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Grüne OÖ fordern Wendepunkt im Kampf gegen den Rechtsextremismus

Dos­sier zu der Pres­se­kon­fe­renz von LR Rudi Anscho­ber, Lan­des­spre­cher der Grü­nen OÖ und Stv.KO Maria Buch­mayr, Grü­ne Men­schen­rechts­spre­che­rin. Kon­se­quenz statt Baga­tel­li­sie­rung: Scho­ckie­ren­der Fall „Objekt 21” muss kla­rer Wen­de­punkt im Kampf gegen den Rechts­extre­mis­mus sein — die Hand­lungs­vor­schlä­ge der Grü­nen Die Zer­schla­gung des Rechts­ra­di­ka­len Netz­wer­kes „Objekt 21“ hat weit über die Lan­des­gren­zen hin­aus zu Recht Fassungslosigkeit […]

11. Feb 2013


Konsequenz statt Bagatellisierung: Schockierender Fall „Objekt 21” muss klarer Wendepunkt im Kampf gegen den Rechtsextremismus sein — die Handlungsvorschläge der Grünen

Die Zer­schla­gung des Rechts­ra­di­ka­len Netz­wer­kes „Objekt 21“ hat weit über die Lan­des­gren­zen hin­aus zu Recht Fas­sungs­lo­sig­keit und mas­si­ve Debat­ten aus­ge­löst. 200 Mit­glie­der, NS Glo­ri­fi­zie­rung, Waf­fen, Spreng­stoff und mut­maß­li­che Ver­stri­ckun­gen in Brand­an­schlä­ge auf Bor­del­le, ille­ga­le Pro­sti­tu­ti­on, Ent­füh­rung und zahl­rei­che ande­re schwe­re Straf­ta­ten zei­gen das erschre­cken­de Aus­maß des Falls. Aber nicht nur die Grö­ßen­ord­nung des Falls selbst, son­dern auch dies­be­züg­lich frag­wür­di­ge behörd­li­che Vor­gangs­wei­sen und der grund­sätz­li­che Kampf gegen den Rechts­extre­mis­mus in Ober­ös­ter­reich waren und sind nun end­lich Gegen­stand einer brei­ten Diskussion.

„Die Zer­schla­gung des kri­mi­nel­len Neo­na­zi Netz­werks „Objekt 21“ ist ein Erfolg der Kri­mi­nal­po­li­zei(!) – nicht des Ver­fas­sungs­schut­zes. Ich bedan­ke mich daher aus­drück­lich bei den Ermitt­le­rIn­nen der „SOKO 21“ aus den Bezir­ken Vöck­la­bruck und Ried i. Inn­kreis für ihre kri­mi­nal­po­li­zei­li­che Arbeit. Die Grü­nen haben bereits seit Jah­ren ein­dring­lich und per­ma­nent vor der Gefahr eines ver­netz­ten und auch gewalt­be­rei­ten Rechts­extre­mis­mus in Ober­ös­ter­reich gewarnt und ein ver­schärf­tes Vor­ge­hen ein­ge­for­dert – geern­tet haben wir Beschwich­ti­gung und Baga­tel­li­sie­rung. Damit muss es jetzt end­gül­tig vor­bei sei. Nach die­sem unfass­ba­ren Beweis rechts­extre­mer Akti­vi­tät dür­fen wir kei­nes­falls zur Tages­ord­nung über­ge­hen, es muss alles auf den Tisch und es muss ganz kla­re Kon­se­quen­zen geben“, betont der Grü­ne Lan­des­spre­cher LR Rudi Anschober.

In die­sem Sin­ne wer­den die Grü­nen nun auf unter­schied­li­chen poli­ti­schen Ebe­nen mas­siv Druck machen. Die Grü­nen wer­den sowohl eine lücken­lo­se Auf­klä­rung aller offe­nen Fra­gen zum Fall Objekt 21 vor­an­trei­ben als auch ganz kon­kre­te Maß­nah­men für einen ver­stärk­ten Kampf gegen Rechts­extre­mis­mus und Neo­na­zis­mus vor­stel­len und deren Umset­zung einfordern.

