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Wochenschau KW 49/21

Eine Hit­­ler-Hul­­di­­gung im Schlaf­zim­mer, Nazi-Täto­­wie­run­­gen, Eier­no­ckerl samt Hit­­ler-Hund Blon­di – das waren die Ingre­di­en­zen von drei Pro­zes­sen nach dem Ver­bots­ge­setz. In Kuf­stein wur­de ein Betrei­ber von Neo­na­­zi-Web­­sei­­ten ver­haf­tet, über eine Ankla­ge des Nazi-Rap­­pers „Mr. Bond“ ent­schei­det nun das OLG Wien. Und: Am Wie­ner Zen­tral­fried­hof wur­de das Grab des schwu­len NS-Opfers Franz Doms geschän­det. Pinzgau/Salzburg: Hitler-Foto […]

13. Dez 2021

Pinzgau/Salzburg: Hit­ler-Foto im Schlafzimmer
Salz­burg: Nazi-Tätowierungen
Eisen­stadt: Eier­no­ckerl & Blondi
Kufstein/T: Nazi-Web­site­be­trei­ber verhaftet
Pater­ni­on (K)/Wien: Nazi-Bond vor Anklage
Steyregg/OÖ: Initia­ti­ve gegen Identitäre
Wien: Grab des NS-Opfers Franz Doms geschändet
Ö: Novel­lie­rung Symbole-Gesetz

Pinzgau/Salzburg: Hit­ler-Foto im Schlafzimmer

Eine nicht all­täg­li­che Sym­pa­thie­be­kun­dung hat­te ein im Pinz­gau leben­der bul­ga­ri­scher Staats­bür­ger (57) in sei­nem Schlaf­zim­mer plat­ziert: ein Bild von Adolf Hit­ler mit dem Text „Du fehlst mir“. Dafür bekam er am Lan­des­ge­richt Salz­burg ein Jahr bedingt. „Poli­zis­ten ent­deck­ten das Hit­ler­fo­to im Rah­men einer Amts­hand­lung in ande­rem Kon­text in der Woh­nung des Bul­ga­ren; die­ser hat­te sich zudem ein Hit­ler-Por­trät auf den Ober­arm täto­wie­ren hat­te las­sen. Das Urteil wegen Ver­sto­ßes gegen 3g Ver­bots­ge­setz ist bereits rechts­kräf­tig.” (sn.at, 6.12.21)

Salz­burg: Nazi-Tätowierungen

Haken­kreuz, das Wort „Hass“ auf den Fin­gern mit dem Doppel‑S in Form von Sie­gru­nen und ande­re ein­schlä­gi­ge Sym­bo­le zie­ren den Kör­per eine 44-jäh­ri­gen Salz­bur­gers. Im Pro­zess ging’s schließ­lich um die Fra­ge, ob er sei­nen brau­nen Kör­per­schmuck zur Schau gestellt hat­te. Das scheint mehr­fach der Fall gewe­sen zu sein. Skur­ril: auch in der Haft­an­stalt, in der der mit 24 Ein­trä­gen im Straf­re­gis­ter aus­ge­stat­te­te Ange­klag­te der­zeit einsitzt.

Aktu­ell sitzt der ehe­ma­li­ge Haus­be­sor­ger wegen schwe­rer Kör­per­ver­let­zung an einem Poli­zis­ten und Wider­stan­des gegen die Staats­ge­walt im Gefäng­nis. Am Ende spra­chen die acht Geschwo­re­nen den Mann schul­dig. Das Urteil: Ein Jahr Haft – zusätz­lich zu den zwei Jah­ren, die er aktu­ell absitzt. Nicht rechts­kräf­tig! (Kro­nen Zei­tung, 11.12.21, S. 32)

