Es wirkt wie ein schlechter Scherz: Als bis dato einzige Konsequenz für den freundlichen blauen Besuch im islamistischen und brachial misogynen Terrorregime Afghanistans legt nun Axel Kassegger eines seiner zahlreichen Ämter nieder, nämlich das des außenpolitischen Sprechers im FPÖ-Parlamentsklub. Er bleibt hingegen Nationalratsabgeordneter, Chef der FPÖ-Graz und Präsident des Freiheitlichen Bildungsinstituts (FBI). Einem Bericht der „Kronen Zeitung” (28.9.23) zufolge war Kassegger als einziger aktiver Parteifunktionär bei der angeblich privat organisierten Reise vorgesehen gewesen, er habe allerdings abgesagt. Der „Krone“-Artikel zitiert auch die abwertende Distanzierung von FPÖ-Chef Kickl, wonach bei der Reise lediglich „Polit-Pensionisten“ dabei gewesen seien. Diese Darstellung ist mindestens schief, denn mit Johannes Hübner war immerhin der Bezirksparteiobmann der FPÖ Wien-Wieden mit bei den Taliban. Zudem ist Hübner Präsident der Freiheitlichen Akademie in Wien und Kassier im Freiheitlichen Bildungsinstitut.

Aber wichtiger noch: Kickl besteht bislang darauf, von der Reise nichts gewusst zu haben und geriert sich gegenüber seinen politischen Weggefährten Hübner und Mölzer rhetorisch ziemlich aggressiv: Die Reise sei eine „unglaubliche Dummheit“ von Herren gewesen, denen im „Politikruhestand offensichtlich fad gewesen“ sei; er stellte gar einen Parteiausschluss der beiden in den Raum (Kickl zit. nach derstandard.at, 28.9.23).
Die Kicklsche Selbstdarstellung als Unwissender bröckelt nun allerdings aufgrund von weiteren Enthüllungen:
STANDARD-Informationen zufolge soll Kassegger, der Kickl im Herbst 2021 in der Funktion des Präsidenten des Freiheitlichen Bildungsinstituts nachgefolgt war, für die Organisation der Reise verantwortlich gewesen sein. Kickl soll allerdings alles andere als begeistert von dem Vorhaben gewesen sein und Kassegger die Reise untersagt haben, heißt es von mehreren Blauen zum STANDARD. Das wiederum würde bedeuten, dass Kickl im Vorfeld sehr wohl über die Reisepläne informiert gewesen ist — und Einwände hatte. (derstandard.at, 28.9.23)
Hinzu kommt, dass auch das Außenministerium der Darstellung, die FPÖ-Führung habe nichts gewusst, widerspricht:
Aus dem Ressort heißt es, man habe in der Vorwoche von der Reise erfahren und über den FPÖ-Parlamentsklub „explizit davon abgeraten“. Konkret habe sich ein hochrangiger Beamter des Ministeriums per SMS an den FPÖ-Abgeordneten Martin Graf, der Mitglied des außenpolitischen Ausschusses ist, gewandt, lässt eine Sprecherin am Donnerstag auf STANDARD-Anfrage wissen. (ebd.)
Mölzer gibt Neonazi-Rettungsmission zu und verharmlost die Taliban
Andreas Mölzer, Ex-Politiker und Herausgeber der rechtsextremen Postille „Zur Zeit“, gab übrigens erst vergangenen Samstag in einem Interview mit der „Kronen Zeitung“ (30.9.23) unverblümt zu, was „Stoppt die Rechten“ bereits vermutet hatte: Der Afghanistan-Besuch war zumindest auch eine Rettungsaktion für den dort wegen Spionageverdacht inhaftierten Neonazi Herbert Fritz, der ironischerweise dort hingereist war, um zu „beweisen“, dass Afghanistan ein sicheres Land für Abschiebungen sei. Mölzer will dem „Außenminister“ der Taliban gesagt haben: „Wenn der bei euch stirbt, ist das für euch auch ein Problem! Wir nehmen euch dieses Problem ab, wenn ihr uns den mitgebt.“ Außerdem findet er es eine „Schweinerei“, dass es anscheinend „Medientenor“ sei, man könne Fritz in Afghanistan „ruhig krepieren lassen“. Dieser „Tenor“ ist freilich nur eine Halluzination von Mölzer. Umso bizarrer allerdings ist seine rassistisch selektive Moral: Beim freiwillig hingereisten Neonazi müsse man versuchen ihn „da rauszuholen“, während Mölzer kein Problem damit hat, Geflohene in die Arme der Taliban zurückzuschicken.
So versteigt sich Mölzer im „Krone“-Interview, wo er sich großzügig als „Journalist“ bezeichnet, zu einer offenen und vollends schwachsinnigen Apologie für das afghanische Folterregime, die erahnen lässt, mit welchem Spin die kommende Desinformations-Kampagne in seinem Hetzblatt aufwarten könnte:
In einem Interview mit der „Krone“, für die Mölzer Kolumnist ist, verteidigte er das Regime in Afghanistan gar: „Die Taliban haben dazugelernt und bemühen sich, Sicherheit herzustellen.“ Auf den Straßen habe er auch Frauen ohne Burka gesehen, zudem habe er den Eindruck, dass die Taliban es selbst kritisch sehen würden, dass Frauen von Universitäten ausgeschlossen seien. (diepresse.at, 1.10.23)
Es bleibt abzuwarten, ob die FPÖ-Spitze diese infame Unwahrheit ihres völkischen Berufsideologen inhaltlich übernehmen wird.