Wien: RFS-Polizist lädt Kubitschek zum Vortrag an die Uni ein
Wien: Strache und das Darlehen
Kapfenberg/Stmk: Fußballstadion wird umbenannt
Wilhelmsburg/NÖ: Neonazistische und sexistische Schmierereien
Wien-Alsergrund und Währing: Hakenkreuz-Schmierereien
Wien-Leopoldstadt: Antisemitische Vorfälle häufen sich
Wien: RFS-Polizist lädt Kubitschek zum Vortrag an die Uni ein
Die Universität Wien hat eine für den 17. November geplante Veranstaltung des „Ring Freiheitlicher Studenten“ (RFS) kurz nach dessen Ankündigung wieder abgesagt. Der Grund: Der rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek soll dort vortragen. Kubitschek gilt als Vordenker und Schutzpatron der neofaschistischen identitären Bewegung und als zentrale Figur der sogenannten „Neuen Rechten“ im deutschsprachigen Raum. Sein Thinktank „Institut für Staatspolitik“ wird seit Oktober 2021 vom deutschen Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Der RFS hat angekündigt, nun gegen die Absage der Universität juristisch vorgehen zu wollen und zudem mit Kubitschek gemeinsam am 17. vor den Toren der Uni zu demonstrieren.
Der Versuch seitens rechtsextremer Akteure, sich als Opfer von Zensur zu inszenieren, ist nicht neu und kaum der Rede wert. Brisant an dem Fall ist allerdings, dass der Veranstalter Peter Leskosek nicht nur RFS-Mann in der ÖH-Bundesvertretung ist, sondern auch einen anderen Job hat: Er ist Polizist. Und das laut der Karriere-Plattform Linkedin bereits seit 2016. Als Polizist ein Event zu organisieren, bei dem ein bekannter rechtsextremer und in Deutschland offiziell als Verfassungsfeind eingestufter Aktivist an der Uni reden soll – das ist keine Kleinigkeit.
Sein politisches Engagement hat nun seinen Arbeitgeber auf den Plan gerufen. Auf Anfrage, wie man seitens des Innenministeriums bewertete, dass ein Mitarbeiter eine Veranstaltung mit einem der bekanntesten Rechtsextremen Deutschlands organisiere, heißt es, dies werde durch „die Dienstbehörde geprüft“. (derstandard.at, 10.11.23)
Kubitscheks letzten beiden Wien-Auftritte gingen am Radar der Medienöffentlichkeit weitgehend vorbei, was grundsätzlich auch zu begrüßen ist, denn die Szene lebt von Skandalisierung (1). Der Coup, ihn über die neu auftretende identitäre Tarngruppe „Aktion 451“ in die Uni einzuladen, worauf diese freilich eine Absage des Events aussprechen musste, sorgt für genau diese Aufmerksamkeit, die vom RFS nun versucht wird zu steigern, und zwar durch Empörung, die angekündigte Demonstration und die erwähnte Drohung mit einer Klage. Es scheint, als wäre die gesamte Planung des Events darauf angelegt gewesen.
Wien: Strache und das Darlehen
Über die neueste Entwicklung im komplexen Spesenskandal in der Wiener FPÖ hat „Stoppt die Rechten“ letzte Woche berichtet: Ermittelt wird in der Frage, warum die Wiener FPÖ in Liechtenstein zwei hochdotierte Lebensversicherungen für ihre ehemaligen Obmänner Strache und Kabas aus Parteivermögen – in Summe etwa 1,8 Millionen Euro – abgeschlossen hat.
Inzwischen nimmt die ohnehin delikate Geschichte noch kuriosere Züge an. Denn Strache soll die Liechtensteiner Versicherung als Sicherheit für ein privates Darlehen in der Höhe von 420.000 Euro hinterlegt haben. Das geht aus der Zeugeneinvernahme des angeblichen Darlehensgebers hervor, die STANDARD und „Spiegel“ vorliegt. (derstandard.at, 7.11.23)
Der verhörte Gläubiger, ein ehemaliger FPÖ-Politiker und Strache-Freund, gibt an, das Darlehen in Bargeld und in mehreren Tranchen übergeben zu haben.
