Einer, der besonders gerne zu Autokraten zu reisen scheint, ist Johannes Hübner, für den antisemitische Ausfälle bei einer Tagung der rechtsextremen „Gesellschaft für freie Publizistik” zum politischen Stolperstein wurden. Er verzichtete „freiwillig“ auf seine Kandidatur bei der Nationalratswahl 2017, wurde FPÖ-Bezirksrat und dann 2020 Bundesrat, wo er vor einigen Monaten auch das Feld räumen musste. Nun ist Hübner „nur” mehr Bezirksparteiobmann der FPÖ Wien-Wieden, Präsident der Freiheitlichen Akademie in Wien und Kassier im Freiheitlichen Bildungsinstitut (lt. Angaben meineabgeordneten.at).
Hübner als „Zombie-Wahlbeobachter“
Nachdem Hübner 2012 zusammen mit Johann Gudenus dem tschetschenischen Folterknecht Ramsan Kadyrow seine Aufwartung gemacht hatte, reiste er – erneut mit Gudenus – 2014 auf die Krim, um dort zu bezeugen, dass das Referendum supersauber abgelaufen sei. „Die Stimmung war sehr gut, die Bevölkerung war erfreut, ihre Meinung kundtun zu können“, vermeldete Hübner danach via Presseaussendung (18.3.14). Die Stimmung war offenbar so gut, dass es Hübner auch 2017 auf die völkerrechtswidrig annektierte Krim zum prorussischem Jalta-Wirtschaftsforum verschlug.
Im Juli 2018 jettete Hübner mit Axel Kassegger gar nach Kambodscha, um einmal mehr zu bescheinigen, dass die Wahl korrekt verlaufen sei, was die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ dazu bewog, Personen wie die beiden FPÖ-Leute als „Zombie-Wahlbeobachter“ zu titulieren. „Sie würden versuchen, einer Wahl Legitimation zu verleihen, die keine verdient.“ (derstandard.at, 7.8.18)
Mölzer als Schrein-Adorant und Türöffner
Und nun taucht Hübner mit Andreas Mölzer just in Kabul bei dem Taliban-Außenminister Amir Khan Muttaqi auf. Mölzer erregte seinerseits 2010 Aufsehen, weil er gemeinsam mit anderen europäischen Rechtsaußen-Funktionären auf Einladung von „Issuikai“, einer ultrarechten, extrem nationalistischen Gruppierung, die die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA öffentlich begrüßt hatte, den Yasukuni-Schrein besucht hatte. Ebenfalls durfte der damalige EU-Abgeordnete Mölzer den damaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf auf einer seiner zahlreichen Reisen nach Paraguay begleiten, „als Türöffner für die Wirtschaft“, wie Mölzer in einer Presseaussendung (16.3.11) verkündete.
Welche Türen er nun mit Hübner in Kabul öffnen will, mag Mölzer nicht einmal der „Kronen Zeitung“ (25.9.23), bei der er ansonsten ziemlich gesprächig ist, verraten. „Mölzer hat sich mittlerweile aus Kabul gemeldet. Er sei dort auf Einladung der ‚österreichisch-ägyptischen Freunde‘, um dort zu recherchieren. Was er genau macht, sagte er nicht.“
Es ist kaum anzunehmen, dass Mölzer mit dem ihn begleitenden „österreichisch-ägyptischen Freund“, Mustafa Eltelby, ein in Wien-Brigittenau praktizierender Gynäkologe, Türen zu einer ordentlichen medizinischen Behandlung für Frauen bei dem misogynen Horrorregime in Kabul öffnen will. Eltelby hatte sich bereits vor zwei Jahrzehnten Meriten geholt, als er Jörg Haider Aufenthalte in diversen arabischen Staaten vermittelte und auch danach für die FPÖ weitere Kontakte in den arabischen Raum herstellte. In „Format“ (11.2003) wird der Gynäkologe so zitiert: „Wissen Sie übrigens, warum in den Medien so wenig Kritisches über Israel zu lesen ist? (…) Weil die Medien einigen wenigen Juden gehören.“ Der Antisemitismus könnte zweifellos als Türöffner in Kabul gedient haben.
Welche Rolle dem ebenfalls mitgereisten Wiener Gold- und Juwelenhändler Ronald F. Schwarzer, der uns zuletzt als Gastgeber einer neurechten Kulturveranstaltung aufgefallen ist, zugedacht war, bleibt im Dunkeln.
Befreiungsmission?
