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Rückblick KW 5 & 6 (Teil II)

Ein Wie­ner Imam ruft zum Mord an Juden und Jüdin­nen auf, ein Neo­na­zi der „Feu­er­krieg Divi­si­on“ darf nach einem Bes­se­rungs­ge­löb­nis die U‑Haft ver­las­sen, und eine jour­na­lis­ti­sche Under­co­ver­re­cher­che in Deutsch­land zeigt auf, wie rechts­extrem die AfD-Jugend­­or­­ga­­ni­­sa­­ti­on ist. Wien: Mord­auf­ruf gegen Juden und Jüdin­nen Wien: Ent­haf­tung eines Neo­na­zis der „Feu­er­krieg Divi­si­on“ Kitzbühel/T: Anti­se­mi­ti­sche Belei­di­gung gegen Eis­ho­key­spie­ler Deutsch­land: Verfassungsfeindlichkeit […]

13. Feb 2024
Rückblick
Rückblick

Wien: Mordaufruf gegen Juden und Jüdinnen
Wien: Enthaftung eines Neonazis der „Feuerkrieg Division“
Kitzbühel/T: Antisemitische Beleidigung gegen Eishokeyspieler
Deutschland: Verfassungsfeindlichkeit und Gewaltfantasien bei Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation

Wien: Mordaufruf gegen Juden und Jüdinnen

Der Imam der Assa­lam-Moschee in Wien-Meid­ling ver­brei­te­te via Face­book anti­se­mi­ti­sche Het­ze bis hin zu offe­nen Mord­auf­ru­fen gegen Juden und Jüdin­nen. Die Moschee ist seit 2016 unter dem Dach der Isla­mi­schen Glau­bens­ge­mein­schaft (IGGÖ); die­se wur­de bereits alar­miert und hat den anti­se­mi­ti­schen Pre­di­ger zu sich bestellt, er sei aber im Aus­land. Die Israe­li­ti­sche Kul­tus­ge­mein­de for­der­te schar­fe Kon­se­quen­zen und das Kul­tus­mi­nis­te­ri­um hat gegen den Imam Ermitt­lun­gen im Rah­men des Islam­ge­set­zes ein­ge­lei­tet. (Quel­le: derstandard.at, 8.2.24) Inzwi­schen prüft auch die Staats­an­walt­schaft Wien, ob die Hass­bot­schaf­ten des Man­nes den Tat­be­stand der Ver­het­zung erfül­len. (Quel­le: puls24.at, 9.2.24)

Mit den in Medi­en­be­rich­ten zitier­ten Aus­sa­gen reiht sich der Pre­di­ger als beson­ders wüs­tes Bei­spiel in jene Wel­le von Isra­el-bezo­ge­nem Anti­se­mi­tis­mus ein, die sich seit dem 7. Okto­ber auch in Form von Kund­ge­bun­gen in Wien unauf­hör­lich bahnbricht.

Wien: Enthaftung eines Neonazis der „Feuerkrieg Division“

Am 22.1. hat­te das Innen­mi­nis­te­ri­um in einer lan­gen Pres­se­aus­sendung u.a. die Ver­haf­tung eines 20-jäh­ri­gen Wie­ners, der Mit­glied der rechts­ter­ro­ris­ti­schen „Feu­er­krieg Divi­si­on“ (FKD) sein soll, bekannt­ge­ge­ben. „Stoppt die Rech­ten“ (31.1.24) hat berich­tet, dass es zu die­ser Ver­haf­tung reich­lich spät gekom­men ist, ins­be­son­de­re ein­ge­denk der bereits seit Mai 2023 bestehen­den Vor­wür­fe gegen den Mann (u.a. Pla­nung von Anschlägen).

Nun wur­de der Neo­na­zi am 7.2. wie­der­um auf frei­en Fuß gesetzt, und zwar gegen ein Gelöb­nis zur Bes­se­rung und mit einer Anord­nung zum Pro­gramm „Dia­log statt Hass“ beim Bewäh­rungs­hil­fe­ver­ein „Neu­start“ (kleinezeitung.at, 9.2.24).

Das ist über­ra­schend, denn:

Der 20-Jäh­ri­ge gilt spä­tes­tens seit der Aus­wer­tung von auf sei­nem Han­dy sicher­ge­stell­ten Chats als brand­ge­fähr­lich. „Soll ich mit den dre­cki­gen Mus­li­men beten oder mich unter die Juden mischen, wenn sie eines ihrer Tref­fen abhal­ten, und ihm eine explo­si­ve Wen­dung geben?“, frag­te er etwa einen sei­ner Chat-Part­ner. Er stand auch in Kon­takt zu jenem Atten­tä­ter, der im Okto­ber 2022 zwei jun­ge Män­ner vor einem LGBTIQ-Lokal in Bra­tis­la­va mit einer Schuss­waf­fe töte­te. Bei einer Haus­durch­su­chung im Mai 2023 hat­te man bei dem 20-Jäh­ri­gen ein Waf­fen­ar­se­nal, Gas­mas­ken und NS-Devo­tio­na­li­en sicher­ge­stellt, den­noch blieb er vor­erst auf frei­em Fuß. Das änder­te sich erst mit dem wei­te­ren Beweis­ma­te­ri­al, das im Zuge des Ermitt­lungs­ver­fah­rens zusam­men­ge­tra­gen wur­de. So fan­den sich bei dem jun­gen Mann Anlei­tun­gen zum Bom­ben-Bau­en sowie zur Her­stel­lung von Schuss­waf­fen. (kleinezeitung.at)

