster­reich“ auf Face­book? (Bei der Korn­blu­me han­delt es sich übri­gens um das Erken­nungs­zei­chen ille­ga­ler Nationalsozialist*innen Öster­reich vor dem Anschluss.) Wird Lugar als Pres­se­spre­cher ähn­li­che Behaup­tun­gen auf­stel­len wie schon als Team Stro­nach-Poli­ti­ker, als er davon schwa­dro­nier­te, die EU wol­le in den kom­men­den 20 Jah­ren „über die Hin­ter­tür ‚Asyl’“ 70 Mil­lio­nen Men­schen in den Uni­ons­raum holen? Das bleibt abzu­war­ten, aber es ist eigent­lich erwartbar.

Wien: Zeitgeschichtlicher Saal des HGM schloss am 8. Mai

Es bewegt sich was im Wie­ner Hee­res­ge­schicht­li­chen Muse­um (HGM). Eine umfang­rei­che Recher­che von „Stoppt die Rech­ten“ deck­te im Sep­tem­ber 2019 auf, dass im Aus­stel­lungs­saal „Repu­blik und Dik­ta­tur – Öster­reich 1918 bis 1945“ his­to­risch inso­fern bedenk­lich ist, dass er im Hin­blick auf den Natio­nal­so­zia­lis­mus ein revi­sio­nis­ti­sches Opfer­n­ar­ra­tiv wei­ter­führt. Dar­auf­hin wur­de 2019 vom Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um eine Kom­mis­si­on mit der Unter­su­chung der Vor­wür­fe beauf­tragt. Wei­te­re stel­len­wei­se ver­nich­ten­de Stel­lungs­nah­men von Expert*innen folgten.

Just am Tag der Befrei­ung Öster­reichs vom Natio­nal­so­zia­lis­mus wur­de der pro­ble­ma­ti­sche Saal nun auf unbe­stimm­te Zeit geschlos­sen. Damit wur­de nach dem Abgang des frü­he­ren Direk­tors Ort­ner nun auch ein vor­läu­fi­ger Schluss­strich unter eine Aus­stel­lung gezo­gen, die kaum mehr als eine Repro­duk­ti­on von aus­tro­fa­schis­ti­scher und NS-Pro­pa­gan­da zu bie­ten hat­te. Es ist nicht ver­wun­der­lich, dass die iden­ti­tä­ren Neo­fa­schis­ten in tie­fer Trau­er noch einen letz­ten Besuch vor der Schlie­ßung des Saals avisierten.

Kärnten/Wien: „Nazi-Unfug“ und Geldstrafen im Bundesheer

Mil­de Urtei­le gab es für zwei Sol­da­ten des Bun­des­hee­res, die sich auf brau­ne Pfa­de bega­ben. Dies­mal jedoch nicht vor einem Straf­ge­richt, son­dern sei­tens Bun­des­dis­zi­pli­nar­be­hör­de, die für Beamt*innen des Bun­des sowie für Soldat*innen des Bun­des­hee­res zustän­dig ist.

Der ers­te Fall betrifft einen Offi­ziers­stell­ver­tre­ter, der zwi­schen Sep­tem­ber 2020 und Juni 2021 an einen dama­li­gen Berufs­sol­da­ten eine Rei­he von Vide­os schick­te, deren Inhalt sich im Gro­ßen und Gan­zen fol­gen­der­ma­ßen zusam­men­fas­sen lässt:

1. am 21.06.21 um 2103 Uhr ein 13 Sekun­den lan­ges Video mit „Züri­cher Flug­ha­fen“. Im
Hin­ter­grund des Vide­os ist deut­lich ein Aus­schnitt des SS-Marsch- und Sol­da­ten­lie­des „Eri­ka“ zu hören. Zudem wird im Ver­lauf des Vide­os bewusst auf die zwei schwar­zen Figu­ren auf der Anzei­ge­ta­fel „Zuschau­er­ter­ras­se“ gefilmt, wel­che jeweils einen Arm in die Höhe stre­cken, was in die­sem Zusam­men­hang eine Anspie­lung auf den „Hit­ler­gruß“ sein dürf­te. 
(RIS)

Die Staats­an­walt­schaft sah dar­in kei­nen Ver­stoß gegen das Ver­bots­ge­setz, wes­halb das Ver­fah­ren im Jän­ner 2023 ein­ge­stellt wur­de. Dem­nach han­del­te es sich um „Scherz­vi­de­os“ und einen „natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Unfug“. Nach der Ein­stel­lung des Straf­ver­fah­rens sei­tens der Staats­an­walt­schaft folg­te eine Anzei­ge bei der Dis­zi­pli­nar­be­hör­de durch den zustän­di­gen Mili­tär­kom­man­dan­ten. Im Gegen­satz zur Staats­an­walt­schaft sprach die Dis­zi­pli­nar­be­hör­de aber eine Geld­stra­fe über 3.000 Euro für den „Unfug” aus.

