„Hinterbänkler” ist Johannes Hübner keiner. Er gehört eher zur zweiten Reihe der FPÖ und steht entsprechend häufig in der Öffentlichkeit. Als außenpolitischer Sprecher des FPÖ-Klubs äußert er sich zu allem und jedem: Japan („klassisch friedliebendes Land”), Russland („Wirtschaftskrieg gegen Russland”), Israel („schwinde[nder] geografische[r] Raum für einen zukünftigen Palästinenserstaat”), Krim und Ukraine („Ergebnis des Krim-Referendums ist sowohl von der EU als auch von den Vereinigten Staaten von Amerika zu respektieren”). Symbolisch positioniert er sich innerhalb des FPÖ-Klubs durch Tragens der Kornblume eindeutig: Die Kornblume war ab 1933 das Erkennungszeichen der NSDAP, antisemitische Studenten trugen sie an den Universitäten, um ihre Gesinnung zu zeigen, schon zuvor diente die Kornblume als Parteiabzeichens von Schönerers Alldeutschen. Aber nicht nur außen- und symbolpolitisch fällt Hübner immer wieder auf: Auch als einer der Anwälte und Rechtsvertreter der FPÖ und Strache ist er aktiv, so zuletzt beim Verfahren gegen den ORF-Redakteur Ed Moschitz.
Kein Wunder, dass er auch als Vortragender gefragt ist, beispielsweise bei der Gesellschaft für freie Publizistik e.V. (GfP), die ihn im Juni 2016 nach Thüringen eingeladen hatte, wie Der Standard schreibt. Der Vortragstitet lautete: „Die Massenzuwanderung nach Österreich – Hintergründe des Politikwechsels der rot-schwarzen Bundesregierung” Was dem Titel nach eine politikwissenschaftliche Analyse erwarten lässt, war, wie dem nun öffentlich gewordenen Audiomitschnitt entnommen werden kann, ein zwischen Antisemitismus und Verschwörungstheorien oszillierender Vortrag für ein einschlägiges Publikum. Bundeskanzler Kern wird als Handlanger der Juden und Freimaurer-Logen dargestellt („ ‚Man muss aber wissen, dass dieser Kern exzellent verankert ist.’ Kern sei nämlich ‚Friedrich-Torberg-Preisträger der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, ist exzellentest vernetzt in der Logenszene.’ ”, derstandard.at)
Die größte Zustimmung erhielt Hübner aber für seinen Sager, Hans Kelsen hätte eigentlich „Kohn” geheißen – Reaktion: „Der ganze Saal bricht in Gelächter aus.” (Falter, 29/17, S. 9). Im Falter wird der Rechtsextremismus-Experte Andreas Peham (DÖW) um eine Einordnung gebeten: Jemanden als „Kohn” zu bezeichnen sei „ein klarer Code”, „Das ist nur eine Chiffre, damit das Publikum weiß, ‚Achtung, Jude!’ ” (Falter, 29/17, S. 9). Wie bei der Kornblume, die keineswegs ein unschuldiges, missverstandenes Blümchen ist, handelt es sich bei den antisemitischen Angriffen auf Hans Kelsen um schon Dagewesenes: „Das geht zurück bis in die 1930er Jahre. Schon damals machten hochrangige Nazis mit dem ‚Kohn’-Kalauer Stimmung gegen Juden. Nach 1945 bezeichnete der rechtsextreme Uni-Professor Taras Borodajkewycz [Hans] Kelsen gerne als ‚Kohn’. Dabei hieß Kelsen nie so.” (Falter, 29/17, S. 9).
Irgendwem – entweder Hübner und der FPÖ oder aber den Veranstaltern und der GfP – war das dann offenbar doch zu einschlägig. In der in der Festschrift abgedruckten Version des Vortrags kommt der „Kohn”-Sager nicht vor, dort steht „Grohm”, wie Standard und Falter einhellig schreiben.
