Erkennungszeichen Kornblume

Die Face­book-Gruppe „Club 3 Korn­blume Deutsch­land und Öster­re­ich“ mit eini­gen blauen Promis war eine der größten Hass- und Het­z­grup­pen im deutschsprachi­gen Raum. Bis zum Herb­st 2017 – dann ver­schwand sie urplöt­zlich. Aus­lös­er war meine Anzeige wegen des Ver­dachts der Wieder­betä­ti­gung gegen den einzi­gen Admin­is­tra­tor der Gruppe, einem Kärnt­ner. Am Mon­tag, 29.4.19, musste er sich deswe­gen vor einem Geschwore­nen­gericht in Kla­gen­furt ver­ant­worten und wurde verurteilt. Ein Bericht von Karl Öllinger.

Ursprünglich war die Face­book­gruppe „Club 3 Korn­blume“ eine öffentlich zugängliche Het­z­gruppe mit der Zusatzbeze­ich­nung „Öster­re­ich-Deutsch­land“. Weil zu viele AntifaschistIn­nen die rechte Het­ze mit­lasen, Diskus­sio­nen ein­forderten und mit dem Strafrecht dro­ht­en, spal­teten die Betreiber eine geschlossene Gruppe ab, dreht­en die Zusatzbeze­ich­nung um auf „Deutsch­land-Öster­re­ich“ und fügten noch hinzu „Die Heimat Patri­oten 2016“.

öffentliche Gruppe "Kornblume"

öffentliche Gruppe „Korn­blume”

geschlossene Gruppe "Kornblume"

geschlossene Gruppe „Korn­blume”

Kehlstein­haus und Kornblume

Einziger Admin­is­tra­tor der geschlosse­nen Gruppe war Karl M.(45), ein Kärnt­ner, der sich nach seinen Angaben vor Gericht wegen der Flüchtlings­be­we­gung 2015 radikalisiert hat­te. Ein Euphemis­mus angesichts des Umstandes, dass sich Karl M. als waschechter Neon­azi in der Gruppe und auf seinem pri­vat­en Face­book-Pro­fil präsen­tierte. Sein pri­vates Pro­fil zierte er zeitweise mit dem Kehlstein­haus als Titelfo­to. Ein deut­lich­es Erken­nungs-und Bekenntniszeichen!

Karl M. Kehlsteinhaus als Header

Karl M. Kehlstein­haus als Header

Für die geschlossene Face­book-Gruppe war das die Korn­blume. Als der Richter von dem nach mir als Zeuge ein­ver­nomme­nen Kärnt­ner Ver­fas­sungss­chützer wis­sen wollte, warum die Gruppe so viele Mit­glieder haben kon­nte, erwiderte der, dass das wohl auf die Korn­blume zurück­zuführen sei, bei der man ja wisse, wofür sie ste­he. Er hat Recht! Die Korn­blume, das Erken­nungsze­ichen der ille­galen Nazis, führte wohl die aller­meis­ten in der Gruppe zusam­men. Zum Zeit­punkt mein­er Anzeige, im Novem­ber 2016, umfasste sie mehr als 18.000 Mit­glieder, wuchs aber auch danach – bis zur Schließung – noch weit­er an. Jeden Tag unzäh­lige Hass- und Het­zkom­mentare, Fotos und Videos mit Dutzen­den Post­ings dazu – eine unerträgliche braune Soße. Übertreibe ich? Sich­er nicht.

Braune Witzchen in der Gruppe

Braune Witzchen in der Gruppe

Während ich am Mon­tag Vor­mit­tag auf meine Zeu­genein­ver­nahme warte, wird drin­nen im Ver­hand­lungssaal ein Video gezeigt: „Buchen­wald – Was genau geschah“, ein als Doku getarntes beson­ders übles Beispiel von Holo­caustleug­nung, das der Angeklagte in die Gruppe gestellt hat: Zyk­lon B sei nur zur Ent­lausung von Klei­dern einge­set­zt wor­den usw.. Zu diesem ver­lo­ge­nen Dreck passt übri­gens wie die Faust aufs Auge das zynis­che Foto, das ein­er (nicht der Angeklagte) an ander­er Stelle postete: „Ver­gas­er – Früher war das mal ein Beruf“

Nach der Vor­führung des Buchen­wald-Videos ver­lässt ein sichtlich schock­iert­er Jour­nal­ist den Ver­hand­lungssaal, schüt­telt den Kopf und ruft mir zu: „Unpack­bar!“ „Unpack­bar“ ist aber so ziem­lich alles, was in der Gruppe herum­schwirrte. Hitler-Fotos, Hitler-Reden, Mit­glieder, die sich als Nap­o­la-Schüler, SSler oder gar mit fik­tiv­en Namen wie „Hein­rich Goep­pels, Reich­sad­mi­ral bei Reichs­führer-SS“ vorstellen.

