Steyregg/OÖ: Identitäre „Burg“ in Steyregg
Wien: Identitärer Aufmarsch mit internationaler Beteiligung
Brandenburg/D: Jörg Dittus Pressesprecher der AfD Brandenburg
NRW/D – OÖ: AfD-Landtagsabgeordneter finanziert identitären Spieleentwickler
Steyregg/OÖ: Identitäre „Burg“ in Steyregg
Mit den identitären Zentren im oststeirischen Eichkögl und in der Ramperstorffergasse in Wien-Margareten haben die Identitären im oberösterreichischen Steyregg ihr nunmehr drittes Domizil innerhalb von Österreich eingerichtet.
Nach dem Rausflug aus der „Villa Hagen“ in Linz war über das in Rostock ansässige identitäre Immobilien-Investititionsprojekt „Schanze Eins“ ursprünglich für ein Zentrum in Linz gesammelt worden. Daraus wurde nichts. 2019 hatte der für das Projekt verantwortliche und in Oberösterreich lebende Kontaktmann Steve Henschke ein ehemaliges Bierlokal in Steyregg erstanden. Die Gemeinde gab sich überrascht, als bekannt wurde, dass hier die Identitären eine weitere Homebase mit dem Namen „Castell Aurora“ errichtet hatten, obwohl eine Google-Suche nach dem Käufer schnell gezeigt hätte, wer sich im Ortszentrum eingenistet hat.
Diese selbsternannten ‚Patrioten‘ haben zu keinem Zeitpunkt – bis heute nicht — offengelegt, zu welchem Zweck sie die Liegenschaft erworben haben. Eine Privatperson gab der Verkäuferin gegenüber an, mit dem Erwerb des Hauses das frühere Bierlokal weiterführen zu wollen. So hat sich diese Gruppierung arglistig eingeschlichen ins Zentrum unserer Stadt. Wohl ahnend, dass sie hier alles andere als willkommen sind. Die Empörung der Steyreggerinnen und Steyregger ist groß, ebenso die Sorge, dass die unseligen Umtriebe der Identitären hier wie sonstwo zunehmen könnten. Als Bürgermeister wie auch als Privatmensch und im Namen des gesamten Gemeinderates möchte ich diesen ungebetenen Neuankömmlingen ausrichten, dass wir sie hier nicht wollen. Es gibt vielfältige Überlegungen, diese Ablehnung auch deutlich sichtbar zum Ausdruck zu bringen. (tips.at, 20.7.21)
Als Reaktion ließ die Gemeinde einen Zebrastreifen in Regenbogenfarben direkt vor der neuen identitären Zentrale aufpinseln und montierte zwei über der Straße angebrachte Transparente mit der Aufschrift „steyregg IST BUNT“.
Der Widerstand in Steyregg wird sich wohl deutlicher manifestieren müssen; Anleihe könnte man in Halle nehmen, wo es einem breiten Bündnis aus Anrainer*innen und zivilgesellschaftlichen Initiativen gelungen ist, die Neofaschisten nach drei Jahren zum Auszug aus ihrem damaligen Zentrum zu bewegen.
Wien: Identitärer Aufmarsch mit internationaler Beteiligung
Am 31.7. riefen die neofaschistischen Identitären zu einer „Großdemo“ auf, um gegen die Novellierung des Symbole-Gesetzes zu protestieren. Die war zwar mit 28.7.21 in Kraft getreten, die für eine Umsetzung notwendige Verordnung des Innenministers liegt jedoch bis heute nicht vor.
Sehr groß ist der Aufmarsch, der just beim „Mahnmal gegen Krieg und Faschismus“ neben der Albertina begonnen hat, dann doch nicht geworden. Rund 500 Teilnehmende, darunter viele aus dem Ausland angereiste Neofaschist*innen und Neonazis, zogen durch die Wiener Innenstadt. Neben den bekannten identitären Kadern rund um Martin Sellner beteiligten sich auch Personen aus der FPÖ wie etwa die Vorsitzende der RFJ Wieden, Annarita Menegus, und eine Mitarbeiterin des FPÖ-Parlamentsklubs, die ihre identitäre Verbundenheit auch mit dem Tragen einer Fahne zum Ausdruck brachte. Aus dem Küssel-und Corona-Protest-Umfeld waren Harald Schmidt und Hannes Brejcha anwesend und auch der 82-jährige Neonazi-Unterstützer Herbert Fritz. Aus Deutschland waren der Münchner Pegida-Chef Heinz Meyer angereist, der seitens der Sicherheitsbehörden als rechtsextremer Gefährder geführt wird und gegen den seit 2012 wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt wird.
