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Rückblick KW 4/24 (II)

Zwei Neo­na­zis wur­den ver­haf­tet, ein alt­ge­dien­ter Blau­er wur­de beim anti­se­mi­ti­schen Ver­schwö­rung­s­chwur­beln beob­ach­tet, ein Kärnt­ner Arzt blickt Kon­se­quen­zen für sei­nen Besuch in Pots­dam ent­ge­gen. Außer­dem ein Grund zu fei­ern: Ein völ­ki­scher Män­ner­bund ist Geschich­te. Wien: Spä­te Ver­haf­tung eines Mit­glieds der rechts­ter­ro­ris­ti­schen Grup­pe „Feu­er­krieg Divi­si­on“ Braunau/OÖ: Neo­na­zi im Fit­ness­stu­dio Kärnten/Wien: Mög­li­che Kon­se­quen­zen für Arzt wegen Teil­nah­me an […]

31. Jan 2024

Wien: Späte Verhaftung eines Mitglieds der rechtsterroristischen Gruppe „Feuerkrieg Division“
Braunau/OÖ: Neonazi im Fitnessstudio
Kärnten/Wien: Mögliche Konsequenzen für Arzt wegen Teilnahme an rechtsextremem Treffen in Potsdam
Wien: Hübner im Verschwörungstaumel von „profil“ beobachtet
Deggendorf-Passau/D‑Wien: Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf/Passau löste sich auf
Wien: Anfragebeantwortung zum rechtsextremen Aufmarsch vor der Uni Wien

Wien: Späte Verhaftung eines Mitglieds der rechtsterroristischen Gruppe „Feuerkrieg Division“

Das Innen­mi­nis­te­ri­um ver­mel­de­te in einer lan­gen Pres­se­aus­sendung (22.1.24) Ermitt­lungs­er­fol­ge gegen Rechts­extre­me sowie eine Ein­schät­zung der gegen­wär­ti­gen Gefah­ren­la­ge. Im Zen­trum der Aus­sendung steht die bereits am 21.12.2023 erfolg­te Ver­haf­tung eines 20-jäh­ri­gen Wie­ners, der Mit­glied der rechts­ter­ro­ris­ti­schen „Feu­er­krieg Divi­si­on“ (FKD) sein soll. Zu die­ser Maß­nah­me kam es reich­lich spät, denn die Haus­durch­su­chung bei dem Mann fand bereits Ende Mai 2023 statt. Die Direk­ti­on Staats­schutz und Nach­rich­ten­dienst (DSN) hat­te damals in einer Aus­sendung (27.5.23) auch von der hef­ti­gen Ver­dachts­la­ge gegen den Beschul­dig­ten berich­tet: u.a. „Auf­ruf zu rechts­ter­ro­ris­ti­schen Anschlä­gen (außer­halb Öster­reichs), Ver­brei­tung bzw. Anlei­tung zum Bau von Bom­ben oder Waf­fen aus 3D-Dru­ckern sowie Unter­rich­tung ande­rer Mit­glie­der in Daten­ver­schlüs­se­lung.

Zudem wur­den bei dem Neo­na­zi Schuss­waf­fen, Hieb-und Stich­waf­fen, Schreck­schuss­waf­fen, NS-Devo­tio­na­li­en sowie diver­se Daten­trä­ger sicher­ge­stellt. Der Mann erhielt trotz all­dem ledig­lich ein Waf­fen­ver­bot – und DSN sowie Innen­mi­nis­te­ri­um schaff­ten es den­noch, die­ses laxe Vor­ge­hen als Erfolg zu ver­kau­fen, was so auch von eini­gen Medi­en über­nom­men wur­de. (Aus­führ­lich dazu und zur „Feu­er­krieg Divi­si­on“: stopptdierechten.at, 4.6.23)

Die Fest­nah­me dürf­te im Zuge einer neu­er­li­chen Haus­durch­su­chung erfolgt sein, Details dazu sind nicht bekannt. Auch ein wei­te­rer Neo­na­zi, ein 40-jähr­gi­er Öster­rei­cher, wur­de auf­grund des mehr­fa­chen Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung ver­haf­tet. Ob es eine Ver­bin­dung zwi­schen den bei­den gibt, geht aus der Aus­sendung nicht hervor.

