Wien: 102 Jahre und nicht gscheiter
Linz: Ermittlungen wegen NS-Wiederbetätigung durch Schüler
K: Rutter rutscht rechtsaußen runter
Stmk/K: RFJ-Hetze auch in Schulen?
NÖ: Rüffel für Lehrerin?
Salzburg: Aus für „Aktion451“ an Uni
Stmk: Etwas Bewegung in FPÖ-Finanzaffäre
OÖ: Schwarzblau liefert Blauen nicht aus
USA: Protest gegen Konferenzteilnahme von Sellner
OÖ: Highlight Antifa-Netzwerk-Treffen
Wien: 102 Jahre und nicht gscheiter
Der der NS-Wiederbetätigung Verdächtigte ist hochbetagt und emeritierter Rechtsanwalt. Als ihm der Bezirksvorsteher zu seinem 100. Geburtstag gratulierte, entstand ein Foto, „auf dem im Hintergrund ein Porträt zu sehen war, das den Mann in Wehrmachtsuniform zeigte. Das Foto wurde in der Bezirkszeitung abgedruckt, daraufhin führte die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DNS) eine Hausdurchsuchung durch.“ (wien.orf.at, 10.10.24)
Die Darstellung ist nicht schlüssig, denn eine Wehrmachtsuniform ist noch keine Wiederbetätigung. Es muss also noch andere Verdachtsmomente gegeben haben. Bei der Hausdurchsuchung wurde man denn auch mit NS-Devotionalien fündig: „Darunter war ein Eisernes Kreuz mit Hakenkreuz oder eine abgebildete Standarte der Kosaken-Division mit Hakenkreuzen.“ (wien.orf.at)
Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren mittlerweile wieder eingestellt, dem 102-Jährigen wurden seine Devotionalien wieder ausgehändigt mit der Belehrung, dass die Gegenstände sorgfältig zu verwahren sind.
Linz: Ermittlungen wegen NS-Wiederbetätigung durch Schüler
Schon vor einigen Wochen wurde bekannt, dass gegen vier Schüler des Linzer Privatgymnasiums Aloisianum wegen des Verdachts der Freiheitsentziehung, Nötigung und gefährlichen Drohung ermittelt wird. Die Schüler einer sechsten Klasse hatten auf einer Reise nach Assisi eine 15-jährige Mitschülerin eingesperrt und von ihr Massagen verlangt.
Nun wurden die Ermittlungen auch noch ausgeweitet. „Im Zuge der Einvernahmen wurde mehrmals erwähnt, dass einer der Verdächtigen einschlägige Videos und Bilder in den sozialen Medien gepostet hat“, sagt Reinhard Huemer-Steiner, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Ermittelt wird wegen Wiederbetätigung. (krone.at, 13.10.24)
K: Rutter rutscht rechtsaußen runter
Sollten noch Zweifel bestanden haben: Mittlerweile ist der Kärntner Martin Rutter, der Corona-Oberdemonstrant und Gast bei der FPÖ-Wahlparty am 29. September in Wien, ganz rechtsaußen im trübbraunen antisemitischen Sumpf angekommen und reingefallen. Am 4. Oktober veröffentlichte Rutter auf seinem Telegram-Kanal eine Foto-Collage, die verschiedene Mitglieder der noch amtierenden österreichischen Bundesregierung – die Männer mit Kippa – mit Vertretern der Chabad-Lubowitsch-Bewegung, einer kleinen religiösen jüdischen Gemeinde, zeigt. Dazu der Text: „Heißes Eisen: Kennst du die Endzeit-Sekte Chabad-Lubowitsch? Nein? Solltest du aber, Sie (sic!) haben sehr viel Einfluss auf die Systempolitik (und die Systemmedien) in Deutschland und Österreich!“ Rutter bietet hier eine klassische antisemitische Verschwörungserzählung.
Martin Rutter – Verschwörungsmythiker, einer der Hauptproponenten der Corona-Demonstrationen und zuletzt auf der Wahlfeier der FPÖ zu sehen – veröffentlicht auf Telegram ein zutiefst antisemitisches Posting pic.twitter.com/pMN1JY0XqC
— Antisemitismus-Meldestelle der IKG (@AMeldestelle) October 3, 2024
Die Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde hat auf X (vormals Twitter) das Posting veröffentlicht, worauf Rutter, der sich an seinem „heißen Eisen“ hoffentlich die Finger verbrennt, das Posting wieder gelöscht hat. Das heißt aber nicht, dass er damit sein hetzerisches antisemitisches Geraune beendet hätte. Auf seinem TG-Kanal finden sich zig-fach antisemitische Anspielungen auf „globalistische“ Verschwörungen, auf die „Kaste der Globalisten“, den „globalistischen Bilderberger“-„Standard“ und natürlich den „Menschenfeind, Investment-Hai, Globalist und Migrationspapst George Soros“.
