Die Identitären meiden Begriffe wie Rasse und sprechen lieber von Ethnopluralismus. Der Begriff will sagen, dass jedes Volk, jede Kultur seine /ihre eigene Identität und Normen und das Recht habe, diese auch zu leben. „Deutschland den Deutschen, die Türkei den Türken“ hieß das in den 1980er-Jahren bei den „Republikanern“ in Deutschland, „Daham statt Islam“ später bei der FPÖ. Anders als im Nationalsozialismus, der die „rassische“ Überlegenheit der Deutschen offen bis zur mörderischen Konsequenz postulierte, wird bei den Identitären der Rassismus versteckt:
„Seit dem Beginn der Geschichte gliedert sich die Menschheit in eine fast endlose Anzahl von Kulturen, Völkern und Stämmen. Alle haben sie ihre eigene Art zu leben, und eine ganz eigene Sicht der Dinge herausgebildet“ (Quelle: Identitäre Bewegung). Das klingt auf den ersten Blick nicht rassistisch, beinhaltet aber schon die Ausgrenzung der Anderen. „Pro Border — Pro Nation“ heißt daher auch eine der Parolen der Identitären. Im Kontext mit einem anderen Slogan der Identitären, dem „Reconquista“ sind sie dann schon beim militanten und verblödeten Rassismus angelangt, der die Einflüsse islamischer bzw. arabischer auf die europäische Kultur völlig negiert. Übrigens: Von der iberischen Halbinsel wurden nicht nur die Mauren, sondern auch die Juden vertrieben – im Namen eines Religionskrieges.
Mit der Hardbass-Aktion „Zertanz die Toleranz“ und einem Reconquista-Symbol setzten die Wiener Identitären Ende September 2012 bei einer Veranstaltung der Caritas am Schlingermarkt den Auftakt für eine Reihe ähnlicher Provokationen. Getanzt wird bei den Identitären zu Hardbass, versteckt hinter „Anonymous“, „ Guy Fawkes“ und auch „Schweine“-Masken. „Identitär“ sind dabei höchstens die Schweine-Masken. Alles andere, vom Hardbass bis zur „Anonymous“-Maske, ist mittlerweile Teil einer globalisierten Pop-Kultur, also Teil dessen, was die Identitären bekämpfen. (Ausführlich dazu FM4: „Rechte vereinnahmen Hardbass”)
Globalisierte Pop-Kultur, das was die Identitären vorgeben zu bekämpfen
Aber wer sind die Identitären in Österreich, woher kommen sie? Die Ursprünge der Identitären liegen bei den Burschen vom „Siegfriedskopf“ bzw. beim „Funken“, einer Website, die sich mittlerweile zu so etwas ähnlichem wie einem theoretischen Organ der deutschsprachigen Identitären entwickelt hat und sich seit längerem in den Kommentarspalten heftige Auseinandersetzungen mit hitleristischen bzw. nationalsozialistischen Postern liefert. Der Versuch des „Funken“, Ideologiestränge der französischen Rechtsextremen, der italienischen Alt- und Neofaschisten mit Friedrich Nietzsche, Carl Schmitt und Karlheinz Weißmann zu verquirlen, um daraus eine „neurechte” ideologische Basis fernab vom Nationalsozialismus zu schaffen, bleibt eine Hirngeburt. Die Distanz zu NS-Ideologie und ‑System, die bei der „Funke“-Redaktion noch glaubhafter ist, kommt beim Fußvolk nicht an oder wird nur instrumentell, als Distanzierungsfloskel, verstanden und benutzt. Die „nationale Idee“ und „Identität“ ist in Österreich von rechter Seite „deutschnational“ und damit weitgehend in der NS-Tradition definiert. Die rechten Milieus, aus denen sich die Identitären vorwiegend rekrutieren, ebenso.
Ein schönes Beispiel bietet die Burschenschaft Arminia Czernowitz in Linz. Noch vor einem Jahr hatte sie ihrem Verbindungswappen das Symbol der lodernden Flamme des „Funken“ hinzugefügt – ein deutliches Zeichen, dass die Arminia mit den Identitären sympathisiert. Das tut sie noch immer, und zwar deutlicher als je zuvor. Aus dem Umfeld der Arminia kommt die Facebook-Gruppe „Sozialistische Linksalternaive“, die sich in dem schwierigen Metier der rechten Ironie übt. Die Arminia Czernowitz ist auch jene Burschenschaft, die 2010 den Antisemiten Richard Melisch zu einem Vortrag über die „Kriegserklärung der Globalisierer“ mit einem von den Nazis geklauten und nur geringfügig veränderten Sujet eingeladen hat.
Die neonazistische und antisemitische Europäische Aktion (EA) bezieht sich ebenfalls positiv auf die „Reconquista“ und „ethnokulturelle Identität“
„Arminius Buchenland“ (ein Nickname) ist ein Burschenschafter der Arminia. In einem Facebook-Eintrag vom Frühjahr 2012 benennt er unter „Aktivitäten und Interessen“ unter anderem den „Funken“, die Gruppe „Sozialistische Linksalternaive“, den „Block Identität“ , Johann Gudenus und die Europäische Aktion. Die Europäische Aktion (EA) haben wir bereits ausführlich beschrieben. Wir ergänzen hier nur um den Hinweis, dass sich die neonazistische und antisemitische EA ebenfalls positiv auf die „Reconquista“ und „ethnokulturelle Identität“ bezieht.
⇒ Die braunen Ränder der Identitären (I)
⇒ Die braunen Ränder der Identitären (II)
⇒ Die braunen Ränder der Identitären (IV)
⇒ Die braunen Ränder der Identitären (V): Sind die Identitären rechtsextrem?
⇒ Die braunen Ränder der Identitären (VI): Neue Fans …
⇒ Die braunen Ränder der Identitären (VII): … und alte Bekannte
⇒ Die braunen Ränder der Identitären (VIII): Kontakte in die Neonazi-Szene?