Die braunen Ränder der Identitären (V): Sind die Identitären rechtsextrem?

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Armin Wolf twit­ter­te zu den Iden­ti­tä­ren: „Es gibt Grup­pen, bei denen die ein­zig rele­van­te Iden­ti­täts­fra­ge lau­tet, ob das Idio­ten oder Arsch­lö­cher sind. Mut­maß­lich bei­des.” Wir wol­len dem nicht wider­spre­chen, son­dern zusätz­li­che die Fra­ge stel­len, ob die iden­ti­tä­re Bewe­gung auch rechts­extrem ist. Um die­se Fra­ge gleich vor­weg zu beant­wor­ten: Ja.

Mit unse­rer Serie „Die brau­nen Rän­der der Iden­ti­tä­ren” (I, II, III, IV) beschäf­tig­ten wir uns mit der oft­mals neo­na­zis­ti­schen Her­kunft der iden­ti­tä­ren Bewe­gung und mit den zahl­rei­chen Kon­tak­ten und Ver­bin­dun­gen in die Neo­na­zi-Sze­ne. Ganz in Stra­che-Manier könn­te aber behaup­tet wer­den, es sei­en Zufäl­le, Hirn­ge­spins­te oder gar nur „Jugend­sün­den”. In der Öffent­lich­keit wer­den sie als „rech­te Grup­pe”, „rechts-kon­ser­va­tiv” und auch „Kuschel­rech­te” bezeich­net. All das ver­deut­licht, dass es hier eine Defi­ni­ti­ons­schwie­rig­keit gibt. Zu unbe­kannt ist das Phä­no­men die­ser „Neu­en Rech­te” in Öster­reich. Rechts­extre­mis­mus in Öster­reicht tritt meist immer anti­se­mi­tisch, bio­lo­gis­tisch und mit einer star­ken Affi­ni­tät zum Natio­nal­so­zia­lis­mus auf. Die Iden­ti­tä­ren behaup­ten aber, sie leh­nen den Ras­se­be­griff ab, sei­en nicht anti­se­mi­tisch und ver­nei­nen jeg­li­che Nähe zum Natio­nal­so­zia­lis­mus. Auch bestrei­tet die iden­ti­tä­re Bewe­gung, dass sie rechts­extrem oder über­haupt „rechts” sei . Sie wol­len, so die Iden­ti­tä­ren, nicht mehr in den Kate­go­rien “´„Rechts” und „Links” den­ken. Bedeu­tet das nun tat­säch­lich, dass sie nicht mehr ras­sis­tisch sind und weder links noch rechts und schon gar nicht rechtsextremistisch?

Wir wol­len uns nicht auf die­se Aus­sa­gen ver­las­sen, denn auch ein Gott­fried Küs­sel ver­neint, dass er Rechts­extre­mist sei („Ich wür­de mich nicht als Rechts­extre­mist bezeich­nen. Ich bin Natio­nal­so­zia­list”). Anhand der Tex­te von der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung Öster­reichs (IBÖ) und der Defi­ni­ti­on von Rechts­extre­mis­mus nach Univ. Doz. Dr. Wil­li­bald I. Hol­zer, wol­len wir zei­gen, dass die­se 0%-RassistInnen bzw. die Iden­ti­tä­re Bewe­gung Öster­reichs sehr­wohl rechts­extrem und ras­sis­tisch sind und – ent­ge­gen ihren Behaup­tun­gen – antidemokratisch.

Definition von Rechtsextremismus

Volk und Volks­ge­mein­schaft als nicht-sozio­lo­gi­sche Kate­go­rie, son­dern als ein natür­li­cher Orga­nis­mus und als eine natür­li­che Glie­de­rung der mensch­li­chen Gesell­schaft (neben der Fami­lie). Das Volk wird so nicht als ein Kon­strukt ver­stan­den, son­dern als leben­di­ges Wesen, das Attri­bu­te wie „gesund“, „stark“, „schwach“, „feig“ oder „mutig“ ein­neh­men kann. Wäh­rend sich die Wert­vor­stel­lun­gen von Men­schen und daher auch von Grup­pen im Lau­fe der Zeit ändern kön­nen, bleibt das „Volk“ oder zu min­des­tens das Ide­al in der Vor­stel­lung der Rechts­extre­men über die Zei­ten konstant.