Grüne Forderungen an den Landessicherheitsrat:

Auf Antrag von LR Anscho­ber wird sich der Lan­des­si­cher­heits­rat am 4. März mit dem The­ma „Objekt21 und Rechts­extre­mis­mus in Ober­ös­ter­reich” auseinandersetzen.
Das Ziel der Grü­nen ist dabei Auf­klä­rung, die Eva­lu­ie­rung der bis­he­ri­gen Maß­nah­men gegen Rechts­extre­mis­mus sowie Fest­le­gung von zusätz­li­chen Maßnahmen.

Aufklärung steht im Mittelpunkt

In den letz­ten Tagen wur­de immer wie­der Miss­trau­en gegen­über der Effi­zi­enz und dem Enga­ge­ment der Ermitt­lun­gen eines Teils der Behör­den kom­mu­ni­ziert. Anscho­ber: „In einer Demo­kra­tie ist es ein Rie­sen­pro­blem, wenn Tei­len der Bevöl­ke­rung das Ver­trau­en in die Arbeit eines Teils der Sicher­heits­be­hör­den in einem ent­schei­den­den sicher­heits­po­li­ti­schen The­ma fehlt.
Ich wer­de daher die Klä­rung der Vor­wür­fe in den Mit­tel­punkt der Sit­zung des Lan­des­si­cher­heits­ra­tes stel­len und habe daher heu­te in einem Schrei­ben an LH Püh­rin­ger die Ein­la­dung der wich­tigs­ten han­deln­den Per­so­nen in die Sit­zung aus dem Bereich des Ver­fas­sungs­schut­zes, der Jus­tiz, der Sicher­heits­di­rek­ti­on, der Kri­po, der erfolg­rei­chen Soko sowie von bay­ri­schem Ver­fas­sungs­schutz und bay­ri­schem Innen­mi­nis­te­ri­um bean­tragt. Ich wer­de dabei jeden ein­zel­nen geäu­ßer­ten Vor­wurf vor­le­gen und will eine lücken­lo­se Klä­rung eines jeden ein­zel­nen Vor­wur­fes errei­chen. Dazu zäh­len auch die Vor­wür­fe gegen ein­zel­ne Mit­ar­bei­ter des Verfassungsschutzes.”

Zwei­ter Schwer­punkt der Sit­zung muss die Eva­lu­ie­rung des bestehen­den Maß­nah­men­pro­gramms sein, sowie die Fest­le­gung von Zusatz­maß­nah­men. 171 ein­schlä­gi­ge Delik­te wur­den von den Sicher­heits­be­hör­den in den Jah­ren 2010 und 2011 regis­triert — die bekannt gewor­de­nen spek­ta­ku­lä­ren Fäl­le sind also kei­ne Ein­zel­fäl­le und spä­tes­tens nach dem Auf­de­cken von „Objekt21“ kann die Gefahr des Rechts­extre­mis­mus von nie­man­dem mehr tabui­siert wer­den. Anscho­ber: „Ich möch­te daher neben der aktu­el­len Auf­klä­rung der Kri­tik­punk­te und Vor­wür­fe sowie einer Eva­lu­ie­rung der bestehen­den Maß­nah­men sowie der Fest­le­gung zusätz­li­cher Maß­nah­men in Zukunft eine kon­ti­nu­ier­li­che Infor­ma­ti­on über die Ent­wick­lung des Rechts­extre­mis­mus sicher­stel­len, indem sich der Lan­des­si­cher­heits­rat ein­mal jähr­lich (am bes­ten jeweils in jedem ers­ten Quar­tal) von den Behör­den über die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen infor­mie­ren lässt.”

Von gro­ßem Inter­es­se sind für Anscho­ber in die­sem Zusam­men­hang auch die Aus­wir­kun­gen des 2010 im Land­tag beschlos­se­nen Maß­nah­men­pa­kets gegen Extre­mis­mus. Es muss hier eine Eva­lu­ie­rung geben, was die­ses Paket bis­her gebracht hat, wel­che Maß­nah­men umge­setzt sind und ob und wel­che zusätz­li­chen Schrit­te erfor­der­lich sind“, meint Anschober.