In seinem antisemitischen Verschwörungswahn geht er sogar soweit, dass er über einen Zusammenhang zwischen dem unklaren Tod (Mord oder Suizid) des sizilianischen Architekten Angelo Onorato und Soros bzw. Hillary Clinton spekuliert, weil die Gattin von Onorato, die Lega-Politikerin Francesca Donato, immer wieder Schwurbelkommentare über die beiden veröffentlicht hat.

Stmk/K: RFJ-Hetze auch in Schulen?
Ein vom RFJ produziertes hetzerisches Kinderbuch in Cartoon-Form mit dem Titel „Gemeinsam für Gerechtigkeit“ ist an Mittelschulen im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld, aber auch in Kärnten aufgetaucht, berichtet „profil“ (8.10.24). Das Comic-Büchlein ist illustriert mit Figuren aus der Vogelwelt:
Da wäre etwa „Andreas Quakler“, eine „leicht übergewichtige Ente“, die „Wüstengeier“ als Bereicherung sieht oder die „diebische Gewelster“, die sich für Windräder einsetzt und damit laut Buch den Lebensraum der heimischen Vögel gefährdet („Dann können wir eben nicht mehr frei fliegen, na und?“). Eine andere Figur ist der „einfältige Schwarzspecht Karli“ oder „Herbi Steinadler“, der mit einer Österreich-Flagge an der Spitze gemeinsam mit den heimischen Vögeln gegen die „gemeinen Wüstengeier“ demonstriert, weil sie ihnen das Futter wegnehmen. (profil)
Die Anspielungen auf politische Akteure sind holzschnittartig und einfältig bis hetzerisch, was FPÖ-Funktionäre natürlich nicht hindert, sich voll und ganz hinter das Büchlein zu stellen. Sollte es Verteilungen in Schulnähe gegeben haben, so „würden dem RFJ möglicherweise rechtliche Konsequenzen drohen. Denn laut Schulunterrichtsgesetz ist die Verteilung von politischem Werbematerial an Schulen, etwa Flyer, Broschüren oder ähnliches, verboten. Dies gilt für das gesamte Schulgelände“. (profil)
NÖ: Rüffel für Lehrerin?
Im schwarzblau regierten Niederösterreich kann es für Lehrer*innen schon gefährlich sein, im Fach „Geschichte und politische Bildung“ über Parteien Zuschreibungen zu treffen, die der FPÖ bzw. einer mutmaßlich blauen Großmutter nicht passen. Weil die FPÖ in einem Arbeitsblatt die Attribute „Nationalistisch = Österreich zuerst, fremdenfeindlich, EU-kritisch, traditionell“ erhalten hatte und damit nach Ansicht der blau-affinen Oma im Unterschied zu den anderen Parteien negativ dargestellt wurde, schlug die Oma Alarm, der FPÖ-Bildungssprecher Michael Sommer, der erst kürzlich alkoholisiert einen Unfall mit seinem PKW abgeliefert hat, apportierte brav und auf Anfrage von „heute“ (9.10.24) meldete die Bildungsdirektion für NÖ dann nach:
Der Gegenstand politische Bildung dient dazu, den Schülerinnen und Schülern die Grundprinzipien der Demokratie und die Werte einer demokratischen Gesellschaft näherzubringen”, so die Bildungsdirektion. Ein klärendes Gespräch mit dem zuständigen Schulqualitätsmanager und der betroffenen Pädagogin soll nun Klarheit bringen. (heute.at, 9.10.24)
Was an den Zuschreibungen für die FPÖ entspricht eigentlich nicht den Fakten?

Salzburg: Aus für „Aktion451“ an Uni
Allein die Bildsprache weist schon auf die Urheber hin. „Aktion451“ ist einmal mehr der eher verzweifelte Versuch der Identitären und ihrer Beifahrer, sich einen intellektuellen Anstrich zu geben, indem behauptet wird, man lese Bücher. Ja eh, aber nur Sellner, Schmitt, Jünger und Konsorten. In Salzburg wollten die Identitären in Gestalt der „Aktion451“ am 13. Oktober an der Uni einen Lesekreis installieren, bei dem Martin Sellners Deportationsbüchlein „Remigration“ buchstabiert werden sollte.