Doch die Staatsanwaltschaft dürfte nach STANDARD- und „Spiegel“-Informationen erhebliche Zweifel an dieser Version der Geschichte hegen und auch eine andere Variante für möglich halten: dass das Darlehen nur erfunden worden sei, um die wahre Herkunft des Bargeldes zu verschleiern. (Ebd.)
Den Darlehensvertrag kann der Gläubiger nicht vorlegen: Der sei in seinem Auto verwahrt gewesen und gestohlen worden. Der Zweifel der Staatsanwaltschaft nährt sich auch aus den Angaben von Oliver Ribarich, der langjährig für Strache als Fahrer und Bodyguard gearbeitet hat und ebenfalls als Beschuldigter in der Spesen-Affäre geführt wird. Er gab in seiner Einvernahme an, Strache zu einem Termin in Kärnten gebracht zu haben, wo der damalige FPÖ-Chef eine Sporttasche voll Bargeld entgegengenommen habe. Es soll zu mehreren solchen Übergaben gekommen sein.
Strache wiederum sieht sich um die Auszahlung der Liechtensteiner Versicherung betrogen und will seine ehemaligen Parteikameraden klagen, denn den bis dato ausgezahlten Betrag hat die Wiener FPÖ erhalten und nicht er persönlich, obwohl Strache selbst Begünstigter sein hätte sollen.
Was im Moment bleibt, sind einige Fragen:
Auf welcher Grundlage also will Strache seine frühere Partei wirklich klagen? Wer von der aktuellen Führungsriege der Wiener FPÖ segnete die Liechtensteiner Versicherungen ab, die parteiintern als „Staatsgeheimnis“ galten? Wofür pumpte der erfolgreiche Rechtspopulist Strache 2014 einen Freund um so viel Geld an? Und wo sind die großen Summen geblieben, wenn doch die FPÖ offenbar für so viele Ausgaben Straches aufkam? (Ebd.)
Kapfenberg/Stmk: Fußballstadion wird umbenannt
Anfang des Jahres hatte ein Artikel des Standard-Journalisten Markus Sulzbacher zur bislang nicht thematisierten SS-Vergangenheit des Kapfenberger Ex-Bürgermeisters Franz Fekete (SPÖ) Wellen geschlagen. Nach Fekete, der nach Unterlagen aus dem Bundesarchiv in Berlin auch zur Bewachung von NS-Konzentrationslagern abgestellt war, wurde im Jahr 2001 das Kapfenberger Fußballstadion benannt. In Reaktion auf Sulzbachers Enthüllungen wurde die Umbenennung des Stadions gefordert und von der Stadtregierung eine Historiker*innenkommission eingesetzt.
Diese Kommission hat nun ihre Erkenntnisse präsentiert. In Reaktion darauf soll das Stadion ab dem 1. Jänner 2024 einen neuen Namen erhalten. Dass Fekete tatsächlich als KZ-Wächter tätig war, bestätigte die Kommission:
Der im Jahr 2009 verstorbene Fekete trat am 1. April 1939 der SS-Totenkopfstandarte „Thüringen“ Weimar-Buchenwald bei. Zu dieser Zeit wurden im Konzentrationslager zahlreiche Menschen aus Österreich gefangen gehalten, darunter Gegner der Nationalsozialisten, Kommunisten, Sozialisten, Juden und Personen, die nicht in das NS-Weltbild passten. Die Historikerkommission bestätigte, dass Fekete KZ-Häftlinge bewachte. Seine SS-Einheit begann kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs in Polen Massaker an „Juden, politischen und religiösen Führern“. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, inwieweit Fekete in diese Verbrechen verwickelt war. (derstandard.at, 6.11.23)
Die bestehenden Ehrungen sollen Fekete allerdings nicht posthum aberkannt werden, so lange dies die Republik Österreich nicht auch tue, wie es von Seiten der Stadt hieß. Denn der Altbürgermeister wurde auch durch das Land Steiermark und die Republik mit Ehrungen ausgezeichnet. (derstandard.at)
Wilhelmsburg/NÖ: Neonazistische und sexistische Schmierereien
In der Halloween-Nacht wurden in Wilhelmsburger Ortszentrum Hakenkreuze sowie sexistische Slogans an insgesamt acht Wänden angebracht. Ermittlungen laufen.