Eth­no­zen­tris­mus, Eth­no­plu­ra­lis­mus, die Aus­gren­zung des Frem­den – Wo ein Volk als natür­li­cher Orga­nis­mus beschrie­ben wird, das durch Eth­ni­en, durch Ras­sis­mus und oft durch einen bio­lo­gi­schen Ras­sis­mus beschrie­ben wird und wo sich Ein­zel­ne bedin­gungs­los die­sem Volk unter­ord­nen müs­sen, wird der „Kampf gegen das Ande­re“, gegen das „Frem­de“ zu einem der wich­tigs­ten Punk­te in der rechts­extre­men Ideo­lo­gie. In der Logik der rechts­extre­men Ideo­lo­gie ist ein Eth­no­zen­tris­mus — also eine Iso­la­ti­on der eige­nen, ange­nom­me­nen Eth­nie — unum­gäng­lich, wenn das Ide­al des „Vol­kes“ erhal­ten wer­den soll. Nicht zum „Volk“ gehö­ri­ge Men­schen gel­ten daher in rechts­extre­men Krei­sen als „wider­na­tür­li­che Ele­men­te“. Den Eth­no­plu­ra­lis­mus kenn­zeich­nen dabei die oft gehör­ten Losun­gen „Asi­en den Asia­tIn­nen, Öster­reich den Öster­rei­che­rIn­nen“ – also das Kon­zept des ras­sis­tisch defi­nier­ten „Lebens­raums“.

Anti­li­be­ra­lis­mus, Anti­plu­ra­lis­mus, Anti­de­mo­kra­tis­mus – Auf­grund der natür­lich ange­nom­me­nen Vor­stel­lung des „Vol­kes“, in der Ein­zel­ne eine ganz bestimm­te Funk­ti­on ein­neh­men, die ab der Geburt bis zum Tode gül­tig und auch für alle in der Zukunft leben­den Men­schen fest­ge­legt ist, ist jedes Bestre­ben nach einer Selbst­ver­wirk­li­chung des Ein­zel­nen, nach einer Indi­vi­dua­li­sie­rung eine Gefähr­dung des Orga­nis­mus „Volk“. Aber nicht nur die Indi­vi­dua­li­sie­rung, son­dern auch Bestre­bun­gen nach einer klas­sen- oder geschlechts­spe­zi­fi­schen Eman­zi­pa­ti­on. Eman­zi­pa­ti­on wird somit als eine Schwä­chung des „Vol­kes“ dar­ge­stellt, als eine „Ent­ar­tung“ durch die „Moder­ne“.

Anti­so­zia­lis­mus – Jedes Bestre­ben nach einem „Gleich­auf“, einer Eman­zi­pa­ti­on der Men­schen nicht nur inner­halb einer Grup­pe, son­dern auch zwi­schen ver­schie­de­nen Eth­ni­en und Natio­nen, wider­spricht der rechts­extre­men Defi­ni­ti­on von „Volk“. Sozia­lis­mus wird als „gemein­schafts­ge­fähr­den­de Natur­wid­rig­keit“ beschrieben.

„Der star­ke Staat“ – Die erzwun­ge­ne Rol­le der Ein­zel­nen inner­halb eines von der Natur aus defi­nier­ten „Vol­kes“ und der gleich­zei­ti­gen Ein­sicht Rechts­extre­mer, dass es immer wie­der zu einem Nie­der­gang des eige­nen „Vol­kes“ kommt, zu „Sit­ten­ver­fall“, zur „Ent­ar­tung“, setzt einen star­ken, repres­si­ven Staat vor­aus. Die natür­li­che Ord­nung des „Vol­kes“ ist eine hier­ar­chi­sche, unum­stöß­li­che – die allen Men­schen eine vor­de­fi­nier­te Rol­le gibt. Die­ses Ide­al der Gesell­schafts­form ist anti­de­mo­kra­tisch und repres­siv gegen­über Men­schen, die ver­su­chen, sich zu emanzipieren.