Kurz nach Bekanntwerden des Skandals gibt es schon eine handvoll Reaktionen. Die IKG meint etwa: „Hübner ist eine Schande für das österreichische Parlament und als Abgeordneter untragbar. (…) ‚Das ist die Stunde der Wahrheit für die FPÖ, wo sie zeigen kann, wie ernst es der Partei mit der Distanzierung vom Antisemitismus ist’ kommentiert IKG-Präsident Oskar Deutsch.” (OTS)
Harald Walser aus dem Grünen Klub analysiert: „Da können Strache und Hofer noch hunderte Veranstaltungen mit jüdischen Teilnehmern inszenieren und noch viele Male nach Israel reisen. Der Fall Hübner offenbart einmal mehr, dass Antisemitismus eine ideologische Klammer ist, die die FPÖ seit ihrer Gründung bis jetzt zusammenhält.” (OTS). Für die FPÖ und Hübner hingegen sei alles ein „Sturm im Wasserglas, um das Sommerloch zu füllen”, eine „Jagdgesellschaft” und „Nazikeule” gegen die FPÖ, usw. usf. (OTS).
In einem ist Hübner zuzustimmen: „Wir kennen ja diese Vorgehensweise bereits aus den letzten Jahrzehnten.” So ist es: Antisemitische Sager und Andeutungen aus den Reihen der FPÖ haben nie Konsequenzen, die ÜberbringerInnen der Nachrichten werden seit Haiders Zeiten als „Jagdgesellschaft” diffamiert.
Presseaussendungen:
1) IKG (OTS):
FPÖ-Abgeordneter Hübner bedient alte Ressentiments
Israelitische Kultusgemeinde fordert seinen RücktrittWien (OTS) — Die jetzt bekanntgewordenen Anspielungen in einer Rede des FPÖ-Abgeordneten Hübner mit Kelsen – Kohn – Grom, erinnern an Wortspiele aus der antisemitischen Zeitung „Der Stürmer” und an die einschlägige Hetze gegen Hans Kelsen seit den Dreißigerjahren. Dieses Wortspiel, das nicht einmal einen Tatsachenbezug hat, denn Kelsen hieß nie Kohn, wurde bereits vom antisemitischen Universitätsprofessor Borodajkewycz verwendet.
Auch Hübners Anspielungen auf die Freimaurer, „die nicht katholisch, nicht protestantisch, sondern anders gefärbt” und ein „illegales konspiratives Netzwerk” seien, ist ein bekannter antisemitischer Code. Die in seiner Rede vorgekommene Bezeichnung „sogenannte Holocaustüberlebende” ist möglicherweise strafrechtlich relevant.
Hübner ist eine Schande für das österreichische Parlament und als Abgeordneter untragbar. Er sollte raschest in der politischen Versenkung verschwinden, so wie auch der ehemalige Salzburger FPÖ-Obmann mit seinem Lump-Hump-Sager.
„Das ist die Stunde der Wahrheit für die FPÖ, wo sie zeigen kann, wie ernst es der Partei mit der Distanzierung vom Antisemitismus ist” kommentiert IKG-Präsident Oskar Deutsch.
2) Grüner Klub im Parlament (OTS):
Walser: FPÖ-Abgeordneter Hübner ist rücktrittsreif
Laut „Standard“-Bericht Antisemitischer EklatWien (OTS) — „Die antisemitischen Ausfälle von FPÖ-Abgeordneten Johannes Hübner überraschen mich nicht. Sie müssen aber Anlass sein, dass wir uns deklarieren und scharf von einem Gedankengut abgrenzen, das in unserer Gesellschaft nichts verloren hat und noch weniger im österreichischen Parlament“, reagiert der vergangenheitspolitische Sprecher der Grünen, Harald Walser, auf eine jetzt durch die Tageszeitung „Der Standard“ bekanntgewordene Rede von Johannes Hübner, in der dieser sich antisemitischer Versatzstücke aus den 1930er-Jahren bedient hatte. Walser: „Es ist ja schon inakzeptabel, wenn ein österreichischer Parlamentarier bei einem Kongress auftritt, der als ‚Jahrestreffen der Geschichtsleugner’ bezeichnet wird. Dass Hübner das dortige Publikum auch noch mit antisemitischen Happen unterhält, bringt das Fass endgültig zum Überlaufen.“
Wie „Der Standard“ u.a. berichtet, bezeichnet Hübner etwa den Schöpfer der österreichischen Bundesverfassung, Hans Kelsen, als „eigentlich Hans Kohn, aber er hat sich Kelsen genannt“. Kohn ist einer der am weitesten verbreiteten jüdischen Nachnamen, Kelsen hieß nicht Kohn, wurde aber von seinem Widersacher, dem Staatsrechtler Carl Schmitt, in den 1930er-Jahren mit diesem Namen öffentlich verspottet.
