Die neofaschistische Organisation CasaPound Italia ist jedenfalls derzeit massiv damit beschäftigt, Spuren zu verwischen und zu beschwichtigen. Die Beiträge, die der Attentäter für die von CasaPound betriebene Seite Ideodromo geschrieben hat, sind nicht mehr abrufbar. Casseri, der mit den Neofaschisten demonstriert und noch im Juni an der Eröffnung einer CasaPound-Filiale in Mailand teilgenommen hat, wird von ihnen als „herrenloser Hund“ bzw. als entfernter Sympathisant beschrieben.
CasaPound ist geübt im Verwischen von Spuren. Die Gewalt und Brutalität des italienischen Faschismus wird in der öffentlichen Darstellung weichgespült, linke Aktionsformen wie z.B. Hausbesetzungen werden imitiert und das Ganze mit einem Schuss Ästhetik verziert. Ihre Studentenorganisation, der Blocco Studentesco, war in Rom bei Wahlen zu einem Studentenbeirat mit 20 Prozent der Stimmen erschreckend erfolgreich.
„Casa Pound hat es geschafft, durch die Verbindung von Pop-Kultur und Neofaschismus ein für junge Leute attraktives Umfeld zu schaffen“, erklärt der Hamburger Historiker Volker Weiß dem Spiegel. „Dazu gehört auch die Verbindung von Ästhetik und Gewalt, wie sie im italienischen Faschismus Tradition hat.“
Deutlicher als in ihrem ideologischen Gebräu, das mit Ezra Pound, Carl Schmitt und Martin Heidegger durchgemixt wird, wird das durch ihre Verbindungen sichtbar . CasaPound hat nicht nur beste Beziehungen nach Deutschland und zur „Blauen Narzisse“, sondern auch zur NPD, wie der „Spiegel“ in dem schon erwähnten Beitrag schreibt.
Aber auch in Österreich gibt es das neurechte Spiel mit der Verkleidung und die guten Verbindungen zu CasaPound. Rund um die Gruppe „Der Funke“ schwurbeln einige Studenten von der Metapolitik und den identitären Kräften: „Die Vereinigung aller identitären Kräfte Europas ist die große Aufgabe unserer Generation.” John R.R. Tolkien, dessen Mythologie den italienischen Attentäter und Neofaschisten Casseri so fasziniert hat, wird als Kronzeuge aufgerufen: „Tolkiens Herr der Ringe ist voll von Metaphern, die genau dieser Vision entsprechen.“
Und so wie der eine oder andere vom braunen „Funken“ Getroffene schon vor Jahren mit dem „Jugendbund Sturmadler“ gen Italien mit schmucker Uniform ausgezogen ist, um dort eine Swastika zu bewundern, so haben sich die Kameraden vom „Funken“ bei der CasaPound eingefunden, um sich erleuchten zu lassen: „Unsere Reise zur Casa Pound hat einen tiefen Eindruck hinterlassen.“
In Italien selbst wird nicht nur über CasaPound und deren Verbindungen zum Attentäter diskutiert, sondern auch über die in den letzten Jahren sprunghaft gestiegene Fremdenfeindlichkeit, die durch das Regierungsbündnis um Berlusconi, das auch faschistische und rassistische Positionen von der Lega Nord bis zu Alessandra Mussolini umfasste, salonfähig geworden ist. Angriffe auf afrikanische Straßenhändler oder auf Roma, die erst vor wenigen Tagen in Turin von einem brandschatzenden Mob attackiert wurden sind nicht selten. Jetzt führen sie zu einer öffentlichen Debatte.
In Rom hob die Polizei einen Tag nach den Morden von Florenz eine Gruppe namens „Militia“ aus, die Anschläge gegen jüdische und rumänische BürgerInnen plante. In Österreich beschäftigt sich ein Kommentar in der „Wiener Zeitung“ mit der verhaltenen Reaktion der Medien auf die rechtsextrem motivierten Morde.
➡️ publikative.org — Das “Casa Pound” – Vorbild für deutsche Neonazis