Wien: FPÖ-Ministeriumsmitarbeiter suspendiert
Graz: FPÖ schließt blaues Urgestein aus
Klagenfurt: FPÖ-Eklat im Kärntner Landtag und kein Parteiausschluss für Mölzer
Hartberg/Stmk: FPÖ-Security wird gegenüber Satire-Reporter Peter Klien physisch übergriffig
Hafenecker mit Nazi-Relativierung
Wien: FPÖ-Ministeriumsmitarbeiter suspendiert
Der Falter am Morgen (3.10.23) greift die Teilnahme des Sportministeriumsmitarbeiters Thomas Grischany bei einer von „Info-Direkt“ organisierten Veranstaltung, worüber „Stoppt die Rechten“ bereits Ende August berichtet hatte, auf. Neu am Falter-Artikel ist jedoch die Information, dass Grischanys Teilnahme Konsequenzen haben könnte.
Ein Mitarbeiter eines Ministeriums, gemeinsam mit dem Identitären-Chef Sellner vor einschlägigem Publikum? Im Ministerium ist man darüber nicht gerade amüsiert. „Der Bedienstete ist mit sofortiger Wirkung freigestellt“, heißt es auf Falter-Anfrage: „Das Ministerium wird den genauen Sachverhalt prüfen und behält sich weitere Schritte vor.“
Denn öffentliche Auftritte von Mitarbeitern von Ministerien seien gesetzlich nicht erlaubt, wenn dadurch dienstliche Interessen oder die Aufgabenerfüllung beeinträchtigt werden. „Das gilt auch für den Fall, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Aufgabenerfüllung erschüttert wird.“ Schließlich seien die Identitären eine Gruppierung, „die vom Verfassungschutz (sic!) als rechtsextrem eingestuft wird und unter Beobachtung steht“, so das Ministerium weiter. (falter.at; Hervorhebungen im Original)
Grischanys akademische Karriere – er schien bis 2019 als Lehrender der privaten Webster-Universität auf – dürfte mit Bekanntwerden seiner fragwürdigen Aktivitäten im Dienst der FPÖ ein Ende gefunden haben. Auf eine Anfrage durch „Stoppt die Rechten” im Mai 2019 hatte die Uni noch etwas ausweichend geantwortet. Als Straches „Think Tank-Leiter“ musste der Burschenschafter Grischany, der auch am FPÖ-Historikerbericht beteiligt war, mit der Auflösung der Türkis-Blauen Regierung abtanken. Noch knapp vor dem Regierungswechsel wurde Grischany im Sportministerium versorgt, wo er zuletzt dem FPÖ-nahen Sektionschef Philipp Trattner als Referent zugeteilt war.
Möglicherweise ereilt Grischany dasselbe Schicksal wie jenes von Eric Weinhandl: Der wechselte in den FPÖ-Parlamentsklub, nachdem öffentlich wurde, dass er just als Mitarbeiter im Klimaministerium eine Website betrieben hatte, die den Klimawandel leugnete, als Autor in rechtsextremen Medien tätig und in dubiose Firmenkonstruktionen verstrickt war.

➡️ Straches Think Tank-Leiter Grischany: Kommt der echte Faschismus?
Graz: FPÖ schließt blaues Urgestein aus
Die korruptions- und krisengebeutelte Grazer FPÖ war erst vor Kurzem beinahe ganz zerfallen, dann unter dem neuen Chef Axel Kassegger wieder zur Auferstehung angetreten, ist aber seit Sommer mit massiven Vorwürfen gegen einzelne Mitglieder hinsichtlich Millionenbetrugs und sogar Drogenproduktion (Crystal Meth) konfrontiert. Die Beschuldigten kommen aus dem familiären und politischen Nahfeld des Chefs selbst.
Dass der lancierte Neubeginn auch an anderen Stellen hakt, ist daran ersichtlich, dass die Landesgruppe nun die FPÖ-Seniorenringleiterin Rotraud Eissner, die seit 1965 bei der Partei war, ausgeschlossen hat. Der Grund: „parteischädigendes Verhalten“. Dafür reicht in den niederen Reihen offensichtlich schon ein wenig interne Kritik:
Ihr Vergehen? Sie hat bei der Facebook-Seite von KFG-Chefin Claudia Schönbacher „Gefällt mir“ geklickt und im Gegenzug die aktuelle FPÖ-Obfrau in Wetzelsdorf als „unfähig“ bezeichnet. Schönbacher selbst wurde ja ihrerseits vor rund einem Jahr aus der FPÖ ausgeschlossen – gemeinsam mit Astrid Schleicher, Alexis Pascuttini und Michael Winter. Das Quartett hat dann den KFG gegründet. (kleinezeitung.at, 3.10.23)
Der Grazer FPÖ-Chef Kassegger selbst musste übrigens vor kurzem seine Funktion als außenpolitischer Sprecher zurücklegen, weil er ursprünglich auf der Teilnehmerliste des skandalösen blauen Afghanistan-Besuchs stand, den u.a. Andreas Mölzer und Johannes Hübner Ende September unternommen hatten. In Graz bleibt Kassegger aber trotz all dieser offenkundig „parteischädigenden“ Geschichten am Posten.
