Ob Johann Gaiswinkler mit dem Rechtsextremismus sympathisiert, können wir nicht beantworten. Was wir aber sagen können: Der Spruch, den der Brigadier auf seinem T‑Shirt in einem Video zeigt und auch noch rezitiert, ist rechtsextrem und bedient rechtsextreme und verschwörerische Positionen:
Noch sitzt Ihr da oben, Ihr feigen Gestalten.
Vom Feinde bezahlt, doch dem Volke zum Spott!
Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten,
dann richtet das Volk, dann gnade Euch Gott!
Daran würde auch nichts ändern, wenn die Zeilen tatsächlich vom in Burschenschafterkreisen sehr beliebten Theodor Körner stammen würden. Der hat zwar eifrig gegen die napoleonische Fremdherrschaft über die deutschen Fürstentümer angeschrieben, war aber mit Sicherheit nicht der Verfasser des hetzerischen Spruchs, wie „Stoppt die Rechten” bereits 2018 mit Verweis auf die Arbeiten des Körner-Experten Erhard Jost berichten konnten.
Mittlerweile, nämlich im Oktober 2019, hat die Deutsche Presseagentur (dpa) in einem Faktencheck herausgefunden, dass es sich bei der Verfasserin des Spruchs um die neonazistische Schreiberin Renate Schütte handelt. Die hat auch etliche weitere Verse in dieser Diktion verfasst, etwa die hier über den „Deutschen Osten“:
Über ewig deutschem Land
weht des Feindes blut’ge Fahne (…)
Halte aus, mein deutsches Land,
bis wir dich befrei’n aufs neue!
Ihre Reime hat Schütte damals bekannten Neonazis bzw. Rechtsterroristen wie Manfred Roeder und Thies Christophersen gewidmet. Es gibt also keine Zweifel, woher und wohin bei Schütte der Wind weht.
Wenn sich ein Brigadier mit einem Spruch wie dem über die feigen Gestalten da oben, die vom Feinde bezahlt werden, zu Wort meldet, dann meint er wohl seine Chefitäten in der Bundesregierung. Gaiswinkler bestätigt das auch dadurch, dass er in seiner Rechtfertigung der Regierung vorwirft, die Verfassung zu brechen. Kritik an vermeintlich verfassungswidrigen Positionen muss natürlich auch einem Brigadier erlaubt sein, aber eine Drohung mit dem Volksgericht sicher nicht. Und wer bitte ist der Feind, von dem die Bundesregierung angeblich bezahlt wird?
Womit wir bei der Heuchelei wären. Fast schon lustig ist es, wenn ein anderer Brigadier, in diesem Fall einer im Ruhestand, der Ministerin Tanner Heuchelei vorwirft, weil sie dem Brigadier Gaiswinkler ein „Anstreifen mit nationalsozialistischem Gedankengut“ (ots.at, 1.2.21) vorgeworfen hat, während ihre Partei, die ÖVP und Kanzler Kurz, kein Problem damit gehabt haben, mit einem Strache eine Koalition einzugehen, der Jahre zuvor denselben Spruch mit den feigen Gestalten (bei Strache waren es „Gesellen“) gepostet hat.
Der Brigadier im Ruhestand, der da so heftig Kritik an der Heuchelei der ÖVP übt, ist selber ein Heuchler. Schließlich handelt es sich bei ihm um den früheren Wiener FPÖ-Landtagsabgeordneten Wolfgang Jung. Der stramme Rechte Jung kritisiert seinen eigenen mittlerweile verlorengegangenen und abtrünnigen Parteichef indirekt wegen dessen Neonazi-Spruchs? Natürlich nicht! Dem blauen Brigadier fiele nicht einmal im Traum ein, den rechtsextremen Spruch mit den feigen Gestalten und die Drohung mit dem Volksgericht zu kritisieren. Vermutlich hält er ihn für richtig – oder für unbedenklich. Was er kritisiert, ist das unbestreitbare Faktum, dass der Spruch mit NS-Positionen in Verbindung gebracht wird. Jung verlangt, dass sich die Ministerin schützend vor ihren Brigadier stellen hätte sollen.
Aber woher hat Wolfgang Jung seinen Strache-Screenshot, zumal Straches FB-Seite ja seit mehr als einem Jahr offline ist. Hat er den Screenshot über die Jahre hinweg aufbewahrt, oder hat er ihn gar von „Stoppt die Rechten“ geklaut? Macht nichts, Herr Jung, man muss sich nicht schämen, wenn man ein antifaschistisches Medium liest!