Als der Rechtsterrorist Stephan B. im Oktober 2019 in Halle nach seinem missglückten Versuch, die Synagoge zu stürmen und massenhaft Menschen zu ermorden, zwei Passant*innen tötete, spielte er sich und im Livestream für sein Publikum einen Song von „Mr. Bond“ vor. In einem US-Neonazi-Forum stellte dazu der User „anon24431009“ die Frage: „In dem Stream wurde ein Song von Mr. Bond gespielt?“ Der User stellte sich selbst die Frage, denn, wie für den „Standard“ Christof Mackinger und Sabina Wolf recherchierten, der User „anon24431009“ war kein anderer als „Mr. Bond“ – Werbung in eigener, dreckiger Sache!
Eines ist nämlich sicher: Die Songs bzw. Texte von „Mr. Bond“ gehören zu den widerlichsten und gewalttätigsten, sind so etwas wie die musikalische Erregungsvorlage für gewaltbereite und gewalttätige Neonazis und Rechtsterroristen. „Pure Zyklon“, „Sieg Heil“, „Supa Nazi“,“ Wind of Adolf“ und „Smoke a Schlomo“, das sind nur einige wenige seiner unzähligen widerwärtigen Titel zu Songs und Texten, aus denen die Vernichtungsphantasien nur so herausquellen.
Unter dem Deckmantel des „Parody-Rap” übernimmt er die Musik bekannter Hits und singt oder rappt dazu neue, durch und durch rassistische Texte. Aus dem Welthit der Scorpions wird „Wind of Adolf”, „The mosque is on fire” singt er zur Musik der Bloodhound Gang, und aus Fort Minors Lied „Where’d You Go” wird eine Ode an Adolf Hitler. In Bonds Persiflage auf Gucci Manes Lied „Supa Cocky” imaginiert sich der Wiener selbst als „Supanazi” und formuliert Vergasungsfantasien gegen jüdische Neugeborene. (derstandard.at, 22.9.20)
Jetzt wurde „Mr. Bond“ in Paternion von Beamten des Verfassungsschutzes festgenommen. Das heißt, schon am 20. Jänner 2021. Die Presseaussendung dazu erfolgte aber erst am 2. Februar vormittags, wurde kurz danach wieder zurückgenommen, aber dann in der Folge doch wieder bestätigt:
Bei der Hausdurchsuchung konnten Datenträger, Waffen, eine Reichkriegsflagge, NS-Devotionalien, Liedtexte sowie weitere Beweismittel (z.B. ein kleines Mischpult) sichergestellt werden. Der Beschuldigte wurde nach einer Einvernahme auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien festgenommen und in die Justizanstalt Klagenfurt überstellt. (bmi.gv.at, 4.2.21)
Mittlerweile wurde über den Verdächtigten, Philip H., die Untersuchungshaft verhängt. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung (§ 3g Verbotsgesetz) und Verhetzung (§ 283 StGB) ermittelt. Philip H. ist 36 Jahre alt, arbeitslos und hat im Haus seiner Eltern gelebt – mit ziemlich perfekter Tarnung. In den sozialen Netzwerken bzw. im Internet selbst finden sich fast keine Spuren, die zu seiner Identität führen würden.
Seine Eitelkeit spielte dem klandestinen Nazi allerdings einen Streich. In einem der Nazi-Foren, in denen er seinen braunen Dreck veröffentlichte, war auch ein Foto zu sehen, das einen hinter einem Schal verhüllten Brillenträger vor dem Hintergrund einer Schneelandschaft zeigt. In einer Liftkabine? In der Umgebung von Paternion? Jedenfalls in Österreich.
In der Umgebung von Paternion hat es schon einmal schwere Nazis erwischt. Ende Mai 1945 wurden Odilo Globočnik, Friedrich Rainer, Ernst Lerch und weitere NS-Schwerverbrecher auf der Mößlacher Alm beim Weißensee in einer Almhütte von einer britischen Patrouille aufgegriffen. Globočnik entzog sich seiner Verantwortung durch Suizid mittels der für Nazi-Verbrecher geläufigen Zyankali-Kapsel.
Die Nazi-Kameraden von Philip H. sind jedenfalls alarmiert. Nachdem sie vor zwei Jahren dem Kärntner nachgeweint haben, weil er plötzlich mit der Produktion neuer Songs aufgehört hatte, verbreitet sich jetzt die Kunde von der Verhaftung in den Foren: Es wird wieder geweint – natürlich mit heftigen antisemitischen Auswürfen.
Und es gibt auch schon Aufrufe für Spendensammlungen, um den Neonazi zu unterstützen. Irgendein Nazi wird das Geld, das da gesammelt wird, dann schon einsacken.
➡️ Festnahme des Nazi-Rappers Mr. Bond: „Wir werden Nehammer hängen”