Feind­bild­kon­struk­te und Sün­den­bö­cke – Men­schen, die sich dem ange­nom­me­nen Wil­len der „Volks­ge­mein­schaft“ ent­zie­hen, stel­len sich damit auch auto­ma­tisch außer­halb der Gesell­schaft, ver­su­chen ihr sogar zu scha­den, da sie nicht die vor­ge­ge­be­ne Rol­le erfül­len. Der­ar­ti­ge Bestre­bun­gen müs­sen von einer rechts­extre­men Ideo­lo­gie ent­schie­den bekämpft wer­den, da sie die eige­ne, rechts­extre­me Ideo­lo­gie gefähr­den. Der­ar­ti­ge Feind­bil­der die­nen als „Sün­den­bö­cke“, denen die Schuld an eigen ver­ur­sach­ten Miss­stän­den gege­ben wer­den kann.

Natio­na­li­sie­ren­de Geschichts­be­trach­tung – Das Bestre­ben, das „Volk“ als einen natür­li­chen Orga­nis­mus dar­zu­stel­len, bedarf einer ideo­lo­gi­sier­ten Geschichts­be­trach­tung, die das Volk auf eine his­to­ri­sche Wahr­heit ver­pflich­tet. Die „eige­ne“ Geschich­te wird mythologisiert.

Die Identitären Bewegung Österreichs als rechtsextreme Gruppe

Volk und Volks­ge­mein­schaft als nicht-sozio­lo­gi­sche Kategorie

Die Iden­ti­tä­re Bewe­gung Öster­reichs ver­steht „Volk” nicht als sozio­lo­gi­sches Kon­strukt, son­dern als einen natür­li­chen Orga­nis­mus. „Volk” gleicht in der rechts­extre­men Vor­stel­lung viel­mehr einem leben­di­gen Wesen, das auch mensch­li­che Attri­bu­te ein­neh­men kann. Das wird vor allem dann deut­lich, wenn die IBÖ vom „Volk” als einer „orga­ni­schen Gemein­schaft” spricht, „in die wir hin­ein­ge­bo­ren sind”. Also nicht die Men­schen stel­len die Gemein­schaft an sich dar, son­dern das „Volk” ist der „Behäl­ter”, der auch bestimm­te Eigen­schaf­ten trägt. Men­schen wer­den in die­sen „Behäl­ter” hin­ein­ge­bo­ren und erben damit auch die Eigen­schaf­ten des Vol­kes. Auch die For­mu­lie­rung „Über­le­ben unse­res Vol­kes” ver­deut­licht die Idee, dass das „Volk” Eigen­schaf­ten eines Orga­nis­mus hat. So soll das „Volk” leben kön­nen, über­le­ben, aber auch ster­ben. „Volk” wird damit als ein qua­si bio­lo­gi­sches Wesen verstanden.


Nach­hil­fe in Geschich­te für die (Möcht­gern-) εἵλωτες: Spar­ta: Ver­fas­sungs- und Sozi­al­ge­schich­te einer grie­chi­schen Polis

Die For­mu­lie­rung, „Iden­ti­tär zu sein heißt für uns, mit vol­lem Ein­satz für den Erhalt unse­rer eth­no­kul­tu­rel­len Iden­ti­tät ein­zu­tre­ten”, beschreibt die hier­ar­chi­sche Vor­stel­lung der Ideo­lo­gie der Iden­ti­tä­ren. An obers­ter Stel­le steht nicht der Mensch, son­dern die „eth­no­kul­tu­rel­le Iden­ti­tät”, oder anders aus­ge­drückt: Das „Wesen des Vol­kes”, die Volks­ge­mein­schaft. Die Iden­ti­tä­ren sehen sich nur „als Glied in einer Ket­te (…) unse­res eth­no­kul­tu­rel­len Erbes”, auch mit die­ser For­mu­lie­rung wird der Mensch einem pos­tu­lier­ten „eth­no­kul­tu­rel­len Erbe” unter­ge­ord­net. Es ent­spricht der rechts­extre­men Vor­stel­lung der Iden­ti­tä­ren hier eine natur­ge­woll­te Ord­nung in der Gesell­schaft zu erken­nen: Zuerst „Volk” bzw „Iden­ti­tät des Vol­kes” und dann kommt erst der Mensch.

