Die braunen Ränder der Identitären (I)

Die Pro­voka­tion von ver­mummten Wiener „Iden­titären” bei einem Work­shop der Car­i­tas am Schlinger­markt in Wien Florids­dorf hin­ter­lässt Fra­gen: Wer sind die Wiener Iden­titären, woher kom­men sie? Eine Spuren­suche.Als im Herb­st 2011 die Burschen vom Siegfried­skopf ihren Blog auflösten, ver­ab­schiede­ten sie sich etwas gekränkt mit der Begründung:

Unser Faz­it aus den Beiträ­gen die, in ein­er Arg­wohn erweck­enden, zeitlichen Abstim­mung, auf stoppt­dierecht­en, news und einem nagel­neuen Blog erschienen sind: Der antifaschis­tis­che Beißre­flex schnappt wieder ein­mal zu. Uns kann es nur recht sein, dass diese Kreise, ide­ol­o­gisch abges­tumpft, längst nicht mehr in der Lage sind, eine Trennlin­ie zwis­chen iden­titären, ethno­plu­ral­is­tis­chen Posi­tio­nen, Recht­spop­ulis­mus oder Neon­azis­mus zu ziehen son­dern stets mit der gle­ichen stumpfen Nazikeule aus­holen.

Ein beson­der­er Gruß der gekränk­ten Burschen galt zum Abschied dem „Funken” und der iden­titären Bewe­gung: „Wir wün­schen der erwachen­den iden­titären Bewe­gung im ganzen deutschen Sprachraum viel Erfolg, vor allem Block-Iden­tität und unseren Fre­un­den vom Funken.”

Dass die braunen Burschen vom „Siegfried­skopf“ nicht gut auf uns zu sprechen waren, ver­standen wir ide­ol­o­gisch Abges­tumpften ger­ade noch. Warum aber die Kränkung durch „News“ und den damals neuen Antifa- Blog Küs­sels Kam­er­adenKüs­sels Kam­er­aden berichteten damals über die zahlre­ichen Über­schnei­dun­gen zwis­chen der Neon­azi-Szene um Küs­sel und Co., dem burschen­schaftlichen Umfeld und der FPÖ sowie eini­gen „schnell aufge­zo­ge­nen Blogs“. Der Siegfried­skopf wurde dabei gar nicht erwäh­nt, son­dern der Funke, über den Küs­sels Kam­er­aden urteilte: „Während man sich bei Alpen-Donau.Info eher an das alteinge­sessene Nazi-Pub­likum wen­det, ver­sucht es Der-Funke.Info mit einem “intellek­tuellen” Anstrich, gemis­cht mit Neo­folk Ästhetik. Die Betreiber stam­men aber auch hier aus dem näch­sten Küs­sel- und Alpen-Donau-Umfeld.“

Belei­digt durch diese Ein­schätzung gab sich aber nicht Der Funke, es waren die Burschen­schafter vom Siegfried­skopf, die ihre Auflö­sung so begrün­de­ten: „Wir ziehen uns aus dem grel­lverz­er­ren­den Licht der linken Medi­en­welt zurück.” Eine grund­vernün­ftige Entschei­dung zwar, aber ziem­lich halbherzig!


Prob­lem mit der Iden­tität? Der „Funke” war gemeint, „Siegfried­skopf” ver­ab­schiedete sich.

Denn schon zuvor war klar, dass Siegfried­skopf und Funke per­son­ell und poli­tisch weit­ge­hend ident waren. Im April 2011 ver­sucht­en sie, ein gemein­sames Flug­blatt unter das stu­den­tis­che Pub­likum zu brin­gen, in dem sie nach dem Muster der „Pub­likums­beschimp­fung“ zunächst ein­mal loss­chimpften: „Du bist eine Kon­sum­schleuse im Schaltkreis des Sys­tems! Leute wie Du öden uns an. Du bist uns egal. Trotz­dem geben wir Dir hier­mit eine let­zte Chance, Dein Leben zu über­denken. Sind wir nicht gut zu Dir?“

Wohin die Reise mit Funken und Siegfried­skopf gehen kön­nte, wurde nur an ein­er Stelle des Fly­ers etwas klar­er: „Du (….) verziehst aber keine Miene, wenn hier Leute für ihre Mei­n­ung in Haft kom­men.“ In U‑Haft waren damals ger­ade die jet­zt die nach dem NS-Ver­bots­ge­setz Angeklagten Küs­sel und Co. gekommen.

Zunächst aber reis­ten die Burschen vom Funken im Som­mer 2011 nach Ital­ien, zur Casa Pound, dem Vorzeige­pro­jekt des ital­ienis­chen Neo­faschis­mus und zeigten sich schw­er beein­druckt. Ver­mut­lich dürfte zwecks guter Laune die für Neon­azis und Neo­faschis­ten gle­icher­maßen heik­le Südtirol-Prob­lematik dabei aus­ges­part wor­den sein.

Zugegeben, die Burschen vom Funken berufen sich lieber auf Friedrich Niet­zsche, Ezra Pound und den ide­ol­o­gis­chen Vater der „Iden­titären“, Pierre Krebs als auf Adolf Hitler und den Nation­al­sozial­is­mus. Doch am Beispiel Pierre Krebs, der schon vor etlichen Jahren bei der im Neon­azi-Bere­ich ange­siedel­ten AFP als Ref­er­ent auf­trat, lässt sich das ide­ol­o­gis­che Fun­da­ment der „Neuen Recht­en“ bzw. „Iden­titären“ ganz gut ver­messen. Krebs referierte bei der AFP unter anderem zum The­ma „Deutsch­land, unser inneres Reich“. Das war vor vie­len Jahren. Dazwis­chen lag einiges Geschwurbel über „kul­turelle Wiederge­burt“, „Mut zur Iden­tität“ oder „Im Kampf um das Wesen“, bis Krebs in den let­zten Jahren tat­säch­lich wieder beim Wesentlichen ankam, beim Kampf „gegen die Rassen­ver­mis­chung“, „gegen die amerikanisch-zion­is­tis­che Hege­monie“ und für den „Vor­rang der Geset­ze des Blutes“ (Quelle: Europäis­che Aktion). Die Europäis­che Aktion, von der die Zitate von Krebs stam­men, ist eine Vere­ini­gung von Holo­caustleugn­ern, alten und neuen Nazis und Revi­sion­is­ten, die die Wieder­her­stel­lung des Deutschen Reichs fordern und die Ret­tung Europas unter dem Schlachtruf „Recon­quista oder Requiem“ anpeilen. Wom­it wir schon fast bei den heuti­gen Wiener Iden­titären gelandet wären.

Die braunen Rän­der der Iden­titären (II)
Die braunen Rän­der der Iden­titären (III)
Die braunen Rän­der der Iden­titären (IV)
Die braunen Rän­der der Iden­titären (V): Sind die Iden­titären rechtsextrem?
Die braunen Rän­der der Iden­titären (VI): Neue Fans….
Die braunen Rän­der der Iden­titären (VII): ….und alte Bekannte