Die Rolle des Verfassungsschutzes:

Die Grü­nen ver­lan­gen detail­lier­te Aus­kunft über die Rol­le des Lan­des­amts für Ver­fas­sungs­schutz – in Bezug auf den Fall „Objekt 21“ und generell.

„Im März 2010 mel­de­te die Neo­na­zi Ban­de den „Frei­zeit- und Kul­tur­ver­ein Objekt 21“ behörd­lich an. Am 29. Mai 2010 berich­tet der Kurier erst­mals über „Objekt 21“ und die dort statt­fin­den­den neo­na­zis­ti­schen Umtrie­be. Das LVT OÖ war spä­tes­tens ab die­sem Zeit­punkt infor­miert, gab aber an nichts unter­neh­men zu kön­nen da „noch gegen kei­ne Geset­ze ver­sto­ßen“ wor­den sei. Es dau­er­te ein wei­te­res Jahr bis der Ver­ein „Objekt 21“ behörd­lich wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung auf­ge­löst wur­de. Drei Jah­re spä­ter gibt es immer noch kei­ne Ankla­ge gegen kon­kre­te Per­so­nen aus der Neo­na­zi Ban­de wegen Wie­der­be­tä­ti­gung, wie kann es so etwas geben“, ist Anscho­ber fassungslos.

  • Ab wann hat das Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz gegen die Mit­glie­der des Ver­eins „Objekt 21“ zu ermit­teln begonnen?
  • Wirk­te das Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz bereits 2011 an der behörd­li­chen Auf­lö­sung des Ver­eins „Objekt 21“ mit und wenn ja wie?
  • Was hat die Sicher­heits­di­rek­ti­on OÖ ab Mai 2010 unter­nom­men um auf Grund der media­len Berich­te sicher­zu­stel­len, in der Cau­sa zu schnel­len und belast­ba­ren Ermitt­lungs­er­geb­nis­sen zu kommen?

Im Leit­bild des BVT (Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz und Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung), zustän­dig für die Koor­di­nie­rung mit den Lan­des­ver­fas­sungs­schüt­zern, ist der „Schutz der Bevöl­ke­rung vor welt­an­schau­lich und poli­tisch moti­vier­ter Kri­mi­na­li­tät“ als Prin­zip ver­an­kert und wird die Auf­ga­be des Ver­fas­sungs­schut­zes „dafür Sor­ge zu tra­gen, dass das poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Leben in Öster­reich in einem siche­ren Umfeld statt­fin­den kann“ definiert.

Frage an die Sicherheitsbehörden und die Innenministerin:

  • Hat der Ver­fas­sungs­schutz in Ober­ös­ter­reich sei­ne Auf­ga­be erfüllt und sei­ne Prin­zi­pi­en ein­ge­hal­ten, wenn ein kri­mi­nel­les Neo­na­zi-Netz­werk über drei Jah­re – mehr oder weni­ger unbe­hel­ligt – ein Arse­nal von Waf­fen und Spreng­stoff auf­bau­en konn­te und damit in die­ser Zeit mut­maß­lich schwe­re Ver­bre­chen began­gen hat?

Von Grü­nen bereits koali­tio­när ver­ein­bar­ter Land­tags-Unter­aus­schuss Rechts­extre­mis­mus muss umfas­sen­de Auf­klä­rung bringen

Um den Druck beim The­ma Rechts­extre­mis­mus auf ver­schie­de­nen Ebe­nen zu ver­stär­ken, wer­den die Grü­nen neben der Ein­be­ru­fung des Lan­des­si­cher­heits­ra­tes auch den Land­tag mit dem The­ma Rechts­extre­mis­mus befas­sen. Auf Drän­gen der Grü­nen wird es einen eige­nen Unter­aus­schuss Rechts­extre­mis­mus geben, der kurz vor der Ein­set­zung steht und in den auch inter­na­tio­na­le Exper­tIn­nen ein­be­zo­gen wer­den sol­len. „Hier sol­len auf brei­ter poli­ti­scher Basis der kon­kre­te Fall Objekt 21, alle Begleit­um­stän­de und offe­ne Fra­gen zu den Ermitt­lun­gen aber auch wei­te­re ver­stärk­te Schrit­te gegen den Rechts­extre­mis­mus in Ober­ös­ter­reich umfas­send erör­tert wer­den – natür­lich und auch auf Basis der Erkennt­nis­se des Lan­des­si­cher­heits­rats“, betont die stell­ver­tre­ten­de Grü­ne Klub­ob­frau und Grü­ne Men­schen­rechts­spre­che­rin LAbg. Maria Buchmayr.

