Ein Aufsichtsrat zum Geburtstag?
Die letzte Woche öffentlich gewordenen FPÖ-Chats hinterlassen das Gefühl, dass ein einziges Interesse bei den FPÖ-Granden vorherrscht: Blaue sollen in Posten gebracht werden – überall hin, wo es nur möglich ist. Die Konversationen sind eine Mischung zwischen Kriechereien und großzügiger Verscherblerei: Im Jänner 2019 gratuliert Strache dem durch die „Hump-Dump-Affäre“ berühmt gewordenen Hilmar Kabas zum 77. Geburtstag und offeriert quasi ein Geschenk: „Reizt dich eigentlich irgendein Aufsichtsrat?“ Die Antwort: „Sehr geehrter Herr Vizekanzler, lieber HC. Herzlichen Dank für die lieben Geburtstagswünsche. Wenn du mich fragst würde ich gerne wieder einmal eine solche Funktion im Sinne der Partei übernehmen . LG (…) Hilmar“
Später ging’s dann noch um einen Posten für Kabas‘ Sohn. Aber wenige Monate danach war der Gratulant als Vizekanzler Österreichs Geschichte – und damit auch die Möglichkeit, Aufsichtsratsposten und dergleichen nach blauer Gutsherrenart zu vergeben.
Bundesheergeneral „eh einer von uns“
Am 16. Juli 2018 wurde unter Ex-Verteidigungsminister Kunasek Robert Brieger zum Generalstabschef und damit zum ranghöchsten Offizier des österreichischen Bundesheeres befördert. In seinen Antrittsinterviews erklärte Brieger, die Massenmigration sei „die größte gegenwärtige Bedrohung“. Wenige Wochen später chattet Strache Kunasek an:
„Sag, der neue GenStbChef Brieger ist eh einer von uns, oder?“
„Selbstverständlich… Hat auch in seinen ersten Aussagen klare Aussagen getroffen: ‚Migration als größte Bedrohung‘ etc. Warum? Gibt’s Stimmen die was anderes behaupten?“
„Nein, wollte nur sicher gehen! Lg“
Bestellladen für Strache- und Parteifreunde
Aber die Schacherei betraf nicht nur höhere Posten der Republik, auch Parteifreunde aus unteren Ebenen klopften für ihre Anliegen an: ein Lehrer, der als Abteilungsvorstand einer Schule abberufen werden sollte und sich bei Strache darüber beschwert (Strache an Hofer: „Faßmann soll da bitte einschreiten!“), ein ehemals hoher FPÖ-Parteifunktionär aus Tirol, der seinen Neffen als Praktikant im Außenministerium unterbringen will, ein weiterer Tiroler Parteifunktionär, der sich eine Versetzung ins Verteidigungsministerium wünscht („Ich werde über das LV-Ministerium intervenieren und deinen Fall und deine Telefonnummer weiter geben. Lg Hc“).
Ein anderer lobbyiert für Aufträge an die Firma seines Vaters und erhält prompt einen Termin beim Generalsekretär in Hofers Ministerium. Jemand will die Versetzung eines Polizisten von Niederösterreich in die Steiermark erwirken, weil sich seine steirische Bekannte in den Polizisten verliebt hatte, und ein weiterer will einen Ressortwechsel für einen „guten Freund von K.“ erwirken: „Hab dich noch nie um etwas gebeten“ (…) „Versetzung ist am Laufen, höre ich! Lg“, schreibt Strache wenige Tage später retour.
Ein Beamter der Fremdenpolizei gibt gute Tipps, worauf die FPÖ achten müsse, dass etwa die Familienquote, also der Zuzug von Familienangehörigen, „drastisch zu senken“ sei. Strache: „Herbert Kickl möchte gerne mit dir reden und die Causa in Angriff nehmen. Lg Hc“ Nach weiteren Konversationen kommt der Polizist zur Sache: „Hast vielleicht an Job für mich ?“ „Welcher Job interessiert dich? Lg Hc“
Herbert Kickl: „Brauchen jemanden mit Biss u der parteipol agiert”
Und wie reagiert die FPÖ auf die neuen Chats? Sie sieht etwa in Kickls Treiben eine „konsequente Amtsführung (…) im Interesse der österreichischen Sicherheit“ (puls24.at, 31.3.24). Das Interesse liest sich allerdings mehr als Revancheakt denn als Dienst an der österreichischen Sicherheit. Über Mikl-Leitner, die angeblich einen ÖVP-Mann als Polizeichef von Niederösterreich durchsetzen wollte, schreibt Kickl an Strache: „Ich lasse sie zappeln, es gibt auch noch andere Optionen. Wir sollten nicht vergessen, wie die Dame mit Udo umgegangen ist.” Und: „Wir haben dzt die Leute mit Voraussetzungen nicht. Daher muss Zeit gewonnen werden“ Bei „wir“ ist wohl die FPÖ gemeint.
Bezüglich der Besetzung der Volksanwaltschaft sinniert Kickl am 14. Mai 2019: „Wer ist dein Kand? Dagmar? Brauchen jemanden mit Biss u der parteipol agiert“ Wer sagt dem selbsternannten „Volkskanzler“, dass gerade die Volksanwaltschaft keine parteipolitische Institution sein darf, sondern für Angelegenheiten des Volkes zuständig sein sollte?
Weitere Berichte zu den FPÖ-Chats (Auswahl):
➡️ profil 29.3.24: FPÖ-Chats zu ORF: „Wrabetz weg“, „Thür verhindern“, „Gabalier auf Ö3“
➡️ Standard 29.3.24: Chats blauer ORF-Hoffnungsträger – und wie die FPÖ den ORF zerlegen wollte
➡️ profil 29.3.24: Strache: „Wehrschütz würde gerne als Unterhaltungschef im ORF ausmisten“
➡️ Falter 30.3.24: Geheime FPÖ-Chats zum ORF: „Wir müssen sie abschießen!” (Paywall)
➡️ profil 2.4.24: Strache an Teufel: „Wohin kann ich eine Intervention schicken?”
➡️ Kurier 3.4.24: Fellner und Strache: „Pathologischer Hass” und „Kooperation im Übermaß”