Innsbruck: Verurteilt wegen brauner Plakate an der Zellwand
Klagenfurt: Drei „Preußen“ erhalten bedingte Haftstrafen
Graz: Freispruch im Zweifel
Bez. Spittal an der Drau/K: Nazi-Schriftzüge im Auto
Wien: Hausdurchsuchung bei antisemitischem Prediger
Spielberg/Stmk: Nazi-Geschmiere aus „jugendlichem Leichtsinn“
Loosdorf/NÖ: Staatsverweigerer in Verdacht
Kalsdorf/Stmk: Wieder Sprengsatz bei Zeugen Jehovas
Linz: MFG-Griff in die Kasse?
Innsbruck: Verurteilt wegen brauner Plakate an der Zellwand
Am 18.3. wurde am Landesgericht Innsbruck ein 32-Jähriger wegen Wiederbetätigung verurteilt. Der 17-fach vorbestrafte Mann saß zum Tatzeitpunkt bereits wegen eines Einbruchdelikts in Haft und hat eben dort gegen das Verbotsgesetz verstoßen, und das nicht zum ersten Mal, wie die „Tiroler Tageszeitung“ schreibt (19.3.24, S. 5). Konkret ging es bei dem Prozess um Plakate, die der Angeklagte an seiner Zellwand angebracht hatte.
Österreich brachte er dabei schriftlich „mit der Reinheit des deutschen Volkes” in Verbindung. Dies kombinierte er mit seinem Namen unter Zugabe des zweiten Vornamens Adolf. Umrahmt war die Parole mit den Bildern von Kaiser Franz Josef I. und dem deutschen Kaiser Wilhelm II. Nach einer Anzeige stattete der Verfassungsschutz der Justizanstalt einen Besuch ab. (Tiroler Tageszeitung)
Die Plakate waren laut Verhandlungsspiegel fast vier Wochen lang in der Haftzelle angebracht – wie das möglich war, ohne dass es Justizwachebeamten aufgefallen ist, geht aus dem Zeitungsbericht nicht hervor. Der Angeklagte argumentierte vor Gericht mit seiner Identifikation mit der „Reinheit des Volkes“. Das Geschworenenurteil lautete 20 Monate Haft, nicht rechtskräftig.
Klagenfurt: Drei „Preußen“ erhalten bedingte Haftstrafen
Zwei Mitglieder des fiktiven „Bundesstaat Preußen“, einer Verbindung der rechtsextremen Staatsverweigererszene, waren während ihres Gerichtsprozesses am 8.3. einfach aufgestanden und gegangen. Inzwischen wurden beide, ein 70-Jähriger und eine 31-Jährige, verhaftet. Am 19.3. wurde zuerst der Mann in Wolfsberg festgenommen, und am 20.3. folgte die Verhaftung der Frau im Bereich Villach-Land. Laut eines Sprechers des Landesgerichts Klagenfurt erfolgten die Verhaftungen wegen Tatbegehungs‑, Verdunkelungs- und Fluchtgefahr, in beiden Fällen wurde U‑Haft verhängt. (kurier.at, 22.3.24).
Am 27.3. mussten sich beide erneut am Landesgericht Klagenfurt verantworten. Mit ihnen saß ein drittes Mitglied des „Bundesstaat Preußen“ auf der Anklagebank. Alle drei hatten zusammen mit 24 weiteren Staatsverweigerer*innen – denen zum Teil bereits der Prozess gemacht wurde – einer Staatsanwältin, die eine Hausdurchsuchung gegen die Verbindung angeordnet hatte, mit dem Tod bedroht. Der dritte, ein uneinsichtiger 56-jähriger Oberkärntner, wurde zu zwölf Monaten bedingter Haft verurteilt (nicht rechtskräftig). Die 31-jährige Frau war nun geständig und akzeptierte ein Urteil von zehn Monaten bedingter Haft bei drei Jahren Bewährung (rechtskräftig). Der 70-Jährige blieb bei seiner Ideologie und bekam zwölf Monate bedingter Haft (nicht rechtskräftig).
