Wochenrückblick KW 17/23 (Teil 2): Graue Wölfe in Linzer Schule, Jugendorganisation der AFD gilt als rechtsextrem

Lesezeit: 4 Minuten

Neben den im ers­ten Teil des Wochen­rück­blicks erwähn­ten Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zes­sen, dem Nazi-Schrein eines Bun­des­heer­sol­da­ten und wei­te­ren Vor­komm­nis­sen wid­men wir uns dies­mal einer Ver­an­stal­tung der „Grau­en Wöl­fe” in Linz, haben Neu­ig­kei­ten über den mut­maß­li­chen Kor­rup­ti­ons­skan­del inner­halb der Gra­zer FPÖ und machen einen Schwenk nach Deutsch­land, wo die Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on der AFD vom dor­ti­gen Ver­fas­sungs­schutz als rechts­extrem ein­ge­stuft wurde.

Linz: Rechtsextremer Verein „Avrasya” in städtischer Goetheschule
Steiermark: Landtag beschließt Aufhebung der Immunität von FP-Chef Kunasek
Deutschland: Jugendorganisation der AfD für den Verfassungsschutz „gesichert rechtsextrem”

Linz: Rechtsextremer Verein „Avrasya” in städtischer Goetheschule

Der Ver­ein „Avra­sya” hielt in der städ­ti­schen Lin­zer Goe­the­schu­le eine Ver­an­stal­tung zum Ende des Fas­ten­mo­nats Rama­dan ab. Was auf den ers­ten Blick wie eine unpo­li­ti­sche, reli­giö­se Ver­an­stal­tung klingt, ent­puppt sich bei nähe­rem Hin­se­hen als Zusam­men­kunft eines Ver­ei­nes, der Bezie­hun­gen zu den tür­ki­schen „Grau­en Wöl­fen” pflegt und der mili­tant-natio­na­lis­ti­schen Par­tei „Mil­li­y­e­t­çi Hare­ket Par­ti­si“ (MHP) nahesteht.

„Avra­sya” ist für Beobachter*innen des Rechts­extre­mis­mus in Öster­reich nicht unbe­kannt. Zu den Vor­fäl­len mit „Avrasya”-Bezug zäh­len etwa die Ver­öf­fent­li­chung einer anti­se­mi­ti­schen Kari­ka­tur, in der kur­di­sche Widerstandskämpfer*innen im syri­schen Koba­ne ver­un­glimpft wur­den (kurier.at, 19.12.2014) oder auch das Zei­gen des faschis­ti­schen Wolfs­gru­ßes in der KZ-Gedenk­stät­te Mauthausen.

Die Lin­zer SPÖ hofiert die Rechts­extre­men schon seit Jah­ren mit Besu­chen auf deren Ver­an­stal­tun­gen sowie auch durch die Bereit­stel­lung von SPÖ-Räum­lich­kei­ten. Die­se Koket­te­rie mit tür­ki­schen Faschist*innen führ­te zu einem offe­nen Brie­fes, in dem sich 70 Per­so­nen und Orga­ni­sa­tio­nen gegen die Zusam­men­ar­beit der Lin­zer SPÖ mit den „Grau­en Wöl­fen” pro­tes­tiert hat­ten. Den­noch bestell­te der Lin­zer Bür­ger­meis­ter Klaus Luger (SPÖ) kurz dar­auf einen Ver­tre­ter des braun­grau­en Ver­eins als Mit­glied in den Inte­gra­ti­ons­bei­rat der Stadt Linz.

Auch der aktu­el­le Vor­fall in der Goe­the­schu­le lässt ver­mu­ten, dass inner­halb der Lin­zer FPÖ trotz der Kri­tik kein Umden­ken statt­ge­fun­den hat. SP-Stadt­rat Diet­mar Pram­mer ließ etwa aus­rich­ten, dass gegen „Avra­sya” poli­zei­lich nichts vor­lie­gen wür­de und die Sache somit geges­sen sei. (vgl. tips.at, 24.4.23) Eine Distan­zie­rung von rechts­extre­men Ver­ei­nen sieht jeden­falls deut­lich anders aus.