Wei­ters schreibt die IBÖ von einer „kul­tu­rel­len und eth­ni­schen Sub­stanz, die sich über Jahr­tau­sen­de hin­weg, über ver­schie­de­ne Staats- und Erschei­nungs­for­men erhal­ten hat”. Damit wird voll­kom­men negiert, dass Natio­nen und auch das was wir als „Völ­ker” bezeich­nen, einen ste­ti­gen Wan­del unter­lie­gen. Es wird ein „Volk” und eine Volks­ab­stam­mung kon­stru­iert, die his­to­risch nicht nach­voll­zieh­bar ist. Eth­ni­en sind bei wei­tem nicht so homo­gen und abgrenz­bar, wie von Rechts­extre­men behaup­tet wird.

Eth­no­zen­tris­mus, Eth­no­plu­ra­lis­mus, die Aus­gren­zung des Fremden

Im Arti­kel „Idee&Tat” der IBÖ ver­deut­licht gleich der ers­te Satz das Kon­zept des Eth­no­zen­tris­mus und Eth­no­plu­ra­lis­mus: „Uns Iden­ti­tä­ren geht es um den Erhalt unse­rer eth­no­kul­tu­rel­len Iden­ti­tät” und „wir wol­len (…) ein Euro­pa der Vater­län­der (…) wir wol­len eine Ver­söh­nung der Gegen­sät­ze, ohne die Ver­schie­den­hei­ten auf­zu­he­ben, eine gerech­te Welt der Viel­falt und Frei­heit statt einem tota­li­tä­ren Ein­heits­sys­tem. Wir wol­len das Über­le­ben unse­res Vol­kes und aller Völ­ker Euro­pas und den Schutz unse­res Kon­ti­nents vor Über­frem­dung Mas­sen­zu­wan­de­rung und Islamsierung!”

Die­se For­de­run­gen unter­schei­den sich nicht vom „alten”, bis­her bekann­ten Rechts­extre­mis­mus und auch nicht von Neo­na­zis und ihrer For­de­rung „Deutsch­land den Deut­schen, die Tür­kei den Tür­ken” (For­de­rung der rechts­extre­men Par­tei Die Repu­bli­ka­ner (REP) in den 80ern).

Die „Völ­ker Euro­pas” wer­den dabei als natür­lich ange­nom­men, als homo­gen und ein­deu­tig trenn­bar. Sie kön­nen in die­ser Vor­stel­lung nicht „ver­mischt“ wer­den, son­dern nur getrennt von­ein­an­der exis­tie­ren. Nur dann kann die „Iden­ti­tät” erhal­ten blei­ben und nur dann soll, so die Vor­stel­lung der Rechts­extre­men, Frie­den zwi­schen den Völ­kern herr­schen. Es ist das Kon­zept des „Lebens­raums der Völ­ker“. „Frem­de“, in der Form ande­rer eth­ni­scher und kul­tu­rel­ler Grup­pen, die nicht Teil der als natür­lich ange­nom­men Kul­tur sind (bei den iden­ti­tä­ren vor allem mus­li­mi­sche Men­schen bzw. Men­schen, die als Mus­li­me wahr­ge­nom­men wer­den), wer­den als Bedro­hung der eige­nen Wert­vor­stel­lun­gen gesehen.

