Lukratives Geschäft
Knapp 6.000 Rechtsextreme versammelten sich am vergangenen Wochenende auf Einladung von Neonaziaktivist und Anmelder Tommy Frenck auf dem Grundstück des AfD-Lokalpolitikers Bodo Dressel, um bei Rechtsrock-Klassikern von Lunikoff, Sleipnir oder Stahlgewitter zu schunkeln und sich Hitlergrüße zuzuwerfen. Dass es bei der Veranstaltung nicht nur um den subkulturellen Aspekt ging, sondern auch von einer europäischen Vernetzungsveranstaltung die Rede sein muss, zeigt sich einerseits an der langen Liste von eingeladenen Redner_innen und andererseits an der breiten Teilnahme aus dem deutschen Bundesgebiet sowie der internationalen Beteiligung.
Auch der finanzielle Aspekt von Konzerten in dieser Größenordnung ist beachtlich. Nach dem “Rocktoberfest” vergangenen Herbst, bei dem sich über 5.000 Neonazis im schweizer Toggenburg zusammenfanden und die Veranstalter mutmaßlich einen Gewinn von 150.000€ erwirtschafteten, geht die thüringische Landesregierung beim „Rock gegen Überfremdung” von einem möglichen Gewinn von über 400.000€ aus. Geld, das die Neonazis nach dem Zerfall der NPD und damit der Streichung der Parteienfinanzierung gut gebrauchen können, um ihre Strukturen zu erhalten und auszubauen.
Besuch aus Österreich
Wenig überraschend, dass auch Rechtsextreme aus Österreich nach Themar gereist sind. Neben Dorothee Lindemuth-Müller und Rolf Müller, die Anfang des Jahres wegen Wiederbetätigung zu relativ hohen Bewährungsstrafen verurteilt worden sind und für die das Konzert wohl ein Pflichtbesuch gewesen ist, hat zum Beispiel auch Daniel P. aus Graz die Reise auf sich genommen. P. wird von Recherche Wien zum Umfeld der Neonazi-Gruppe „Unwiderstehlich” gezählt.
Identitärer Einfluss?
Bemerkenswert war die Teilnahme von André R., der im Prozess rund um den Angriff auf das Ernst-Kirchweger-Haus im Herbst 2013 auf der Anklagebank saß. Er hat sich im vergangenen Jahr dadurch profiliert, dass er immer wieder auf Veranstaltungen der Identitären anzutreffen war. Bei der letztjährigen Demonstration der Gruppe in Wien hat R., mit anderen Schlägernazis, den Demoschutz gestellt und ist heuer sogar mit ihnen nach Berlin gereist. Die rege Beteiligung an den Aktionen der Identitären und das bei diesen Veranstaltungen zur Schau gestellte Naheverhältnis stehen im krassen Widerspruch zur Teilnahme R.s am Nazi-Konzert in Themar, zumal sich die Identitären doch offiziell von jeglichem Neonazismus distanzieren.
Neben einem ihrer Aktivisten waren die Identitären in Themar vor allem durch ihren Merchandise aus dem “Phalanx Europa”-Versand repräsentiert. Die Verbreitung ihrer Ästhetik und Symboliken könnte eine zunehmende Relevanz, vor allem aber Akzeptanz der Gruppe in Neonazi-Kreisen andeuten. Ein weiterer Hinweis für diese Annahme ist das für den 29. Juli angekündigte „Rock für Identität”, bei dem ein zentraler Begriff der Identitären übernommen wird und das von einem ähnlichen Personenkreis geplant wird wie das „Rock gegen Überfremdung”. Das Konzert soll ebenfalls in Themar auf dem Grundstück von AfD-Politiker Bodo Dressel stattfinden. Die Veranstaltung ist derzeit allerdings verboten.
Besuch auch aus Südtirol
Neben den hier wiedergegebenen Recherchen sei noch auf den Bericht über die Teilnahme von Südtiroler Neonazis in Themar hingewiesen: „Auch 30 Südtiroler bei größtem Neonazi-Treffen in Deutschland dabei.”