Die Fra­ge bleibt, inwie­weit es ein Nahe­ver­hält­nis der Isla­mi­schen Glau­bens­ge­mein­de Öster­reichs (IGGÖ) zum Ver­ein „Avra­sya” und somit den Grau­en Wöl­fen und ande­ren Aus­le­gern des Tür­ki­schen Rechts­extre­mis­mus gibt. Bei „Avra­sya” han­delt es sich laut einer Aus­sendung der Isla­mi­schen Reli­gi­ons­ge­mein­de Öber­ös­ter­reichs (IRG-OÖ), der Bun­des­län­der­ver­trer­tung der IGGÖ, um eine Moschee­ein­rich­tung der IGGÖ. In der glei­chen Aus­sendung beklagt IRG-OÖ-Vor­sit­zen­der Binur Mus­ta­fi, dass durch die media­le Bericht­erstat­tung ein Keil zwi­schen der öster­rei­chi­sche Mehr­heits­ge­sell­schaft und Mus­li­men getrie­ben und letz­te­re dadurch in ihrer frei­en Reli­gi­ons­aus­übung behin­dert wür­den. Auf die Kri­tik, dass es sich bei den Grau­en Wöl­fen um eine rechts­extre­me Organ­si­sa­ti­on han­delt, geht Mus­ta­fi nicht ein.

Steiermark: Landtag beschließt Aufhebung der Immunität von FP-Chef Mario Kunasek

Der stei­ri­sche Land­tag beschloss in der ver­gan­ge­nen Woche, den FPÖ-Lan­des­chef Mario Kuna­sek der Jus­tiz aus­zu­lie­fern. Grund dafür ist die tie­fe Ver­stri­ckung des ehe­ma­li­gen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters in einen Finanz­skan­dal, der sei­nes­glei­chen sucht. Es geht um Steu­er­geld­flüs­se in der Höhe von an die zwei Mil­lio­nen Euro, die mut­maß­lich an ver­schie­de­ne rech­te bzw. rechts­extre­me Orga­ni­sa­tio­nen, aber auch in die Taschen ver­schie­de­ner FPÖ-Funk­tio­nä­re geflos­sen sein sol­len. Auf Anord­nung der Staats­an­walt­schaft Klagenfurt/Celovec kam es zu Haus­durch­su­chun­gen bei ehe­ma­li­gen FPÖ-Funk­tio­nä­ren und Mit­ar­bei­tern sowie mut­maß­lich begüns­tig­ten Bur­schen­schaf­ten. Kuna­sek steht im Ver­dacht, Mit­wis­ser der Geld­schie­be­rei zu sein sowie fal­sche Zeu­gen­aus­sa­gen getä­tigt, Beweis­mit­tel unter­schla­gen bzw. fal­sche Beweis­mit­tel wei­ter­ge­ge­ben zu haben. (vgl. derstandard.at, 25.4.23) Damit hat sich der Gra­zer FPÖ-Finanz­skan­dal end­gül­tig auf die Lan­des­ebe­ne aus­wei­tet. Viel­leicht wird im Zuge des Ver­fah­rens auch klar, was mit dem ehe­ma­li­gen FPÖ-Wahl­slo­gan „Unser Geld für uns­re Leut“ eigent­lich gemeint war.

Deutschland: Jugendorganisation der AfD für den Verfassungsschutz nun „gesichert rechtsextrem”

„Nicht mehr mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar“ (Pres­se­mit­tei­lung Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz 26.4.23) sei die Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on der rechts­extre­men Deut­schen Par­la­ments­par­tei AfD, „Jun­ge Alter­na­ti­ve” (JA), laut dem deut­schen Ver­fas­sungs­schutz. Dies gel­te auch für das „Insti­tut für Staats­po­li­tik” (IfS) des rechts­extre­men Ideo­lo­gen Götz Kubit­schek sowie den Ver­ein „Ein Pro­zent e.V.”. Prak­tisch bedeu­tet die­se Neu­be­wer­tung durch den deut­schen Ver­fas­sungs­schut­zes einer­seits eine Mög­lich­keit, Mit­glie­der die­ser Orga­ni­sa­tio­nen von Stel­len im öffent­li­chen Dienst zu ent­fer­nen und die jewei­li­gen Orga­ni­sa­tio­nen einer stär­ke­ren Beob­ach­tung durch Ver­fas­sungs­schutz zu unterziehen.

Dass die JA schon seit Jah­ren ein Sam­mel­be­cken von Rechtsextremist*innen ist, war schon vor Jah­ren bekannt. Bereits 2016 bezeich­ne­te „Die Zeit” die Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on der AfD auf­grund ihrer Ver­stri­ckun­gen bis hin in die Neo­na­zi-Sze­ne als „Brü­cke zur rechts­ra­di­ka­len Sze­ne“. Die JA pflegt auch zur FPÖ und deren Jugend­ver­tre­tun­gen ein ami­ka­les Ver­hält­nis. So war eine JA-Dele­ga­ti­on im März 2022 zu Gast bei FPÖ-Chef Kickl. Mit der stär­ke­ren Beob­ach­tung der JA durch den deut­schen Ver­fas­sungs­schutz ste­hen auch deren Kon­tak­te ins Aus­land wie jene zur FPÖ und deren Teil- und Vor­feld­or­ga­ni­sa­tio­nen auto­ma­tisch mit im Visier.