Eisen­stadt: Eier­no­ckerl & Blondi

Es war aus­ge­rech­net am 20. April 2020, als der Poli­zist und FPÖ­ler Fer­di. H., der sonst nie Spei­sen auf sei­ner Face­book-Time­line ange­prie­sen hat­te, den Drang ver­spür­te, kund­zu­tun, dass er Eier­no­ckerl mit grü­nem Salat essen wür­de. Dafür erhielt er zehn Mona­te bedingt und eine Geld­stra­fe über 6.300 Euro – inzwi­schen rechts­kräf­tig. Im Juli 2021 frag­te der Stan­dard-Jour­na­list Mar­kus Sulz­bach­er nach, ob der Eier­no­ckerl-Fan noch im Dienst sei. Die dama­li­ge Ant­wort: „Ja, weil die  Dis­zi­pli­nar­kom­mis­si­on erst aktiv wird, wenn das Urteil rechts­kräf­tig ist.“ Fragt sich daher, ob die Dis­zi­pli­nar­kom­mis­si­on inzwi­schen tätig gewor­den ist. 

Fol­gen hat­te Fer­dis Pos­ting auch für Wolf­gang W., denn der kom­men­tier­te die Eier­no­ckerl mit „Blon­di fehlt“. W., damals blau­er Ersatz­ge­mein­de­rat im nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Wim­pas­sing, muss­te nicht nur die FPÖ ver­las­sen, son­dern nun auch vor Gericht Platz neh­men. Dort war­te­te er mit eini­gen skur­ri­len Erklä­rungs­ver­su­chen auf.

Der Ange­klag­te, seit Jahr­zehn­ten für das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Lan­des­ver­tei­di­gung tätig, bekann­te sich nicht schuldig.
Er habe am 20. April 2020 am Abend „in Face­book geschaut“ und gese­hen, dass sein Par­tei­freund „den Schwach­sinn, die Eier­no­ckerl, gepos­tet hat“. „Bra­vo!“, habe er sich gedacht, und den Kom­men­tar „Blon­di fehlt“ abgesetzt.
„Nach zehn Minu­ten kam ein Shit­s­torm über Mes­sen­ger“, erin­ner­te sich der Ange­klag­te vor Gericht.
„Ich wur­de als Nazi-Sau beschimpft. Da ver­such­te ich, den Kom­men­tar zu löschen.“ Das sei ihm aber nicht mehr mög­lich gewesen.
Von der Poli­zei zu dem Kom­men­tar befragt, woll­te der FPÖ-Anhän­ger nichts dazu aus­sa­gen. Statt­des­sen leg­te er eine Sach­ver­halts­dar­stel­lung vor, in der er behaup­te­te, mit „Blon­di“ sei das am Eier­no­ckerl-Foto feh­len­de Bier gemeint gewesen.
Bei die­ser Dar­stel­lung blieb der Ange­klag­te vori­ge Woche vor Gericht nicht mehr. Dies­mal lau­te­te sei­ne Ver­tei­di­gungs­stra­te­gie, dass er sei­nen Kom­men­tar „iro­nisch und sar­kas­tisch“ gemeint habe.
Er habe gewusst, gab er zu, dass Eier­no­ckerl die kol­por­tier­te Lieb­lings­spei­se von Adolf Hit­ler waren und des­sen Hün­din „Blon­di“ hieß.
„Ich bereue es zutiefst“, sag­te der mitt­ler­wei­le vor­läu­fig vom Dienst sus­pen­dier­te Ange­klag­te. „Ich krän­ke mich, kann seit 20 Mona­ten nicht mehr schla­fen, auch mei­ne Frau nicht. Wir sind fer­tig mit der Welt.“ (bvz.at, 11.12.21)

Der mit der Welt fer­ti­ge BMLV-Mit­ar­bei­ter wur­de schul­dig gespro­chen und erhielt eine Kom­bi­na­ti­on aus beding­ter Haft­stra­fe und unbe­ding­ter Geld­stra­fe, die dem Aus­maß von zwölf Mona­ten Frei­heits­stra­fe entspricht.

Kufstein/T: Nazi-Web­site­be­trei­ber verhaftet

Ein 54-jäh­ri­ger Kuf­stei­ner wur­de am 7. Dezem­ber ver­haf­tet, weil er als Betrei­ber von zwei Web­sei­ten, auf denen NS-Pro­pa­gan­da betrie­ben wur­de, aus­ge­forscht wer­den konnte.