Braunau/OÖ: Neonazi im Fitnessstudio

Am 22.1. wur­de ein 32-jäh­ri­ger Neo­na­zi in einem Fit­ness­stu­dio in Brau­nau am Inn kurz­zei­tig ver­haf­tet. Er war wegen sei­nes Tat­toos am lin­ken Knie auf­ge­fal­len, das die ver­bo­te­ne „Schwar­ze Son­ne“ zeigt.

Bei der Unter­su­chung des Beschul­dig­ten fan­den die Poli­zis­ten wei­te­re Täto­wie­run­gen mit NS-Sym­bo­lik. Bis auf einen Reichs­ad­ler mit „SS-Emblem“ am lin­ken Unter­schen­kel und die „schwar­ze Son­ne“ waren die ande­ren Tat­toos ent­we­der von Klei­dung bedeckt oder über­tä­to­wiert wor­den. (krone.at, 25.1.24)

Der Öster­rei­cher, der in Deutsch­land wohnt und mit neo­na­zis­ti­schen Akti­vi­tä­ten bereits auf­ge­fal­len ist, wur­de nach der Ein­ver­nah­me auf frei­em Fuß angezeigt.

Kärnten/Wien: Mögliche Konsequenzen für Arzt wegen Teilnahme an rechtsextremem Treffen in Potsdam

Auf jenen Kärnt­ner Neu­ro­chir­ur­gen, der an dem Geheim­tref­fen in Pots­dam teil­ge­nom­men hat­te, wo der Neo­fa­schist Mar­tin Sell­ner u.a. vor AfD­lern sei­ne Depor­ta­ti­ons­fan­ta­sien refe­rie­ren durf­te, könn­ten nun Kon­se­quen­zen zukom­men. Einer­seits hat ihm sein Kli­nik­be­trei­ber Huma­no­med bereits den Ver­trag gekün­digt, zudem prüft die Kärnt­ner Ärz­te­kam­mer den Fall hin­sicht­lich eines Disziplinarverfahrens.

Bei dem Medi­zi­ner han­delt es sich zwar um einen gebür­ti­gen Deut­schen, da er aber in Öster­reich arbei­tet, sind auch die öster­rei­chi­schen Ver­tre­tun­gen ver­ant­wort­lich. Direk­tor Bernd Adlass­nig ver­weist auf die Ver­schwie­gen­heit und die dis­zi­pli­nä­re Zustän­dig­keit der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer, bestä­tigt aber auf Nach­fra­ge doch, dass der außer­ge­wöhn­li­che Fall das Haus nach einer Anzei­ge bereits beschäf­ti­ge. (krone.at, 26.1.24)

Die Ehe­frau des Arz­tes dürf­te auch bei dem kon­spi­ra­ti­ven Tref­fen gewe­sen sein, was inso­fern bri­sant ist, als sie Kärnt­ner ÖVP-Funk­tio­nä­rin ist, und folg­lich bei­spiel­haft für die gegen­wär­tig beob­acht­ba­re Ten­denz steht, wie Tei­le der soge­nann­ten „Mit­te“ nach Rechts­au­ßen kip­pen – „Stoppt die Rech­ten“ hat dies an ande­rer Stel­le erör­tert. Bei der Frau han­delt es sich um ein Ersatz­mit­glied im Gemein­de­rat einer 3.000-Einwohner*innen-Gemeinde. Die Kärnt­ner ÖVP kom­men­tier­te den Ver­dacht, dass sie auch bei dem Tref­fen anwe­send war, nicht und sag­te gegen­über dem „Stan­dard“ (11.1.24) ledig­lich: „Der Part­ner einer Ersatz­ge­mein­de­rä­tin steht in kei­nem Zusam­men­hang mit der ÖVP Kärn­ten.