„Aus Franken sind der frühere NPD-Landesvorsitzende und Stadtrat in Nürnberg Ralf Ollert (Sonnenbrille) und der Szeneanwalt Frank Miksch (aus Fürth; mit kariertem Hemd) angereist“, wie „Endstation Rechts“ dokumentierte.
4/X Aus Franken sind der frühere NPD-Landesvorsitzende und Stadtrat in Nürnberg Ralf Ollert (Sonnenbrille) und der Szeneanwalt Frank Miksch angereist. #noib #w3107 pic.twitter.com/BLWJJSkrsZ
— ENDSTATION RECHTS. (@ER_MV) July 31, 2021
Frank Miksch ist derzeit einer der Verteidiger von Beteiligten aus der „Gruppe S.“, „Szeneanwalt aus Nürnberg und einst Aktivist der NPD-Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten«. Er vertrat zuletzt Susanne G., eine Heilpraktikerin, die Sprengmittel beschafft, Morddrohungen gegen Politiker ausgesprochen sowie einen Anschlag auf eine Moschee geplant haben soll.“ (spiegel.de, 14.4.21)
Brandenburg/D: Jörg Dittus Pressesprecher der AfD Brandenburg
Wenn die Märkische Allgemeine schreibt, der neue Pressesprecher der AfD Brandenburg, Jörg Dittus, „soll Kontakte zur rechtsextremen Identitären Bewegung haben“, dann ist „soll“ überflüssig, denn er hat. Sein Weg führte von den Grazer Identitären direkt zu jenen nach Halle. Im Jänner 2019 marschierte der Burschenschafter Dittus mit Tausenden Anhänger*innen der neofaschistischenen „Casa Pound“ und identitären Kameraden in Rom auf. Dittus scheint auch auf der öffentlich gewordenen BVT-Liste der Spender an die Identitären auf. Belltower berichtet im März zu Dittus:
Der aus Österreich zugewanderte Jörg Dittus, der dort zur „Identitären Bewegung“ zählte, arbeitet für das neurechte „Institut für Staatspolitik“ um Götz Kubitschek. Im Oktober 2018 berichtete die Mitteldeutsche Zeitung, dass Dittus eine neue Anstellung im Wahlkreisbüro von Robert Farle, dem parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion gefunden hatte.
Kurz: Viel mehr identitär als Dittus kann kaum noch jemand sein!
NRW/D – OÖ: AfD-Landtagsabgeordneter finanziert identitären Spieleentwickler
Roger Beckamp, AfD-Abgeordneter im Landtag von Nordrhein-Westfalen und Kandidat für die kommende Bundestagswahl will Gutes tun, bzw. das, was er darunter versteht: Er alimentiert mit einem Jahresstipendium über monatlich 500.- rechte Aktivisten, die mitwirken, eine „patriotische Gegenöffentlichkeit“ (zdf.de, 14.8.21) zu schaffen. Profiteur ist Roland Moritz, der mit „KVLTGAMES“ ein Spiel entwickelte, das wegen seiner rechtsextremen Inhalte von der Plattform Steam entfernt und in Deutschland indexiert wurde.
So steuert man unter anderem den Sprecher der rechtsextremen Identitären Bewegung Martin Sellner und bekämpft dabei das „Globo Homo”-Regime. Ein Spielbösewicht sieht zudem dem ungarischen Milliardär George Soros sehr ähnlich, der zum Feindbild von Rechtsextremen sowie Antisemiten gehört.
Außerdem ist das Spiel von diffamierenden Bildern durchzogen. In einem Level taucht etwa auf dem Völkerschlachtsdenkmal, einer bei Rechtsextremen beliebten Landmarke, eine antiziganistische Karikatur einer Roma-Frau auf. (watson.de, 24.9.20)
Moritz hat sich mit seiner Firma in der neuen identitären Immobilie in Steyregg einquartiert. Damit ist auch räumlich zusammengewachsen, was zusammengehört. Moritz beweist allerdings Humor, indem er dem ZDF schreibt: „Ich bin nicht mehr bei der Identitären Bewegung aktiv.“ Und wie rechtfertigt er seine Aussage auf Twitter? „Es gibt nicht ‚die identitäre Bewegung’. Es ist eine Idee, keine Organisation.“ Das soll er mal der „identitären Bewegung“ samt ihrem Führer Sellner sagen, dass es sie gar nicht mehr gibt – etwa bei der nächsten Demonstration, an der Moritz möglicherweise wie bei jener am 31. Juli wieder dabei sein wird.
➡️ Wochenschau KW 27 bis 32/21, Teil 2: Prozesse
➡️ Wochenschau KW 27 bis 32/21, Teil 3: Blaue Geschichten
➡️ Wochenschau KW 27 bis 32/21, Teil 4: Gemischtes