Die Inter­net­sei­ten, auf denen auch der Holo­caust geleug­net wur­de, waren mit selbst ange­fer­tig­ten Pla­ka­ten und Fly­ern im Raum Kuf­stein und im benach­bar­ten Kie­fers­fel­den in Bay­ern bewor­ben worden.
Für den 54-jäh­ri­gen Ver­däch­ti­gen klick­ten laut Poli­zei am Diens­tag die Hand­schel­len. Er wur­de nach der Fest­nah­me in sei­ner Kuf­stei­ner Woh­nung zunächst von den Ermitt­lern befragt. Dabei zeig­te sich der Mann gestän­dig. Er habe die bei­den Web­sites seit rund einem Jahr betrieben.
Bei der Haus­durch­su­chung stieß die Poli­zei in der Woh­nung des 54-Jäh­ri­gen auch auf belas­ten­des Beweis­mit­tel. (tirol.orf.at, 9.12.21)

Pater­ni­on (K)/Wien: Nazi-Bond vor Anklage

Wie zuerst die Mit­tel­deut­sche Zei­tung berich­te­te, ist die Ankla­ge­schrift der die Staats­an­walt­schaft Wien gegen jenen aus Pater­ni­on (Kärn­ten) stam­men­den Neo­na­zi-Rap­per, der im Netz als „Mr. Bond“  wider­wär­tigs­te NS-Pro­pa­gan­da ver­brei­tet und Mor­de gut­ge­hei­ßen hat­te, fer­tig. Da der Ver­tei­di­ger von Phil­ip H. Ein­spruch ein­ge­legt hat, liegt der Fall nun beim Ober­lan­des­ge­richt. Soll­te es zum Pro­zess kom­men, droht H., der sich seit sei­ner Fest­nah­me in Unter­su­chungs­haft befin­det und dort beharr­lich schweigt, eine hohe Gefängnisstrafe.

Wie der Stan­dard (9.12.21) schreibt, soll H. ali­as Mr. Bond

für den US-ame­ri­ka­ni­schen Repu­bli­ka­ner Patrick Litt­le gear­bei­tet haben. Der Rechts­extre­mist soll ihn „sehr inspi­riert” haben, schrieb mut­maß­lich Phil­ip H. im Jän­ner 2019. „Ich war ziem­lich enga­giert in sei­ner Kam­pa­gne zum Sena­tor.“ (…) Litt­le for­der­te die Ver­ei­nig­ten Staa­ten „juden­frei” zu machen, leug­ne­te den mil­lio­nen­fa­chen Mord an Juden und Jüdin­nen im Holo­caust und mach­te kei­nen Hehl aus sei­ner Ver­eh­rung Adolf Hit­lers. Ein Video des Ex-Repu­bli­ka­ners zeigt Litt­le am Stra­ßen­rand ste­hend, in der Hand ein Papp­schild mit der Auf­schrift „Juden ver­ge­wal­ti­gen Kin­der”. Das alles brach­te ihm den Aus­schluss aus der repu­bli­ka­ni­schen Par­tei ein. Der Kärnt­ner Musi­ker H. soll unter ande­rem Pla­ka­te für den ver­hin­der­ten Poli­ti­ker gestal­tet haben.

H. war in meh­re­ren Foren aktiv tätig, so auch in jenem der „skan­di­na­vi­schen Neo­na­zi-Grup­pie­rung Nor­dic Resis­tance Move­ment (NRM). (…) Nicht nur wur­den sei­ne ras­sis­ti­schen Songs im Pod­cast der Neo­na­zis gefea­turt, der Mann kom­men­tier­te auch live wäh­rend der Sen­dung.“ (derstandard.at)

Laut Stan­dard wird in den USA für H. Geld gesam­melt. „Für die­sen Zweck soll einer der bei­den, ein vier­fa­cher Vater aus Illi­nois, Sam­mel­kar­ten mit ras­sis­ti­schen Lied­zei­len des öster­rei­chi­schen Rap­pers online ver­kau­fen. Dar­un­ter eine mit dem Kon­ter­fei Adolf Hit­lers, eine ande­re mit dem Auf­druck ‚Race War‘ – Rassenkrieg.“

Steyregg/OÖ: Initia­ti­ve gegen Identitäre

Im ober­ös­ter­rei­chi­schen Steyr­egg hat sich nun eine Initia­ti­ve gegen die im Som­mer eröff­ne­te Iden­ti­tä­ren-Burg „Cas­tell Auro­ra“ gegründet.