Dem dünnen Statement des afghanischen Außenministeriums ist zu entnehmen, dass der als „Mr. Yohannes“ bezeichnete Hübner gesagt habe: „I regret to say that the current government of Afghanistan, having ensured overall security and putting an end to four decades of conflict of Afghanistan, has not been recognized yet.“ („Ich bedauere, dass die derzeitige Regierung Afghanistans, die für allgemeine Sicherheit gesorgt und dem vier Jahrzehnte währenden Konflikt in Afghanistan ein Ende gesetzt hat, noch nicht anerkannt worden ist.“)
Die Sicherheit des österreichischen Rechtsextremen Herbert Fritz, der mit seiner Reise zu den Taliban eigentlich belegen wollte, wie sicher Afghanistan – Subtext: für Abschiebungen – sei, kann „Mr. Yohannes“ nicht gemeint haben, denn Fritz muss mittlerweile seit Monaten unfreiwillig die Gastfreundschaft der dortigen Machthaber austesten. Es ist daher fast naheliegend, dass sich Mölzers Recherchen auf den Aufenthaltsort von Fritz beziehen und die blaue Delegation sich auf einer Art Befreiungsmission befindet.
Gegenüber „profil” (26.9.23) klingt das Reiseziel allerdings etwas anders:
Zielsetzung der Mission ist das Erkunden der Menschenrechtssituation in Afghanistan durch „aktive Beobachtung der generellen gesellschaftlichen Situation, Straßengespräche mit Bürgern aller Art und Gespräche mit verantwortlichen Politikern, um ein wahrheitstreues Bild nach Österreich zu bringen. In zwei Tagen will die Delegation zurückreisen und dann Bericht erstatten.
„Straßengespräche” will die seltsame Truppe also führen. Feststeht: Damit wird sie den Kameraden Fritz nicht befreien können.
FPÖ-Bildungsreisen in die Subsahara
Völlig unbemerkt unternahmen ab Frühjahr 2021 FPÖ-Delegationen weitere bemerkenswerte Ausflüge, nämlich in zwölf afrikanische Länder vor allem südlich der Sahara. Die Reisen sollen angeblich, wie in Einträgen auf der Website des Freiheitlichen Bildungsinstituts (FBI) zu lesen ist, „der Legung eines besonderen Schwerpunktes“, nämlich auf die Bildung, gewidmet gewesen sein.
Der Präsident des FBI NAbg. Dr. Axel Kassegger reiste gemeinsam mit seinem Kollegen NAbg. Christian Hafenecker (Obmann des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung) und seinem Assistenten GR a.D. Berno Mogel vom 2. April 2022 bis 14. April 2022 in ausgewählte Länder südlich der Sahara, namentlich Benin, Nigeria und Sierra Leone. Die Reise diente der Legung eines besonderen Schwerpunktes auf den Bereich der Bildung im primären, sekundären und tertiären Bereich, sowie der dualen Ausbildung durch Treffen mit Verantwortlichen aus den Parlamenten, den Ministerien und Universitäten sowie Projekten und Unternehmen die duale Ausbildung praktizieren mit dem Ziel Kontakte anzubahnen und Erkenntnisse zu gewinnen. (fbi-politikschule.at; Hervorhebungen im Original)
Die „Legung“ durch die Burschenschafter nahm bereits Im Frühjahr 2021 ihren Anfang, als Kassegger und Hafenecker in den Mali und nach Senegal gondelten. Dann folgten im Herbst Reisen in die Côte d’Ivoire, nach Togo und Ghana, um dort ebenfalls in einen bildungspolitischen Austausch zu treten. Fortgesetzt wurde die Mission im Herbst 2022 mit einer Reise nach Sambia und Malawi – allerdings mit dem Olympen Walter Asperl statt dem Grazer Germanen Mogel als Begleitung.
Im Februar 2023 war Kassegger schließlich mit Asperl in Kenia und Burundi, um den „Beginn konkreter Gespräche und Verhandlungen mit ausgewählten Universitäten im Hinblick auf mögliche Kooperationen zwischen dem Freiheitlichen Bildungsinstitut und der jeweiligen Universität betreffend die Entsendung österreichischer Gastlehrender und österreichischer Gaststudenten nach Afrika“ (fbi-politikschule.at) zu markieren. Wir stellen uns vor, wie Burschenschafter als „Gastlehrende“ und „Gaststudenten“ in Burundi auftreten – wird’s dort zukünftig auch Fechtrunden mit Schmissschlagen geben?
Der zweimalige mitreisende Grazer Ex-Gemeinderat und Kasseggers Ex-Mitarbeiter Berno Mogel wird sich damit wohl eher nicht herumschlagen, denn der hat inzwischen ganz andere Sorgen – große sogar!
➡️ Islamismus und Rechtsextremismus – mehr Gemeinsamkeiten als angenommen