Wien: Hübner im Verschwörungstaumel von „profil“ beobachtet

Der rechts­extre­me FPÖ-Poli­ti­ker Johan­nes Hüb­ner erging sich bei einer Ver­an­stal­tung des „Frei­heit­li­chen Bil­dungs­in­sti­tuts“ (FBI), des­sen Kas­sier er ist, vor etwa 50 Zuhö­ren­den im Ver­schwö­rungs­ei­fer. Was die blaue Run­de nicht wuss­te: Ein Jour­na­list der Wochen­zei­tung „pro­fil“ (26.1.24) hör­te auch zu und deck­te auf, wie umfas­send Hüb­ner sich im rech­ten Ver­schwö­rungs­kos­mos bedien­te – anti­se­mi­ti­sche Codes und Nar­ra­ti­ve inklu­si­ve. So fan­ta­sier­te er von „Illu­mi­na­ten“ und „Frei­mau­rern“ und erklär­te, für den Ein­tritt der USA in den ers­ten Welt­krieg sei­en „ein­fluss­rei­che, jüdi­sche, damals bereits teil­wei­se zio­nis­ti­sche Krei­se“ ver­ant­wort­lich gewesen.

Über­ra­schend ist das nicht, schließ­lich muss­te Hüb­ner im Jahr 2017 als FPÖ-Abge­ord­ne­ter abdan­ken, nach­dem publik gewor­den war, dass er bei einer Ver­an­stal­tung der rechts­extre­men „Gesell­schaft für freie Publi­zis­tik e.V.“ (GfP) sein Publi­kum mit Anti­se­mi­tis­mus in brau­ner Tra­di­ti­on zum Lachen brach­te. Zuletzt ist Hüb­ner ver­gan­ge­nen Sep­tem­ber auf­ge­fal­len: als Teil­neh­mer der blau­en Rei­se zum Tali­ban-Ter­ror­re­gime.

Passau/D‑Wien: Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf/Passau löste sich auf

Erfreu­li­che Nach­rich­ten errei­chen uns aus Bay­ern: Die deutsch­na­tio­na­le Bur­schen­schaft „akad. B! Mar­ko­man­nia Wien zu Deggendorf/Passau“ hat sich Ende Dezem­ber nach 163 Jah­ren auf­ge­löst. Der pflicht­schla­gen­de Män­ner­bund war seit 2019 Gegen­stand einer erfolg­rei­chen anti­fa­schis­ti­schen Kam­pa­gne, deren aus­führ­li­che Recher­che­pu­bli­ka­tio­nen und Inter­ven­tio­nen zum Able­ben der rechts­extre­men Ver­bin­dung bei­getra­gen haben. Wir gra­tu­lie­ren den Antifaschist*innen von „Völ­ki­sche Ver­bin­dun­gen Kap­pen“ ganz herzlich!

Der Rest der Alt­her­ren­schaft der ver­en­de­ten „Mar­ko­man­nia“ fusio­nier­te mit der Wie­ner Bur­schen­schaft „Bru­na Sude­tia“ zur „Wie­ner aka­de­mi­sche Bur­schen­schaft Bru­na Mar­ko­man­nia“. Die alte Bru­nen-Web­site ist nicht mehr online.