„Steyr­egg ist bunt“ ist eine Initia­ti­ve von Bür­gern aus Steyr­egg. „Wir wol­len über die Stand­punk­te und Akti­vi­tä­ten der Rechts­extre­men, die bei uns im Ort ein Haus gekauft haben, auf­klä­ren.” Es sei ihnen ein Anlie­gen in einer „Nach­bar­schaft frei von Gewalt und Dis­kri­mi­nie­rung” zu leben. Alle sei­en ein­ge­la­den, die der Mei­nung sind, dass „für Hass und Het­ze kein Platz in unse­rem schö­nen Steyr­egg” sei. Mit Ver­an­stal­tun­gen und Aktio­nen wol­len sie auf­zei­gen wie bunt Steyr­egg wirk­lich sei. (meinbezirk.at, 9.12.21)

Somit bleibt, der Initia­ti­ve viel Erfolg zu wünschen!

Wien: Grab des NS-Opfers Franz Doms geschän­det 

Die Geschich­te von Franz Doms, der 1944 auf­grund sei­ner Homo­se­xua­li­tät von den Nazis ermor­det wor­den war, hat jüngst Jür­gen Pet­tin­ger mit sei­nem viel­be­ach­te­ten Buch „Franz – Schwul unterm Haken­kreuz“ an die Öffent­lich­keit gebracht.

Auch sein Grab am Zen­tral­fried­hof wur­de knapp vor der Auf­las­sung auf­ge­stö­bert und seit­her von drei Jugend­li­chen gepflegt. 

Es wur­de zu einer Gedenk­stät­te für ihn „und die vie­len tau­send ande­ren quee­ren Opfer der Geschich­te und der Gegen­wart gewor­den“, wie Pet­tin­ger erklärt. (…) Doch als drei Jugend­li­che heu­te das Grab pfle­gen woll­ten, bot sich ihnen ein ver­stö­ren­des Bild. Die Ruhe­stät­te wur­de offen­bar geschän­det – ein Unbe­kann­ter hat­te auf das Grab uri­niert. Der fri­sche Schnee auf dem Grab war gelb, es hat gestun­ken. Die Jugend­li­chen waren scho­ckiert und haben den Dreck so schnell wie mög­lich ent­fernt, wie Pet­tin­ger in Sozia­len Medi­en schreibt. (ggg.at, 10.12.21)

Wir schlie­ßen uns Jür­gen Pet­tin­ger an:

Heu­te wich­ti­ger denn je: #Nie­mals­Ver­ges­sen #Nie­mals­Wie­der #NeverFor­get #NeverA­gain
Und dem ekel­haf­ten Typen, der das getan hat gilt #Alle­Ver­ach­tung 🤬

Ö: Novel­lie­rung Sym­bo­le-Gesetz 

Nach­dem bereits Ende Juli die Novel­lie­rung des Sym­bo­le-Geset­zes in Kraft getre­ten ist, kam am 6.12. die für eine Exe­ku­ti­on not­wen­di­ge Ver­ord­nung. Die defi­niert nun im Detail, wel­che Sym­bo­le ver­bo­ten sind, dar­un­ter jene der Iden­ti­tä­ren, der Usta­scha und ihrer Teil- und Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­tio­nen. Dar­un­ter fal­len auch vie­le Sym­bo­le, die bei neo­fa­schis­ti­schen Auf­marsch in Bleiburg/Pliberk zu sehen waren.

Verboten: Ustascha-Symbole
Ver­bo­ten: Ustascha-Symbole
Verboten: Ustascha-Symbole
Ver­bo­ten: Ustascha-Symbole
Verboten: Ustascha-Symbole und jene der HOS
Ver­bo­ten: Usta­scha-Sym­bo­le und jene der HOS
Verboten: Logos der Identitären und von "Die Österreicher"
Ver­bo­ten: Logos der Iden­ti­tä­ren und von „Die Österreicher”