Graz: Freispruch im Zweifel
Der Prozess wegen des Verdachts der Verhetzung fand am 22. März 24 vor dem Landesgericht Graz statt – ohne Publikum, ohne Zeug*innen, also ohne jegliche Öffentlichkeit, wäre nicht .
Albert G. soll das Facebook-Posting eines deutschen Fernsehsenders (mutmaßlich zu Flucht, Seenotrettung) so kommentiert haben: „Man sollte das Schiff mit den Passagieren einfach versenken.“ Das begründet sehr deutlich den Verdacht der Verhetzung. Aber hatte Albert G. diesen hetzerischen Kommentar tatsächlich selbst geschrieben? G. bestreitet das jedenfalls, gibt an, dass er gar kein besonderes Interesse an solchen Fragen habe, sich auch nicht sonderlich für Politik interessiere. Sein Facebook-Profil verwende er eigentlich nur, um seine Fahrradtouren zu dokumentieren.
Bei Albert G. wurde allerdings eine Hausdurchsuchung durchgeführt, bei der gleich mehrere Handys, zwei Laptops und einige USB-Sticks sichergestellt wurden, auf denen allerdings das fallrelevante Posting nicht entdeckt wurde. Der Angeklagte macht Identitätsdiebstahl geltend: Das Handy, von dem aus er Facebook immer genutzt habe, sei ihm bei einer Fahrradtour verloren gegangen, woraufhin er eine neue SIM-Karte besorgt und sein Facebook-Konto gelöscht habe.
Der Gutachter, der einvernommen wurde, um G.s Angaben auf Plausibilität und technische Machbarkeit zu überprüfen, müht sich wirklich redlich ab und kommt zu der Erkenntnis, dass ein Missbrauch durch andere faktisch ausgeschlossen werden könne, aber theoretisch, mit sehr, sehr viel Aufwand doch denkbar sei. Die Verteidigung wird durch unsere Prozessbeobachtung so zitiert:
Der Sachverständige konnte keinen technischen Beweis bringen, dass der Angeklagte das Posting selbst abgesetzt hat. Aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund dürfte jemand einen Fake-Account im Namen des Angeklagten angelegt und mit Bildern, die er vom tatsächlichen FB-Account des Angeklagten heruntergeladen hat, bespielt haben.
Auch wenn das wie ein Märchen klingt, es konnte nicht zu 100 Prozent widerlegt werden, so der Richter. Daher Freispruch im Zweifel.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Bez. Spittal an der Drau/K: Nazi-Schriftzüge im Auto
Am 19.3. ergriff ein jugendlicher Lenker eines Pkw die Flucht vor der Polizei, nachdem eine Streife auf ihn aufmerksam geworden war. Als das Auto nicht mehr weiter konnte, flohen Fahrer und Beifahrer zu Fuß vor der Polizei, was ihnen vorerst auch gelang.
Erhebungen ergaben, dass der Lenker, ein 16-Jähriger Jugendlicher aus dem Bezirk Spittal an der Drau, keine gültige Lenkberechtigung besitzt und der Pkw noch auf den Vorbesitzer zugelassen ist. Außerdem waren Kennzeichen von einem anderen Fahrzeug montiert. Im Innenraum des Fahrzeuges wurden mehrere nationalsozialistische Schriftzüge entdeckt. (heute.at, 21.3.24)
Am selben Abend noch stellte sich der Jugendliche bei der Polizeiinspektion. Mehrere Straftaten, darunter auch ein mutmaßlicher Verstoß gegen das Verbotsgesetz, wurden zur Anzeige bei Staatsanwaltschaft Klagenfurt und der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau gebracht.