[D]er neue Bund bleibt sowohl Mit­glied der DB als auch der „Bur­schen­schaft­li­chen Gemein­schaft“, dem natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Flü­gel der DB. Auch die insti­tu­tio­na­li­sier­ten Freund­schafts­ver­hält­nis­se zur „Aka­de­mi­schen Bur­schen­schaft Ger­ma­nia Salz­burg“ und der „Bur­schen­schaft Thes­sa­lia Prag zu Bay­reuth“ blei­ben bestehen. (autonome-antifa.org, 19.1.24)

Wien: Anfragebeantwortung zum rechtsextremen Aufmarsch vor der Uni Wien

Der rechts­extre­me deut­sche Akti­vist Götz Kubit­schek (IfS) war am 17.11.2023 in Wien als Red­ner bei einer Kund­ge­bung vor der Uni gela­den und danach im Par­la­ment bei einer FPÖ-Ver­an­stal­tung am Podi­um. Bei der Kund­ge­bung waren er und sein Sohn in einen Gewalt­vor­fall ver­wi­ckelt, bei dem ein Neo­na­zi und (wie erst jetzt bekannt wur­de) auch ein Poli­zist zu Scha­den kamen – „Stoppt die Rech­ten“ hat aus­führ­lich berich­tet.

Nun liegt zu der skan­da­lö­sen Cau­sa die Beant­wor­tung einer par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge (22.1.24), die von Abge­ord­ne­ten der Grü­nen an den Innen­mi­nis­ter gestellt wur­de, vor. Dort wur­de bestä­tigt, dass der als Ver­an­stal­ter für die Kund­ge­bung ver­ant­wort­li­che Poli­zist und RFJ-Funk­tio­när Peter Les­ko­sek wei­ter­hin im Dienst ist, genau­er: Er wer­de „als Sach­be­ar­bei­ter, ohne Dienst- oder Fach­auf­sicht, in der Zen­tral­stel­le des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Inne­res ver­wen­det“. Außer­dem bestä­tig­te die Anfra­ge­be­ant­wor­tung, dass gegen Kubit­scheks Sohn, des­sen Atta­cke auf einen Neo­na­zi-Kampf­sport­ler (den er mög­li­cher­wei­se für einen Anti­fa-Akti­vis­ten gehal­ten hat­te) zu einer Anzei­ge führte.

Bei der Fra­ge, „Wel­che Maß­nah­men setz­te die Poli­zei, um unbe­tei­lig­te Fahr­gäs­te in der Stra­ßen­bahn vor gewalt­be­rei­ten Rechts­extre­men zu schüt­zen?“, ant­wor­te­te der Minis­ter mit einer glat­ten Unwahr­heit: Da sich kei­ne unbe­tei­lig­ten Fahr­gäs­te in der Stra­ßen­bahn befan­den, waren kei­ne Maß­nah­men erfor­der­lich.“ „Stoppt die Rech­ten“ erreich­te direkt aus der Stra­ßen­bahn eine Nach­richt: „Ich bin mit den gan­zen nazis im 43/Ich speib mich gleich an“

Nachricht an SdR aus der Straßenbahn (17.11.23, 16:03)
Nach­richt an SdR aus der Stra­ßen­bahn (17.11.23, 16:03)

Die betrof­fe­ne Per­son schil­der­te in einem nach­fol­gen­den Tele­fo­nat, dass sich min­des­tens fünf wei­te­re unbe­tei­lig­te und tief beun­ru­hig­te Per­so­nen im Stra­ßen­bahn­zug mit Rechts­extre­men und Neo­na­zis auf­ge­hal­ten hät­ten. Der Auf­for­de­rung von der Zug­füh­rung an der Hal­te­stel­le „Sko­da­gas­se“, dass alle Pas­sa­gie­re die Stra­ßen­bahn ver­las­sen sol­len, ist die unbe­tei­lig­te Grup­pe aus Angst vor dem Rechts­extre­men-Pulk geschlos­sen nicht nachgekommen.

In Erin­ne­rung bleibt ein Video, das zeigt, wie Poli­zis­ten neben der fah­ren­den Stra­ßen­bahn mit­lau­fen. Der Schutz­fak­tor für die unbe­tei­lig­ten Fahr­gäs­te in der Tram: null!