Die Polizei bekam Hinweise auf den Täter, denen nachgegangen wurde, die Ermittlungen laufen jedoch noch, so Postenkommandant Martin Dullnigg. Weitere Hinweise sind erbeten, die vertraulich behandelt werden. Bürgermeister Peter Reitzner dazu: „Für solche Vorfälle gibt es kein Verständnis, keine Akzeptanz, sie sind schwer verwerflich.“ (noen.at, 8.11.23)
Wien-Alsergrund und Währing: Hakenkreuz-Schmierereien
In den Wiener Bezirken Alsergrund und Währing wurden in der Nacht auf den 8.11.2023 ein Geschäft, eine Haustüre und zahlreiche Autos u.a. mit Hakenkreuzen in roter Farbe „markiert“. Der 24-jährige Täter, ein österreichischer Staatsbürger, stellte sich nach einer öffentlichen Fahndung zwei Tage später der Polizei und wurde wegen des Verdachts auf schwere Sachbeschädigung vorläufig festgenommen. Seine Motive sind bis dato nicht bekannt. (heute.at, 10.11.23)
Wien-Leopoldstadt: Antisemitische Vorfälle häufen sich
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf israelische Dörfer am 7. Oktober nehmen antisemitische Vorfälle und Angriffe weltweit rasant zu. Dies betrifft auch Wien, wo am 1. November ein Brandanschlag auf den jüdischen Teil des Zentralfriedhofs verübt wurde. Vergangene Woche kam es im zweiten Bezirk zu Taten mit eindeutig antisemitischem Hintergrund. Ein Gebäude wurde mit einem Davidstern markiert. Außerdem berichtete die „Kronen Zeitung“ von einem bedrohlichen Vorfall in einem Wohnhaus mit jüdischen Familien und einer Hakenkreuz-Beschmierung:
Mitte der Woche drangen mindestens zwei Männer in ein Wohnhaus in der Leopoldstadt ein, das vorrangig von jüdischen Familien bewohnt wird. (…) Sie hämmerten am helllichten Tag gegen die Türen, hinter denen ganz offensichtlich jüdische Familien wohnen. Eine junge Frau mit Baby verbarrikadierte sich in ihren eigenen vier Wänden. Dann zogen die Unbekannten von Wohnung zu Wohnung, die teils mit einer Mesusa, einer Art jüdischen Talisman an einer Eingangstür, versehen waren. In dem Gebäude leben unter anderem auch orthodoxe Juden sowie eine hoch betagte Dame – eine Überlebende des Holocaust. Tags darauf wurde zudem im Aufzug ein Hakenkreuz auf einen Spiegel geschmiert. Die Bewohner erstatteten Anzeige. („Kronen Zeitung“, 12.11.23, S. 22)
Fußnoten:
1 „Stoppt die Rechten“ hat zu beiden Events Beiträge zur Einordnung von Akteuren und Inhalten veröffentlicht, worin Kubitscheks Rolle jeweils betont wird: Im Oktober trat er bei einer rechtsextremen Talkrunde mit anderen Szene-Akteur*innen in Wien auf und im September war er zu Gast bei einem „Kulturabend“ in einem Wiener Palais, wo dem rassistischen Autor Jean Raspail gedacht wurde.