Im Novem­ber 2016 zeigte ich Karl M., den Admin­is­tra­tor, an. Zu diesem Zeit­punkt haben ich bzw. „Stoppt die Recht­en“ schon etliche besorgte Zuschriften und Auf­forderun­gen erhal­ten, doch etwas gegen diese Gruppe zu unternehmen. Die Gruppe war zwar nicht öffentlich zugänglich, aber einige Geg­ner­In­nen sind anscheinend durch- und hineingerutscht, ver­sorgten mich mit Infor­ma­tio­nen und Screenshots.

Die Blauen unter den Braunen

Was aber ist eigentlich mit denen, die in der Gruppe drin­nen waren, weil sie der Korn­blume gefol­gt sind? Da meine ich in erster Lin­ie nicht die üblichen Verdächti­gen aus der drit­ten und vierten Rei­he, die wegen Wieder­betä­ti­gung Verurteil­ten oder die „Anführer“ von Neon­azi-Grüp­pchen wie der „Partei des Volkes“, auch nicht die zahlre­ich in der Gruppe vertrete­nen kleinen FPÖ-Funk­tionäre und ‑Man­datarIn­nen, son­dern die aus der zweit­en Rei­he der FPÖ: die Wiener Stadträtin Ursu­la Sten­zel, der Graz­er Klubob­mann Armin Sip­pel, Lan­desrat Elmar Pod­gorschek aus OÖ, die Abge­ord­neten zum Nation­al­rat Edith Mühlberghu­ber, Robert Lugar, Wal­ter Rauch und auch Mar­cus Franz, der allerd­ings nicht bei der FPÖ, son­dern in diesem Zeitraum „wilder“ Abge­ord­neter (vorher ÖVP und Team Stronach) war? Haben die nichts bemerkt? Sind sie – wieder ein­mal – ein­fach wo reingerutscht, wo sie – wieder ein­mal – keine Ahnung von der poli­tis­chen Ori­en­tierung der Gruppe hat­ten? Warum sind es fast immer diesel­ben, denen so etwas passiert? Eine Frage ist leicht beant­wort­bar: Noch nie hat ein/e FPÖ-Man­datarIn bemerkt, in welch graus­lich­er, brauner Umge­bung er da gelandet ist und Anzeige erstattet.

Podgorschek als Mitglied der geschlossenen Gruppe "Kornblume"

Pod­gorschek als Mit­glied der geschlosse­nen Gruppe „Korn­blume”

Vor der Anzeige stelle ich Karl M. ein Ulti­ma­tum: Entwed­er er dreht die Gruppe sofort ab, oder ich zeige ihn an. Karl M. reagiert nicht. Trotz Anzeige passiert zunächst ein­mal gar nichts. Lange nicht! Es dauert bis zum Herb­st 2017, dann klopft ein Ver­fas­sungss­chützer bei Karl M. an, erzählt ihm von der Anzeige und vom Ermit­tlungsauf­trag, den ihm die Staat­san­waltschaft wegen des Ver­dachts der Wieder­betä­ti­gung erteilt hat. Erst da dreht Karl M. die inzwis­chen auf über 20.000 Mit­glieder angewach­sene Gruppe schla­gar­tig ab, löscht sein pri­vates Face­book-Pro­fil, zieht sich aus dem Inter­net kom­plett zurück.

Meine Anzeige ist zwar aus­führlich (20 Seit­en), umfasst aber nur einen ver­gle­ich­sweise kurzen Zeitraum des „Wirkens“ von Karl M.. Eigen­ständi­ge und zusät­zliche Ermit­tlun­gen, etwa über den lan­gen Zeitraum zwis­chen Anzeige und erstem Kon­takt mit Karl M. find­et der Ver­fas­sungss­chutz anscheinend nicht notwendig. Das ist ein schw­eres Manko, denn die Vertei­di­gung von Karl M. beruft sich in ihrem Plä­doy­er darauf, dass Karl M. nur in einem sehr kurzen Zeitraum Schreck­lich­es gepostet habe.

Ras­sis­tis­che Het­ze und Lügen

Das stimmt mit Sicher­heit nicht. Karl M. hat über einen lan­gen Zeitraum sehr viel braunen Dreck selb­st gepostet und noch viel mehr als Admin­is­tra­tor geduldet. Holo­caust-Leug­nung, Nazi-Pro­pa­gan­da, Dro­hun­gen, Anti­semitismus und Ras­sis­mus – das alles geht auf sein Kon­to. Ein beson­ders übles Beispiel von het­zerischem Ras­sis­mus lieferte er mit diesem Empörungspost­ing (ich habe es nicht in die Anzeige aufgenommen):

Karl M. in Gruppe "Club 3 Kornblume"

Karl M. in Gruppe „Club 3 Kornblume”

Nordafrikanis­che migranten grillen in Tirol zum Spaß einen lebendi­gen Hund ! Und fotografieren dieses trau­rige Schaus­piel dann auch noch!!