Eine ähnliche Veranstaltung an der Wiener Uni mit Götz Kubitschek ist schon im Vorjahr untersagt worden. Nachdem die Hochschülerschaft an der Uni Salzburg Alarm geschlagen hat, wurde der Lesekreis in den Räumen der Uni Salzburg verboten, wie „salzburg24.at“ (10.10.24) berichtet.
Stmk: Etwas Bewegung in FPÖ-Finanzaffäre
Seit 2021 wird in der Finanzaffäre der steirischen FPÖ ermittelt. Zuerst war es nur ein Finanzskandal im Gemeinderatsklub, dann einer, der sich auf die gesamte steirische FPÖ ausweitete und in verschiedene strafrechtliche Abteilungen verästelte. Zuerst ermittelte die Staatsanwaltschaft Graz. dann wurde der Fall wegen einer möglichen Befangenheit an die StA Klagenfurt abgetreten. Kopfschütteln haben die bislang exorbitant lange Dauer der Ermittlungen, einzelne nicht gesetzte Ermittlungsschritte bzw. auch die Versuche, die Einsicht der Privatbeteiligten des früheren FPÖ-Gemeinderatsklubs, nunmehr „Korruptionsfreier Gemeinderatsklub“ zu behindern, ausgelöst. Jetzt erst soll es zur Einvernahme von 40 Personen aus dem Umfeld der FPÖ kommen, schreibt der „Standard“ (11.10.24): „Die meisten trotz dreijähriger Ermittlungen zum ersten Mal.“
OÖ: Schwarzblau liefert Blauen nicht aus
Der oberösterreichische Landtagsabgeordnete und Landesparteisekretär der FPÖ, Michael Gruber, der in einem Wahlkampfvideo demonstrativ eine Regenbogenfahne in den Müll geworden hat, wird vom oberösterreichischen Landtag nicht „ausgeliefert“, d.h., die Staatsanwaltschaft darf keine strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Verhetzung gegen Gruber führen. Das hat im dafür zuständigen Immunitätsausschuss eine Mehrheit bestehend aus ÖVP, FPÖ und MFG beschlossen.
Mit einem Instagram-Video für den Nationalratswahlkampf hatte Gruber für Empörung gesorgt. Er steht darin vor einem durchgestrichenen „LGBTQ”-Schriftzug, schimpft unter dem Titel „Aufräumen für Österreich” gegen „linke degenerierte Politik”, „Frühsexualisierung unserer Kinder” und „Regenbogen dort, Regenbogen da”. Dieser sei „für den Mistkübel”, in einen solchen wirft Gruber wirft eine Regenbogenfahne schließlich auch hinein.“ (derstandard.at, 10.10.24)
SPÖ, Neos und Grüne hatten für die Auslieferung gestimmt und dies mit der Spruchpraxis im Nationalrat und Grubers „widerlichem Wahlkampfaktionismus“ (Severin Mayr, Grüne) begründet. „Offenbar würden ÖVP und FPÖ mit einer Anklage und einer Verurteilung Grubers rechnen, ‚denn sonst schiene ihnen ein so drastischer Schritt und der Schaden, den er anrichtet, nicht notwendig‘.” (Felix Eypeltauer, Neos, zit. nach derstandard.at)
USA: Protest gegen Konferenzteilnahme von Sellner
Protest gibt es wegen einer geplanten Teilnahme von Identitären-Kopf Martin Sellner und Guido Taietti, einem gewalttätigen italienischen CasaPound-Neonazi, an der American Renaissance (AmRen)-Konferenz, die vom US-amerikanischen Rechtsextremisten Jared Taylor organisiert wird. Die seit 30 Jahren jährlich abgehaltene Konferenz, die heuer vom 15. bis 17. November 2024 in der Nähe von Nashville, Tennessee, stattfinden soll, versammelt traditionell Holocaustleugner, White Supremacy-Vertreter und Eugeniker.
Jared Taylor gilt als einflussreiche Figur in der rechtsextremen Szene und hat weltweit Verbindungen zu verschiedenen extremistischen Gruppen. 2019 sollte Taylor in Schweden und Finnland an Neonazi-Konferenzen teilnehmen, wurde jedoch mit dem Hinweis, es sei über ihn ein EU-weites Einreiseverbot verhängt worden, am Flughafen Zürich gestoppt.
Es fragt sich, ob nicht ohnehin ein 2019 verhängtes Einreiseverbot für Sellner noch gültig ist. Das Netzwerk „GPAHE“ fordert die Vereinigten Staaten nun auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Einreise von Sellner und Taietti zu unterbinden.