Die Iden­ti­tä­ren behaup­ten sie sei­en „0% ras­sis­tisch”. Aber stimmt das? Im Gegen­satz zu dem „alten” und vor allem in Öster­reich ver­tre­te­nen Rechts­extre­mis­mus leh­nen die Iden­ti­tä­ren zumin­dest rhe­to­ri­sche Kon­zep­te wie „Her­ren­ras­se” oder die Abwer­tung von frem­den Kul­tu­ren ab. Trotz­dem sind die Iden­ti­tä­ren ras­sis­tisch und ihr Ras­sis­mus geht weit über einen kul­tu­rel­len Ras­sis­mus, also ein Gedan­ken­ge­bäu­de, in dem die Kul­tur nicht als his­to­risch bedingt und als ver­än­der­bar betracht wird, hin­aus. Indem ein tau­sen­de Jah­re altes „eth­no­kul­tu­rel­len Erbe” ange­nom­men wird und Eth­nie als orga­ni­sche Gemein­schaft betrach­tet wird, wer­den auch den Men­schen in die­ser ange­nom­me­nen Eth­nie „natür­li­che” und untrenn­bar mit der orga­ni­schen Gemein­schaft ver­bun­de­ne Eigen­schaf­ten zuge­schrie­ben – das ist klas­sisch bio­lo­gis­ti­scher Ras­sis­mus. Statt „Ras­sen” ver­wen­den sie nur „Iden­ti­tä­ten” und „Eth­ni­en”.

Was den Iden­ti­tä­ren tat­säch­lich fehlt – zumin­dest in ihren Tex­ten – ist eine Hiera­chi­sie­rung der „Ras­sen” bzw. Eth­ni­en bzw. „Iden­ti­tä­ten”. Das ist aber kein beson­de­res Merk­mal des Rechts­extre­mis­mus, son­dern vor allem des Natio­nal­so­zia­lis­mus. Rechts­extre­me Ideo­lo­gien befür­wor­ten das Kon­zept des „Lebens­raums der Völ­ker“. Zu einer Hiera­chi­sie­rung kommt es nur dann nicht, wenn die Eth­ni­en fein säu­ber­lich getrennt blei­ben (was aber de fac­to unmög­lich ist). Wird eine „Ver­mi­schung” erkannt, wer­den auch die­se ver­meint­li­chen Null­pro­zent-Ras­sis­tIn­nen aggres­siv und leben ihren Ras­sis­mus deut­lich aus. Die Akti­on der Iden­ti­tä­ren beim „Tanz die Tole­ranz”-Fest der Caria­tas zeigt das: Mit Affen­mas­ken stör­ten sie einen afro­hai­tia­ni­schen Workshop.

Anti­so­zia­lis­mus, Anti­li­be­ra­lis­mus, Anti­plu­ra­lis­mus, Antidemokratismus 

Die Geg­ner­schaft zu eman­zi­pa­to­ri­schen Bewe­gun­gen zeigt sich bei der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung Öster­reichs vor allem in der Ableh­nung der soge­nann­ten “herr­schen­de Ideo­lo­gie” und der angeb­li­chen “Poli­ti­cal Cor­rect­ness”. Jedes Auf­zei­gen von Ras­sis­men und Sicht­bar­ma­chen von ras­sis­ti­schen Ele­men­ten in der Spra­che wird von den Iden­ti­tä­ren als “eth­ni­scher Maso­chis­mus” bezeich­net. Dis­kus­sio­nen über Frau­en­rech­te wer­den lächer­lich gemacht und als “jen­sei­ti­ge Gen­der­de­bat­ten” bezeichnet.

Die Posi­tio­nie­rung der IBÖ „Unser Ziel ist demo­kra­tisch!” klingt gut. Was es aber zu hin­ter­fra­gen gilt. Was für eine Art von Demo­kra­tie wünscht sich die IBÖ? Eine „iden­ti­tä­re Demo­kra­tie”. „Demo­kra­tie”, so die IBÖ, „erfor­dert eine gewis­se Homo­ge­ni­tät in der Bevöl­ke­rung, damit sie einen gemein­sa­men Wil­len bil­den kann. Indem wir gegen das mul­ti­kul­tu­rel­le Pro­jekt und sein Schei­tern in Form der Isla­mi­sie­rung kämp­fen, kämp­fen wir auch für die Bedin­gung der Mög­lich­keit einer ech­ten Demo­kra­tie (Volks­herr­schaft).”