Im Vor­wort des Ver­fas­sungs­schutz­be­rich­tes 2012 schreibt Innen­mi­nis­te­rin Mikl-Leit­ner: „Ein wech­sel­sei­ti­ges Zusam­men­wir­ken von Zivil­ge­sell­schaft und Sicher­heits­be­hör­den bei der Gefah­ren­prä­ven­ti­on ist für die Auf­recht­erhal­tung der öffent­li­chen Sicher­heit von grund­le­gen­der Bedeutung.“

  • Wie wur­de und wird sei­tens des LV-OÖ mit Exper­tIn­nen der Zivil­ge­sell­schaft im Bereich Rechts­extre­mis­mus – nament­lich dem Maut­hau­sen­ko­mi­tee (MKÖ), Doku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des öster­rei­chi­schen Wider­stands (DÖW) und ande­ren wis­sen­schaft­li­chen Ein­rich­tun­gen zusam­men­ge­ar­bei­tet, um ein umfas­sen­des Lage­bild über die rechts­extre­me Sze­ne in Ober­ös­ter­reich erstel­len zu können?

Wesent­li­che Infor­ma­tio­nen erwar­tet sich Buch­mayr hier von Rechts­extre­mis­mus-Exper­tIn­nen aus Bay­ern. „Der Kampf gegen den Rechts­extre­mis­mus ist in Bay­ern viel bes­ser auf­ge­stellt als in Öster­reich und Ober­ös­ter­reich. Die Behör­den ver­fü­gen über ein wir­kungs­vol­le­res und umfas­sen­de­res Hand­lungs­kon­zept spe­zi­ell gegen den Rechts­extre­mis­mus und gehen viel ent­schlos­se­ner gegen die ein­schlä­gi­ge Sze­ne und ihre Akti­vi­tä­ten vor“, sieht Buch­mayr hier eine Vorbildwirkung.


Ein Arti­kel von der Tages­zei­tung Öster­reich vom Don­ners­tag, dem 5. 8. 2010 

Als Bei­spiel für die ent­schlos­se­ne­re Hal­tung in Bay­ern gegen­über Rechts­ra­di­ka­lis­mus führt Buch­mayr den Auf­trag an den bay­ri­schen Ver­fas­sungs­schutz aus dem bay­ri­schen Hand­lungs­kon­zept aus wo es heißt:

„Rechts­extre­mis­ti­sche Bestre­bun­gen und Ansät­ze müs­sen zwin­gend schon weit im Vor­feld straf­recht­lich rele­van­ter Akti­vi­tä­ten und auch außer­halb kon­kre­ter Gefah­ren wahr­ge­nom­men und beob­ach­tet wer­den. Ohne eine sol­che Vor­feld­be­ob­ach­tung kann die Ent­wick­lung gefähr­li­cher extre­mis­ti­scher Struk­tu­ren und Netz­wer­ke nicht erkannt und bekämpft wer­den.“ (Sei­te 35)

„Im Fall des Neo­na­zi-Netz­werks „Objekt 21“ wird deut­lich, dass die­ses Prin­zip in Öster­reich und Ober­ös­ter­reich lei­der nicht zur Anwen­dung gekom­men ist – ja die Sicher­heits­be­hör­den zwar infor­miert waren aber den­noch nichts unter­nom­men haben“, kri­ti­siert Buch­mayr die Untä­tig­keit des hei­mi­schen Verfassungsschutzes.