Klagenfurt: FPÖ-Eklat im Kärntner Landtag und kein Parteiausschluss für Mölzer
Für einen Eklat sorgte der Kärntner FPÖ-Klubchef Erwin Angerer, als er am 5. Oktober im Kärntner Landtag in Richtung SPÖ-Mandatare behauptete, diese wollten Kinder „in kommunistische Umerziehungslager reinsetzen und von klein gleich auf als Marxisten erziehen“ (kleinezeitung.at, 5.10.23). Die Aussage trug ihm heftige Kritik von allen anderen Parteien und etlichen Akteur*innen der Zivilgesellschaft ein. Moniert wurde v.a., dass es sich bei Angerers Entgleisung um eine grobe Verharmlosung des realen staatssozialistischen Terrors handle.
Angerer entschuldigte sich in Reaktion auf den massiven Druck für seine Wortwahl: „Ich wollte unseren ideologischen Zugang zum Ausdruck bringen. Meine Wortwahl war nicht glücklich gewählt – und die nehme ich auch zurück.“ (Kronen Zeitung, 6.10.23, S. 26) Seinen „ideologischen Zugang“ hat er jedenfalls erfolgreich zum Ausdruck gebracht.
Im Fall Mölzer, dem der Bundesparteiobmann Kickl nach dessen Reise zu den Taliban mit einem Parteiausschluss gedroht hatte, wird die freiheitliche Suppe erwartungsgemäß weit weniger heiß gegessen als gekocht.
„Für uns in Kärnten ist das derzeit kein Thema. Ich zweifle, ob das parteischädigend ist und für einen Parteiausschluss reicht.” Erstaunlich gelassen und klar reagierte Dienstag der Kärntner FPÖ-Chef Erwin Angerer bei einer Pressekonferenz auf Journalistenfragen, ob bzw. wann Andreas Mölzer, der frühere EU-Abgeordnete, aus der Landespartei ausgeschlossen wird. (kleinezeitung.at, 4.10.23)
Mölzer habe brav seine Mitgliedsbeiträge überwiesen, führte Angerer weiter aus, also alles paletti. Damit gilt wohl frei nach Augustinus: Carinthia locuta, causa finita!
Hartberg/Stmk: FPÖ-Security wird gegenüber Satire-Reporter Peter Klien physisch übergriffig
Der ORF-Satiriker Peter Klien ist ein bekanntes Gesicht. Dennoch hat ein Security von FPÖ-Chef Herbert Kickl es für nötig befunden, ihn mit körperlicher Gewalt (im „Schwitzkasten“) vom Chef wegzuziehen. Der Übergriff ereignete sich beim FPÖ-Oktoberfest in Hartberg, von dem Klien einen Beitrag für sein TV-Format „Gute Nacht, Österreich“ drehte, der auch auf seinem YouTube-Kanal (6.10.23) abrufbar ist.
Zahlreiche Stimmen aus Politik und Zivilgesellschaft verurteilten das gewalttätige Verhalten gegenüber dem ORF-Reporter, dennoch entschuldigte sich die FPÖ nicht, sondern reagierte mit hämischen Kommentaren. Der Generalsekretär Hafenecker ätzte von „eine[r] wehleidige[n] Klien-Inszenierung“ und einem „jämmerliche[n] Bild“ des ORF (derstandard.at, 6.10.23). Der ORF-Redaktionsrat hingegen sieht eine rote Linie überschritten und findet klare Worte:
„Die Redaktionsvertretung verurteilt es auf das Schärfste, wenn auf Parteiveranstaltungen die körperliche Integrität von Journalistinnen und Journalisten verletzt wird“, teilte der ORF-Redaktionsrat in einer Aussendung mit. „War früher noch der ORF als Institution Ziel von verbalen Angriffen von FPÖ-Politikern, so ist die Partei immer mehr dazu übergegangen, unliebsame Journalistinnen und Journalisten persönlich zu beleidigen, zu verunglimpfen und zu verhöhnen“, hieß es. (orf.at, 6.10.23)
Hafenecker mit Nazi-Relativierung
An sich hätte schon gereicht, dass der FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in der Pressekonferenz am 5. Oktober den jährlichen neonazistischen Aufmarsch in Budapest „Tag der Ehre” als „Feiertag” titulierte. Hafenecker präzisierte jedoch schriftlich in einer parlamentarischen Anfrage, was er unter dem Event, bei dem hitlergrüßend und in SS-Uniformen gekleidet in unverblümter Weise dem nationalsozialistischem Mörderegime gehuldigt wird, versteht: „Der ‚Tag der Ehre’ in der ungarischen Hauptstadt Budapest. Dabei handelt es sich um ein Andenken an den 1945 erfolgten Versuch deutscher und ungarischer Soldaten, aus dem um die Stadt gezogenen sowjetischen Kessel auszubrechen.” (Anfrage 5.10.23) Ein NS-glorifizierender Aufmarsch ist für Hafenecker also ein bloß ein „Andenken”? Direkter kann eine Anbiederung an den offenen Neonazismus kaum noch formuliert werden. Wäre Hafenecker nicht durch seine parlamentarische Immunität geschützt, hätte „Stoppt die Rechten” eine Anzeige wegen des Verdachts auf nationalsozialistische Wiederbetätigung erstattet.
Der FPÖ-Generalsekretär Hafenecker bezeichnete gestern das Neonazi-Event „Tag der Ehre” in Budapest, an dem der Wehrmacht, der SS und NS-Kollaborateuren gedacht wird, wortwörtlich als „FEIERTAG”!
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