With the conference fast approaching and remigration becoming increasingly more mainstream amongst the American far right, including extremist and neo-Nazi organizations like the Proud Boys, it’s incredibly concerning that a violent neo-Nazi and Sellner, a so-called “former” neo-Nazi, one of the main propagators of violent language related to remigration, could be allowed into the country to further legitimize such hatred. The United States should take measures to ensure they are not allowed entry to the U.S. per stated government travel requirements and thus prevented from spreading their vile and anti-democratic messages on American soil, further inflaming already high emotions around the elections in an increasingly polarized country. (globalextremism.org, 8.10.24)
OÖ: Highlight Antifa-Netzwerk-Treffen
Das oberösterreichische Antifa-Netzwerk, das sich mittlerweile aus 98 Organisationen zusammensetzt, hielt am Samstag, 12. Oktober, sein großes Netzwerk-Treffen im Bildungshaus Puchberg bei Wels ab. Robert Eiter, Netzwerksprecher, schreibt in einer Aussendung (14.10.24):
Mehr als 200 Vertreter:innen von 98 politischen, kirchlichen, kulturellen und humanitären Organisationen aus dem ganzen Bundesland informierten sich, diskutierten und stimmten Aktivitäten ab. Am Treffen nahmen auch Antifaschist:innen aus Wien, Niederösterreich, der Steiermark, Salzburg und Tirol sowie aus Bayern teil. Die Stände des Infomarktes waren heuer besonders zahlreich und ein besonders buntes Forum der Zivilgesellschaft. (…)
Hauptreferentin des Treffens war die Geschäftsführerin von Amnesty International (AI) Österreich, Shoura Zehetner-Hashemi. Die gebürtige Iranerin hatte ihre ersten fünf Lebensjahre mit ihren Eltern, Gegnern des Mullah-Regimes, im Untergrund verbracht. Zehetner-Hashemi hielt fest, dass Österreich oft Vorreiter bei der Verankerung von Menschenrechten sei. Allerdings gebe es viele Unterschiede zwischen der Rechtslage und der gelebten Realität. So sollen an den völkerrechtswidrigen „Pushbacks“ von Asylsuchenden an den EU-Außengrenzen auch österreichische Beamte beteiligt sein. Die lange Dauer von Asylverfahren sei ebenso bedenklich wie die konzentrierte Unterbringung von Flüchtlingen ohne frühzeitige Integrationsmaßnahmen.
Ein großes Problem stelle der strukturelle Rassismus dar, der Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch Angehörige der Roma-Minderheit in Bereichen wie Bildung, Wohnen und Arbeitsmarkt massiv diskriminiere. Ein weiteres Thema sei die zuletzt starke Zunahme sowohl von antisemitischen als auch von islamophoben Vorfällen. Zehetner-Hashemi kritisierte auch den Umgang mit Polizeigewalt – es fehle etwa eine wirklich unabhängige Instanz zur Untersuchung von Vorwürfen. Bei der Verwirklichung der sozialen Menschenrechte sieht die AI-Geschäftsführerin die Hauptdefizite in der Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen, in den enorm steigenden Wohnkosten und in der alarmierenden Kinderarmut. Von letzterer seien 17 Prozent der Kinder im wohlhabenden Österreich betroffen, so Zehetner-Hashemi. Sie schlug eine Reihe von Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung der aufgezeigten Mängel vor.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens verlangten, dass die neue Bundesregierung ohne FPÖ gebildet werden soll. Die Menschenrechtsorganisation „SOS Mitmensch“ hat in einem Dossier 225 Verflechtungen der FPÖ mit der rechtsextremen Szene dokumentiert, wird begründet. Und FPÖ-Chef Kickl nennt als Vorbild ganz offen Viktor Orbán, der in Ungarn eine Scheindemokratie installiert hat. Beschlossen wurde auch ein weiterer Antrag, der die sofortige Beendigung der Subvention des Landes Oberösterreich – jährlich 75.000 Euro! – für den Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) fordert. Denn dieser bewarb in einem Video-Clip eine wahre Hitliste rechtsextremer und faschistischer Literatur.
Der Schriftsteller Ludwig Laher präsentierte sein neues, gemeinsam mit Christoph Janacs und Gerhard Ruiss verfasstes Buch „O Du mein Österreich. (K)eine Lobeshymne“. Es befasst sich mit der Frage, wer hinter der Bundeshymne und den acht Landeshymnen steht. Gleich fünf dieser Hymnen wurden von NS-Parteigängern und/oder radikalen Judenhassern komponiert oder getextet. Christian Ehetreiber, Geschäftsführer der „ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus“ in Graz, erzählte über die vielfältige Gedenkarbeit in der Steiermark.