Wien: Hausdurchsuchung bei antisemitischem Prediger
Ein Meidlinger Imam, der an einer Moschee am Wiener Schöpfwerk predigte, war im Februar mit wüsten antisemitischen Facebook-Postings – bis hin zum Mordaufruf gegen Juden und Jüdinnen – aufgefallen. Nachdem er daraufhin ins Büro Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) zitiert wurde, zog er sich als Prediger zurück. Parallel dazu prüfte die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht hinsichtlich des Tatbestands der Verhetzung. Für Ermittlungen dürften nun ausreichend Verdachtsmomente da sein, denn am 18.3. fand eine Hausdurchsuchung bei der Privatadresse des Imams statt. (kurier.at, 18.3.24)
Spielberg/Stmk: Nazi-Geschmiere aus „jugendlichem Leichtsinn“
Zwei Jugendliche (17, 16) sollen im Jänner 2024 die Außenwände leerstehender Gebäude in Spielberg großflächig besprüht haben, darunter waren auch NS-Symbole. Die Jugendlichen, ein Mädchen und ein Junge, wurden wegen Verdachts der Sachbeschädigung sowie nach dem Verbotsgesetz von der Staatsanwaltschaft Leoben angezeigt. Sie gaben an, aus „jugendlichem Leichtsinn“ (LPD Stmk. via kriminalfall.at, 22.3.24) gehandelt zu haben.
Loosdorf/NÖ: Staatsverweigerer in Verdacht
Das Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) ermittelt im Fall eines großflächigen Internet- und Mobilfunkausfalls im Mostviertel, der durch einen gezielten Anschlag auf kritische Infrastruktur zustande gekommen sein könnte. Demnach sollen unbekannte Täter*innen in Loosdorf vermutlich mit einer Trennscheibe die Hauptdatenleitung durchschnitten haben.
Die Folge war ein Totalausfall der Dienste an insgesamt 13 Sendeanlagen. Drei verschiedene Mobilfunkanbieter, die sich die Infrastruktur teilen, waren von dem Ausfall betroffen – mit ihnen auch hunderte Kunden. (…) Zum Kreis der möglichen Täter zählt die Gruppe der Staatsverweigerer, die es ganz bewusst auf die kritische Anlage abgesehen haben könnte. Offiziell ermittelt wird wegen schwerer Sachbeschädigung. (kurier.at, 26.3.24)
Kalsdorf/Stmk: Wieder Sprengsatz bei Zeugen Jehovas
Bei einem Gebetshaus der Zeugen Jehovas in Kalsdorf wurde am 29.3. ein Paket abgelegt, das sich als funktionstüchtiger Sprengsatz erwies. Etwa 50 Teilnehmer*innen waren bei dem Gottesdienst anwesend. Das Paket wurde gegen 20:30 Uhr entdeckt, woraufhin bald Sprengstoffexperten und Sprengstoff-Spürhunde durch die Polizei angefordert wurden. Die technisch schwierige Bergung, mit teilweise schwerem Gerät, dauerte beinahe die ganze Nacht.
Ein Zusammenhang mit den beiden Sprengsätzen bei den Zeugen Jehovas in Leibnitz vom Vorjahr könne weiterhin nicht ausgeschlossen werden, so Lamb [der Polizei-Sprecher, Anm. SdR]. Eine mögliche Verbindung werde noch geprüft. Im Fall der Leibnitzer Sprengsätze gebe es indessen keine neuen Erkenntnisse. Die Ermittlungen würden weitergeführt. Ein Anfangsverdacht bei einer damals verdächtigen Person hatte sich nicht erhärtet. Seither liegen keine neuen Hinweise vor, sagte Lamb. (derstandard.at, 30.3.24)
Die Hintergründe ermittelt nun das Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) Steiermark. Zudem wurden zusätzliche Schutzmaßnahmen für Objekte der Zeugen Jehovas veranlasst.
Linz: MFG-Griff in die Kasse?
Bei ehemaligen MFG-Mitgliedern in Linz soll es zu einem Förderungsmissbrauch gekommen sein. Eine entsprechende Anzeige erfolgte aus den eigenen Reihen und führt nun zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.
Die bei der Wahl für die MFG angetretene Vera Schachner wirft dem Fraktionsvorsitzenden Norbert Obermayr vor, mit selbst geschriebenen Rechnungen auf die Förderungen für die Partei zugegriffen zu haben. Obermayr bestreitet das. (orf.at, 28.3.24)
Für die Dauer der Ermittlungen will der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) das der Fraktion zustehende Fördergeld (78.000 Euro) einfrieren.