Walser verweist darauf, dass der Tagungsveranstalter, die geschichtsrevisionistisch ausgerichtete „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP), 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründet wurde. Der GfP gehört das Who-is-Who der rechtsextremen Publizistikszene an. Nach dem Bericht des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz (2005) ist es „die größte rechtsextreme Kulturvereinigung in Deutschland.
Hübner wurde im Programm als außen- und europapolitischer Sprecher der FPÖ angekündigt, der – so im Ankündigungstext – „in dieser Eigenschaft auch Kontakt zu gleichgesinnten Mandataren befreundeter Parteien im Ausland“ halte. Hübner befand sich auf dem Kongress in ‚feiner’ einschlägiger Gesellschaft. Das zeigt die Liste der Vortragenden, unter denen sich immer wieder Holocaustleugner finden und auch die Tatsache, dass der Chefredakteur der rechtsextremen Aula, Martin Pfeiffer, seit 2010 als Vorsitzender des GfP-Vorstandes fungiert.
„Da können Strache und Hofer noch hunderte Veranstaltungen mit jüdischen Teilnehmern inszenieren und noch viele Male nach Israel reisen. Der Fall Hübner offenbart einmal mehr, dass Antisemitismus eine ideologische Klammer ist, die die FPÖ seit ihrer Gründung bis jetzt zusammenhält“, so Walser. Und: „Wir müssen uns klar sein, dass es sich bei Hübner und vielen seiner Gesinnungskameraden um keine ‚Kellernazis’ im Untergrund handelt. Hübner ist Mitglied des Hohen Hauses und als solcher endgültig untragbar geworden. Daher fordere ich seinen unverzüglichen Rücktritt. Wie die FPÖ nun mit Hübner umgeht, ist eine Nagelprobe für die FPÖ und wird zeigen, inwieweit die Partei den von ihr nach außen postulierten Kampf gegen den Antisemitismus auch nur ansatzweise ernstnimmt.“
3) Freiheitlicher Parlamentsklub (OTS):
FPÖ-Hübner: „Sturm im Wasserglas, um das Sommerloch zu füllen!“
„Vorwurf des Antisemitismus ist völlig absurd“Wien (OTS) — Als einen „Sturm im Wasserglas, um das Sommerloch zu füllen“ bezeichnete heute der außenpolitische Sprecher der FPÖ, NAbg. Dr. Johannes Hübner die im Juli 2017 erhobenen Vorwürfe gegen ihn, er habe im Juni 2016 bei einem Vortrag antisemitische Witze gemacht. „Dieser Vorwurf ist völlig absurd und ich verwahre mich auf das Schärfste gegen diese Infamie!“
„Wir kennen ja diese Vorgehensweise bereits aus den letzten Jahrzehnten. Kaum steht ein Wahlkampf ins Haus, wird gegen die FPÖ die Nazikeule ausgepackt. Die Taktik ist nicht sehr neu, man kann fast die Uhr danach stellen. Unberedet, dass natürlich die Grünen – derzeit in eher bemitleidenswerten Zustand – sofort beispringen und ein wenig ‚mitpartizipieren‘ wollen. Wenn man inhaltlich nichts zu bieten hat, dann versucht es die FPÖ-Jagdgesellschaft eben mit altbewährten Methoden. Das hat aber schon in der Vergangenheit nicht funktioniert, so Hübner.”