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Die Ösis bei der verbotenen „Artgemeinschaft“

Deutsch­lands Innen­mi­nis­te­rin hat die neo­na­zis­ti­sche und anti­se­mi­ti­sche „Art­ge­mein­schaft – Ger­ma­ni­sche Glau­­bens-Gemein­­schaft wesens­ge­mä­ßer Lebens­ge­stal­tung“ ver­bo­ten und für 27.9.23 etli­che Haus­durch­su­chun­gen ange­ord­net. Ver­mut­lich wer­den die Ermittler*innen auch auf etli­che Ver­bin­dun­gen nach Öster­reich sto­ßen. Ver­bo­ten wur­de die „Art­ge­mein­schaft“ eigent­lich schon Anfang August; sie hat­te also eini­ge Wochen Zeit, um sich auf die Haus­durch­su­chun­gen vor­zu­be­rei­ten. Der Art­­ge­­mein­­schaft-Tele­­gram-Kanal ist nach wie […]

27. Sep 2023

Aufschrift "Artgemeinschaft": "Aufbruch zum Artglauben"
Auf­schrift „Art­ge­mein­schaft”: „Auf­bruch zum Artglauben”

Ver­bo­ten wur­de die „Art­ge­mein­schaft“ eigent­lich schon Anfang August; sie hat­te also eini­ge Wochen Zeit, um sich auf die Haus­durch­su­chun­gen vor­zu­be­rei­ten. Der Art­ge­mein­schaft-Tele­gram-Kanal ist nach wie vor online, aber „krea­tiv” in „Nicht mehr da” umbe­nannt (fragt sich, ob nicht ein „aber dort” dazu­zu­den­ken ist), wäh­rend Home­page, Buch­dienst, die „Nor­di­sche Zei­tung“ und Teil­or­ga­ni­sa­tio­nen mitt­ler­wei­le kom­plett abge­schal­tet wurden.

Artgemeinschaft-Telegram-Kanal umbenannt: "Nicht mehr da" (Screenshot 27.9.23)
Art­ge­mein­schaft-Tele­gram-Kanal umbe­nannt: „Nicht mehr da” (Screen­shot 27.9.23)

Auf der Web­site des deut­schen Innen­mi­nis­te­ri­ums ist eine aus­führ­li­che Begrün­dung für das Ver­bot, das um Jah­re zu spät kommt, zu fin­den. Nach dem Ver­bot der „Ham­mers­kins“ und jetzt der „Art­ge­mein­schaft“ däm­mert es wei­te­ren art­ver­wand­ten Kame­ra­den, dass es auch für sie eng wer­den könn­te. So kur­sier­te bereits weni­ge Stun­den nach der Bekannt­ga­be des Ver­bots der „Art­ge­mein­schaft“ und den Raz­zi­en bei 39 Per­so­nen eine Nach­richt über die sofor­ti­ge Selbst­auf­lö­sung der „Ari­schen Bru­der­schaft“, ihres Able­gers „Bri­ga­de 12“ und der Kame­rad­schaft Northeim.

Dazu die Thü­rin­ger Lin­ke-Abge­ord­ne­te und Rechts­extre­mis­mus­exper­tin Katha­ri­na König-Preuss via Twit­ter:

Es ist nichts ande­res als Schein­auf­lö­sung der drei sich über­schnei­den­den Struk­tu­ren. Fallt nicht auf Pro­pa­gan­da von Rechts rein. Hei­se (gemeint ist der Neo­na­zi Thors­ten Hei­se; Anmk. SdR), einer der ein­fluss­reichs­ten Neo­na­zis, kann seit Jahr­zehn­ten machen, was er will und bleibt von staat­li­cher Repres­si­on verschont.

Gün­ther Adolf A., zuletzt wohn­haft im Bezirk Steyr-Land, seit Jahr­zehn­ten in der Neo­na­zi-Sze­ne Öster­reichs und Deutsch­lands auch als „Gün­ther Schwei­ger“ aktiv, ist von der Auf­lö­sung der „Ari­schen Bru­der­schaft“ unmit­tel­bar betrof­fen – wir ver­mu­ten jedoch, dass er sich nicht auf­lö­sen bzw. aus der Neo­na­zi-Sze­ne zurück­zie­hen wird.