In eine ganz ähn­li­che Ker­be schlägt auch ein wei­te­res Urteil der Dis­zi­pli­nar­be­hör­de, das gegen einen Ober­wacht­meis­ter ver­fügt wur­de. Nicht nur, dass der im Febru­ar 2021 per Whats­App Nach­rich­ten mit dem SS-Leit­spruch „unse­re Ehre heißt Treue“ ver­schick­te, auch ras­sis­ti­sche und trans­pho­be Nach­rich­ten gehör­ten zum Pot­pour­ri. Auch hier sah die Staats­an­walt­schaft von einem Straf­ver­fah­ren ab, schließ­lich habe es sich „nur zwei ein­schlä­gi­ge Nach­rich­ten“ nach dem Ver­bots­ge­setz gehan­delt, sozu­sa­gen „unre­flek­tier­te Aktio­nen , außer­dem sei sich der Ober­wacht­meis­ter der Trag­wei­te sei­nes Ver­hal­tens nicht bewusst gewe­sen sei. Auch hier habe es sich um „natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Unfug“ gehan­delt, der noch dazu unter Alko­hol­ein­fluss pas­sier­te. Ob „nur zwei Geset­zes­ver­stö­ße“ und ein Rausch auch bei ande­ren Ver­ge­hen zur Ein­stel­lung eines Ermitt­lungs­ver­fah­rens füh­ren („Nur zwei Über­fal­le, aber ich war betrun­ken, euer Ehren!“) sei an die­ser Stel­le als Fra­ge erlaubt. Die Dis­zi­pli­nar­be­hör­de jeden­falls sah die Sache anders und ver­füg­te eine Geld­stra­fe von 150 Euro. Die gerin­ge Höhe wur­de als mah­nen­der „Ver­trau­ens­vor­schuss“ gegen­über dem Sol­da­ten begrün­det (RIS).

Noch anläss­lich der letz­ten gro­ßen Skan­dal-Cau­sa um jenen Kärnt­ner Sol­da­ten, der sogar in einer selbst­ge­bas­tel­ten SS-Uni­form spa­zie­ren gegan­gen war, ver­kün­de­te ÖVP-Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin Clau­dia Tan­ner eine Null-Tole­ranz-Vor­gangs­wei­se gegen Rechts­extre­me im Bun­des­heer. Davon ist der­wei­len nichts zu bemer­ken, obwohl ange­sichts der regel­mä­ßi­gen brau­nen Aus­fäl­le beim Heer schon längst Alarm­stu­fe Rot herr­schen müsste.

Sie­he auch: Bun­des­dis­zi­pli­nar­be­hör­de: Mil­de bei brau­nen Fällen

Sopron/Ungarn: Österreicher planen Neonazi-Kongress

Wie der auf Rechts­extre­mis­mus spe­zia­li­sier­te Jour­na­list Mar­kus Sulz­bach­er im Stan­dard (5.5.23) berich­tet, pla­nen öster­rei­chi­sche Neo­na­zis in einer durch­aus als erstaun­lich zu bezeich­nen­den Koope­ra­ti­on mit den ita­lie­ni­schen Faschis­ten der „Casa Pound“ für den Okto­ber den „1. Gerd Hon­sik – Euro­pa­kon­gress“. Statt­fin­den soll das Spek­ta­kel im unga­ri­schen Sopron, wo Gerd Hon­sik in den letz­ten Jah­ren bis vor sei­nem Tod im April 2018 gelebt hatte.

Öster­rei­chi­sche Neo­na­zis bau­en ihre inter­na­tio­na­len Kon­tak­te aus. Der­zeit sind sie dabei, den „1. Gerd Hon­sik – Euro­pa­kon­gress” zu orga­ni­sie­ren, der kom­men­den Okto­ber im unga­ri­schen Sopron statt­fin­den soll. Ungarn gilt ihnen als siche­rer Hafen. Gere­det wer­den soll über The­men wie „euro­päi­sche Einig­keit, Euro­pas Frei­heits­kampf in der Ver­gan­gen­heit sowie natio­na­le Bewe­gung und ihre Kon­zep­ti­on”. Es ist ein Ver­net­zungs­tref­fen, zu dem sich mili­tan­te Rechts­extre­me aus halb Euro­pa ange­kün­digt haben. Dar­un­ter Ver­tre­ter der deut­schen Kleinst­par­tei „III. Weg”, der „Nor­di­schen Wider­stands­be­we­gung” aus Skan­di­na­vi­en sowie Akti­vis­ten und Akti­vis­tin­nen von Casa Pound, einer ein­fluss­rei­chen rechts­extre­men Orga­ni­sa­ti­on in Ita­li­en, die sich selbst als „Faschis­ten des 3. Jahr­tau­sends” bezeich­net. ➡️ Wei­ter mit: „Gerd Honsik”-Kongress: Neo­na­zis bau­en inter­na­tio­na­le Kon­tak­te aus