Sein Post­ing wird rund 1.300 mal (!) geteilt und erhält unter anderem fol­gende Kommentare:

Alle an den Eiern aufhän­gen und mit kleinem Feuerzeug schmoren lassen, damits lang dauert
Die Assi müsste man anzünden
Tötet das Gesindel
Diese Drecks Vich­er gehören dort hin wo es ganz viele Bet­ten für die bre­it ste­hen. Aber vorher müßten die das mit unseren jet­zi­gen Regierun­gen machen, damit die dann auch etwas von wun­der­schö­nen Vielfalt haben.
Das ganze Gesoxe raus aus Österreich
Aufhän­gen!
Der Abschaum, der aus dem Urwald kam!
Töten sollte man diese drecks nig­ger alle­samt wie damals der ku klux klan!!!
Ich has­se diesen Abschaum! Ich wün­sche mir, alle diese Intelil­gentskrüpel selb­st bren­nen zu sehen. Euch scheiß‚ „Willkom­men­sklatsch­er”, euch has­se ich genau so!!!
ja ja — Frau Merkel, ist ja wieder nur ein Einzelfall, aber diese Men­schen wur­den von Ihnen ein­ge­laden, haben es allerd­ings nicht bis Berlin geschafft und „vergnü­gen” sich jet­zt in Tirol
Lasst uns diese Afrikanis­chen Schweine zur hölle fahren,und auch verbrennen!
Diese drei Hal­baf­fen sollte man lebendig Häuten es gibt doch keine Worte für so ein Drecks Volk
Bastarde„„dreckiges „””” schwarzes Rattenpack”””„für euch„,die Gaskam­mern von Auschwitz„„, jedem das seine“.

Erstunken und erlogen hat Karl M. dieses Post­ing allein zum Zweck der Het­ze. Wed­er stimmt der Ort der Hand­lung (Tirol) noch die Angabe über die Herkun­ft „Nordafrikanis­che Migranten“.

Langer Tatzeitraum, unzäh­lige Postings

In der Ver­hand­lung gibt sich Karl M. geständig. Sein Vertei­di­ger appel­liert im Schlussplä­doy­er an die Geschwore­nen, dass der Angeklagte nicht auf so blöde Ideen gekom­men wäre, wenn er eine Arbeit gehabt hätte. Außer­dem sei der Tatzeitraum sehr kurz gewe­sen, der Angeklagte son­st nie ein­schlägig aufge­fall­en und in sein­er Woh­nung gebe es nicht ein­mal Nazi-Devo­tion­alien, alles Wider­liche habe sich auss­chließlich im Inter­net abge­spielt. Eine Ansamm­lung von Plat­titü­den und gefährlichen Irrmei­n­un­gen, die aber bei der Bemes­sung der Strafe offen­sichtlich ver­fan­gen haben: 12 Monate bed­ingt und 2.880 Euro Geld­strafe lautet das noch nicht recht­skräftige Urteil.

Ich bin ja ohne­hin sehr skep­tisch, dass eine unbe­d­ingte Haft­strafe bei Men­schen wie Karl M. eine Besserung bewirken kön­nte, aber mit diesem Urteil stim­men ein­fach die Rela­tio­nen nicht! Wenn ein Sauf­nazi für das Heben sein­er recht­en Hand soviel „Schmalz“ bekommt wie Karl M. für zwei Jahre braunes Wüten vor und mit Riesen­pub­likum, dann passt das nicht wirk­lich. Dass die promi­nen­ten Mit­glieder in sein­er Gruppe so wie die zahlre­ichen braunen Het­zer völ­lig ungeschoren bleiben, passt mir aber auch nicht. Ich beruhige mich damit, dass nach der Anzeige schlussendlich die Gruppe und Karl M. aus Face­book ver­schwun­den sind. Immerhin!

Als ich nach mein­er Zeu­genein­ver­nahme zum Bahn­hof gehe, komme ich am Parteilokal des BZÖ vor­bei. Eine elek­tro­n­is­che Anzeigetafel sig­nal­isiert die Top-Mel­dung, einen Vor­trag am 26. April (schon vor­bei) zum The­ma: „Jörg Haider. Selb­st­mord, Mord, Unfall oder Attentat?“

Veranstaltung BZÖ-Kärnten zu Jörg Haiders Unfall (2019)

Ver­anstal­tung BZÖ-Kärn­ten zu Jörg Haiders Unfall (2019)

Das erin­nert mich an das Post­ing von Karl M. in der „Kornblumen“-Gruppe: „Dr. Jörg Haider. Das 8. Jahr nach sein­er Hin­rich­tung durch die Zionisten“

Karl M.: Haider und die Zionisten

Karl M.: Haider und die Zionisten

Die „Kornblumen“-Ideologie ist lei­der noch nicht tot!

Karl M.: Millionen Neger kommen

Karl M.: Mil­lio­nen Neger kommen

Karl M. und der "gesunde Volkskörper"

Karl M. und der „gesunde Volkskörper”

Karl M. mit Hitler-Rede

Karl M. mit Hitler-Rede