Die Iden­ti­tä­re Bewe­gung Öster­reichs will also das von ihnen soge­nann­te „mul­ti­kul­tu­rel­le Pro­jekt” bekämp­fen, um dann (!) „ech­te Demo­kra­tie” zu ermög­li­chen. Einer­seits lehnt die IBÖ „jeden Tota­li­ta­ris­mus” ab, „ins­be­son­de­re den Natio­nal­so­zia­lis­mus, der, wie der Kom­mu­nis­mus, gro­ßes Leid über Euro­pa gebracht hat” und will „kei­ne dik­ta­to­ri­schen Regime, son­dern eine gerech­te Gesell­schaft, in der die Frei­heit des Ein­zel­nen garan­tiert ist”. Ande­rer­seits beto­nen sie, dass „der wah­re Volks­wil­le” nur durch „ech­te, direk­te Demo­kra­tie” mög­lich ist, es aber dafür not­wen­dig sei, „die weit­ge­hen­de Homo­ge­ni­tät des Staats­vol­kes” (wie­der) her­zu­stel­len, indem man sich gegen die „heu­ti­ge Mul­ti­kul­ti-Ideo­lo­gie” und die Zuwan­de­rung stel­le. Nicht anders klin­gen die For­de­run­gen der neo­na­zis­ti­schen Arbeits­ge­mein­schaft für demo­kra­ti­sche Poli­tik (AfP), die eben­falls die Zuwan­de­rung stop­pen will, sich als demo­kra­tisch ansieht und sogar Demo­kra­tie in ihrem Namen führt.


„Unsterblich“-Neonazis gegen Volks­tod, Iden­ti­tä­re gegen „exis­ten­ti­el­le Bedro­hung“. Wo ist der Unterschied?

Mit die­sen Pro­gramm für eine „iden­ti­tä­re Demo­kra­tie” sagt die IBÖ aber nichts ande­res, als dass der jet­zi­ge Zustand („herr­schen­de Ideo­lo­gie”), die jet­zi­ge Demo­kra­tie, die in ihren Augen kei­ne „ech­te” sei, bekämp­fens­wert ist, um den Zustand einer „ech­ten” Demo­kra­tie her­zu­stel­len. Auch ihre Spra­che ver­rät sie. Immer wie­der ist die Rede von Krieg, so zum Bei­spiel: „Unser Krieg ist ein spi­ri­tu­el­ler!” und die­ser ist gegen „Ideo­lo­gie der 68er-Bewe­gung” und die mul­ti­kul­tu­rel­le Gesell­schaft gerichtet.

Die IBÖ beruft sich immer wie­der auf einen ange­nom­men “Volks­wil­len”. Wie der sich mani­fes­tie­ren wird, dar­über spricht die IBÖ ganz offen: “Wir zei­gen denen da oben, dass das Volk sie nicht will, indem wir dem Volk zei­gen, was sie wol­len”.

Das ist alles ande­re als demo­kra­tisch und zeugt von einem eli­tä­ren Den­ken der Iden­ti­tä­ren. Sie sehen sich als die Speer­spit­ze des Vol­kes. Sie wol­len alles ande­re als ein Teil einer Bewe­gung sein, sie wol­len die­se Bewe­gung anfüh­ren. Die iden­ti­tä­re Bewe­gung ist anti­de­mo­kra­tisch, eli­tär und antiemanzipatorisch!

„Der star­ke Staat“

Unter dem Begriff des star­ken Staa­tes ver­ste­hen Rechts­extre­me die Durch­set­zung der von ihnen ange­nom­men „natür­li­chen Ord­nung“ (Eth­no­zen­tris­mus und Eth­no­plu­ra­lis­mus). Bei der IBÖ wird das dadurch sicht­bar, dass sie, wie im vor­her­ge­hen­den Punkt schon aus­ge­führt, die „natür­li­che Ord­nung” zuerst her­stel­len möch­te und in ihren Vor­stel­lun­gen erst dann „ech­te Demo­kra­tie” mög­lich sei. Das bedeu­tet für die Iden­ti­tä­ren einen Kampf gegen den Libe­ra­lis­mus und vor allem gegen die Zuwan­de­rung. Umset­zen soll das ein ange­nom­me­ner „Volks­wil­le”, der sich durch eine Eli­te die­ses Vol­kes – näm­lich die Iden­ti­tä­ren selbst – erst manifestiert.