Beson­ders wich­tig wird es aber durch die bay­ri­schen Exper­tIn­nen im Unter­aus­schuss end­lich einen Über­blick zu erlan­gen, über Aus­maß und Grad der Ver­net­zung der ober­ös­ter­rei­chi­schen mit der bay­ri­schen rechts­extre­men Sze­ne. Ein wei­te­res vor­bild­li­ches Bei­spiel aus dem bay­ri­schen Hand­lungs­kon­zept gegen Rechts­extre­mis­mus ist der kon­kre­te Auf­trag an den Ver­fas­sungs­schutz die Inter­net­be­ob­ach­tung und –Aus­wer­tung neben so genann­ten offe­nen Quel­len – also frei zugäng­li­chen Web­sites – auch auf geschlos­se­ne Foren und Chat­rooms aus­zu­wei­ten um rele­van­te Infor­ma­tio­nen über die Sze­ne zu erhal­ten. Auch die­ser Auf­trag bzw. Ermitt­lungs­an­satz fin­det sich weder in öster­rei­chi­schen Ver­fas­sungs­schutz­be­rich­ten noch im Hand­lungs­kon­zept gegen Extre­mis­mus in die­ser Klarheit.

„Das Alpen-Donau-Info Gerichts­ver­fah­ren hat gezeigt, dass die inter­na­tio­na­le Ver­net­zung der neo­na­zis­ti­schen und rechts­extre­men Sze­ne, in den ver­gan­gen Jah­ren immer stär­ker über das Inter­net erfolg­te. Gera­de in Ober­ös­ter­reich muss die Koope­ra­ti­on über die Lan­des- und Staats­gren­zen daher viel inten­si­ver betrie­ben wer­den, um dem gefähr­li­chen Phä­no­men gerecht zu wer­den“, appel­liert Buch­mayr über den Tel­ler­rand zu schauen.

Verstärkte Maßnahmen gegen Rechtsextremismus längst überfällig

Der Auf­ar­bei­tung des Falls „Objekt 21“, sei­nen Begleit­um­stän­den und eine Erör­te­rung der Gesamt­si­tua­ti­on des Rechts­extre­mis­mus in Ober­ös­ter­reich müs­sen selbst­ver­ständ­lich ver­stärk­te Maß­nah­men fol­gen. „Es geht nicht nur um den erschre­cken­den Anlass­fall, es geht auch um ande­re rechts­extre­me Taten, Ver­net­zun­gen, es geht auch um NS Schmie­re­rei­en, Het­ze im Inter­net bis hin Atta­cken auf Asyl­hei­me. All dem müs­sen wir auf brei­ter Ebe­ne noch viel ent­schlos­se­ner ent­ge­gen­tre­ten, das gege­be­ne Instru­men­ta­ri­um nut­zen, ver­stär­ken und neue zusätz­li­che Maß­nah­men set­zen“, betont Buchmayr.

Aussteigerprogramm für Neonazis rasch umsetzen

Zu die­sen wich­ti­gen zusätz­li­chen Maß­nah­men zählt das von den Grü­nen seit Jah­ren mas­siv gefor­der­te bun­des­weit Neo­na­zi-Aus­stei­ger­pro­gramm nach dem Vor­bild des Ver­eins EXIT Deutsch­land. „Vor­aus­set­zung für die Auf­nah­me ins Pro­gramm von „EXIT“, ist der frei­wil­li­ge und unbe­ding­te Antrieb, der gewalt­tä­ti­gen Welt der Neo­na­zis für immer den Rücken zu keh­ren“, erklärt Buch­mayr das Best-Prac­ti­ce Beispiel.