Günther A. hier Themar 2017 mit Weste "Arische Bruderschaft" (Foto: https://exif-recherche.org; Ausschnitt)
Gün­ther A. hier beim Neo­na­zi-Fes­ti­val in The­mar 2017 mit Wes­te „Ari­sche Bru­der­schaft” (Foto: exif-recher­che; Aus­schnitt)

Blei­ben wir bei der „Art­ge­mein­schaft“. Auch dort sind Österreicher*innen aktiv – teil­wei­se seit Jahr­zehn­ten. Da wäre ein­mal die schon etwas gesetz­te­re Edda Schmidt (*1948), die bereits vie­le Sta­tio­nen in der rechts­extre­men und neo­na­zis­ti­schen Sze­ne Deutsch­lands durch­lau­fen hat. Schmidt, deren Kin­der mit den Namen Diet­helm, Her­wart, Irm­hild und Ortrun gezeich­net sind, ist die Toch­ter des stram­men Nazi und SS-Manns Sepp Biber und ver­brach­te ihre Kind­heit und Jugend in Nie­der­ös­ter­reich, bevor sie nach Deutsch­land migrier­te und Gau­mä­del­füh­re­rin bei der Wiking-Jugend wur­de. Eini­ge ihrer Enkel­kin­der dürf­te es wie­der nach Öster­reich ver­schla­gen haben.

Eben­falls im Umkreis der „Art­ge­mein­schaft“ zu fin­den war das Ehe­paar Syl­via „Freya“ und Rai­mund Bach­mann, bei­de mitt­ler­wei­le ver­stor­ben. Rai­mund Bach­mann war vor vie­len Jah­ren Funk­tio­när der Natio­nal­de­mo­kra­ti­schen Par­tei (NDP) des Nor­bert Bur­ger in Ober­ös­ter­reich und migrier­te nach Deutsch­land, angeb­lich unter Hin­ter­las­sung kre­dit­un­wür­di­ger Spu­ren“ (endstation-rechts.de, 26.8.11) um dort als Besit­zer des Schlos­ses Nosch­ko­witz bei Leip­zig der „Art­ge­mein­schaft“ einen pas­sen­den Ver­an­stal­tungs­ort zu bie­ten. Eini­ge der Bach­mann-Kin­der, die eben­falls mit ger­ma­ni­schen Namen wie God­win, Thor­wald, Thor­gardt, Ekke­hardt, Hil­de­brand oder Gun­hild gekenn­zeich­net wur­den, sind in der rechts­extre­men und neo­na­zis­ti­schen Sze­ne, auch bei der „Art­ge­mein­schaft“ aktiv geblie­ben. Zumin­dest einer ist aus­ge­stie­gen und mit den meis­ten Fami­li­en­mit­glie­dern zer­strit­ten. 2015 muss­ten sich ein Bach­mann-Sohn und sei­ne Frau vor Gericht ver­ant­wor­ten, nach­dem deren Toch­ter Sig­hild starb, weil ihr das lebens­not­wen­di­ge Insu­lin ver­wei­gert wurde.

Schließ­lich gibt es noch einen nament­lich bekann­ten Öster­rei­cher, der es sogar zum Schrift­füh­rer der „Art­ge­mein­schaft“ gebracht hat. Alex­an­der Don­nin­ger, der seit etli­chen Jah­ren in der süd­deut­schen Neo­na­zi-Sze­ne aktiv ist und mitt­ler­wei­le in Baden-Würt­tem­berg lebt, durf­te zuletzt 2022 die Fackeln beim Neo­na­zi-Auf­marsch in Dres­den entzünden.

➡️ End­sta­ti­on Rechts: Völ­kisch-heid­ni­sche „Art­ge­mein­schaft“ verboten