Feind­bild­kon­struk­te und Sündenböcke

Die Feind­bild­kon­struk­ti­on funk­tio­niert bei den Iden­ti­tä­ren auf ver­schie­dens­ter Wei­se. Durch die Abgren­zung des Frem­den zum Bei­spiel: Mus­li­me und Immi­gran­tIn­nen im All­ge­mei­nen wer­den für den Ver­fall der Kul­tur ver­ant­wort­lich gemacht. Ein wei­te­res Feind­bild ist für die IBÖ der „libe­ra­lis­ti­sche Zeit­geist”, der „Mief der 68er”, denn in „die­ser Ideo­lo­gie und nicht in ‚den Aus­län­dern’, ‚dem Sys­tem’, oder gar ‚der Demo­kra­tie’” sieht die IBÖ ihren „Haupt­feind”. Neben der vor­geb­li­chen Ableh­nung des Anti­se­mi­tis­mus (sie­he den posi­ti­ven Bezug zur Rück­um­be­nen­nung des Uni­ver­si­täts­ring in Karl-Lue­ger-Ring), spricht die IBÖ – vor allem im Bezug auf Isra­el — immer wie­der „von einer kul­ti­schen Poli­tik der Schuld und einem neu­ro­ti­schen Selbst­hass”. Auch hier unter­schei­den sie sich nicht von ande­ren Rechts­extre­men und auch Neo­na­zis. So spricht das Neo­na­zi-Por­tal Metape­dia von einem „Schuld­kult” und auch ein eige­ner Arti­kel zu “Selbst­hass” bzw. „Maso­chis­mus” fin­det sich auf Metape­dia. Was uns wie­der zur IBÖ bringt, wenn sie von einem „eth­ni­schen Maso­chis­mus” spricht.


Die neo­na­zis­ti­sche und anti­se­mi­ti­sche Euro­päi­sche Akti­on (EA) bezieht sich eben­falls posi­tiv auf die „Recon­quis­ta“ und „eth­no­kul­tu­rel­le Identität“

Natio­na­li­sie­ren­de Geschichtsbetrachtung

In der Annah­me, dass „Völ­ker“ natür­lich gewach­sen sein und jedem „Volk“ eine bestimm­te Eigen­art zukommt, hat die Iden­ti­tä­re Bewe­gung Öster­reichs auch eine geschön­te und natio­na­li­sie­ren­de Geschichts­be­trach­tung. Wenn die IBÖ von einem “eth­no­kul­tu­rel­len Erbe” und von einer „kul­tu­rel­len und eth­ni­schen Sub­stanz” spricht, „die sich über Jahr­tau­sen­de hin­weg, über ver­schie­de­ne Staats- und Erschei­nungs­for­men erhal­ten hat”, wer­den his­to­ri­sche, wirt­schaft­li­che und gesell­schaft­li­che Ein­flüs­se negiert. Nicht die Men­schen han­deln, son­dern „das Volk“, „die Eth­nie”. Das bestim­men­de und han­deln­de Sub­jekt für die IBÖ ist die Gemein­schaft und nicht der Mensch selbst, der kann nur als „klei­nes Glied der Ket­te” agieren.

(Quel­le: „Idee&Tat”, „1., 2., 3., 4. Posi­tio­nie­rung”, Web­site der IBÖ)

Die brau­nen Rän­der der Iden­ti­tä­ren (I)
Die brau­nen Rän­der der Iden­ti­tä­ren (II)
Die brau­nen Rän­der der Iden­ti­tä­ren (III)
Die brau­nen Rän­der der Iden­ti­tä­ren (IV)
Die brau­nen Rän­der der Iden­ti­tä­ren (VI): Neue Fans …
Die brau­nen Rän­der der Iden­ti­tä­ren (VII): … und alte Bekannte
Die brau­nen Rän­der der Iden­ti­tä­ren (VIII): Kon­tak­te in die Neonazi-Szene?