Bereits am 6. Novem­ber 2012 hat der Land­tag auf Initia­ti­ve der Grü­nen den Bund per Reso­lu­ti­on ein­stim­mig auf­ge­for­dert, ein bun­des­wei­tes Extre­mis­ten-Aus­stei­ger­pro­gramm ein­zu­rich­ten. „Jetzt ist der Bund am Zug. Ich appel­lie­re ein­dring­lich an die Ver­ant­wort­li­chen die­sem Antrag und damit der lang­jäh­ri­gen For­de­rung der Grü­nen umge­hend nach­zu­kom­men und die­ses Pro­gramm rasch umzu­set­zen. Wir wis­sen auch in Ober­ös­ter­reich von aus­stiegs­wil­li­gen Neo­na­zis denen schlicht die geeig­ne­ten Rah­men­be­din­gun­gen zum Aus­stieg feh­len. Hier geht es dar­um, neue Iden­ti­tä­ten für die betrof­fe­nen und ihre Fami­li­en zu schaf­fen, es geht um psy­cho­lo­gi­sche Betreu­ung, um Reso­zia­li­sie­rung nach Haft, es geht ganz ein­fach um pro­fes­sio­nel­le Betreu­ung“, betont Buchmayr.

Buch­mayr: „Mit die­sem Pro­gramm moti­vie­ren wir nicht nur aus­stiegs­wil­li­ge Neo­na­zis zur Rück­kehr in die Gesell­schaft son­dern erhal­ten wert­vol­le Infor­ma­tio­nen über die rechts­extre­me Sze­ne und deren Ver­bin­dun­gen. Damit hät­ten wir ein sehr wich­ti­ges Instru­ment gera­de gegen den orga­ni­sier­ten Rechts­extre­mis­mus. Gera­de der Fall „Objekt 21 „ hat in sei­ner gan­zen Deut­lich­keit gezeigt, wie drin­gend nötig ein sol­ches Pro­gramm ist“.

Sehr erfreut zei­gen sich Buch­mayr und Anscho­ber daher über die neu­es­ten posi­ti­ven Ent­wick­lun­gen in die­ser Rich­tung durch die vor kur­zem ein­ge­lang­te Ant­wort aus dem Bun­des­kanz­ler­amt – mit der die Grü­ne For­de­rung voll und ganz unter­stütz wird.

„Grund­sätz­lich wird die Ein­rich­tung von Aus­stiegs­pro­gram­men befür­wor­tet und auch eine aus­rei­chen­de finan­zi­el­le Absi­che­rung wird posi­tiv beur­teilt um so ein Aus­stiegs­pro­gramm im zivil­ge­sell­schaft­li­chen Bereich anbie­ten zu kön­nen. Es wird auch dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es vor allem sinn­voll erscheint ein­zel­ne spe­zi­ell abge­stimm­te Pro­gram­me anzu­bie­ten und nicht ein Pro­gramm für alle For­men des Extre­mis­mus“ fas­sen Buch­mayr und Anscho­ber zusam­men. „Die Grü­nen for­dern daher die Bun­des­re­gie­rung auf, mit jenem Bereich zu begin­nen wo offen­sicht­lich der größ­te Pro­blem­druck besteht – und wie „Objekt 21“ zeigt ist das der Rechts­extre­mis­mus“, so Buch­mayr und Anscho­ber unisono.

Auch das Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich (MKÖ) hat bereits mehr­fach an das Innen­mi­nis­te­ri­um appel­liert ein Aus­stei­ger­pro­gramm nach dem Vor­bild von EXIT auch in Öster­reich zu ermög­li­chen und zu unter­stüt­zen – bis­her aber immer eine Abfuhr erhalten.