Kitzbühel/T: Antisemitische Beleidigung gegen Eishokeyspieler

Bei einem Eis­ho­key­spiel in Kitz­bü­hel wur­de der KEC-Spie­ler Rafa­el Rot­ter von einem Spie­ler der Gegen­mann­schaft anti­se­mi­tisch belei­digt. (Quel­le: meinbezirk.at, 2.2.24)
Auch die Anti­se­mi­tis­mus-Mel­de­stel­le der Israe­li­ti­schen Kul­tus­ge­meid­ne (IKG) hat den Vor­fall doku­men­tiert.

Deutschland: Verfassungsfeindlichkeit und Gewaltfantasien bei Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation 

Am Mon­tag, 5.2., hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Köln ent­schie­den, dass der deut­sche Ver­fas­sungs­schutz die Bun­des­ju­gend­or­ga­ni­sa­ti­on der AfD (JA) als „gesi­chert rechts­extre­mis­tisch“ ein­stu­fen darf. Die Ein­schät­zung durch die Behör­de war bereits im Juni 2023 erfolgt. Die AfD hat­te dar­auf­hin geklagt und nun ver­lo­ren. Just einen Tag nach dem Urteil wur­de bekannt, dass Jour­na­lis­tin­nen des RTL-Maga­zins EXTRA bei einer JA-Ver­an­stal­tung in Sach­sen etli­che ras­sis­ti­sche und anti­se­mi­ti­sche Aus­sa­gen doku­men­tie­ren konn­ten, die die Ein­schät­zung, dass die JA rechts­extrem ist, nach­drück­lich unter­strei­chen. Dort wur­de ganz Ähn­li­ches the­ma­ti­siert, wie bei dem bekann­ten Geheim­tref­fen in Pots­dam: Die Teilnehmer*innen fabu­lier­ten etwa von der Inter­nie­rung und Abschie­bung von Migrant*innen sowie Juden und Jüdin­nen, auch die Idee von „Arbeits­la­gern“ und „Ghet­tos“ wur­de ven­ti­liert. Ent­ge­gen der Schutz­be­haup­tun­gen von AfD, FPÖ und Co, wonach hin­ter der Aneig­nung des Wor­tes „Remi­gra­ti­on“ kei­ne Gewalt ste­cke, wur­de eben die­se Gewalt beim JA-Tref­fen offen bejaht und gefordert:

Zur Durch­set­zung die­ser Vor­schlä­ge sei laut Aus­sa­gen der Teil­neh­mer Fol­gen­des not­wen­dig: „Es braucht eine gewis­se Gewalt­be­reit­schaft im deut­schen Volk. (…) Als Staat wür­de ich Frei­wil­li­ge suchen, die zur Not auch bereit sind, auf Frau­en und Kin­der zu schie­ßen.“ Nach Beob­ach­tun­gen der EXTRA-Repor­te­rin­nen wur­den Äuße­run­gen die­ser Art im Bei­sein der jewei­li­gen JA-Ver­tre­ter getrof­fen, ohne dass die­se inter­ve­nier­ten. (presse-augsburg.de, 6.2.24)

Die offe­ne Affir­ma­ti­on von ras­sis­ti­scher Gewalt­an­wen­dung zeigt auf, was hin­ter den rhe­to­risch schön­ge­färb­ten Kon­zep­ten der extre­men Rech­ten steht.

Der Gerichts­ent­scheid zuguns­ten des Ver­fas­sungs­schut­zes zei­tigt auch für die Bun­des­wehr begrü­ßens­wer­te Kon­se­quen­zen: So for­dert der Mili­tä­ri­sche Abschirm­dienst (MAD) inzwi­schen, dass Soldat*innen ihre etwa­ige JA-Mit­glied­schaf­ten bekannt geben müssen:

Jedes JA-Mit­glied inner­halb der Bun­des­wehr wer­de nun als nach­rich­ten­dienst­li­cher Ver­dachts­fall bewer­tet, teil­te der MAD laut dem Spie­gel-Bericht mit. Nicht nur etwa­ige JA-Mit­glie­der, son­dern auch alle Sol­da­ten, die Mit­glied bei einem als gesi­chert rechts­extre­men Lan­des­ver­band der AfD sei­en, müss­ten dies eben­falls „unver­züg­lich“ mel­den. (zeit.de, 9.2.24)