Die Jugend als Hauptzielgruppe für Aufklärung und Information

Infor­ma­ti­on, Prä­ven­ti­on und Auf­klä­rung als essen­ti­el­le und akti­ve Mit­tel gegen den Rechts­extre­mis­mus müs­sen zwei­fel­los wei­ter gestärkt wer­den. Als wich­tigs­te Ziel­grup­pe ist hier die Jugend zu sehen. Rechts­extre­mis­mus und Neo­na­zis­mus ver­brei­ten ihre Bot­schaf­ten immer stär­ker über das Inter­net, die sozia­len Netz­wer­ke und damit über Kanä­le die inten­siv von Jugend­li­chen genutzt wer­den. Zudem fun­giert auch die Jugend­kul­tur etwa die Musik als Vehi­kel für ein­schlä­gi­ge Pro­pa­gan­da und Het­ze. „Mit der zeit­li­chen Distanz zu den NS Gräu­eln schwin­den auch mit jeder Gene­ra­ti­on Betrof­fen­heit und Bewusst­sein für die Schre­cken die­ser Zeit. Für die Jugend wird es immer schwe­rer nach­zu­voll­zie­hen, wel­che unfass­ba­ren Fol­gen die NS Ideo­lo­gie, der Ras­sen­hass gehabt haben. Dem müs­sen wir durch Auf­klä­rung, War­nung und Mah­nung noch viel stär­ker ent­ge­gen­tre­ten“, betont Buch­mayr. Etli­che Insti­tu­tio­nen in Ober­ös­ter­reich leis­ten hier bereits seit Jah­ren wert­volls­te Arbeit. Dar­un­ter der Ver­ein Braun­tö­ne, der sich vor­ran­gi­gen rechts­ra­di­ka­ler Musik und ihrer Jugend­kul­tur befasst und her­vor­ra­gen­de Vor­trä­ge und Semi­na­re für Jugend­grup­pen, Schü­le­rIn­nen, Stu­den­tIn­nen, Leh­re­rIn­nen und alle ande­ren Inter­es­sier­ten anbietet.

Bei­spiel­ge­bend ist natür­lich auch die Gedenk­stät­te Maut­hau­sen und der Lern- und Gedenk­ort Schloss Hart­heim, die jähr­lich von unzäh­li­gen Schü­le­rIn­nen­grup­pen besucht wer­den und die mit ihren päd­ago­gi­schen Kon­zep­ten umfas­sen­de und wert­volls­te Auf­klä­rungs­ar­beit leis­ten. Auch die Arbeit des Gedenk­diensts und sei­ner Zivil­die­ner und Frei­wil­li­gen kann nicht hoch genug für die Bewusst­seins­ar­beit ein­ge­schätzt werden.

Fundierte Informationen über rechtsextreme Taten und Täter:

Ein effek­ti­ver Kampf gegen den Rechts­extre­mis­mus erfor­dert natür­lich umfang­rei­ches Wis­sen über des­sen Akti­vi­tä­ten. „Wir brau­chen natür­lich eine genaue und zen­tra­le Auf­lis­tung bekann­ter Rechts­extre­mis­ten, deren Taten und Ver­bin­dun­gen. So ist es mög­lich wei­te­re ein­schlä­gig akti­ve Per­so­nen und Ver­net­zun­gen her­aus­zu­fil­tern deren Umtrie­be zu unter­bin­den“, betont Buch­mayr. Ein ent­spre­chen­der Antrag auf eine der­ar­ti­ge Datei dabei ist bereits vom Grü­nen Natio­nal­rat Karl Öllin­ger im Par­la­ment ein­ge­bracht wor­den. Um die­ses Anlie­gen zu unter­mau­ern, sind die Grü­nen aber bereit auch auf Lan­des­ebe­ne eine ent­spre­chen­de Reso­lu­ti­on an den Bund zu unterstützen.

In die­sem Sin­ne sehen die Grü­nen die Zer­schla­gung des „Objekts 21“ als extrem wich­tig an, es darf aber nur ein Etap­pen­er­folg sein. „Er muss viel­mehr eine Initi­al­zün­dung sein, ein Schub noch viel umfas­sen­de­rer und durch­schlag­kräf­ti­ger gegen den Rechts­extre­mis­mus vor­zu­ge­hen. Es darf kei­ne Baga­tel­li­sie­rung mehr geben, auf kei­ner Ebe­ne – auch nicht auf der poli­ti­schen. Wir brau­chen ein noch strik­te­res Vor­ge­hen aller zustän­di­gen Behör­den gegen rechts­extre­me Umtrie­be, ein inten­si­ves Nach­ge­hen in allen Ver­dachts­fäl­len. Es muss uns gelin­gen, dem Rechts­extre­mis­mus den Boden zu ent­zie­hen – sei­ner Ideo­lo­gie, sei­ne Taten, sei­nen Orga­ni­sa­tio­nen und Infil­trie­rungs­ver­su­chen“, betont Buchmayr.